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Tag: Heiko Herrlich

Ein Bundesliga-Feuerwerk der Besonderheiten

Der Fußball in Zeiten des Coronovirus ist nicht mehr der Fußball, den wir kennen. Es fehlen vor allem die Fans auf den Rängen. Alle sehnen sich nach der gewohnten Stimmung in den Stadien. Aber die Bundesliga lebt, das zeigte sich wieder in diesen Tagen, wo es fast schon ein Feuerwerk an Besonderheiten gab. Auch ohne Fans setzt die Bundesliga zu einem stimmungsvollen Endspurt an.

Gut ist die Stimmung zweifellos in München, Köln, Augsburg und bei Union Berlin. Nach menschlichem Ermessen stehen die Bayern vor dem Gewinn der achten Meisterschaft in Folge, die anderen Klubs können eigentlich den Klassenerhalt feiern. Alle haben 35Punkte und damit sieben Zähler Vorsprung vor Düsseldorf und Bremen, aber auch die weitaus bessere Tordifferenz, so dass sie eigentlich weiter für die Bundesliga planen können. Dass die Konkurrenz gleich alle drei Spiele gewinnt, ist unwahrscheinlich, zumal noch direkte Duelle anstehen, zum Beispiel für die Fortuna gegen Augsburg und Union. Düsseldorf und Bremen müssten zudem Spitzenteams schlagen, nämlich Leipzig und die Bayern. Also Hochachtung vor Köln, das sich aus dem Abstiegssumpf befreit hat, vor der Union, die als Neuling überrascht hat und vor allem vor den Augsburgern, die jetzt zehn Jahre Bundesliga feiern können. Eine besondere Leistung, das hatte ihnen beim Aufstieg niemand zugetraut.

Absteigen muss dagegen wohl wieder Aufsteiger SC Paderborn, der sich tapfer geschlagen und einen guten sympathischen Eindruck hinterlassen hat. Die wohl letzte Chance wurde beim 1:5 gegen Werder Bremen total vergeigt. Was bleibt, ist der Rekord von Klaus Gjasula, der Mann mit dem Helm, der seine 17. Gelbe Karte kassierte und damit den Uralt-Rekord der 16 Karten des Polen Tomasz Hajto auslöschte. Ein anderer Rekord wird den Ostwestfalen nicht so gefallen, sie kassierten die 12. Heimpleite der Saison, so wie einst Tasmania Berlin 65/66, damals als schwächste Mannschaft aller Zeiten verlacht. Eine Niederlage im letzten Heimspiel gegen Gladbach bedeutet die Einstellung des ewigen Negativrekords an Heimpleiten.

Gute Stimmung derzeit vor allem in Bremen, die Hoffnung ist zurück. Eine Besonderheit: Bremen ist der Geister-Meister der Abstiegskandidaten, holte seit dem Re-Start zehn Punkte, Köln zum Beispiel nur drei. Jetzt soll sogar Bald-Meister Bayern geärgert werden („Wir wollen denen die Meisterschaft versauen“, heißt es in Bremen), aber vor allem gegen den direkten Konkurrenten Mainz und gegen Köln die nötigen Punkte geholt werden. Mainz muss zittern, der Drei-Punkte-Vorsprung könnte gegen Dortmund, Bremen und Leverkusen dahinschmelzen. Es knistert also am Tabellenende.

Keine Besonderheit: An der Tabellenspitze knistert es nicht, weil die Bayern eben die Bayern sind. Nach eigenen Aussagen kommen sie auf dem Zahnfleisch daher, aber schafften dennoch 2:1-Siege in letzter Minute im Pokal gegen Eintracht Frankfurt und im wichtigen Match gegen Borussia Mönchengladbach. Der Kader ist – vor allem auch auf Grund von Verletzungsausfällen – einfach zu schmal. Trainer Hansi Flick gewann wichtige Erkenntnisse, zum Beispiel, dass 80-Millionen-Mann Lucas Hernandez die kanadische Rakete Alphonso Davies nicht ersetzen kann und dass Leon Goretzka derzeit aus der Mannschaft nicht wegzudenken ist. Da kann sich Thiago beruhigt an der Leiste operieren lassen. Gegen Gladbach wurde sogar das Fehlen von Robert Lewandowski und Thomas Müller kompensiert, die können jetzt ausgeruht in Bremen wieder auf Torejagd gehen. Das Ziel bleibt ja: 102 Treffer und damit ein neuer Vereinsrekord. Bremen, Freiburg und Wolfsburg sollen dazu die Tore öffnen… Ein Problem haben die Bayern aber: Wie können sie richtig feiern? Die Ehrung, auf jeden Fall am letzten Spieltag in Wolfsburg, wird nüchtern ausfallen, eine Jubelarie auf dem Marienplatz in München wird es auch nicht geben. Ein Geister-Meister also. Es könnte ja sogar wieder das Double werden nach dem Pokalfinale am 4. Juli in Berlin gegen Leverkusen. Ein besonderes Jubiläum ohne besondere Jubelfeiern wäre schade, nämlich die 30. Meisterschaft und der eventuell 20. Pokalsieg, macht 50 Titel!

