Der Sport – Grantler

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Kategorie: Skisport

Ein Treffer war der Winter nicht

In den Alpen und Mittelgebirgen hat es in den letzten Tagen wieder geschneit, jetzt kündigt sich endgültig der Frühling an – Zeit also für eine Bilanz des Wintersports. Noch kann man eine Bilanz ziehen, immer mehr stellt sich die Frage, wie lange es noch einen echten Winter gibt. Der Sport-Grantler selbst hat seine Schneeschaufel in diesem Winter im Keller lassen können. Und im Sport verlief auch einiges chaotisch, es war ein Winter ohne große Ereignisse, geprägt von vielen Verletzungen und mit einem abrupten Ende durch das Coronavirus. Ein Treffer also war der Winter nicht.

Apropos Treffer. Dies war das Manko der deutschen Biathleten, die im Jahr eins nach Laura Dahlmeier keine schlechte Saison ablieferten, aber Probleme am Schießstand hatten. Dort verballerten sie WM-Medaillen und Podestplätze. Das sollte sich trainieren lassen, so dass die deutschen Männer und Frauen zielsicherer in die nächste Saison gehen können. Das Kommando gaben im Wintersport meist die Norweger an, so war es auch im Biathlon. Norwegen stellte in der Nationenwertung den Sieger bei den Männern und Frauen, dazu gesellten sich Frankreich (Zweiter bei den Männern, Dritter bei den Frauen) und Deutschland (Dritter bei den Männern, Zweiter bei den Frauen), also war es nicht so schlecht. Diese drei Nationen dominierten Biathlon, in die Phalanx brach einzig Südtirols Glamourgirl Dorothea Wierer ein, die den Gesamtweltcup bei den Damen erfolgreich verteidigte. Bei den Herren triumphierte Johannes Thingnes Bö trotz Babypause. Der große Triumphator der letzten Jahre, der Franzose Martin Fourcade beendete dagegen seine große Karriere ebenso wie die Finnin Kaisa Mäkkäräinen.

In der deutschen Mannschaft beeindruckte vor allem Denise Herrmann, die ein bisschen in die Fußstapfen von Laura Dahlmeier trat. Drei Saisonsiege, dazu drei weitere Podestplätze, dreimal WM-Silber und die kleine Kristallkugel im Sprint können sich sehen lassen. Dabei begann die Saison schlecht, die ersten Kritiken kamen auf, aber dann ging es bei Damen und Herren richtig los. Das Ende der Saison war wieder traurig mit Wettbewerben ohne Zuschauer. So trist sieht die Zukunft dann doch nicht aus. Allerdings muss man hier „nahe Zukunft“ sagen, denn ein Nachwuchsproblem gibt es schon.

Die Angst vor Verletzungen

Was die sonstigen Skisportler angeht, da läuft und springt die Angst vor Verletzungen mit. Fast alle Wettbewerbe waren überschattet von schweren Verletzungen, Kreuzbandrisse waren an der Tagesordnung. Die Skiverbände sind gefordert, denn sowohl alpin als auch im Skispringen muss es Materialverbesserungen oder -veränderungen geben, um diese Flut von Verletzungen zu verhindern. Besonders gebeutelt waren die Skispringerinnen, da musste Bundestrainer Andreas Bauer gleich auf vier seiner besten Springerinnen verzichten. Der größte Pechvogel war Andreas Leyhe, der beim letzten Springen in Trondheim in der Qualifikation stürzte, sich einen Kreuzbandriss zuzog – und dann wurde der Wettbewerb abgesagt, die Saison war beendet. Für das Glanzlicht sorgte Karl Geiger (Oberstdorf), es war sein Winter und hinter Stefan Kraft (Österreich) wurde er Weltcup-Zweiter.

Namensvetter Vinzenz Geiger war als Dritter bester Deutscher bei den Nordisch Kombinierern, aber Siege waren rar, die Norweger dominierten das Geschehen noch mehr, als es vor kurzem noch die Deutschen taten. Jari Magnus Riiber war schier unschlagbar, flog im Springen schon allen davon und hat sich in der Loipe so stark verbessert, dass er kaum noch einholbar war. Da schaute die Konkurrenz ganz schön hinterher, wobei Trainer Weinbuch genau weiß, was zu tun ist: „Wir müssen uns im Springen verbessern.“

Bei den Alpinen war Thomas Dreßen der große Held. Der Abfahrer kam nach einer Verletzung zurück wie eine Rakete, holte sich Siege in Lake Louise (Kanada), beim Heimrennen in Garmisch-Partenkirchen und schließlich noch in Saalbach in Österreich. Drei Saisonsiege schaffte noch kein deutscher Abfahrer und Platz zwei im Weltcup der Königsdisziplin war der Lohn. Auf Dreßen schauten die Ski-Fans, aber ganz konnte er den charismatischen Felix Neureuther, der seine Karriere beendet hatte, nicht ersetzen. Eine durchwachsene Saison mit Kritik an ihrem Trainingseifer erlebte Ski-Girl Viktoria Rebensburg, die am Ende nur Neunte im Gesamtweltcup wurde. Mit Alexander Aamodt Kilde (Norwegen) und Federica Brignone (Italien) gab es Überraschungs-Weltcupsieger, weil die Saison wegen Wetter und Corona vorzeitig beendet wurde. Die dominierende Mikaela Shiffrin aus den USA fehlte in den letzten Rennen nach dem überraschenden Tod ihres Vaters.

Siege für die Ewigkeit

Der Held des Winters schlechthin war Bob-Pilot Francesco Friedrich. Der 29-Jährige Sachse stellte einen Rekord für die Ewigkeit auf: Er wurde dreimal Doppel-Weltmeister in Folge und noch kein Pilot vor ihm hat je neun Titel im Zweier und Vierer geholt. Heute kann man sagen, seine große Karriere zeichnete sich frühzeitig ab, weil er mit 22 Jahren schon der jüngste Bob-Weltmeister aller Zeiten wurde, doch dass er einmal Italiens Legende Eugenio Monti übertrumpfen könnte, dachte damals keiner. Jetzt ist Friedrich selbst eine Legende, hat aber noch Ziele, die er erreichen will. Nach seinem Doppel-Erfolg in Südkorea hat er gleiches in Peking 2022 im Visier, denn „Doppelgold zu verteidigen, das hat noch keiner geschafft.“ Außerdem: 45 Weltcupsiege sind der Rekord des Oberhofers Andre Lange, Friedrich liegt bei 37. Der nächste Winter kann kommen.

