Der siebte Titel: Die Bayern sind auch Geister-Meister!

Was wurden die Bayern auf ihrem Weg zu sechs Titeln in einer Saison gefeiert. Doch bei diesem Sixpack mit Meisterschaft, Pokal, Champions League, nationalem Supercup, UEFA-Supercup und Klub-Weltmeisterschaft bleibt es nicht. Die Bayern sind auch Geister-Meister! Doch feiern will natürlich keiner, aber es ist leider einfach Tatsache, dass sich am 11. März die Zeit der Geisterspiele jährt. Corona verbannte die Zuschauer aus den Stadien, die DFL ersann ein schlüssiges Hygienekonzept und so durfte die Fußball-Bundesliga wieder spielen, allerdings nur vor leeren Rängen, aber mit Fernsehkameras. Am 11. März gab zwischen Gladbach und Köln das erste Geisterspiel in der Geschichte des Fußballs. Ein Jahr später bleibt leider immer noch die Frage offen, wann es wieder das erste Bundesligaspiel vor vollen Rängen geben wird.

Es wäre wohl falsch, wenn wir heute urteilen würden, wir haben uns an die Spiele ohne Fans gewöhnt. Nein, haben wir nicht, vor allem die Spieler auf dem Feld nicht, egal in welcher Liga. Gab es vorher Ärger mit lärmenden, gewalttätigen und beleidigenden Fans, so wurde dieser Ärger inzwischen verdrängt, vermisst wird die Anfeuerung, die Unterstützung, schlichtweg die Stimmung. Heute versuchen es die Betreuer am Rande des Spielfelds, manchmal ist auch das nervig und sogar peinlich. Immerhin, die Bundesliga lebt, spielt und hat zumindest die Zuschauer an den Bildschirmen zurückgewonnen. Sank am Anfang das Interesse an den Spielen, so haben die TV-Einschaltquoten bei Sky, ARD und ZDF die alten Zahlen wieder erreicht.

Andere Zahlen sind nicht so erfreulich, mit den Fans fehlen auch die Einnahmen von Eintrittskarten, dem Catering und allem anderen Drumherum. Der Verlust allein von der Bundesliga dürfte sich laut Insidern bis auf eine Milliarde Euro beziffern. Geht es noch länger ohne Zuschauer weiter, droht dem einen oder anderen Profi-Verein die Pleite. Auch sportlich gab es Auswirkungen, ohne Fans gibt es den Heimvorteil nicht mehr, gab es vorher 44 Prozent Heimsiege und nur 35 % Auswärtssiege, so drehte sich die Statistik auf 36 % Heimsiege und 37 % Auswärtssiege, bei 27 % Unentschieden. Möglich, dass sich auch anderweitig der fehlende Einfluss der Fans bemerkbar macht, die Chancenverwertung steigerte sich von 28,8 auf 30,6 Prozent und es gab weniger Rote Karten, sind die Spieler jetzt also konzentrieter und weniger heißblütig, bzw. werden sie derzeit weniger angestachelt? Jeder für sich muss allerdings die Frage beantworten, ob das Niveau gesunken oder gestiegen ist…

Rein sportlich gesehen gibt es allerdings keine Überraschung, wenn man eine Tabelle der Geisterspiele erstellt. Geister-Meister ist – natürlich – der FC Bayern München. In 33 Spielen haben die Bayern 82 Punkte geholt, 13 mehr als der RB Leipzig, der aktuell schärfste Konkurrent. Dahinter überraschend Frankfurt (60 Punkte in 34 Spielen) und Wolfsburg (58/33). Erst dann kommt Borussia Dortmund (57/33). Dort sehnt man sich wohl am meisten nach der Unterstützung der Fans, Stichwort „Gelbe Wand“. Das Schlusslicht überrascht wohl nicht, auch bei den Geisterspielen wird das Dilemma von Schalke 04 deutlich, nur 12 Punkte in 33 Spielen, Köln hat als Vorletzter mit 25 Punkten (33) immerhin das Doppelte geholt (gewertet nur Vereine mit über 30 Spielen, Auf- und Absteiger haben ja weniger).

Kampfansage von Leipzig

Auch ohne Zuschauer, aufregend ist die Fußball-Bundesliga aktuell genug. RB Leipzig hat sich zum ernsthaften Rivalen für die Bayern aufgeschwungen will den Titel. Die Sachsen wirken stabil, selbst Bayern-Trainer Hansi Flick schwärmt: „Es macht Spaß, sie anzuschauen“. Und Freiburgs Trainer Christian Streich prophezeit nach den Erfahrungen des 0:3 gegen Leipzig: „Die können Bayern fordern, das wird ein harter Zweikampf.“ Vor allem dann, wenn es mit den Aufholjagden der Münchner nicht mehr klappt. Auch gegen Dortmund hieß es zunächst „macht auf die Tür, das Tor macht weit“, nach neun Minuten stand es 0:2 durch zwei Haaland-Treffer. Allerdings behielt der Meister die Ruhe, Dortmund wurde eher ängstlich und Torjäger Robert Lewandowski entschied mit drei „Buden“ auch das Duell der Torjäger für sich. Sechsmal schon wandelten die Bayern einen Rückstand in einen Sieg um, das ist Einstellung des Vereinsrekords. Vielleicht holen sie sich noch den Bundesliga-Rekord von Bayer Leverkusen, das in der Saison 1999/2000 achtmal die Wende schaffte. Allerdings beklagen die Münchner Spieler selbst, „so eine Aufholjagd geht an die Substanz“.