Schlechte Stimmung herrscht derweil bei Schalke 04. Der Traditionsverein und vor allem Trainer David Wagner hätten gern auf den neuen Negativrekord von 13 Spielen ohne Sieg verzichtet. Das 1:1 der Not-Mannschaft gegen Leverkusen darf sogar als Erfolg gewertet werden, ging aber in einer Chaos-Stimmung unter. Der Verein ist nämlich dabei, seinen Ruf als Klub der kleinen Leute, sprich der Kumpel im Ruhrpott, zu verspielen. Zuletzt sorgte eine seltsame Entscheidung nach der anderen von der Führung für Kopfschütteln. Erst sollten die Fans einen Härtefall-Antrag zur Ticketerstattung stellen, dann ging Finanzvorstand Peter Peters, wurde der langjährige Mediendirektor Thomas Spiegel entlassen und nun wurde 24 Fahrern der Nachwuchsakademie Knappenschmiede gekündigt. Das sind nicht nur Mini-Jobber, sondern als Menschen auch Ansprechpartner der Jugendlichen! Wenn es so weitergeht, ist Borussia Dortmund in Gelsenkirchen bald beliebter als Schalke 04!

Toll treibt es auch die TSG Hoffenheim. Es war ein Paukenschlag, als Coach Alfred Schreuder entlassen wurde, jetzt sollen es gleich fünf Trainer zusammen richten! Nein, es sind eigentlich sechs, denn Manager Alexander Rosen mischt auch noch mit, manche sagen sogar, er wäre der eigentliche Cheftrainer. Kein Wunder, dass er nach dem 0:2 gegen Leipzig sogar urteilte: „Es geht aufwärts.“ Schon eine besondere Aussage. Und auf wen hören die Spieler? Wie wäre es mit elf Trainern, für jeden Spieler der Anfangself einen!

Keine Besonderheit sind die Diskussionen über den Videobeweis, da bringt die Saison keine Besserung. Eine kleine Szene war aber etwas Besonderes: Eigentlich wollte Schiedsrichter Marco Fritz dem Augsburger Verteidiger Framberger nach einem Foul die Gelbe Karte zeigen, es wäre die zweite gewesen, also Gelb-Rot. Im Durcheinander aber nahm Trainer Heiko Herrlich Framberger schnell vom Platz, Fritz fand keinen Spieler mehr und steckte die Karte wieder ein. War das nicht ein Fall für den Kölner Keller? Herrlich reagierte in Mainz schon einmal schnell, aber unsportlich. Als die Mainzer einen Einwurf schnell ausführen wollten, rollte Herrlich einen Ball aufs Spielfeld, der Einwurf durfte nicht ausgeführt werden. Kollege Beierlorzer konnte sich noch so aufregen, es nutzte nichts mehr. Ein Tor nach 43 Sekunden rettete wohl den FCA und bringt Mainz in Schwierigkeiten. Dabei hätten die Rheinhessen wacher sein sollen, denn der FCA erzielte schon zum dritten Mal einen Treffer in der 1. Minute, damit stellte er den Bundesliga-Rekord von Duisburg 74/75 und Saarbrücken 85/86 ein. Eine Besonderheit also.

Werbung

Beste Werbung für die Fußball-Bundesliga

Das Experiment der Geister-Spiele in der Fußball-Bundesliga ist gelungen. Nein, eigentlich ist es noch mehr, die Geister-Spiele sind national und international beste Werbung. Natürlich bleibt der Makel, dass ohne Fans die Atmosphäre fehlt, aber das lässt das nach wie vor umtriebige Coronavirus nicht zu. Aber aus der vertrackten Situation haben die DFL und ihre Vereine das Beste gemacht, auch mit Hilfe der Fans, die offensichtlich vernünftig genug sind, den Spielbetrieb nicht zu torpedieren. Hoffentlich bleibt das so. Ganz im Gegenteil, die Idee der Pappkameraden auf den Rängen in Mönchengladbach war ein voller Erfolg und verbreitete wenigstens ein bisschen von Zuschauer-Feeling. Leider müssen die Pappfiguren zwangsläufig stumm bleiben, eine Hilfe für die Borussia beim 1:3 gegen Leverkusen waren sie deshalb nicht.

Aber der Ball rollt und die Bundesliga bleibt Vorbild für andere internationale Ligen sowie für andere Sportarten. „Machen wir es doch wie die Bundesliga“ ist derzeit fast schon eine gängige Redewendung. Auch der Pay-TV-Sender Sky darf sich zu den Gewinnern zählen und verzeichnet ebenso Rekord-Einschaltquoten wie zahlreiche internationale Fernsehsender. Und jetzt steht auch noch der „deutsche Clasico“ bevor, das Duell zwischen Borussia Dortmund und Bayern München am Dienstag. Da schaut wieder die ganze Welt nach Deutschland. Nun müssen die Akteure auf dem Rasen dafür sorgen, dass auch das Spitzenspiel zur besten Werbung wird.

Die Ausgangslage ist klar, für Dortmund geht es darum, praktisch die letzte Chance zu nutzen, um gegen die Bayern, vier Punkte Vorsprung, im Titelrennen zu bleiben. Beide Mannschaften beeindrucken in der Rückrunde mit Top-Leistungen (je sechs Siege in Folge), die Münchner steuern sogar einen neuen Torrekord an. Für die Bayern stehen die vorentscheidenden Spiele an mit den Aufgaben in Dortmund, in Leverkusen und gegen Gladbach (mit dem Treffen gegen Abstiegskandidat Düsseldorf dazwischen). Am 13. Juni könnten die Weichen für die Meisterschaft gestellt sein – oder eben auch nicht. Dortmund hat als letzte schwierige Aufgabe das Gastspiel in Leipzig am vorletzten Spieltag. Ist es noch von Bedeutung?