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Die Nordischen Skisportler stehlen den Alpinen die Show

Früher waren die Rollen klar verteilt: Das Interesse im Skisport gehörte den alpinen Skifahrern, die mit rasanten Rennen und vielen Siegen die Herzen der Fans eroberten. Langlauf und Springen galt als langweilig und konnte in der Medaillensammlung nicht mithalten. Die Zeiten haben sich geändert. Langlauf und Skispringen bringen die Fans an die Fernsehgeräte weil die Wettbewerbe attraktiver wurden und die deutschen Frauen und Männer überaus erfolgreich sind. Die Alpinen haben ihre Weltmeisterschaft in Are in Schweden gerade beendet, mit einer mickrigen Silbermedaille für Viktoria Rebensburg im Riesenslalom. Die Nordische Ski-WM beginnt mit ihren Wettbewerben am Donnerstag in Seefeld in Tirol und zehn Medaillen sollten für die deutsche Mannschaft bis zum 3. März möglich sein. Die Fans wollen Erfolge sehen, also fliegen heute die Herzen den nordischen Skisportlern zu.

In der Tat lassen die diesjährigen Ergebnisse im Weltcup wieder eine erfolgreiche WM für den Deutschen Ski-Verband erwarten. Es dürfte eine Ausbeute ähnlich wie bei den letzten Weltmeisterschaften geben, mit acht Medaillen 2015 in Falun/Schweden und sogar elf vor zwei Jahren in Lathi/Finnland. Welche Farbe die Medaillen letzten Endes haben werden, steht in den Sternen, hängt von der Konkurrenz und der Tagesform ab. Im Langlauf wäre jede Medaille eine Überraschung, aber nicht in der Nordischen Kombination, wo es vier Wettbewerbe gibt, und im Skispringen, wo für Frauen und Männer sechs Wettbewerbe anstehen. In jeder dieser Konkurrenzen ist eine deutsche Medaille möglich, hier und dort auch mehr, dass also insgesamt zehn Medaillen keine allzu gewagte Prognose sind.

In der Nordischen Kombination war vor zwei Jahren der Oberstdorfer Johannes Rydzek der unschlagbare König, er gewann gleich alle vier Wettbewerbe, geht also in allen Disziplinen als Titelverteidiger an den Start. Doch die Kräfteverhältnisse haben sich geändert, in dieser Saison ist der 21-Jährige Norweger Jari Magnus Riiber der überragende Athlet. Er gewann bereits vorzeitig die Weltcup-Gesamtwertung und zeigt sowohl auf der Schanze als auch in der Loipe keine Schwächen. Die deutschen Athleten mussten nach eher schwachen Sprüngen oft hinterherlaufen. Es wird spannend sein, zu sehen, ob die Deutschen ihre Sprungschwächen im Training abstellen konnten und ob Riiber seine tolle Form halten konnte. Dazu kommen aber auch starke Mannschaftskameraden in Norwegen und Deutschland, dazu kommen aber auch starke Österreicher, die ihren Heimvorteil in Medaillen ummünzen wollen. Überhaupt, auch bei den Österreichern könnten die nordischen Skisportler den oft vergötterten Alpinen den Rang ablaufen, denn nur eine Goldmedaille (Marcel Hirscher im Slalom) bei der alpinen WM nagte schon ein bisschen an der selbsternannten Skisportnation Nummer 1 (immerhin acht Medaillen insgesamt und damit am meisten von allen Nationen).

Im Skispringen haben die Österreicher ihre einstige beherrschende Stellung auch verloren. Der frühere Seriensieger Gregor Schlierenzauer schaffte es nicht mehr ins Team, Altstar Thomas Morgenstern ist abgetreten. Nur ab und zu war ein Österreicher in dieser Saison vorn dabei, die Hoffnungen ruhen auf Stefan Kraft, Doppelsieger in Lahti. Doch die Springer aller Nationen schauen auf den jungen Japaner Ryoyu Kobayashi, der in dieser Saison das Maß aller Dinge darstellt und mit vier Siegen auch bei der Vierschanzentournee triumphierte. Dazu stellen die Polen und Norweger eine starke Mannschaft und eben auch die Deutschen. Im DSV-Team, das seinem österreichischen Trainer Werner Schuster zum Abschied noch einmal Medaillen schenken will, hat sich kein Springer eine richtig gute Konstanz erarbeitet, aber immer wieder war einer vorn dabei. Karl Geiger und Markus Eisenbichler lösten die einstigen Führungskräfte Richard Freitag, Severin Freund und Andreas Wellinger ab. Letzterer holte in Finnland noch Gold und zweimal Silber. Derzeit springt er eher hinterher.

Eine Medaillenbank sind dagegen die Frauen im Skispringen. Sie stehen zwar bei ihren Wettkämpfen noch im Schatten der Männer, aber wenn es in Seefeld um die Medaillen geht, könnten sie ihnen schon den Rang ablaufen. Katharina Althaus aus Oberstdorf führte lange Zeit den Weltcup an, ehe ihr die Norwegerin Maren Lundby die Show stahl. Dazu ist auch die Japanerin Takanashi eine Siegspringerin, aber die deutschen Mädchen stellen neben Althaus mit Juliane Seyfarth (Platz vier im Weltcup), Carina Vogt (Platz fünf) Ramona Straub oder Anna Rupprecht eine echte Gold-Mannschaft. WM-Medaillen könnten die Frauen auf der Schanze zu Überfliegern werden lassen und ihrem Sport einen Schub versetzen. Das würde dann zur aufgezeigten Tendenz passen: Die Nordischen Skisportler stehlen den Alpinen die Show.