Und was den Rest der Saison angeht, da dürfen wir auch gespannt sein, ob Robert Lewandowski locker bleibt. Seine Jagd nach dem Rekord von Gerd Müller (40 Tore) wird von den Medien begleitet und der Pole denkt mit Sicherheit an diese Zahl, auch wenn er beteuert, eben nicht daran zu denken. Müller hatte 71/72 nach 24 Spieltagen 26 Tore, Lewandowski steht bei 31 und hat noch zehn Spieltage vor sich. Ein Treffer pro Spiel reicht also! Am meisten wünscht er ihn sich wohl für den 3. April im Duell bei RB Leipzig.

Spannend ist es in allen Teilen der Bundesliga-Tabelle. Dortmund hat vier Punkte Rückstand auf einen Platz in der Champions League. In diesem Kampf erlitten Wolfsburg (1:2 bei Hoffenheim) und Frankfurt (1:1 gegen Stuttgart) einen Rückschlag. Vor allem für Wolfsburg war es eine schlechte Woche nach dem 0: 2 im Pokal in Leipzig und dann mit dem Ende der Erfolgsserie von neun Bundesligaspielen ohne Niederlage. Und Torhüter Koen Casteels musste nach 673 Minuten erstmals wieder hinter sich greifen. Timo Hildebrand (damals VfB Stuttgart) behält also seinen Rekord von 884 Minuten ohne Gegentor.

Besser ging es Bayer Leverkusen, das im Duell der Sorgenkinder in Gladbach glücklich mit 1:0 gewann. Trainer Peter Bosz kann durchatmen, aber drei Punkte fehlen noch zu Platz vier. In Gladbach bleiben dagegen die Sorgen, Trainer Marco Rose kann nach den bekannt gewordenen Wechselabsichten zu Dortmund nicht mehr gewinnen. Nächste Chance ist am Freitag in Augsburg. Der FCA verhalf Pal Dardai bei Hertha BSC zum ersten Erfolgserlebnis, haben die Mannen von Heiko Herrlich auch ein Herz für Marco Rose…

Am Tabellenende nichts Neues, Unentschieden bringen keine Veränderung, umso wertvoller der Sieg für Hertha BSC. Schalke hat vorausschauend den neuen Trainer Dimitrios Grammozis für die erste und zweite Bundesliga bis 2022 verpflichtet. Das 0:0 gegen Mainz war Not gegen Elend. Auch Bielefeld bewegte sich mit dem neuen Coach Frank Kramer nicht vorwärts, bezeichnend, dass es gegen Union Berlin ebenfalls ein 0:0 gab. Für die neuen Trainer war die Zeit natürlich zu kurz, um etwas bewegen zu können, bis die Teams allerdings wirklich in Form kommen, könnte die Saison vielleicht schon zu Ende sein…

Seinen wichtigen Sieg hat Borussia Dortmund bereits im Pokal gegen Gladbach errungen. Das 1:0 bringt die Mannschaft ins Halbfinale, wo jetzt Holstein Kiel der Gegner ist. Leipzig muss zum Sieger der wegen Corona bei Regensburg verlegten Partie des Jahn gegen Werder Bremen. Das schaut dann ganz nach einem großen Finale zwischen Dortmund und Leipzig aus. Die Bayern hatten dafür den Weg frei gemacht.

Zuvor müssen beide Teams allerdings in der Champions League bestehen. Dortmund hat es vom Ergebnis her leichter, denn der 3:2-Sieg im Hinspiel in Sevilla öffnete die Tür. Doch das Durchgehen dürfte noch schwer werden, da die Borussia mit zahlreichen Ausfälle zu kämpfen hat. Besonders ist die Konstellation im Duell Liverpool gegen Leipzig: Da die kriselnde Mannschaft von Jürgen Kloppp, die nach sechs Heimniederlagen in Folge in der Premier League nur noch auf Platz sieben steht, da der RB im Aufwind, der allerdings ein 0:2 aufholen muss. Vielleicht ist es für die „Reds“ entscheidend, dass das „Heimspiel“ in Budapest ausgetragen wird! Leipzig wiederum muss beweisen, dass es auch in entscheidenden Spielen Bestform zeigen kann. Die Weichen muss Trainer Julian Nagelsmann stellen. Eine Nagel(smann)probe also für das kommende Duell gegen die Bayern!

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