Die Welt schaut also auf dieses Spiel und vor allem auf das Duell der Torjäger Erling Haaland, dem talentierten Norweger, dem derzeit die Schlagzeilen gehören, und Robert Lewandowski, der Tor-Maschine und wohl derzeit bestem Mittelstürmer der Welt. Da will Haaland noch hin. Beide Teams bangen aber auch um wichtige Akteure, Dortmund um Hummels und Witsel, die Bayern um Thiago. Nach der Tendenz der Geisterspiele sind die Bayern Favorit, meist siegen nämlich die Auswärtsteams!

Bitte Abstand halten – auch in der Tabelle

Ein Blick auf die Tabelle offenbart Seltsames, nämlich, dass für die Bundesliga und Corona offensichtlich die gleichen Verhaltensregeln gelten, nämlich Abstand halten! Abstand zwischen den besten fünf Teams und dem Rest des Feldes, wobei von Wolfsburg (39 Punkte), über Freiburg (37), Schalke (37), Hoffenheim (36) bis Köln und die Hertha (beide 34) alle nicht den Eindruck machen, als sollten sie reif für Europa sein. Freiburg zum Beispiel scheint richtiggehend Angst vor dem internationalen Geschäft zu haben. Schalke ist nach toller Vorrunde in der Rückrunde ein Rätsel, mit jetzt neun Spielen ohne Sieg! Ein Gewinner der Corona-Pause sind dagegen die Berliner. Jetzt redet keiner mehr über das Chaos, sondern über den Start mit zwei Zu-Null-Siegen im Derby bei Union (3:0) und jetzt Frankfurt (4:0). Bruno Labbadia ist mal wieder der Trainer der Stunde.

Dahinter heißt es wieder Abstand, ab dem FC Augsburg (30 Punkte) geht es gegen den Abstieg, Ausgang ungewiss. Die Augsburger verschafften sich im Duell der Verlierer bei Schalke mit dem 3:0-Sieg etwas Luft und schenkten Neu-Trainer Heiko Herrlich ein erfolgreiches Debüt nach seinem Corona-Fehltritt. Aber jetzt folgt das noch wichtigere Heimspiel gegen Schlusslicht SC Paderborn. Der Neuling galt schon vor der Saison als Absteiger Nummer eins, wehrt sich aber tapfer und erwarb sich durchaus Anerkennung. Die Westfalen sind alles andere als Kanonenfutter. Davor haben Bremen und Düsseldorf den Kampfgeist entdeckt, das Aufbäumen ist da und schon geraten Mainz und Frankfurt in Not. Ihnen wäre es lieber, die Teams hinter ihnen würden den nötigen Abstand halten!

Es hat sich also gelohnt, dass der Fußball wieder rollt, das gilt auch für die 2. Bundesliga, wo es ähnlich interessant ist. die Altmeister aber Rätsel aufgeben. Der Hamburger SV und VfB Stuttgart treten auf der Stelle und präsentieren Spitzenreiter Arminia Bielefeld quasi den Aufstieg. In Nürnberg heißt es gern „der Club is a Depp“, das könnte sich wieder einmal bewahrheiten, der Abstieg ist nah, die Stürmer treffen nicht und ohne Tore kein Klassenerhalt.

Es lohnt sich, wenn der Fußball rollt, das sollte sich die 3. Liga zu Herzen nehmen, doch dort herrscht Streit (siehe auch die nächste Kolumne „Die Ligen sind immer wichtiger als die Vereine“), herrschen Lügen und Intrigen, damit wollen Abstiegskandidaten den Klassenerhalt retten. Die Vereine der 3. Liga würden ja gern unter das Dach der DFL rutschen, wobei finanzielle Gründe den Anreiz bilden, dort könnten sie sich dieses Theater jedoch nicht leisten. DFL-Boss Christian Seifert sieht es sehr richtig: „Je nach Tabellenplatz entdeckt man plötzlich die Moral.“

Start der Frauen-Bundesliga

Der Fußball rollt auch in der Frauen-Bundesliga wieder, ohne Streit, auch wenn Schlusslicht Jena gegen die Fortsetzung war, weil es Probleme mit Training und Stadion hat. Nur noch sechs Spieltage stehen an, dazu drei Runden im Pokal. Der Start hat es gleich in sich, denn Bayern München erwartet am Samstag (13.00 Uhr) die TSG Hoffenheim. Zweiter gegen Dritter also, wobei die Münchnerinnen gerade mal einen Zähler Vorsprung haben und bereits das Hinspiel mit 0:1 in den Sand setzten. Wer kommt also besser aus den Startlöchern?

Am Titelgewinn des noch ungeschlagenen VfL Wolfsburg gibt es allerdings keine Zweifel bei acht Punkten Vorsprung vor den Bayern. Die Mädchen freuen sich aber, dass sie wieder auf der Bildfläche erscheinen und bei Eurosport und Magenta TV im Fernsehen zu sehen sind. Bei ihnen schaut allerdings keineswegs die ganze Welt zu, doch für das Image ist der Re-Start von großer Bedeutung.

Eine Bilanz: Der andere Fußball ohne Fans

Es ist vollbracht, die Fußball-Bundesliga hat ihren ersten Spieltag ohne Zuschauer gut über die Bühne gebracht. Jubel brach über die Geister-Spiele keiner aus, die Kritiker warnen natürlich (Das ist erst der Anfang) und bleiben skeptisch, das Ausland schaut mit Respekt nach Deutschland und auf dem Rasen selbst, na ja, da war der Fußball wie immer, nämlich logischerweise mal gut und mal schlecht, aber das Ambiente war ungewohnt und seltsam. Die Stille hatte ihr Gutes und ihr Schlechtes. Eine Bilanz über den anderen Fußball ohne Fans.