Der Langlauf wird wohl von den Norwegern dominiert. Theresa Johaug ist nach ihrer Dopingsperre wieder dabei und könnte ebenso wie Johannes Kläbo bei den Männern in allen Rennen vorne dabei sein. Das wiederum könnte den Langlauf wieder langweilig machen.

Alpine Ski-WM: Aufgeführt werden „Die Zwei“

Es gab einst eine beliebte Krimi-Serie, die hieß „Die Zwei“ mit Roger Moore und Tony Curtis in den Hauptrollen. Zumindest der Titel lebt jetzt bei der Alpinen Ski-Weltmeisterschaft vom 5. bis 17. Februar in Are/Schweden wieder auf. Egal ob bei der Zahl der Favoriten oder im deutschen Team die Zahl der aussichtsreichen Athleten – aufgeführt werden „Die Zwei“.

Da sind zum Beispiel die zwei großen Favoriten: Marcel Hirscher ist der beherrschende Fahrer bei den Herren, Mikaela Shiffrin dominiert das Geschehen bei den Damen. Der Österreicher Hirscher muss sich als Techniker allerdings mit einer vergleichsweise bescheidenden Medaillen-Aussicht zufrieden geben, aber Gold in seiner Paradedisziplin Slalom und außerdem im Riesenslalom sind wie vor zwei Jahren in St. Moritz wieder möglich. Die Amerikanerin Mikaela Shiffrin ist da ein Stückchen weiter, sie hat sich in diesem Jahr im Weltcup vorgenommen, in allen Disziplinen an den Start zu gehen. Was in der heutigen Zeit fast als unmöglich schien, hat sich aber bewahrheitet: Shiffrin ist überall gut und könnte also rein theoretisch alle Goldmedaillen einsacken. Was allerdings sicherlich nicht passieren wird. Nur eine einzige wäre für sie allerdings fast schon eine Enttäuschung! Achten wir also auf „Die Zwei“.

Auch in der deutschen Mannschaft gibt es „Die Zwei“. Da haben wir zum Beispiel inzwischen zwei Damen, die für vordere Plätze, also auch für eine Medaille, gut sind, nämlich neben der bisherigen „Alleinherrscherin“ Viktoria Rebensburg plötzlich jetzt auch die 22-Jährige Kira Weidle, die vordere Plätze einfuhr. Ein gutes Omen für die Abfahrt am Sonntag, 10. Februar: Bei der Junioren-WM 2017 in Are holte Weidle Bronze. Wiederholen bitte! Bei den Herren blieben auch nur „Die Zwei“ übrig, allerdings mit Einschränkungen: Der eine ist Routinier Felix Neureuther, der mehr mit seinem Körper und Verletzungen zu kämpfen hat als mit Pisten und Konkurrenz. Er hofft, dass er noch rechtzeitig seine Form findet und vielleicht noch einmal den „Retter“ spielen kann, so wie vor zwei Jahren als er mit Bronze die einzige deutsche Medaille ergatterte. Danach könnte Schluss sein, denn bei den letzten Weltcup-Rennen sah alles nach einer Abschiedstournee des 34-Jährigen aus. Er wurde unabhängig seiner Platzierungen vom Publikum mit „Standing Ovations“ gefeiert, gemäß dem Motto, es könnte ja das letzte Mal sein, dass der beliebte Sohn von Rosi Mittermaier und Christian Neureuther auf der Piste zu sehen war.

Der Zweite ist Speedfahrer Josef Ferstl, der sensationell in Kitzbühel den Super G gewann, also in die erste Reihe rückte. Dahinter tut sich eine Lücke auf, weil wieder einmal das Verletzungspech zugeschlagen hat. Vor allem Thomas Dreßen, der ebenso sensationelle Abfahrtssieger von Kitzbühel vor einem Jahr liegt ebenso flach wie der hoffnungsvolle Andreas Sander. Dagegen befinden sich die Techniker Linus Straßer, Stefan Luitz, Fritz Dopfer und Dominik Stehle in einem seltsamen Formtief. Zumindest einer von ihnen sollte doch die Nachfolge von Felix Neureuther antreten. Ob das noch gelingt?

Der Deutsche Ski-Verband befindet sich im Dilemma. Eigentlich sollte es aufwärts gehen, doch alle Bemühungen scheinen im Schnee stecken zu bleiben. Passend zur alpinen Sportart heißt es „runter geht es schnell, aber bergauf geht es langsam“. Die einst glorreichen Zeiten kommen (wenn überhaupt) so schnell nicht wieder. Dabei war Sportdirektor Wolfgang Maier vor der Saison doch so zuversichtlich: „Im Nachwuchsbereich holen wir Medaillen, also muss Substanz da sein“. Auch der neue Damen-Trainer Jürgen Graller aus Österreich konnte bis jetzt nicht helfen, dass es schnell bergauf geht, um besonders schnell den Berg runter zu kommen.

Andere Nationen haben da weniger Sorgen, sie sorgen sich höchstens darum, den Österreichern Platz eins im Medaillenspiegel streitig zu machen oder die Österreicher darum, nicht die Nummer 1 zu werden. Das würde sie ärgern. In St. Moritz 2017 holten die Österreicher neun Medaillen (3 Gold, 4 Silber, 2 Bronze) und lagen damit vor der Schweiz (7/3-2-2) und Frankreich (2/2-0-0). Der DSV lag mit einer Bronzemedaille auf Rang elf und hat vor allem ein Ziel: Nur nicht leer ausgehen. Eigentlich sollten es zwei werden…

Die nächsten interessanten Weltmeisterschaften im Winter: Nordische Ski-WM vom 20. Februar bis 3. März in Seefeld/Österreich, Biathlon-WM vom 7. bis 17. März in Östersund/Schweden.

