Dortmund schimpft, München sucht, Union und Freiburg feiern

Der April war im Profi-Fußball ein wichtiger Monat, bei einigen war sogar von einem vorentscheidenden Monat die Rede, der zum Beispiel den Bayern besonders weh tat: Sie mussten den Traum von Triple ad acta legen, schieden in der Champions League und im DFB-Pokal aus. Der Mai wird jetzt aber noch wichtiger. International stehen die Halbfinals an (mit Bayer Leverkusen), national wird der Titel vergeben, nur noch vier Spieltage gibt es, am 27. Mai ist Schluss. Die Meisterschaft ist die letzte Chance für die Bayern, aber auch die große Hoffnung von Borussia Dortmund, entsprechend emotional geht es zu. Die Borussia fühlte sich am Wochenende betrogen.

In Dortmund wurde vor allem geschimpft, zum Teil berechtigt, zum Teil müssen sich vor allem die Spieler auch an die eigene Nase fassen. Nicht nur Schiedsrichter Sascha Stegemann hatte wegen eines nicht gegebenen Elfmeters Schuld auf sich geladen, beim 1:1 in Bochum schluderten auch die Stürmer, brachten bei 21 Torschüssen und 11 Ecken keinen Sieg zustande. Natürlich, Adeyemi hätte in der 65. Minuten einen Strafstoß bekommen müssen, andererseits sah es wirklich so aus, als ob er einen „Elfer“ ziehen wollte, diesbezüglich hat er einen schlechten Ruf. Die Zeitlupe zeigte, ein Strafstoß wäre berechtigt gewesen, doch Stegemann war sich seiner Entscheidung sicher, der VAR meldete sich nicht. Erst in der Zeitlupe wurde die Tragweite sichtbar, Borussia-Sportdirektor Sebastian Kehl nannte Stegemann „feige“, weil er nicht die Zeitlupe bemühte, der Referee selbst fühlte sich nach einer schlaflosen Nacht „beschissen“, weil er quasi in die Entscheidung um die deutsche Meisterschaft eingriff. Deshalb jammerte auch BVB-Trainer Edin Terzic: „Für uns ist es eine einmalige Chance, Meister zu werden, und jetzt das.“ Dortmund wird nicht aufgeben, Wolfsburg, Gladbach und Mainz hat man zu Hause, muss auswärts nur in Augsburg ran.

Die Frage war aber: Was machen die Bayern? Die Hoffnung lebte, dass der Titelverteidiger nicht aus seiner Formkrise findet, er legte erst am Sonntag nach. Die Lage: Dortmund schimpft, München sucht. Die Bayern suchen ihre Form, suchen Ruhe im Verein, suchen neue Spieler, vor allem einen Torjäger und einen Abräumer. In dieser Saison können die aber noch nicht helfen. Schlusslicht Hertha BSC kam gerade recht, wehrte sich tapfer, blieb aber zu harmlos und leistete halt doch Aufbauarbeit. Die Bayern bekamen ihre Nerven immer besser in den Griff, Joshua Kimmich bewies, dass er ein besserer Zulieferer als Abräumer ist, Gnabry und Coman waren dankbare Abnehmer, die Bayern feierten wieder die Tabellenführung. Doch deutlich wird auch: Die Verunsicherung ist noch nicht vorbei. Bremen, Schalke, Leipzig und Köln sind die letzten Gegner, da sind Stolpersteine dabei und die gelbe Gefahr droht, jetzt ist Goretzka gesperrt, aber auch de Ligt, Kimmich und Sané sind gefährdet. Zudem bleibt die Unruhe im Verein, vor allem Vorstandsboss Oliver Kahn bleibt in der Schusslinie, Patron Uli Hoeneß lässt sich immer öfters sehen, am 22. Mai tagt der Aufsichtsrat. Für wen senkt er den Daumen? Es ist nicht die richtige Begleitmusik für einen Titelgewinn. Der erste Platz ist übrigens ein Schleudersitz, die Tabellenführer gewannen in dieser Saison nicht mal die Hälfte ihrer Spiele! Dortmund verlor alle Spiele als Spitzenreiter, auch Bayern kassierte drei Niederlagen bei zehn Siegen.

