Die Stunde der Wahrheit kommt in der Champions League
Vielen Fußball-Fans reichen die nationalen Meisterschaften nicht, für sie beginnt die Saison erst richtig, wenn auch auf Europas Bühne wieder gespielt wird. Im Mittelpunkt natürlich die Champions League, in der sich die Spitzenteams tummeln. Doch gerade viele prominente Mannschaften suchen noch ihre Form, schwächeln in den Punktrunden. Dabei heißt es immer, „in der Champions League müssen wir in Form sein“. Dann kommt jetzt die Stunde der Wahrheit. Am Dienstag beginnt das Achtelfinale mit den ersten Hinspielen, die Runde der besten 16 Mannschaften zieht sich hin bis zum 15. März. Vier Bundesligisten sind dabei.
Zum Start der Runde duellieren sich mit Paris St. Germain und Bayern München gleich zwei Favoriten. An ihrem Gruppensieg mit weißer Weste hatten die Bayern also nicht viel Freude, weil sie wohl das schwerste Los der Zweiten gezogen hatten. Paris war mit Gruppensieger Benfica Lissabon punkt- und torgleich, erzielte aber auswärts weniger Treffer. Benfica setzte sich am letzten Spieltag mit einem 6:1 in Haifa auf Rang eins und wurde mit dem wesentlich leichteren Los FC Brügge (Mittwoch) belohnt. Am Dienstag spielen zudem der AC Mailand gegen Tottenham und am Mittwoch steigt Borussia Dortmund gegen Chelsea London ein. Eintracht Frankfurt trifft am Dienstag, 21. Februar auf den SSC Neapel, RB Leipzig am Mittwoch dann auf Manchester City.
Mit Paris und den Bayern duellieren sich nicht nur zwei Favoriten, sondern auch zwei Sorgenkinder. Vor allem Paris war zuletzt vollkommen von der Rolle, verteidigt in Frankreich zwar Platz eins, aber Niederlagen sind inzwischen an der Tagesordnung. Auch am Wochenende enttäuschte das Team beim 1:3 gegen Monaco. Allerdings trat im Zeichen der Schonung und Verletzungen nur ein B-Team an, am Dienstag soll ein A-Team auflaufen. Mit Neymar war zuletzt nur ein Star des Dreigestirns „MNM“ nicht verletzt, Mbappé soll sogar gegen die Bayern fraglich sein, Messi trainiert wieder. Trainer Christophe Galtier, der in der Kritik steht, wird sich aber nicht in die Karten schauen lassen. Es wäre keine Überraschung würden „MNM“ auflaufen.
Die Bayern sind auch nicht in Bestform, aber wenigstens gab es noch keine Niederlage in diesem Jahr und zuletzt drei Siege am Stück. Angst vor Paris haben sie nicht, wenn sie auf die Statistik schauen. In elf Vergleichen siegten die Bayern fünfmal, zuletzt auch im April 2021 erstmals in Paris (1:0). Ein Maskottchen könnte auch Torjäger Choupo-Moting sein, der in seinen fünf CL-Einsätzen immer traf, so zweimal gegen Paris. Das könnte gegen die schwächelnde Abwehr der Franzosen wieder gelingen. Außerdem sind die Münchner das derzeit erfolgreichste Team der CL, sie haben seit 2019/20 insgesamt 32 Siege in 37 Spielen errungen, das schaffte sonst niemand. Vom großen Erfolg träumt auch Paris, die katarischen Besitzer investierten ihr Geld schließlich für den Gewinn der Champions League. Zum Erfolg verdammt ist aber auch Bayern-Trainer Julian Nagelsmann, der nach Unruhe rund um die Mannschaft unter starker Beobachtung steht.
Borussia Dortmund ist dagegen kein Sorgenkind, sondern schwimmt auf einer Erfolgswelle mit sechs Siegen in diesem Jahr. Die Borussia strotzt vor Kraft, Angst vor Chelsea London gibt es nicht, wenn die Londoner auch das meiste Geld in neue Spieler investiert haben. Doch als Mannschaft klappt es noch nicht. Die Stunde der Wahrheit: Ist die Borussia auch international stark bzw. kriegt Chelsea die Kurve?
Aufmerksam beobachtet wird die Champions League auch von einer Gruppe, die der Königsklasse den Rang ablaufen wollen. Immer wieder melden sich die Ideengeber der „Super League“, die die prominentesten Klubs abwerben wollen. Jetzt träumen sie von einer eigenen Runde mit gleich 80 Mannschaften und Auf- und Abstieg. Wie soll das gehen in der Organisation neben den UEFA-Wettbewerben? Eine interessante CL wäre das beste Gegenargument.
In der Europa League geht es erst in die Play-Offs, die Bundesliga-Vertreter Union Berlin und Bayer Leverkusen haben dabei formstarke Teams als Gegner. Union trifft am Donnerstag auf Ajax Amsterdam, das unter Heitinga als neuen Trainer zu alter Stärke fand, Leverkusen hat Monaco zu Gast, das sich gegen Paris Selbstvertrauen holte. Die Rückspiele sind nächste Woche, am 23.2.