Zunächst ein Kompliment an die DFL und ihren Boss Christian Seifert, nur mit guter Arbeit und Besonnenheit wurde dieser Re-Start der Bundesliga möglich. Das Konzept wurde bis ins kleinste Detail erarbeitet, aber dort wo Menschen zugange sind, klappt natürlich nicht alles. Der eine oder andere Verein ist vielleicht nicht mit der notwendigen Ernsthaftigkeit an die Sache rangegangen, es wurde deutlich, welche Klubs gut organisiert sind und welche nicht. So scheint Manager Michael Preetz den Laden bei Hertha BSC nicht im Griff zu haben. Zu viel Chaos gab es in den letzten Monaten (Stichwort Klinsmann), zu viele Peinlichkeiten in den letzten Tagen, angefangen mit dem unsäglichen und kindischen Video von Spieler Kalou. Auch jetzt ließen die Berliner die Ernsthaftigkeit vermissen, kein Team jubelte so ausgelassen und hautnah, alle Corona-Empfehlungen missachtend,wie die Herthaner. Da ist es auch das 3:0 gegen Hoffenheim keine Entschuldigung, weil bei der Hertha zuletzt Siege Mangelware waren. Also jubeln darf man schon, Bruno Labbadia feierte einen Einstand nach Maß und die Kirsche auf der Torte ist die Tatsache, dass die Hertha jetzt, am 26. Spieltag, wieder einen Punkt vor dem Lokalrivalen Union steht. Welche Fügung des Terminplans, dass am Freitag im (leeren) Olympiastadion das Berliner Derby steigt!

Auffallend war, dass die Mannschaften wohl einige Zeit brauchten, um sich an das komische Szenario ohne Fans zu gewöhnen. Die Spiele begannen zögerlich, wie „Alte Herren“, wie Thomas Müller treffend bemerkte. Das erste Geister-Tor fiel erst nach 29 Minuten, der Torschütze war – wenig verwunderlich – Dortmunds Norweger Erling Haaland. Das Derby gegen Schalke riss aber niemand aus dem Fernsehsessel, Dortmund trumpfte auf, Schalke 04 war schwach und machte seinem Vereinsnamen beim 0:4 wenig Ehre. Dortmund feierte seinen 800. Bundesliga-Sieg (nur die Bayern haben mehr, 1112!), Schalke hat jetzt eine Bilanz von acht Spielen ohne Sieg und rutschte aus den Europacup-Rängen. Am Sonntag (13.30 Uhr) kommt es zum Treffen zweier Sorgenkinder, Schalke erwartet mit dem FC Augsburg die schlechteste Mannschaft der Rückrunde (nur vier Punkte). Die Bayern glänzten auch nicht, doch sie fuhren ein souveränes 2:0 bei Union ein. Da war wohl der Eindruck eines Vorbereitungsspiels für den Tabellenführer zu stark. Wir wissen, die Bayern laufen dann zur Bestform auf, wenn es um etwas geht. Und so warten die Fans (im Wohnzimmer) auf den Schlager in Dortmund am Dienstag, 26. Mai (18.30 Uhr).

Apropos Fans, die blieben zu Hause oder versammelten sich (oft mit vorschriftsmäßigen Abstand – anders als die Hertha-Spieler!) in Kneipen und bescherten dem Pay-TV-Sender Sky einen Zuschauerrekord. Sky hat also beste Werbung für sich betrieben und richtig gehandelt, die Konferenz-Übertragung für alle zugänglich zu machen. Für viele Zuschauer an den Bildschirmen waren die Geister-Übertragungen sogar ein Gewinn, denn die Kommentatoren waren ohne Hintergrundgeräusche (oft das unsägliche Trommeln auf den Tribünen) gut zu verstehen und selbst Schiedsrichter Felix Brychs Erklärung über seine Hand-Entscheidung wurde als unfreiwilliger Service übertragen. Gewissermaßen erlebten die TV-Zuschauer Fußball pur. Ähnlich wie bei Skirennen, wo Jubel auch erst im Ziel aufbrandet. Ruhiger als sonst ging es auch auf dem Rasen zu, die Spieler agierten mit weniger Hektik und Reklamierten kaum, die aufgehetzte Stimmung auf den Tribünen ist ansonsten wohl Treibstoff für Proteste.

Aber wie gesagt, es war erst der erste von insgesamt neun Spieltagen (dazu Pokal) und gewonnen ist noch nichts. Die Mannschaften waren vorher in einer einwöchigen Quarantäne, jetzt dürfen alle wieder nach Hause, sollen aber bei ihren Familien bleiben, um Ansteckungen zu vermeiden. Doch können auch Familienangehörige das Virus einschleppen, zum Beispiel Kinder von der Schule mitbringen. Dies trifft zwar dann nur einige Spieler, die einzeln aus dem Verkehr gezogen werden, aber die Gefahr ist nicht gebannt. Und wie leichtsinnig selbst die Trainer mit den Bestimmungen umgehen, zeigte Augsburgs Coach Heiko Herrlich. Er sollte den FCA auf den Erfolgsweg bringen und war nicht bei der Mannschaft, die prompt verlor. Peinlicher kann ein Einstand nicht sein.