Winter-Könige und Yetis

Schade, dass es in diesem Jahr keine Olympischen Winterspiele gibt, deutschen Athletinnen und Athleten wäre ein Medaillensegen gewiss gewesen. Allerdings glänzen sie nicht in allen Sportarten. So gibt es Winter-Könige (oder Königinnen), die der Konkurrenz das Fürchten lehren, aber auch Yetis, Sportler, die kaum vorne zu sehen sind und deshalb teilweise als Fabelwesen oder Schneegeister wahrgenommen werden.

Da wir also alle auf Olympia bis 2018 in Südkorea warten müssen, konzentrieren sich die Wintersportler auf ihre Weltmeisterschaften und da ist der Februar der Monat der Entscheidungen, quasi also der Ersatz für Winter-Olympia. Herzstück bei Olympia sind die alpinen Ski-Wettbewerbe und sie werden auch mit ihrer Weltmeisterschaft ab Montag, 6. Februar, an der traditionsreichen Stätte in St. Moritz international die größte Aufmerksamkeit bekommen (bis 19. Februar). Die Deutschen wiederum lieben Biathlon (was sich an den Einschaltquoten im Fernsehen ablesen lässt, da schlug Biathlon sogar den Fußball!), aber da ist es gar nicht so glücklich, dass die Biathlon-WM in Hochfilzen parallel zu den Ski-Stars abläuft (9. bis 19. Februar). Aber man kann es ja auch so sehen: Ein bisschen Olympia ist halt doch.

Es gibt allerdings einen gravierenden Unterschied: Bei der WM sind vor allem die Titel begehrt, da zählt schon der zweite Platz nicht so viel, bei Olympia ist das Spektrum größer, da freuen sich die Athleten sogar über einen dritten Platz, auch Bronze ist nämlich eine der begehrten Olympia-Medaillen. Ein WM-Titel ist ein großer Erfolg, ein Olympia-Sieg macht einen Athleten fast unsterblich.

Das Eis können wir fast ausklammern, da sind die Deutschen eher die Yetis, da taucht mal Sprinter Ihle auf oder die Eisschnelllauf-Oma Claudia Pechstein, die aber im Alter eher als Grantlerin von sich Reden macht. In der Eisröhre haben die Rodler ihre Weltmeisterschaft hinter sich und einen Teil ihrer Dominanz eingebüßt, vor allem die Herren um Felix Loch rodelten hinterher, dafür holte sich Tatjana Hüfner mit ihrem fünften Titel einen Rekord. Das Leistungszentrum in Oberhof hat der Medaillenschmiede in Berchtesgaden wieder den Rang abgelaufen. Ein internes deutsches Duell ist da im Gange, das leistungsfördernd sein sollte, aber auch zu Sand im Getriebe führen kann. Dann lässt sich schlecht rodeln. Nach dem einen oder anderen WM-Titel strecken auch Bob und Skeleton die Hand aus.

Im alpinen Ski-Zirkus bleibt den Deutschen eher die Yeti-Rolle. Keine Fabelwesen sind Viktoria Rebensburg bei den Damen und Felix Neureuther bei den Herren, doch die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass Medaillen keine Selbstverständlichkeit sind. Die Hauptrollen sind jedenfalls an andere verteilt, An Marcel Hirscher (Österreich), Kristoffersen (Norwegen), Lara Gut (Schweiz), Mikaela Shiffrin oder Lindsey Vonn (beide USA).

Anders im Biathlon, wo in jedem Rennen ob bei Damen oder Herren die deutschen Farben auf dem Siegerpodest zu sehen sein könnten (aber natürlich nicht müssen). Bei den Herren ist der Franzose Martin Fourcade der Überläufer, aber doch nicht unschlagbar. Bei den Damen hat Laura Dahlmeier die WM als großes Ziel ausgegeben, nicht den Kampf um das Gelbe Trikot. Vor einem Jahr holte die Garmischerin fünf Medaillen, was durchaus wieder möglich wäre, aber ein Alleinstellungsmerkmal wie Fourcade hat sie nicht, da spielen auch Gabriela Koukulova (Tschechien), Kaisa Mäkäräinen (Finnland) und Marie Dorin-Habert (Frankreich) und andere mit. Die Spannung jedenfalls ist so groß, dass die TV-Einschaltquoten in Deutschland wieder stimmen werden.

Den Abschluss des WM-Reigens bilden die Nordischen Weltmeisterschaften vom 22. Februar bis 5. März in Lahti (Finnland). Da werden die deutschen Damen und Herren in der Langlaufspur die Yeti-Rolle übernehmen, die Kombinierer sind jedoch das Gegenteil. Sie haben im Verlauf der Saison bisher alle Einzelwettbewerbe gewonnen und dominieren den Weltcup mit den ersten drei Plätzen (Frenzel, Rydzek, Rießle) in der Gesamtwertung. Das wäre ja ein Ding, wenn sie ausgerechnet bei der WM nicht die erste Geige spielen könnten. Aber Bundestrainer Hermann Weinbuch warnt schon: „Die Norweger werden immer stärker, einen schlechten Tag können wir uns nicht leisten.“ Aber das ist ja der Reiz des Sportes, ein bisschen Ungewissheit bleibt immer, der Traum, dass David den Goliath schlagen kann, ist immer präsent. Und nach den Weltmeisterschaften träumen die Winter-Asse nicht vom Sommer, sondern von Olympia. Garantiert.

Kalter Sommer, weiße Pracht

 

Wenn es kalt wird, läuft der Sport heiß. Dabei war es für die deutschen Sommersportarten auch ein kalter Sommer, zumindest mit einem Blick auf die nur mäßigen Erfolge, zum Beispiel bei den Olympischen Sommerspielen in Rio. Ins Hintertreffen geraten Leichtathletik, Schwimmen und Co. inzwischen aber auch bei der Beliebtheit der deutschen Sportfans. Beleg dafür sind die Einschaltquoten im Fernsehen. Und da freuen sich ARD und ZDF wieder auf den Winter, der ihnen quasi eine weiße Pracht bringt, sprich hohe Einschaltquoten.