Union und Dortmund die Bayern-Jäger
Die einen spielen in der Champions League, die anderen träumen davon. Ein Umdenken hat es bei Union Berlin gegeben. Mit dem 2:1 im Schlagerspiel in Leipzig (Union drehte zum vierten Mal einen 0:1-Rückstand) und mit jetzt 42 Punkten heißt es „Abstiegskampf ade“, jetzt wird sogar die Champions League als nächstes Ziel ausgegeben. Logisch eigentlich als erster Bayern-Jäger. Zusammen mit Dortmund ist Union die erfolgreichste Mannschaft nach der Winterpause (je 15 Punkte, dahinter Köln, Bayern und Leverkusen je 9). Die Fans freuen sich, endlich Spannung. Und Dortmund schaut auf 2012: Damals gewann die Borussia auch die ersten sechs Pflichtspiele und am Ende stand das Double von Meisterschaft und Pokal!
Die schlechteste Mannschaft in diesem Jahr ist die TSG Hoffenheim, nur ein Pünktchen sprang bisher heraus. Mit Trainer Pellegrino Matarazzo kam ein neuer Hoffnungsträger, doch der musste beim 1:3 gegen Leverkusen feststellen, dass es im Team an allen Ecken und Enden fehlt. Der Weg zum Abstieg ist nicht mehr weit. Auch hier eine Stunde der Wahrheit am Freitag in Augsburg, der 1:0-Sieg der Vorrunde müsste wiederholt werden. Das wollen die Augsburger natürlich verhindern, denn sie wollen nicht wieder in den Abstiegskampf rutschen nach der Pleite in Mainz. Zwei entscheidende Spiele stehen an, dann geht es zur Hertha, da verlor der FCA in der Vorrunde 0:2. Gut gegen die Großen, schlecht gegen die Kleinen hieß es damals.
Der Hertha gelang ein Befreiungsschlag. „Jugend forsch“ hieß das Motto, Trainer Sandro Schwarz hatte ein Zeichen gesetzt und auf Eigengewächse vertraut. Marton Dardai (am 21. Geburtstag!), Derry Scherhant und Jessic Ngankam dankten es mit Toren beim 4:1 gegen Gladbach – wieder ein Sieg nach vier Niederlagen. Auf den Befreiungsschlag wartet der VfB Stuttgart vergebens, der neue Trainer Bruno Labbadia konnte noch kein Erfolgserlebnis feiern, nur zwei Punkten in den fünf Spielen dieses Jahres, in der Jahrestabelle und Gesamttabelle Vorletzter, ein Abstiegsplatz. Labbadia hadert mit dem Schicksal, mit vergebenen Chancen und seltsamen Schiedsrichter-Entscheidungen. Nur wenn der VAR im Kölner Keller schweigen würde, kann der Klassenerhalt wohl gelingen. Viele seltsame Entscheidungen prägten überhaupt das Wochenende. Nächster Anlauf zum ersten VfB-Sieg am Samstag gegen Köln. Sieht aber nicht gut aus, Köln feiert nicht nur Karneval, sondern auch sein 75jähriges Bestehen und das mit einem respektablem 4:1 gegen Frankfurt. Steffen Baumgart wird in Köln als Erfolgstrainer gefeiert.
In der Frauen-Bundesliga stand der Kampf um Platz zwei mit Mittelpunkt. Nach der langen Pause waren die Bayern-Mädchen dabei überraschend effizient beim 2:1 im Schlagerspiel gegen Eintracht Frankfurt. Damit etablierten sie sich wieder als erster Verfolger von Meister VfL Wolfsburg. Doch die „Wölfinnen“ schwächeln nicht, haben das Verlieren verlernt (3:0 in Essen). 3389 Zuschauer sahen zu, bei Bayern war der Campus mit 2500 Besuchern ausverkauft, das Interesse hält an. Allerdings treten auch wieder die Schwächen des Terminkalenders zutage, kaum läuft die Bundesliga, macht sie schon wieder eine Länderspielpause. So kann die Begeisterung kaum gesteigert werden. Die Nationalmannschaft absolviert von Dienstag bis Sonntag ein Trainingslager in Marbella und tritt dann am 21. Februar (18.15 Uhr) in Duisburg, der Heimatstadt von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg, in einem Länderspiel auf Schweden.
Auch bei den Frauen war die Champions League in dieser Woche im Gespräch, es gab nämlich die Auslosung der Viertelfinales. Die Bayern müssen sich am 21. und 29. März mit Arsenal London auseinandersetzen, Wolfsburg am 22. und 30. März mit Paris St. Germain. Zwei dicke Brocken für die deutschen Klubs, die im Erfolgsfall im Halbfinale aufeinander treffen würden.