Das Fest des Fußballs ist ein Fest der Kleinen
Die Funktionäre des Europäischen Fußball-Verbandes (UEFA) rund um den französischen Präsidenten Michel Platini haben wohl in höheren Sphären geschwebt, als ihnen das eingefallen ist: Nicht mehr zwei feste Spieltage bei den Spielen zur Qualifikation zur Europameisterschaft, sondern von Donnerstag bis Dienstag an sechs Spieltagen ein „Fest des Fußballs“. An jedem dieser Tage solle der Fan mit Fußball der Spitzenklasse verwöhnt werden. Der Schuss ging wohl nach hinten los, von einem Fest des Fußballs kann keine Rede sein. Die seltsamen sportlichen Ergebnisse sorgen allerdings dafür, dass wenigstens die sogenannten kleinen Nationen ein Fest feiern können. Viele Favoriten haben dagegen nach vier Spieltagen nur eins: Frust.
Die Weltmeisterschaft wirkt auf die EM-Qualifikation für 2016 nach. Nicht nur der Weltmeister selbst, sondern auch Spanien und vor allem die Niederlande leiden offensichtlich unter den Nachwehen des WM-Turniers, Rücktritten und Verletzungen. In Deutschland und Spanien gibt es noch Ruhe, weil Medien und Fans darauf vertrauen, dass die Mannschaft zu alter Leistungsstärke zurückfindet. Und dann wird es mit der Qualifikation schon noch klappen. Anders in den Niederlanden. Die Tage von Trainer Guus Hiddink sind gezählt, die Mannschaft wirkt unter dem Nachfolger von Louis van Gaal führungslos.
Führungslos auf dem Feld ist auch die DFB-Auswahl. Die Fans wollen den Weltmeister sehen, aber es fehlen die meisten Weltmeister. Neun an der Zahl waren es gegen Irland. Nach dem enttäuschenden 0:2 in Polen und dem fahrlässigen 1:1 gegen Irland wurde eines deutlich: Der zweite Anzug passt nicht. Das ist nicht mehr der Weltmeister, der auf dem Platz steht, das ist ein Ausbildungsteam. Die Lehrlinge mussten zu früh die Aufgaben der Meister übernehmen und sind gescheitert. Der Sport-Grantler möchte mal wissen, wie oft sich Bundestrainer Jogi Löw schon die Frage gestellt hat, „warum tue ich mir das noch an“. Ein Rücktritt hätte ihn vielleicht vor viel Ungemach bewahrt.
Der Bundestrainer kann für das Dilemma freilich nichts. Das es auf einigen Positionen Probleme gibt, ist nicht so überraschend. Ein Philipp Lahm kann nicht ersetzt werden, ein Torjäger fehlt zudem. Wäre ein Mario Gomez jetzt doch wertvoll gewesen? Der „Chancentod“ hätte in den Spielen zum Helden werden können, war ja aber leider auch verletzt. So würde wohl die erste Elf aussehen: Neuer – Höwedes, Boateng, Hummels, Durm – Schweinsteiger, Khedira – Müller, Kroos, Özil – Gomez (Götze). Immerhin sieben der genannten Stammspieler waren bei den Pleiten dabei, führungslos blieb die Mannschaft dennoch. Erschreckend allerdings, dass es immer wieder Spiele gibt, wo die Meister wie Anfänger agieren (siehe das 4:4 gegen Schweden in der WM-Qualifikation). An dieses Spiel wurde man in den letzten Minuten gegen Irland erinnert. Die Löw-Schützlinge verloren jede Ordnung und Sicherheit. Der Ausgleich war das bittere Resultat.
Ein „Fest des Fußball“ werden die Spiele auch durch den Fernsehsender RTL in Deutschland nicht. Jeden Tag Fußball hatten sich die „Erfinder“ vorgestellt, RTL sind die einzelnen Spieltage egal, da wird keine Zusammenfassung angesetzt, weil sie wohl Arbeit macht und keine Quote bringt. Viel wichtiger ist Werbung, die nervt, aber das weiß man ja bei den privaten Sendern. Geld spielt die Hauptrolle, für die UEFA bei der Vergabe der Rechte, für RTL bei den Übertragungen. Der Zuschauer ist der Leidtragende, zumal auch die Hoffnung trog, der Privatsender könnte die Spieler flotter inszenieren als es ARD und ZDF getan hatten. Tut er nicht, eher greift Langeweile um sich.
Bei der Europameisterschaft 2016 selbst sind ARD und ZDF wieder am Zug. Sie werden die Qualifikation auch mit bangen Blicken verfolgen. Man stelle sich das Endturnier ohne Deutschland, Spanien und den Niederlanden vor. Beklagt wurde die Erweiterung des Finalturniers von 16 auf 24 Nationen. Es sollte zugunsten der kleinen Nationen sein. Jetzt könnte es zum Rettungsanker der Großen werden! Dennoch könnte es passieren, dass nicht Deutschland – Spanien auf dem Bildschirm zu sehen ist, stattdessen würde das „Schlagerspiel“ Polen – Kroatien übertragen werden… Von einem Fest kann dann keine Rede sein – auch wenn die Kleinen feiern!