Am Wochenende 26./27. November geht es wieder richtig los mit den Wintersportarten. Das ZDF startet mit den Übertragungen am Samstag und Sonntag und ist von ca. 13.00 bis 18.00 Uhr bzw. 13.00 bis 19.00 Uhr auf Sendung. „Immer nur Wintersport, das kann doch nicht sein“, mosern die Nichtsportbegeisterten, übersehen aber, dass an diesen Wintertagen etwa eine Million Zuschauer mehr einschalten als an den sonstigen Wochenenden. Im Schnitt 2,65 Millionen sitzen beim ZDF vor dem Fernseher, 2,43 Millionen zählte die ARD, beides Zahlen weiter über dem Durchschnittswert. Da mag das Wetter mit eine Rolle spielen, Leichtathletik und Co. haben es im Sommer schwerer, die Leute vom Aufenthalt im Schwimmbad oder im Garten abzuhalten.

Eine Hauptrolle spielen aber auch die Erfolge der deutschen Wintersportler, die in vielen Wettbewerben mit um den Sieg kämpfen. Das ist im Sommer nicht so, da bleibt nicht nur die Küche kalt, sondern eben auch das Herz der Sportfans, wenn nur selten um Siege mitgefiebert werden kann. So ist es nun einmal, Sportfans wollen Erfolge feiern und deshalb schwimmt zum Beispiel seit Jahren Biathlon auf einer Sympathiewelle. Die Wettbewerbe sind spannend und die deutschen Frauen und Männer erfolgreich. Da werden Stars geboren wie Magdalena Neuner oder aktuell eben Laura Dahlmeier, die bei der letzten WM fünf Medaillen holte.

Am ersten Wochenende stehen Rodeln, Langlauf, Nordische Kombination, Skispringen, Ski alpin und Biathlon auf dem Programm – deutsche Erfolge wohl inbegriffen. Ja, die Leute schauen sogar Rodeln an, weil eben Felix Loch und andere meist mit vorne rodeln. Die Nordische Kombination findet immer mehr Anhänger, weil die Verfolgung im Langlauf spannend sein kann und deutsche Athleten meist mit um den Sieg kämpfen. Eric Frenzel war zuletzt Weltcupgesamtsieger, Johannes Rydzek Doppel-Weltmeister. Weiße Pracht: 2017 ist wieder ein Jahr der Weltmeisterschaften im Skisport (siehe unten). Die Nordische Ski-WM findet vom 22. Februar bis 5. März im finnischen Lahti statt.

Der alpine Skisport hat ein bisschen an Aufmerksamkeit verloren, weil die deutschen Erfolge an einer Hand abzuzählen sind. Viktoria Rebensburg und Felix Neureuther sind die deutschen Stars mit Podestchancen und Zuneigung der Fans. Mehr Interesse gehört da noch den Skispringern, die in der Vier-Schanzen-Tournee ihren jährlichen Höhepunkt um den Jahreswechsel haben (30. 12. – 6. 1.). Die Einschaltquoten erreichen da Höhen wie sonst nur der Fußball, da werden auch die Biathleten blass. Die „Rentner“ Martin Schmitt und Sven Hannawald sind heute immer noch Stars (und neuerdings auch TV-Experten). Severin Freund will nach einer Hüftoperation bald wieder vorne mitspringen, aber auch Richard Freitag und Andreas Wellinger können vorne dabei sein. Ihr Pech allerdings: Im Vorjahr war der Slowene Peter Prevc der Überflieger schlechthin und kaum zu schlagen. Dennoch: Skispringen boomt.

Nummer eins bleibt allerdings über die Saison hinweg Biathlon. Erstaunlich, dass der deutsche Verband in den letzten Jahren immer wieder für Ersatz sorgen konnte, wenn erfolgreiche Stars in den Ruhestand gingen. Ob bei Frauen oder Männern, in allen Rennen haben deutschen Athleten, angeführt von Laura Dahlmeier und Simon Schempp, die Chance, vorne mitzulaufen. Einschaltquoten jenseits der Vier-Millionen-Grenze sind für ARD und ZDF der Lohn, manchmal werden sogar die Quoten der Formel 1 übertroffen.

Wenn auch das Wetter oft nicht mitspielt, Wettbewerbe verschoben oder ganz abgesagt werden müssen, selten wirklich eine herrliche Schneelandschaft in den Bergen zu finden ist, vom Interesse her bleibt der Wintersport eine „weiße Pracht“.

Weltmeisterschaften 2017: Rodel-WM 26. – 29. Januar in Innsbruck, Alpine Ski-WM 6. – 19. Februar St. Moritz, Biathlon-WM 9. – 19. Februar Hochfilzen, Bob/Skeleton 13. – 26. Februar Sotschi, Nordische Ski-WM 22. Februar – 5. März Lahti.

Aufruf zur Rebellion im Sport!

 

Der Sport-Grantler hat schon oft in seinen Kommentaren die Machenschaften der Sport-Funktionäre angeprangert und gefordert, dass der Sport wieder Vorrang vor der Jagd nach Geld bekommen muss. Nun hat ein ehemaliger Sportler und Kenner der Szene die Stimme erhoben und gefordert: „Die Sportler müssen rebellieren.“ Die Forderung stellte der frühere deutsche Slalom-Star Christian Neureuther, Ehemann von Olympiasiegerin Rosi Mittermaier und Vater vom aktuellen deutschen Slalom-König Felix Neureuther. Vater Christian gewann einst selbst sechs Weltcup-Rennen.

