Beispiel Tiger Woods: Sport ist Kopfsache

Beispiel Tiger Woods: Sport ist Kopfsache

Für einen Sportler ist es das Schlimmste, wenn er Mitleid bekommt. Insofern ist der einstige Golf-König am Ende. Eldrick Tont Woods, genannt „Tiger“, hat am Donnerstag und Freitag von den Zuschauern bei den US Open nur noch Mitleid geerntet. Er war nur noch ein Schatten seiner selbst, nach Runden von 82 und 74 auf dem Platz mit Par 70 musste er Chambers Bay in der Nähe von Seattle nach zwei Tagen wieder verlassen. Nur drei waren schlechter als Woods, der nur noch ein zahnloser Tiger ist.

Was ist los mit Tiger Woods? Er ist das beste Beispiel dafür, dass Sport vor allem auch eine Kopfsache ist. Die Karriere als Spitzenspieler endete wohl 2008 mit dem Kreuzbandriss, 2009 kamen private Probleme hinzu. Tiger schaffte es zwar nach seiner Rückkehr 2010 noch einmal die Nummer 1 der Welt zu werden, doch zu Konstanz fand er nicht mehr. Seine Bilanz ist quasi Erinnerung: 2000/2001 der sogenannte „Tiger Slam“, als er alle vier Majors hintereinander gewann, allerdings nicht in einem Jahr. 683 Wochen war er insgesamt die Nummer 1 der Welt, von 2005 bis 2010 überragende 281 Wochen ohne Unterbrechung. 14 Major-Siege stehen zu Buche, es schien nur noch eine Frage der Zeit, dass er den Rekord von der Golf-Legende Jack Nicklaus mit 18 Major-Erfolgen übertreffen würde. Inzwischen, so scheint es, läuft dem Tiger die Zeit davon. 2008 gewann er mit den US Open sein letztes Major, 2013 feierte er ein kleines Comeback mit dem Sieg bei den Players Championship. Es war sein 78. Sieg bei seinem 300. Turnierstart. Die Bilanz der letzten Jahre 2014 und bis jetzt 2015: 0 Siege. Kürzlich war er sogar einmal Letzter. Der Tiefpunkt.

Der Ehrgeiz hat den Tiger nicht verlassen, was auch schon wieder ein Handicap ist. Tiger will zurück an die Spitze, probierte es mit neuen (und alten) Trainern und Schwungumstellungen. Nichts brachte auf Dauer Erfolg. Der Körper spielt nicht mehr mit. Die Knie sind ebenso ein Problem wie der Rücken. Der extreme Schwung hat den Körper extrem beansprucht. Aber der fehlende Erfolg ist vor allem Kopfsache.

Der Blick zurück. Tiger galt als großes Talent. Unbeschwert und tatendurstig begann er 1996 seine Profi-Karriere, die ihn zu einem reichen Mann machte. 1997 gewann er bereits sein erstes Major, das Masters in Augusta mit 18 Schlägen unter Par, neuer Rekord. Er war der jüngste Major-Sieger aller Zeiten. Alles ging von allein, der junge Tiger dachte nicht viel nach, er spielte drauf los und gewann drauf los, die Welt bewunderte ihn.

Diese Leichtigkeit ist zusammen mit dem überbordenden Selbstvertrauen in den Krisenjahren von 2008 bis 2010 verloren gegangen. Der übermenschliche Seriensieger wurde menschlich und zu einem normalen Spieler. Seine Aura ist ungebrochen, wo er auftaucht, steht er im Mittelpunkt, der Tiger stiehlt seinen Kollegen noch immer die Show. Aber dort wo Tiger draufsteht, ist der echte Tiger nicht mehr drin. Heute gewinnt er mit seinem Spiel keine Millionen mehr, heute bekommt er nur noch Mitleid.

Gibt es noch einmal eine Rückkehr des alten Tigers? Das wäre eine Sensation. Tiger Woods wird wohl nie mehr zu der gebotenen Leichtigkeit finden. Je tiefer er sinkt (nicht einmal mehr unter den besten 200 der Welt), umso mehr zerfrisst ihn der Ehrgeiz – und das ist keine gute Basis für Erfolge. Nur wenn Tiger seinen Ehrgeiz besiegt, kann er auch auf dem Platz wieder Siegen – Kopfsache halt.

Der Tiger als Beweis, dass Sport Kopfsache ist. Alle anderen Sportler kennen es auch. Mannschaftssportler sprechen oft von einem „Lauf“. Sie haben eine Erfolgsserie und wissen eigentlich gar nicht so genau warum. Umgekehrt fehlt manchmal der beschworene „Lauf“ und keiner weiß warum. Die Leichtigkeit des Seins führt zur Leichtigkeit der Siege. Doch dies zu erreichen ist das Schwierige am Leistungssport. Darunter leiden auch Amateure, wenn sie zu ehrgeizig an den Start gehen. Ein guter Rat vom Sport-Grantler: Locker bleiben!

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