Mein Gott, Blatter!

In Deutschland gab es mal ein erfolgreiches Schlagerliedchen vom Komiker Mike Krüger mit dem Titel und Inhalt „Mein Gott, Walter“. In Anlehnung daran möchte man seufzen, „Mein Gott, Blatter“. Joseph „Sepp“ Blatter, der selbstherrliche Präsident des Fußball-Weltverbandes, bringt es immer wieder fertig, seine Person in noch größeren Höhen anzusiedeln. Jetzt ist er Gott schon nahe…

In einem Interview mit einer Schweizer Zeitung hat Sepp Blatter deutlich gemacht, wo er sich und den Fußball wirklich sieht. „Die FIFA ist durch die positiven Emotionen, die der Fußball auslöst, einflussreicher als jedes Land der Erde und jede Religion. Wir bewegen Massen, das wollen wir nutzen, um mehr Frieden, Gerechtigkeit und Gesundheit auf der Welt zu schaffen.“ Die Worte hör ich wohl, doch welche Taten gibt es wirklich? Blatter sagte auch: „Ich glaube an Gott und ich glaube an mich selbst.“ Sieht er sich auf einer Stufe mit Gott? Sieht er sich als Gott? Mein Gott, Blatter…

Joseph Blatter ist (seiner Meinung nach erst) 79 Jahre alt und will sich am 29. Mai beim nächsten FIFA-Kongress erneut zum Präsidenten wählen lassen, obwohl er vor vier Jahren von seiner letzten Amtszeit sprach. Dem Alter gemäß müsste er eigentlich schon auf der „Abrufliste“ vom lieben Gott stehen, doch dort oben werden sie den Schweizer nicht wollen. Der liebe Gott wird fürchten, „der will ja wohl an meine Position, der sieht sich ja schon als Gott“. Und der Teufel in der Hölle wird auch klagen, „Blatter hier, nein, das ist mir zu heiß´“. So kann Blatter den Fußball-Weltverband wohl ewig führen. Korruption und negative Schlagzeilen werden in nächster Zeit im Zusammenhang mit dem Weltfußball vermutlich bleiben.

Bezeichnend, dass der frühere DFB-Präsident Theo Zwanziger, einst ein Verfechter von Ehrlichkeit und Gradlinigkeit, heute als einer der getreuesten Vasallen von Blatter gilt. Er hat sich wohl deshalb seinen Nachfolger Wolfgang Niersbach, ein bekennender Blatter-Kritiker, als Zielscheibe ausgesucht. Vor allem mit der öffentlichen Diskussion über die Vergütungsregelung von Niersbach, der vom DFB-Generalsekretär zum Präsidenten aufstieg, hat sich Zwangziger selbst ein Eigentor geschossen. „Das ist nur peinlich“, bemerkte UEFA-Generalsekretär Infantino. Theo Zwanziger wurde praktisch zum falschen Zwanziger. Mein Gott, Theo…

Am 29. Mai endet die Ära von Zwanziger, 69 Jahre alt, im Exekutivkomitee der FIFA. Sein Nachfolger wird sein Nachfolger als DFB-Präsident, Wolfgang Niersbach, immerhin erst 64. Er ist der Vertreter Europas und wird im Gegensatz zu Zwanziger künftig mit dem wiedergewählten UEFA-Präsidenten Michel Platini Doppelpass spielen. Die beiden sind befreundet und liegen auf einer Linie. „Niersbach steht für Gradlinigkeit, Offenheit, Verlässlichkeit und Integrität“, lobte Platini. Eigenschaften, die man zuletzt bei der FIFA und Joseph Blatter vergeblich gesucht hat.

Dennoch gibt es an der Wiederwahl von Blatter keine Zweifel. Die 54 Nationen Europas sind zahlenmäßig zu schwach gegen Blatters Günstlinge in Afrika, Südamerika und Asien. Zumal sich Europa in der Unterstützung der Blatter-Konkurrenten Luis Figo, Michael van Praag und Prinz Ali bin al-Hussein nicht einig ist. Vielleicht bleibt zum Kongress auch nur ein Konkurrent übrig, was die Chancen verbessern würde.

Nicht zu rechnen ist damit, dass Joseph Blatter einsichtig wird. Er sieht sich noch nicht am Ende seines Lebenswerkes (auf Erden, muss man einschränken). Er sieht offensichtlich nicht, wie er der FIFA schadet. Er hat eher den Glanz des Geldes in den Augen und kann ja wirklich eine beeindruckende Bilanz vorweisen, mit einem Vermögen des Weltverbandes von 558,7 Millionen Euro. Jetzt müsste das Geld nur noch in die richtigen Kanäle fließen, nicht zum Stimmenfang des Präsidenten dienen und in den Taschen von irgendwelchen Präsidenten landen. Mein Gott, Blatter…

Immerhin wird jetzt in den Diskussionen um die Weltmeisterschaft 2022 in Katar Ruhe herrschen, nachdem der WM-Termin von 20. November bis 18. Dezember (Nationalfeiertag in Katar) festgelegt ist. Und in der ihm eigenen Art hat Blatter auch die Spitzenklubs ruhig gestellt. Sie werden mit rund 200 Millionen Euro Abstellgebühr für Russland 2018 und Katar besänftigt und erhalten damit das Dreifache als bisher. Auch hier gilt: Geld regiert die Welt.

Was allerdings bleibt, sind die Unwägbarkeiten um die weltpolitische Lage rund um Russland sowie die Durchsetzung von menschenwürdigen Arbeits- und Lebensbedingungen der Arbeiter in Katar. Die Öffentlichkeit muss wachsam bleiben, der Zündstoff geht nicht aus.

Werbung