Die Tour de France ist eine Tour de Farce

Sie sind wieder unterwegs, die Ritter der Pedale, sie schinden sich beim größten Radrennen der Welt, klettern über Berge, kämpfen gegen den Wind, sprinten um den Sieg, nehmen Stürze und Schrammen in Kauf. Die Tour de France zieht auch in ihrer 105. Auflage viele in ihren Bann, aber inzwischen sind genauso viele angewidert und wenden sich ab. Die Tour de France ist immer noch eine Tour der Leiden, aber mehr noch eine Tour de Farce.

Dass der Radsport gegen ein Negativimage ankämpfen muss, zeigt ein Blick auf die Siegerliste der Tour de France. Da sind Sternchen zu finden, da fehlen Sieger, vor allem dem Oberdoper Lance Armstrong wurden die Siege von 1999 bis 2005 aberkannt, einen Nachrücker gibt es nicht. Die Tour fand statt und steht auf ewig ohne Sieger da. In anderen Jahren gab es Nachrücker. Und in diesem Jahr? Wird der Sieger auch in einigen Jahren noch in der Siegerliste aufgeführt werden und ist der Held von heute der gleiche Held wie in den letzten Jahren? Wenn es so ist, dann sind die Siege mit einem Makel behaftet. Der Brite Christopher Froome wandelt bei seinem Hattrick von 2015 bis 2017 in doppeltem Sinne auf den Spuren von Lance Armstrong. Er siegt, aber mit welchen Mitteln? Allein, dass Fragezeichen bleiben, dass es keine gültigen Antworten gibt, macht die Tour de France zur Tour de Farce.

Der Blick zurück. Bereits am 7. September 2017 wurden beim Kapitän des Sky-Rennstalles stark überhöhte Werte des Asthmamittels Salbutamol festgestellt. Neun Monate dauerte es, bis es bei einer eindeutigen Sache zu einer Klärung und die Welt-Anti-Doping-Agentur Wada zu dem Urteil kam, dass Froome kein Doping nachgewiesen werden kann: „Die Verbotsliste der Wada sieht vor, dass ein Athlet beweisen darf, dass sein abnormales Ergebnis die Folge einer erlaubten Verwendung war, wodurch der Fall nicht als Regelverstoß zu werten ist,“ so das Urteil. Froomes Rechtsanwälte hatten ganz Arbeit geleistet, Froome selbst ist sich keiner Schuld bewusst. „Ich habe seit meiner Kindheit Asthma, ich habe mich schlecht gefühlt, deshalb habe ich die doppelte Portion der Arznei genommen.“ Seltsam, schlecht gefühlt hat er sich nach einem schwachen Tag, am Tag darauf hat er sich (nach Einnahme der doppelten Portion) gut gefühlt und ist dem Feld davon gefahren. Asthma muss man halt haben…

Ein absurdes Urteil nach einer absurd langen Zeit und Chris Froome beteuert seine Aufrichtigkeit. „Ich war völlig ehrlich, als ich auf dem Podium gesagt habe, dass ich dem Gelben Trikot niemals Schande machen werde.“ Nun ja, Sünder gestehen erst etwas, wenn sie zweifelsfrei überführt werden können und keinen Ausweg (auch mit den besten Rechtsanwälten nicht) mehr wissen. Die Konkurrenten äußern sich vorsichtig, lassen aber schon durchblicken, was sie von diesem Affentheater halten. Die Fans äußerten sich nicht so vorsichtig, sie pfiffen den Briten aus und sollte Froome wirklich am 29. Juli auf der Champs-Elysee als Sieger einfahren, dann könnte ihm passieren, dass er kein umjubelten Sieger sein wird. Eher wird es heißen „ausgerechnet der…“.

Mancher Konkurrent, der sich nicht schon hat eine Asthma-Krankheit attestieren lassen, wird ins Grübeln kommen und seinen Ärzten sagen: „Seht ihr nicht, dass ich Asthma habe, ich möchte auch mal die Tour gewinnen.“ Früher wurden die Ritter der Pedale bei ihrem Ritt über die Berge mit waghalsigen Abfahrten bewundert. Gerade für die Abfahrten und Sprints mit den Gefahren der Stürze werden sie auch heute noch bewundert und das macht zum Teil noch den Reiz der Tour aus. Aber im Hintergrund bleiben immer die Zweifel und je stärker sich der Sieger von der Konkurrenz abhebt, umso stärker sind auch die Zweifel. Beim Giro d’Italia siegte Froome übrigens das erste Mal. Zunächst spielte er keine Rolle, dann fuhr er der Konkurrenz an einem Tag davon. Wahrscheinlich ging es ihm am Morgen noch ziemlich schlecht…

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