Der Druck gehört zum Fußball dazu

In den letzten Tagen und Wochen hat nicht nur der aktuelle Fußball die Schlagzeilen bestimmt, sondern es erregten zudem Spieler für Aufsehen, die ihre Karriere für beendet erklärten. Eigentlich ein normaler Vorgang, doch Weltmeister Andre Schürrle zog sich bereits mit 29 Jahren zurück. Wir alle haben es miterlebt, dass seine Karriere Höhen und Tiefen hatte, mit dem Höhepunkt der Weltmeisterschaft 2014, als er zu Mario Götze die Vorlage zum Weltmeister-Tor gab. Schürrle gab in einem Interview Hinweise auf ein Hauen und Stechen im Profi-Geschäft und entschied für sich, „ich brauche keinen Beifall mehr“.

Auch sein Weltmeister-Kollege Benedikt Höwedes hat mit erst 32 Jahren genug vom Fußball, er hat im Urlaub seinen Sohn erstmals hautnah erlebt und entdeckt, dass ihn eher die Familie voll erfüllt. „Es gibt wichtigere Dinge als das Geld“, sagt einer, der in seiner Karriere bestimmt genug verdient hat, wobei der Ex-Schalker versöhnlicher klingt als sein Kollege, Höwedes will im Sport bleiben und sich vor allem für Werte einsetzen. Vielleicht hat ihm auch sein letztes Engagement in Moskau mehr die Augen geöffnet.

Es ist gut für die Fans, für die Öffentlichkeit, vor allem für die Jugendlichen, wenn Stars mal erzählen, wie das Geschäft Fußball auch sein kann. Der Profi-Fußball ist heute nicht mehr nur Sport, er gehört zur Unterhaltungsindustrie, ist Geschäft, mit ihm wollen seriöse und unseriöse Manager vor allem viel verdienen. Seit einiger Zeit gehört noch dazu, dass Fans und Vereine darüber streiten, wem der Fußball eigentlich gehört. Zumindest weiß man seit den Geisterspielen, dass der Fußball ohne Fans auch seine Seele verliert und mangelnde Atmosphäre dem Geschäft schadet. Ein bisschen wird zwar der Druck für die Spieler weniger, aber ohne Druck geht es im Fußball nicht.

Das muss jeder wissen, der sich dem Profigeschäft verschreiben will. Auf den ersten Blick haben die Fußballer das Paradies auf Erden, viel Geld, viel Ruhm, dafür kann man jeden Tag auch ein bisschen Kicken ohne sich zu plagen wie ein Radsportler oder Marathonläufer. Aber Druck der Öffentlichkeit lässt für Stars das hohe Gehalt zum Schmerzensgeld werden. Da sind die Medien, die nicht von der Seite weichen, die Erfolge fordern und krass reagieren können, wenn er ausbleibt. Dann werden beim Boulevard die Stars zu Deppen oder zu Flaschen. Beides muss man aushalten, sowohl die Beobachtung auf Schritt und Tritt, als auch Kritik unter der Gürtellinie. Auch die Fans können grausam sein. Wenn es von der Tribüne „Schürrle raus“ klingt, dann ist man schnell geneigt, die Fußballschuhe in die Ecke zu schmeißen.

Es ist wie im normalen Berufsleben auch, es gibt Höhen und Tiefen. Gegenüber Otto Normalarbeiter lebt der Profi-Sportler aber in einer anderen Welt. Dessen muss er sich bewusst sein, hält er diesen Druck aus oder nicht? Natürlich würde dem Profi-Sport, das gilt ja nicht nur für den Fußball, ein bisschen mehr Menschlichkeit guttun, aber es darf sich keiner wundern, wenn er feststellt, dass Hauen und Stechen eher an der Tagesordnung ist. Schließlich kämpft jeder für sich, für seinen Platz im Team, für den Ruhm in der Öffentlichkeit, um die Gunst der Fans. Keiner sollte deshalb darüber klagen, dass diese negativen Nebenerscheinungen Teil der Unterhaltungsindustrie Sport sind.

Amateursportler geht es oft nicht besser, an der Spitze haben sie einen ganz anderen Druck. Sie müssen vor allem um ihr Auskommen mit dem Einkommen kämpfen, Spitzensportler in vielen Sportarten stehen zudem unter Druck, weil sie mit Leistung und Erfolgen manchmal gleich für eine ganze Sportart verantwortlich sind, dort nämlich, wo nur durch Siege eben auch Fördergelder fließen. Das sollten sich die Fußballer immer vor Augen führen, dass sie nicht die Einzigen sind, die mit Druck leben müssen.

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