Ein vorzeitiger Abbruch der Saison ist also immer möglich und gilt als Horrorszenario. Deshalb hat die DFL dieses Thema – das ist der einzige große Fehler – wohl vor sich hingeschoben. Doch Entscheidungen müssen im Notfall getroffen werden. Ganz gefährlich sind Ideen, dass bei einem Saisonabbruch der Abstieg ausgesetzt werden muss und die Liga aufgestockt werden soll. Dieser Vorschlag wurde für alle Ligen gemacht, aber in der 3. Liga zeigt sich schon, dass sich manche Vereine gar nicht bemühen, die Saison fortzusetzen. Abstiegskandidaten könnten einen SaIson-Abbruch provozieren, um so die Klasse zu erhalten! Eine gerechte Lösung wird es nicht geben, aber es sollte immer der letzte Stand der Tabelle zählen, evtl. hochgerechnet auf alle Spiele. Jede Mannschaft hat bis dahin die Chance, sich entsprechend zu platzieren. Aufstockungen sorgen für Probleme in der nächsten Saison. Bei einigen fehlt halt der Weitblick und der Blick für das Ganze.

Die Meister-Frage: Vorteil Dortmund – Die Abstiegs-Frage: Nachteil Nürnberg

Die Vorrunde der Fußball-Bundesliga wurde pünktlich vor Weihnachten beendet, aber nicht überall wurde fröhlich gefeiert. In Dortmund schon, denn die Borussia stand ja bereits als „Weihnachts-Meister“ fest. Wie wird es am Ende der Saison aussehen? Schafft Verfolger Bayern München noch die Wende? Die Analyse vom Sport-Grantler zeigt: Vorteil Dortmund! Am Tabellenende wird dagegen gejammert, nicht nur in Nürnberg, auch in Hannover, Stuttgart und Augsburg. Hier heißt es „Nachteil Nürnberg“. Aber es müssen ja zwei direkt absteigen. Wer wird es sein? Die Antwort gibt es spätestens am 18. Mai 2019.

In der Meister-Frage wehrt man in Dortmund noch ab, sechs Punkte Vorsprung und die bessere Tordifferenz sind aber ein gutes Polster gegenüber Verfolger Bayern München. Der Titelverteidiger schöpft Selbstvertrauen aus der Tatsache, dass er endlich wenigstens Zweiter ist und die erste Verfolgerrolle einnehmen kann. Trainer und Mannschaft haben eine Kehrtwende vollzogen, neue Taktik, neuer Mannschaftsgeist und deshalb auch wieder Erfolge. Fünf Siege in Folge, im Dezember ungeschlagen und damit „Team des Monats“. Es scheint: Die Rückrunde kann kommen.

Dortmund ist aber noch im Vorteil, denn bisher zeigte sich, dass die Borussia die Ersatzspieler besser integriert hat. Der zweite Anzug passt, es gibt nur wenige Spieler, die unersetzlich sind, eigentlich nur Marco Reus und Witsel als Kopf der Mannschaft. Problematisch wird es, wenn sich einer von ihnen verletzt. Dortmund aber beherrscht die Statistiken, hat natürlich die meisten Zuschauer (80.000 im Schnitt), liegt in der Chancenverwertung vorn (41,5 Prozent, Bayern 27,7), stellt mit Alcacer den besten Torjäger (12 Tore wie auch Jovic/Frankfurt), der mit zehn Treffern auch einen neuen Tor-Rekord für Joker aufgestellt hat. Marco Reus wiederum ist der beste Skorerkönig der Liga (11 Tore und acht Assists). Da tigern die Bayern hinterher.

Vorteil Dortmund auch in Sache Ruhe. Zwar haben die Siege das Umfeld in München beruhigt, aber bleiben diese aus, wird es sofort wieder unruhig werden. Ein Problem kommt zudem wieder auf Trainer Niko Kovac zu, sind nämlich die Verletzten zurück und der Kader komplett, steigt wieder die Missstimmung der Stars auf der Bank. Außerdem könnte die Zukunftsfrage von Altstar Franck Ribery die Stimmung beeinträchtigen. Der Zuschauer-Liebling befindet sich im dritten Frühling und kämpft um einen neuen Vertrag. Eigentlich wollten die Bayern aber den Umbruch einleiten (Robben geht). Oder bekommt Ribery einen „Gnadenvertrag“ als Bayern-Ikone?

Übrigens: Es dürfte sich kaum noch ein dritter Kandidat in den Meisterkampf einmischen. Gladbach ist als Dritter bisher über seine Verhältnisse erfolgreich, RB Leipzig ist ein Platz in der Champions League zuzutrauen und der VfL Wolfsburg schwebt auf einer Woge des Erfolgs (wie die Bayern sechs Spiele ungeschlagen mit fünf Siegen), aber es werden Rückschläge kommen. Die VW-Städter sind kein Team für oben. Hoffenheim muss seine Unentschieden-Serie beenden (sechs Mal in Folge), aber jetzt kommen zum Rückrundenstart am 18. Januar ausgerechnet die Bayern. Dahinter will sich Leverkusen mit dem neuen Trainer Peter Bosz nach oben orientieren, jetzt soll es ohne Heiko Herrlich herrlich werden, aber für ganz oben reicht es eben nicht.

In der Abstiegsfrage haben vor der Saison viele Vereine zunächst das Ziel von 40 Punkten. Sind die erreicht, heißt es „dann sehen wir weiter“. Allerdings reichen meist schon 36 Zähler zum Klassenerhalt. Gehen wir davon aus, dann haben zur Halbzeit Schalke 04 und Fortuna Düsseldorf mit 18 Punkten genau das Soll erfüllt. Schalke hatte man als Vizemeister nicht da unten erwartet, Neuling Düsseldorf legte eine fulminante Weihnachtswoche hin mit drei Siegen, gehört aber sicher weiter noch zu den Abstiegskandidaten.