In einem großen Interview in der Süddeutschen Zeitung zum Beginn des Ski-Winters legt Christian Neureuther, immerhin auch Aufsichtsrat der Marketing GmbH des Deutschen Ski-Verbandes, die Finger in viele Wunden. Er prangert die Missstände im internationalen Skisport an, fordert Verbesserungen in den Ausrüstungen, plädiert für mehr Sicherheit und könnte sich auch ein attraktiveres Rennprogramm vorstellen. Neureuther fordert eine Rückkehr zu den klassischen Disziplinen Abfahrt, Slalom und Riesenslalom, will die Streichung von Super G und Kombination. „Das versteht doch sowieso keiner, der Super G ist wie eine Abfahrt, die Kombinationen sind undurchsichtig, mal mit Abfahrt, mal anders, für den Zuschauer langweilig. Sein Vorschlag, der Gehör finden sollte: „Warum nicht öfters zwei Sprint-Abfahrten an zwei Tagen, wobei am zweiten Tag der Schnellste als Letzter über die Piste geht.“ Der Sport-Grantler meint: Da wäre Spannung drin, die Skiverbände suchen doch sowieso nach Möglichkeiten, ihren Sport attraktiver zu machen, um ihn besser verkaufen zu können. Siehe Slalom-Wettbewerbe in Großstädten wie München oder Moskau.

Christian Neureuther liest aber auch den Funktionären in den Verbänden die Leviten. „Es geht immer um Macht. Aus dem Grund geht vieles nicht weiter, die nationalen Interessen stehen im Vordergrund.“ Der Szene-Kenner fordert eine professionelle Struktur im Skisport, einen CEO als oberstes Entscheidungsgremium und Profitcenter für Alpin, Langlauf, Sprunglauf etc. Das Problem: Die Verbände müssten Macht abgeben. Wie wäre eine Änderung möglich? „Notfalls müssten die Sportler mal rebellieren.“ Motto: Ohne Sportler keine Sport, ohne Sport auch kein Geld für Verbände, keine Macht für die Funktionäre. So weit wird es aber leider nicht kommen.

Auch IOC-Präsident Dr. Thomas Bach bekommt in dem Interview sein Fett weg. Neureuther spricht dem Sport-Grantler aus dem Herzen: „…wie sich Bach zuletzt in Rio gegenüber den Athleten präsentiert hat, wie er das russische Dopingthema wegmoderiert und die russische Whistleblowerin Julia Stepanowa fallen gelassen hat – darüber bin ich schwer enttäuscht. Was ist aus diesem ehemaligen Sportler geworden (Bach war Fecht-Olympiasieger)? Man muss sich das mal vorstellen: Ein IOC-Präsident reist nicht zu den Paralympics, einer der wichtigsten und integrativsten Ideen unserer Zeit, die dazu aus der olympischen Bewegung entstanden ist. Nicht ein Wort waren ihm die Paralympics in seiner Abschlussrede in Rio wert – ein Offenbarungseid!“

An die Adresse des IOC fordert Neureuther mehr Rücksicht auf den Umweltschutz bei den Olympischen Spielen. „Ich kann doch nicht – wie für die Winterspiele 2018 in Pyeonchang – in ein Naturschutzgebiet eingreifen und einen Wald abholzen!“ Deutliche Worte: „Der Gigantismus und die nicht mehr überschaubare Flut von Sportstätten und Wettbewerben bei Olympia muss ein Ende haben. Gigantismus sollte in der Nachhaltigkeit stattfinden.“ Neureuther spricht es deutlich an: „Was hinterlasse ich der Jugend der Welt nach den Spielen? Emotionen, Werte, Visionen und Chancen? Oder betrogene saubere Sportler, Bauruinen und Stadien, die keiner mehr braucht?“ Der einstige Spitzensportler ist sich sicher, dass bei einer Umkehr im IOC künftig auch die Leute wieder erreicht werden könnten, die in München und Hamburg noch gegen die Olympischen Spiele plädiert haben.

Der Sport-Grantler wollte der vernünftigen Stimme auf dieser Seite Gehör verschaffen. Schade nur, dass die Vernunft gegenüber Macht und Geld auf verlorenem Posten steht.

Der alpine Skisport braucht die Show

 

Kitzbühel hat die Sportfans wieder einmal elektrisiert. Die Abfahrt auf der Streif gilt als die schwerste der Welt – spektakuläre und leider meist auch folgenschwere Stürze inbegriffen. Die Moralisten fordern, dass da nicht mehr gefahren wird, zu gefährlich. Die Sportler selbst gehen offenen Auges die große Herausforderung an und das Publikum ist begeistert. Am Ende sind beide Seiten froh, wenn ein Fahrer gesund wieder unten ist. Hier ist der alpine Skisport auch Show – und die Show braucht der alpine Skisport um sich gegen die Konkurrenz als Wintersport Nummer 1 zu behaupten. In Deutschland zumindest haben die Alpinen ihre Vormachtstellung schon lange gegen Biathlon verloren. Und Biathlon gilt auch als Vorbild, denn dort wurden die Wettbewerbe fernsehgerechter und zuschauerfreundlicher. Biathlon ist spannend, man könnte sagen, dort ist jeder Schuss ein Treffer.

Kitzbühel ist bei den Alpinen eine Ausnahme, ist ein Event, dort tauchen auch die Schönen und Reichen des Showbusiness auf. Wann sonst ist der Sport schon Anlass für eine große Party. Aber nach diesen Anlässen suchen viele Verantwortlichen, denn der Wintersport ist bedroht. Einmal natürlich von der Klimaveränderung. Keiner weiß heute mehr, wann wirklich Winter ist. Umso problematischer ist es, im Vorfeld den Terminkalender zu erstellen. Bisher gehen die Organisatoren im Skiverband noch immer nach dem alten Muster vor. Dabei müssten schon längst langfristige Wetterbeobachtungen einfließen.

Noch mehr aber sollten sich die Funktionäre des Internationalen Ski-Verbandes Gedanken machen, wie der zweifellos attraktive alpine Skisport auch im Bewusstsein der Sportfans die Stellung als Nummer 1 zurückgewinnen kann. Der deutsche Ski-Star Felix Neureuther hat hier kürzlich in einem Interview mit der Bild am Sonntag die Finger in die Wunde gelegt. So kritisierte er, dass es in der Zeit ohne Fußball nach Weihnachten zu wenige Skirennen gibt und die Slalomfahrer bis auf ein Rennen sowieso Pause hatten. Interessant sein Vorschlag, mehr auf Nachtslaloms zu setzen, zum Beispiel jeden Freitag ein Nachtslalom. Die Leute brauchen Kontinuität. Es prägt sich ein, wenn man weiß, Freitag ist wieder Slalom. Auch müssen die Veranstaltungen gekürzt, verdichtet werden. Beispiel Parallelslalom.