Da bleiben die weiteren Verfolger wesentlich gelassener, Union Berlin und der SC Freiburg feiern lieber Rekorde. Union stellte mit dem 0:0 gegen Leverkusen den Heimrekord von 21 Spielen ohne Niederlage ein, Freiburg ist mit jetzt schon 56 Punkten so erfolgreich wie noch nie! Mit sechs Punkten Rückstand auf Platz eins dürfen beide Teams noch an den Titel denken, tun sie aber nicht. Das Restprogramm hat es auch in sich, am 32. Spieltag treffen sie direkt aufeinander. Union hat es ansonsten leichter (Augsburg, Hoffenheim, Bremen), Freiburg muss sich der Verfolger erwehren (Leipzig, Wolfsburg, Frankfurt). Zu den Verfolgern gehört auch weiterhin Leverkusen, das am besten in Form ist, 14 Pflichtspiele ungeschlagen sprechen eine deutliche Sprache, gegen Köln, Stuttgart, Gladbach und Bochum sollte Platz sechs für die Europa League verteidigt werden können. Die DFL zeigte ein Herz für Leverkusen und hat für ein Novum gesorgt: Damit Bayer mehr Ruhezeit vor dem Halbfinale gegen Rom hat, wurde das Spiel in Köln von Sonntag auf Freitag vorverlegt, so dass es erstmals zwei Spiele gibt (außerdem Mainz – Schalke)! In den Genuss längerer Ruhezeit kamen andere Klubs bisher nicht!

Im Abstiegskampf muss sich Hertha BSC große Sorgen machen, da steht am Samstag gegen den VfB Stuttgart wirklich ein Endspiel an. Die Schwaben kommen aber mit Rückenwind, sind unter dem neuen Trainer Sebastian Hoeneß noch ungeschlagen und sprangen mit dem 2:1-Sieg gegen Gladbach auf Rang 15. Allerdings müssen sie noch im Pokal ran. Hertha hat außerdem noch ein Duell mit dem direkten Konkurrenten Bochum vor sich, außerdem Köln und Wolfsburg als Gegner. Auch Bochum hat es gegen Gladbach, Augsburg und Leverkusen nicht leicht, aber Schalke mit Mainz, Bayern, Frankfurt und Leipzig wohl das schwerste Restprogramm. Zu den stark gefährdeten Teams gehört auch noch Hoffenheim, das Frankfurt, Wolfsburg, Union und Stuttgart als Gegner hat. Fünf Kandidaten also, nur zwei werden im Wonnemonat Mai wirklich glücklich sein, einer muss am Ende noch zittern und bei zwei wird es das große Jammern geben.

Final-Neuauflage im Pokal

Im DFB-Pokal hat sich das Feld auf vier Mannschaften reduziert, die Zusatzaufgabe wird gern angenommen, schließlich winkt Europa. Das Los wollte es so, dass im Halbfinale am Dienstag eine Neuauflage vom letztjährigen Finale gibt, Freiburg und Leipzig stehen sich wieder gegenüber, diesmal im Schwarzwald. Im Vorjahr in Berlin siegte RB nach einem 1:1 nach Verlängerung mit 4:2 im Elfmeterschießen. Jetzt will Freiburg den Spieß umdrehen, der SC ist nämlich als einziges von den vier Teams noch ohne Titel. Für Leipzig war es vor einem Jahr ebenfalls eine Premiere. Der Spielplan der Bundesliga sorgt außerdem für eine Kuriosität, denn am Samstag gibt es eine Wiederholung dieses Duells, dann geht es für beide Teams um die Champions League.

Erfolgreicher waren bisher die anderen Kontrahenten, die sich am Mittwoch gegenüberstehen, nämlich Stuttgart und Frankfurt. Der VfB war dreimal Pokalsieger (1954, 58 und 97), die Eintracht sogar fünfmal (1974, 75, 81, 88 und 2018). Siege kennen die Frankfurter aber kaum noch, sie gewannen in der Bundesliga letztmals im Februar, sind seit neun Spielen ohne Erfolg. Aber sie sind Pokalexperten und so erwartet Sportvorstand Markus Krösche, „dass wir im Pokal ein anderes Gesicht zeigen.“ Auf der Erfolgswelle schwimmen dagegen die Stuttgarter, doch ihnen wird der Klassenerhalt wichtiger sein. Als Pokalsieger absteigen – das wäre ein Witz.

Manche habe vielleicht auch gedacht, es wäre ein Witz, als sie hörten, dass Fortuna Düsseldorf mit dem Gedanken spielt, allen Zuschauern künftig freien Eintritt zu gewähren. Diese Idee hat ihren Reiz, aber auch ihre Tücken. „Fortuna für alle“ heißt das Konzept und ein volles Stadien wäre wohl garantiert, bisher liegt der Zuschauerschnitt bei 29.000, die Kapazität würde aber 54.000 möglich machen. Sponsoren sollen für das nötige Geld sorgen, doch die sind eigentlich überall schon dabei und werden teilweise dringend gesucht. Vereine wie Dortmund oder Bayern werden diese Idee nicht verfolgen. Gute Stimmung wäre auch garantiert, aber es besteht die Gefahr einer großen Abhängigkeit gegenüber den Sponsoren. Fünf Jahre lang sollen die Versuche laufen, in der neuen Saison wird es erstmals drei Spiele dieser Art geben. Die Fortuna steht dann zumindest im Mittelpunkt des Interesses. Ist ja auch schon ein Gewinn.

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