Die größeren Sorgen machen sich derzeit aber dahinter der FC Augsburg (15 Punkte), Stuttgart (14), sowie Hannover und Nürnberg (beide 11) auf den Abstiegsplätzen. Vor allem Schlusslicht Nürnberg scheint doch noch etwas zu grün zu sein für die Bundesliga, das Team nicht reif für die Bundesliga, deshalb „Nachteil Nürnberg“ in der Abstiegsfrage.

Alles offen, wer noch in den sauren Apfel beißen muss. Gegen Hannover spricht die Unruhe im Verein (da gab es sogar Knatsch um den Urlaub), gegen Stuttgart die schlechte Zusammenstellung der Mannschaft, die allerdings im Winter noch korrigiert werden könnte (Manager Reschke arbeitet daran). Gegen Augsburg spricht die Enttäuschung bei den Spielern, die sich eigentlich nach oben orientieren wollten. Aber es haben sich zu viele Fehler summiert, zehn bis zwölf Punkte wurden buchstäblich verschenkt, allein späte Gegentreffer sorgten insgesamt für den Verlust von zwölf Punkten! Hätte es die nicht gegeben, wurde Augsburg (dann punktgleich mit Frankfurt mit 27 Zählern auf Rang 6) von Europa träumen – wie es die Spieler vor der Saison taten. Jetzt sind sie ausgerechnet vor Weihnachten aus allen Wolken gefallen – nach einem späten Gegentreffer gegen Wolfsburg in der 89. Minuten zum 2:3. Fazit: Übrigens: Der nächste Gegner zum Auftakt der Rückrunde ist Fortuna Düsseldorf. Ein Duell, das Weichen stellen kann. Alles ist möglich.

Die Weihnachtswoche der Bundesliga bot ja ein Sammelsurium an bemerkenswerten Spielen. So natürlich Dortmunds 1:2-Niederlage in Düsseldorf, das am Spieltag zuvor mit dem 2:0 gegen Freiburg gerade erst das Schlusslicht abgegeben hatte. Freiburg wird sich auch die Augen gerieben haben, drei Spiele und jeweils gegen den Tabellenletzten, die Ausbeute war dafür mit Niederlage, Unentschieden (1:1 gegen Hannover) und Sieg (dem mickrigen 1:0 in Nürnberg) nicht gerade beachtlich. Aber die Weihnachtsferien sind mit 21 Punkten sorgenfrei.

Die Weihnachtspause der Bundesliga ist kurz, viele Spieler erholen sich mit ihren Familien in warmen Regionen, aber auch die Vorbereitung haben die meisten Klubs in den Süden verlegt, nach dem Motto, lieber Sonne als Schnee (der fällt in Deutschland meist dann, wenn wieder gespielt wird). Eine Winterruhe wird es für die Fans nicht geben, vor allem Spielerwechsel werden die Bundesliga im Gespräch halten.

In der Bundesliga gibt es ein Tempolimit

Tempo, Tempo – das war an den ersten Spieltagen das Motto der erfolgreichen Mannschaften in der Fußball-Bundesliga. Doch jetzt mussten Teams wie Borussia Dortmund, Borussia Mönchengladbach und mit Abstrichen auch Werder Bremen, Hertha BSC Berlin und Eintracht Frankfurt feststellen, dass es in der Bundesliga ein Tempolimit gibt. Alle sahen das Stoppzeichen, von den ersten sieben Klubs gewann am Wochenende nur der FC Bayern München!

Es war die Auffälligkeit am 9. Spieltag, dass die Mannschaften mit dem Markenzeichen Tempo-Fußball oder schnelles Umschaltspiel erste Rückschläge hinnehmen mussten. Die Bäume wachsen halt nicht in den Himmel, die Konkurrenz hat nach Gegenmitteln gesucht und so mussten einige den Fuß vom Gas nehmen. Andererseits zeigten andere zudem, dass man auch mit nüchternem, sicherem Fußball zum Ziel kommen kann, so zum Beispiel Bayern München und der FC Augsburg. Aber zugegeben, der Tempo-Fußball ist schöner anzuschauen, doch am Ende zählen (vor allem für die Trainer und ihren Arbeitsplatz) nur die Ergebnisse und die Punkte.

Apropos Trainer und Arbeitsplatz, vor einem Jahr lag am 9. Spieltag Borussia Dortmund ebenfalls an der Spitze, begeisterte mit Tempo-Fußball, sah sich aber mit den Bayern mit jeweils 20 Punkten gleichauf. Jupp Heynckes saß beim 1:0-Sieg in Hamburg erstmals wieder auf der Bayern-Bank. Der Abstieg der Dortmunder (mit der Entlassung von Trainer Peter Bosz) und der Durchmarsch der Münchner begann. Ähnliches ist allerdings in diesem Jahr nicht zu erwarten. Rückschläge wird es für die jungen Dortmunder zwar geben (Borussia-Boss Watzke: „Wir sind noch zu grün“), aber einen so gravierenden Einbruch kaum. Auf der anderen Seite machen die Bayern nicht den Eindruck einer Übermannschaft. Sie erarbeiten sich derzeit Siege und Punkte, die Leichtigkeit fehlt. Im Blickpunkt bereits das große Duell am 10. November in Dortmund.