Der Parallelslalom gilt heute noch als Experiment, dabei hat er sich schon lange bewährt. Der Kampf Mann gegen Mann bzw. Frau gegen Frau sorgt für zusätzliche Spannung. Es gab spektakuläre Rennen in spektakulärer Umgebung. So wurde die Neujahrsveranstaltung in München am Olympiaberg ein voller Erfolg – wenn sie stattfinden konnte. Auch 2015 gab es wieder eine Absage, weil sich frühzeitig ein Schneemangel abzeichnete. Erste Aufgabe: Die Techniker müssen Möglichkeiten erfinden, dass die Natur überwunden wird und Schnee auch bei wärmeren Temperaturen produziert werden kann. Dann kann der alpine Skisport sich als Show, als Ereignis, als Event verkaufen, mit Nachtslaloms in den Metropolen der Welt, zum Beispiel nicht nur in München, sondern auch in New York, Mailand, London oder Paris.

Die Abfahrer werden sagen, „das gilt für den Slalom, was ist mit uns?“ Setzt sich der Schneemangel fort, dann werden ihre Probleme immer größer. Eine Abfahrtsstrecke mit den entsprechenden Sturzräumen braucht viel Schnee und viele Helfer zur Präparierung. Doch ihre Show wird nicht sterben, in Kitzbühel liegt immer mal Schnee, das wird so bleiben. Die Frage ist später vielleicht einmal, wann…

Skisport: Das Phänomen Vierschanzentournee

 

Freund Erwin sagte es klipp und klar: „Weißt Du, Skispringen interessiert mich nicht, ist doch langweilig, wenn einer nach dem anderen über die Schanze geht. Erst am Schluss gibt es Spannung. Aber die Vierschanzentournee, die schaue ich mir schon an.“ Genau diese Aussage beschreibt das Phänomen Vierschanzentournee. Mit Skispringen haben die meisten generell nichts am Hut, aber die vier Springen rund um die Jahreswende bannen die Zuschauer vor die Bildschirme oder locken sie sogar in die Stadien. Über sechs Millionen sahen die Übertragungen in Deutschland bei ARD und ZDF, Quoten, die in den letzten Jahren nicht mehr erreicht wurden und die auch Formel 1, Biathlon und Boxen (außer Klitschko-Kämpfe) als nächste Quoten-Könige (Fußball ist außen vor) schlagen. Zumindest in Oberstdorf und Garmisch-Partenkirchen meldeten die Veranstalter außerdem „ausverkauft“. In dieser Saison war die Tournee sogar das absolute Highlight, weil es keine Weltmeisterschaft gibt.

Das Phänomen beginnt schon bei der Schreibweise. In den Medien sieht man „Vier-Schanzen-Tournee“ oder „Vierschanzen-Tournee“ oder eben „Vierschanzentournee“. Der Sport-Grantler hält sich hier an die wohl offizielle Schreibweise der Veranstalter. Das Phänomen setzt sich fort, dass sich auch viele Frauen für die Hupfer zwischen den Jahren begeistern können. Gut in Erinnerung sind noch die vielen Teenies, die vor zehn bis 14 Jahren Sven Hannawald und Martin Schmitt am Skianzug hingen. Es waren die „Zahnspangen-Fans“. Bei den Österreichern waren Andreas Goldberger, Thomas Morgenstern oder Gregor Schlierenzauer größere Stars als jeder Fußballer oder Abfahrer.

Gut, solch eine Begeisterung gab es diesmal nicht mehr. Auf deutscher Seite ist Severin Freund eher bodenständig, nicht der Glamour-Boy und außerdem in festen Händen. Die Österreicher mussten einen bitteren Rückschlag hinnehmen, denn erstmals seit 2008 (Janne Ahonen, Finnland) stellten sie nicht mehr den Sieger. Sieben Mal war zuletzt ein Österreicher auf dem Siegertreppchen ganz oben.

Der Triumphator war diesmal PeterPrevc aus Slowenien. Der große Star aus dem kleinen Land lieferte eine tolle Flugshow ab und musste nur in Oberstdorf vorzeitig landen, als ihn der Wind niederdrückte. Das rettete Sven Hannawald den alleinigen Rekord, als er 2002 als erster und bisher einziger Athlet alle vier Springen gewann. Severin Freund machte Prevc das Leben schwer, aber der Slowene wusste auf jeden guten Sprung des Deutschen eine noch bessere Antwort. Dennoch darf sich das Skispringen im Aufwind fühlen. Die Norweger stellten ebenso eine starke Mannschaft wie die Österreicher und vor allem auch die Deutschen, die mit vier Springern unter den ersten Zwölf in der Gesamtwertung vertreten waren.

Das lässt darauf schließen, dass das Phänomen Vierschanzentournee Ende Dezember in Oberstdorf eine Neuauflage der Begeisterung erlebt. Das Phänomen Vierschanzentournee wird aber auch in den nächsten Wochen deutlich werden, wenn die „normalen“ Springen über die Bühne gehen. Der Alltag der Skispringer mit vielleicht zwei oder drei Millionen Zuschauern an den Bildschirmen. Allerdings sollte sich der Internationale Ski-Verband überlegen, ob nicht der direkte Wettkampf von zwei Springern wie bei der Tournee jedes Springen interessanter machen würde. Das direkte Duell hat was für sich und lockt sicherlich Zuschauer. So aber: „Ist doch langweilig, wenn einer nach dem anderen über die Schanze geht“, sagt Freund Erwin.

