Olympia schlägt Fußball
Wer hätte das gedacht: König Fußball muss sich mal mit der Rolle des Kronprinzen zufrieden geben. Das Hauptinteresse der sportbegeisterten Bevölkerung gilt offensichtlich den Olympischen Winterspielen in Sotschi. Als Indiz können die Einschaltquoten des Fernsehens herhalten und da hat Olympia dem Fußball den Rang abgelaufen. Aber Achtung: Schon in dieser Woche wird der Fußball mit der Champions League (Arsenal London – Bayern München) Rang eins zurückholen und auf Dauer führt halt bei uns kein Weg am Fußball vorbei. Wenn am Jahresende abgerechnet wird, dann werden bei den Einschaltquoten die Spiele der Fußball-Weltmeisterschaft ganz vorne stehen.
Dennoch: Dieses Interesse an Olympia hat sogar die Verantwortlichen der Fernsehanstalten überrascht. Es ist ja wirklich ein Rätsel, warum sich plötzlich neun Millionen Zuschauer für den Rodel-Wettbewerb interessieren. An „normalen“ Tagen mit dem Weltcup sitzen dann nicht einmal zwei Millionen vor den Bildschirmen. Geht es um Gold, wird es eben für die Zuschauer goldig und da haben uns ja die Rodler nicht im Stich gelassen. Übrigens: Im DFB-Pokal sahen die Spiele von Dortmund und Bayern jeweils knapp über sieben Millionen Zuschauer.
Überhaupt sorgten die deutschen Athletinnen und Athleten in Sotschi in der ersten Woche für goldene Zeiten. Mit sieben Goldmedaillen führt Deutschland das Ranking im Medaillenspiegel an. Andere Nationen haben zwar mehr Medaillen geholt (Platz 1 die Niederlande mit 17, dahinter Russland und USA mit 16), aber mehr als fünf Goldene waren es nicht. Was den Deutschen die Rodler, sind den Niederländern ihre EisschnellläuferInnen. Sie laufen schnell mal zu Gold…
Es ist zu befürchten, dass der deutsche Gold-Rausch in der zweiten Woche nicht anhalten wird, zumal Olympiasieger Eric Frenzel (Nordische Kombination) erkrankt ist. Vor allem die vom Sportbund erwarteten 30 Medaillen (bisher zwölf) werden wohl kaum erreicht werden, weil vor allem die Biathleten (wie erwartet) schwächeln. Gerade die Russen und Amerikaner sowie Norwegen haben in vielen verschiedenen Disziplinen heiße Eisen im Feuer, da wird Deutschland den Platz an der Sonne im Nebel von Sotschi nicht verteidigen können. Da werden auch die Einschaltquoten sinken…
Dass Olympia seltsame Blüten der Begeisterung hervorbringt, können wir tagtäglich erleben. Vor allem bei verschiedenen Rundfunksendern dürfen sich offensichtlich Leute mit Olympia beschäftigen, die von Tuten und Blasen keine Ahnung haben. Den „Witz des Tages“ lieferte Antenne Bayern, angeblich der Sender mit bundesweit den meisten Hörern, als der Redakteur bei der Tagesvorschau mit dem Massenstart im Biathlon und 1500 m Eisschnelllauf der Damen ankündigte, dass vor allem Andreas Birnbacher und Claudia Pechstein die deutschen Medaillen-Hoffnungen tragen. „Hinsetzen, sechs“ kann der Sport-Grantler nur urteilen, aber er hat auch gelacht: Birnbacher ist gar nicht am Start (sportlich nicht qualifiziert), Pechstein lief zwar, aber es war klar, dass sie auch unter ferner liefen platziert sein würde (19.). Ihre Stärke sind die langen Strecken… Pech gehabt! Seltsam ist es aber schon, dass solche Unwissende vor das Mikrofon gelassen werden. Allerdings darf das bei Antenne Bayern nicht verwundern. Der Sender liefert auch ansonsten die wohl schlechtesten Nachrichten in Deutschland. Ist der deshalb so beliebt?
Egal, genießen wir auch die zweite Woche bei Olympia und außerdem Champions League und Europa League im Fußball.