Trainer und Arbeitsplatz – der von Heiko Herrlich in Leverkusen dürfte vorerst gefestigt sein, Bayer feierte mit dem 6:2 in Bremen eine Art Wiederauferstehung, allerdings war Werder gnädig und half ein wenig mit. Aber die Konstanz geht allen Himmelsstürmern ein bisschen ab, das zeigte sich beim 1:3 von Gladbach in Freiburg ebenso wie beim 1:1 von Frankfurt in Nürnberg. Der Aufsteiger hätte gern alle drei Punkte mitgenommen, um Abstand nach unten zu wahren. Das Schlusslicht teilen sich kurioserweise zwei Mannschaften, die punkt-und torgleich gleich schlecht sind – Fortuna Düsseldorf und der VfB Stuttgart mit nur fünf Punkten und je 6:21 Toren. Mehr Gegentreffer musste sonst niemand hinnehmen. Bei Stuttgart hat der Trainerwechsel nicht gefruchtet, in Düsseldorf ist davon keine Rede – vorerst noch.

Heldt kennt die Regeln nicht

Wie könnte es anders sein, rund um die Spiele gab es wieder vielfach Diskussionen um den Videobeweis. Die Schwäche: Eine Einheitlichkeit war nicht zu erkennen, manchmal waren die Leute im Kölner Keller einfach zu voreilig. Manchmal blamierten sich aber auch die Eiferer in den Vereinen, so wie Hannovers Manager Horst Heldt. Von einem Sportdirektor sollte man meinen, dass er die Regeln kennt, auch wenn sie manchmal etwas hart zuungunsten des eigenen Vereins ausgelegt werden. Dass Schiedsrichter Dr. Kampka das Handspiel von Haraguchi nach Hinweis des Video-Assistenten und TV-Bildern auch als solches wertete, war regelgerecht. Natürlich bekam der Japaner aus kurzer Distanz den Ball an den Arm, dieser war aber ausgestreckt und deshalb war es Hand. Heldt moserte süffisant, dass Haraguchi den Arm schlecht in der Kabine lassen könne. Auffällig ist aber, dass eben wegen dieser Regel viele Abwehrspieler mit auf den Rücken verschränkten Armen sich einem Gegenspieler beim Schussversuch entgegenstellen. Heldt schoss einmal mehr über das Ziel hinaus und disqualifizierte sich als angeblich guter Manager.

Auf Europas Bühnen herrscht unter der Woche Pause, dafür darf der DFB-Pokal wieder in den Mittelpunkt rücken. Der Wettbewerb, der bei manchen Klubs als schnellste Möglichkeit auf dem Weg zu einem Titel angesehen wird, der Wettbewerb, in dem der eine oder andere Trainer, wenn er sein Team im Vorteil sieht, sonstigen Ersatzspielern einen Einsatz schenkt. Das Motto „Klein gegen Groß“ bleibt auch bestehen, vor allem im Duell SV Rödinghausen (Regionalliga) gegen Bayern München. Da zeigte sogar die ARD ein Interesse für eine Live-Übertragung am Dienstag im Fernsehen, was vielen sauer aufstieß („Immer die Bayern“). Spektakulärer sicherlich am Mittwoch (auch in der ARD) die Partie RB Leipzig – TSG Hoffenheim, wenn Trainer Julian Nagelsmann mit seinem aktuellen auf seinen künftigen Verein trifft. Eine seltene Konstellation, dass diese Fakten schon feststehen. Nagelsmann kann also auf keinen Fall verlieren, eine glückliche Situation für einen Trainer.

Chaoten wollen den Krieg

Der deutsche Fußball musste am Wochenende wieder einmal mit schlimmen Begleiterscheinungen von Seiten der Fan-Chaoten leben. Die wollen gegenüber der DFL, dem DFB und auch der Polizei offensichtlich den Krieg, nachdem alle Bemühungen um eine Verständigung gescheitert sind. Gewalt vor den Stadien und vor allem auf den Rängen kann aber zu einer ernsthaften Bedrohung für den Fußball werden. Den Fußball, den die Ultras angeblich lieben.

In Dortmund randalierten Hertha-Chaoten auf der Tribüne, brannten unter dem Schutz eines riesigen Banners Pyrotechnik ab und lieferten sich dann eine Schlägerei mit der Polizei, als diese aus Sicherheitsgründen das Banner einkassierte, damit man gegen das Abbrennen von Pyros einschreiten kann. Rund 200 Randalierer schlugen mit Stangen auf die Polizisten ein, die sich u. a. mit Pfefferspray wehrte. Es gab etliche Verletzte.

Ein beleidigendes Banner gegenüber einem tödlich verunglückten Polizisten zeigten Chaoten in Rostock. In Worms wiederum brannten bei einem Fan die „Sicherungen“ durch, als im Regionalligaspiel Gast Pirmasens den 1:1-Ausgleich erzielte. Der Zuschauer überwand den Zaun und schlug den Wormser Trainer Peter Tretter, der leicht verletzt wurde.

Es ist eine traurige Tatsache, dass die Gewalt in den Fußballstadien offensichtlich zurückgekehrt ist. Diese einzudämmen bzw. sogar zu verbannen wird eine schwierige Aufgabe für die Verantwortlichen.

Bittere Pillen und blaue Grausamkeiten

Die Fußball-Bundesliga hat gerade drei Spieltage hinter sich – und schon werden Trainer in Frage gestellt und die vor der Saison rosig gezeichnete Zukunft nun schwarz gefärbt. Leute, nach 34 Spieltagen wird erst abgerechnet! Andererseits ist es richtig, wer den Start verschläft, muss erst einmal hinterherrennen. Wer gut beginnt, bekommt vielleicht einen Lauf.