Skisport: Das wird kein normaler Winter

 

In Deutschland hat sich der richtige Winter mit viel Schnee in den letzten Jahren rar gemacht. Auch in diesem Jahr sieht es eher nach einem milden Winter aus, als dass die Skifreunde so richtig auf ihre Kosten kommen sollten. Auch die Spitzensportler leiden unter den Wetterkapriolen. Einmal gibt es keinen Schnee, dann wieder zu viel, dann wieder werden sie vom Wind gestoppt, wie jetzt die Skispringer und Kombinierer in Finnland. Dennoch hat der Ski-Winter begonnen, aber allen Beteiligten ist klar, dies wird kein normaler Winter. Nicht wegen dem Wetter, sondern einfach deshalb, weil sowohl Olympische Spiele als auch Weltmeisterschaften fehlen. Ein Zwischenwinter sagt man, den mal alle vier Jahre einlegen darf oder muss.

In einigen Sportarten (siehe Biathlon) gibt es ja die jährlichen Weltmeisterschaften, aber diese Inflation der Weltmeister machen Ski alpin und Ski nordisch zum Glück nicht mit. Man braucht auch mal einen Winter mit Verschnaufpause, um etwas auszuprobieren, um dem Nachwuchs auf höchster Ebene eine Chance zu geben, also Aufbauarbeit für die Zukunft zu leisten. Der Leistungsdruck ist also nicht ganz so hoch wie gewohnt.

Dennoch wollen die Skisportler natürlich in den Blickpunkt der Öffentlichkeit rücken. Deshalb haben sie den Start in den neuen Ski-Winter scheibchenweise geliefert. Bereits Ende Oktober ging es auf den Gletscher in Sölden, eine sportlich fragwürdige, aber eben von Werbung geprägte Einlage. Danach verhinderte das Wetter die Rennen in Levi, aber jetzt geht es richtig los. Spielt das Wetter mit, geht es Schlag auf Schlag.

Bei den deutschen Sportlern ging es allerdings zögerlich los, dabei sehen sie dem Winter mit großen Hoffnungen entgegen. Vor allem die alpinen Herren träumen, denn mit Felix Neureuther, Fritz Dopfer, Stefan Luitz und Linus Strasser wollen sie das beste Team in technischen Disziplinen stellen. Die Speedfahrer zählen dagegen eher zur zweiten Garnitur, wenn überhaupt. Die Mädchen vertrauen vor allem auf Viktoria Regensburg, die sogar nach dem Gesamtweltcup greifen könnte. Ansonsten heißt es lernen, wie oben beschrieben.

Im nordischen Skisport haben die Skispringer gleich für einen Paukenschlag gesorgt und den ersten Wettbewerb gewonnen. Weltcup-Gesamtsieger Severin Freund steht nicht alleine da, sondern es hat sich eine starke Mannschaft gebildet. Das große Highlight des Winters ist die Vier-Schanzen-Tournee zur Jahreswende, bei der die Deutschen zuletzt eher unter „ferner sprangen“ zu finden waren. Severin Freund muss gegen die bisherigen Trend seine Form aufbauen, denn er ist als Spätstarter bekannt. „Ich habe im Sommer alles getan, um früh in Form zu sein“, gesteht er. Wir werden sehen.

Sieganwärter sind auch die Nordischen Kombinierer, die in den letzten Jahren das Maß der Dinge waren. Mit Johannes Rydzek startet der Doppelweltmeister. Hier gilt es, die Form zu halten. Für die Langläufer heißt es dagegen zu lernen, um den Anschluss an die Weltspitze wieder zu finden. Die Damen sind im vorderen Mittelfeld gut dabei, die Herren dagegen laufen meist immer ein bisschen länger als die Konkurrenz. So sind künftig keine Medaillen zu gewinnen. Allerdings hat es bei den Trainern einen Neuanfang gegeben, warten wir also ab, ob die Wechsel erfolgreich waren.

Ein eigenes Völkchen stellen die Biathleten dar. Sie haben auch wieder eine Weltmeisterschaft (im März in Oslo) und haben sich gleich erfolgreich präsentiert. Die ersten Mixed-Staffeln am Wochenende waren ein Appetithappen und die Deutschen auf dem Podium. Ab Mittwoch geht es in Östersund richtig los und die Deutschen wollen vorne mitmischen. Sie wollen auch die Lieblinge der deutschen Sportnation bleiben. Gespannt sein darf man, ob Miriam Gössner wieder ihre Bestform findet und Anschluss an die neuen Vorzeige-Damen Laura Dahlmeier und  Franziska Preuß findet. Die Herren Simon Schempp, Erik Lesser und Co. gehören ebenfalls zur Weltspitze.

Bei den Fernsehübertragungen fährt Biathlon immer gute Einschaltquoten ein und war auch am Wochenende schon der erste Sieger: Fast vier Millionen sahen die Mixed-Staffel, mehr als zuvor die Formel 1 vor den Bildschirm locken konnte. Auch die langen Wintersport-Nachmittage locken mehr Zuschauer an, als es das sonstige Normalprogramm das Jahr über bei ARD und ZDF tut. Offensichtlich gibt es eine Sehnsucht nach Schnee.

Der Winter hat jetzt also Priorität, der Sommer hat eine große Niederlage einstecken müssen. Die Hamburger Bürger haben sich gegen die Austragung der Olympischen Sommerspiele 2024 ausgesprochen, die Stadt Hamburg wird sich also nicht bewerben. Ein Schlag gegen den Sport in Deutschland, der Großereignisse braucht, um Interesse zu wecken und auch in Zukunft Weltspitze zu sein. Die Bevölkerung hat aber wohl vor allem von den Sport-Funktionären und Geschäftemachern die Nase voll und hat ihnen die „Rote Karte“ gezeigt. Nachdem sich auch schon die Bevölkerung in München gegen Olympische Spiele gewandt hat, bleibt nur eine Feststellung: Deutschland wird in absehbarer Zeit keine Olympischen Spiele mehr veranstalten. Gewinner könnte der Deutsche Fußball-Bund mit seiner geplanten Bewerbung für die Austragung der Europameisterschaft 2024 sein, aber da steht wiederum der sogenannte DFB-Skandal um das „Sommermärchen“, nämlich der WM 2006 im Wege. Auch im Hinblick auf den Sommer also viel Kälte…