Unruhe herrscht vor allem bei Bayer Leverkusen und Schalke 04. Die einen müssen bittere Pillen schlucken, die anderen blaue Grausamkeiten ertragen, beide liegen mit null Punkten am Ende der Tabelle. Rückblick: Vor einem Jahr war der 1. FC Köln nach drei Spieltagen Letzter mit 0 Punkten und stieg am Ende ab. Leverkusen war mit einem Zähler Vorletzter, schaffte es noch auf Rang fünf und in die Europa League, doch auf diese Aufholjagd wollte man in diesem Jahr verzichten und deshalb wackelt bereits der Stuhl von Trainer Heiko Herrlich. Es sind nicht wenige, die die Partie am Sonntag gegen Mainz als „Endspiel“ ausrufen. Schwung könnte sich Bayer mit einem Sieg in der Europa League am Donnerstag in Rasgrad, beim Meister Bulgariens, holen.

Ähnlich die Situation auf Schalke, drei Spiele, drei Niederlagen, dazu kommt Meister Bayern München am Samstag und am Dienstag geht es vorher in der Champions League gegen den FC Porto. Da sind Erfolgserlebnisse nicht leicht und der in der letzten Saison gefeierte Trainer Domenico Tedesco ist jetzt als Krisenmanager gefragt. Wo ist der Schwung geblieben? Auf Schalke erinnert man sich an den Start unter Trainer Markus Weinzierl mit fünf Niederlagen. Zwar schaffte der Straubinger damals die Wende, doch dieser Start war für ihn der Anfang vom Ende. Nun erlebt vielleicht Tedesco blaue Grausamkeiten.

Erstes Aufatmen gibt es anderswo. Bei Neuling Düsseldorf zum Beispiel, mit dem ersten Sieg und das gegen den Champions-League-Neuling Hoffenheim. Auch RB Leipzig feierte den ersten Saisonsieg, da rollte quasi der Stein der Erleichterung vom ganzen Verein. Und am Tabellenende punkteten Aufsteiger Nürnberg und die Baden-Württemberger Freiburg und Stuttgart im Derby im Ländle. Schon kleine Erfolgserlebnisse lassen aufatmen. Die genannten Vereine waren übrigens auch an den dramatischen Ereignissen beteiligt, die Bundesliga beeindruckte nämlich mit vielen Toren in den letzten Minuten. Da haben sich wohl einige die Bayern als Vorbild genommen, deren Markenzeichen ja unter anderem ist, dass sie Spiele noch in den letzten Minuten entscheiden können. Also ist das nicht mehr allein Bayern-Dusel.

Eine andere Diskussion wird rund um die Spitzenklubs geführt. Ist jetzt ein großer Kader von Vorteil oder nicht? Die Geschehnisse zeigen, dass beides falsch und richtig sein kann, das Schicksal entscheidet. Fall Dortmund: Trainer Lucien Favre ist glücklich, „endlich gibt es viele Spiele, da kann ich allen einen Einsatz gönnen“. Rotation zur Beruhigung der Gemüter, keine Rede von Dreifachbelastung. Eigentlich wollte die Borussia den Kader reduzieren.

Das taten die Bayern, doch das Schicksal war nicht auf ihrer Seite. Vidal, Bernat und Rudy durften gehen, um für mehr Ruhe im großen Kader zu sorgen, jetzt hat das Verletzungspech zugeschlagen: Drei Spiele, drei schwer verletzte Spieler. Wenn das so weiter geht, haben die Bayern am Ende keine Mannschaft mehr. Trainer Niko Kovac klagt, „wir dürfen kein Freiwild sein“. Coman und jetzt Rafinha zogen sich ihre Verletzungen nach bösen Fouls der Gegner zu, bei Tolisso war der Kreuzbandriss Pech in einem normalen Zweikampf, aber die Saison könnte für ihn beendet sein. Hieß es vorher, die Bayern müssen ihren Kader reduzieren, so melden sich jetzt Kritiker, dass die personelle Decke ein bisschen dünn geraten ist. Ja, hinterher weiß man es eben besser. Aber die Bayern, die normalerweise mit Mehrfachbelastung erst so richtig in Form kommen, werden die vielen Spiele jetzt mit anderen Augen sehen. So gibt es mit Kimmich und Alaba gerade noch zwei etatmäßige Außenverteidiger. Vielleicht heißt es bei den Gegner ja auch: Irgendwie müssen wir die Bayern doch klein kriegen!

Dürfen Trainer denn auf ihr Bauchgefühl hören? Augsburgs Coach Manuel Baum wird sich da hinterfragen. Vor der Saison hatte er mit Fabian Giefer und Andreas Luthe als Nachfolger von Stammtorhüter Marwin Hitz, der nach Dortmund wechselte, zwei angeblich sich auf gleicher Höhe befindende Kandidaten. Nach „schlaflosen Nächten“ die Bauchentscheidung für Giefer, der Keeper aber verursachte mit zwei dicken Patzern die 1:2-Niederlage in Mainz. Was jetzt? Was sagt der Bauch? Darf man als Trainer nach Torwartfehlern gleich wechseln oder gibt man dem Unglücksraben noch eine Chance. Entscheidungen, die schwer fallen. Hinterher weiß man es aber besser. Die nächste Prüfung heißt Werder Bremen. Lustig: Der FC Augsburg hat wie im Vorjahr vier Punkte und ist wieder Achter in der Tabelle.

In der Woche sind die Augen auf Europa gerichtet, Champions League und Europa League starten mit der Saison 2018/19. Die Bundesliga erhofft sich eine bessere Bilanz als im Vorjahr, aber einige Vereine lassen derzeit zweifeln, ob das wirklich gelingt. Hoffenheim und Schalke in der CL sowie Leverkusen und Frankfurt in der EL sind keineswegs in Form. Die Hoffnung, über den internationalen Wettbewerb die Form für die Bundesliga zu bekommen, kann trügerisch sein.

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