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Tag: Nordische Ski-Weltmeisterschaft

Die Nordischen Skisportler stehlen den Alpinen die Show

Früher waren die Rollen klar verteilt: Das Interesse im Skisport gehörte den alpinen Skifahrern, die mit rasanten Rennen und vielen Siegen die Herzen der Fans eroberten. Langlauf und Springen galt als langweilig und konnte in der Medaillensammlung nicht mithalten. Die Zeiten haben sich geändert. Langlauf und Skispringen bringen die Fans an die Fernsehgeräte weil die Wettbewerbe attraktiver wurden und die deutschen Frauen und Männer überaus erfolgreich sind. Die Alpinen haben ihre Weltmeisterschaft in Are in Schweden gerade beendet, mit einer mickrigen Silbermedaille für Viktoria Rebensburg im Riesenslalom. Die Nordische Ski-WM beginnt mit ihren Wettbewerben am Donnerstag in Seefeld in Tirol und zehn Medaillen sollten für die deutsche Mannschaft bis zum 3. März möglich sein. Die Fans wollen Erfolge sehen, also fliegen heute die Herzen den nordischen Skisportlern zu.

In der Tat lassen die diesjährigen Ergebnisse im Weltcup wieder eine erfolgreiche WM für den Deutschen Ski-Verband erwarten. Es dürfte eine Ausbeute ähnlich wie bei den letzten Weltmeisterschaften geben, mit acht Medaillen 2015 in Falun/Schweden und sogar elf vor zwei Jahren in Lathi/Finnland. Welche Farbe die Medaillen letzten Endes haben werden, steht in den Sternen, hängt von der Konkurrenz und der Tagesform ab. Im Langlauf wäre jede Medaille eine Überraschung, aber nicht in der Nordischen Kombination, wo es vier Wettbewerbe gibt, und im Skispringen, wo für Frauen und Männer sechs Wettbewerbe anstehen. In jeder dieser Konkurrenzen ist eine deutsche Medaille möglich, hier und dort auch mehr, dass also insgesamt zehn Medaillen keine allzu gewagte Prognose sind.

In der Nordischen Kombination war vor zwei Jahren der Oberstdorfer Johannes Rydzek der unschlagbare König, er gewann gleich alle vier Wettbewerbe, geht also in allen Disziplinen als Titelverteidiger an den Start. Doch die Kräfteverhältnisse haben sich geändert, in dieser Saison ist der 21-Jährige Norweger Jari Magnus Riiber der überragende Athlet. Er gewann bereits vorzeitig die Weltcup-Gesamtwertung und zeigt sowohl auf der Schanze als auch in der Loipe keine Schwächen. Die deutschen Athleten mussten nach eher schwachen Sprüngen oft hinterherlaufen. Es wird spannend sein, zu sehen, ob die Deutschen ihre Sprungschwächen im Training abstellen konnten und ob Riiber seine tolle Form halten konnte. Dazu kommen aber auch starke Mannschaftskameraden in Norwegen und Deutschland, dazu kommen aber auch starke Österreicher, die ihren Heimvorteil in Medaillen ummünzen wollen. Überhaupt, auch bei den Österreichern könnten die nordischen Skisportler den oft vergötterten Alpinen den Rang ablaufen, denn nur eine Goldmedaille (Marcel Hirscher im Slalom) bei der alpinen WM nagte schon ein bisschen an der selbsternannten Skisportnation Nummer 1 (immerhin acht Medaillen insgesamt und damit am meisten von allen Nationen).

Im Skispringen haben die Österreicher ihre einstige beherrschende Stellung auch verloren. Der frühere Seriensieger Gregor Schlierenzauer schaffte es nicht mehr ins Team, Altstar Thomas Morgenstern ist abgetreten. Nur ab und zu war ein Österreicher in dieser Saison vorn dabei, die Hoffnungen ruhen auf Stefan Kraft, Doppelsieger in Lahti. Doch die Springer aller Nationen schauen auf den jungen Japaner Ryoyu Kobayashi, der in dieser Saison das Maß aller Dinge darstellt und mit vier Siegen auch bei der Vierschanzentournee triumphierte. Dazu stellen die Polen und Norweger eine starke Mannschaft und eben auch die Deutschen. Im DSV-Team, das seinem österreichischen Trainer Werner Schuster zum Abschied noch einmal Medaillen schenken will, hat sich kein Springer eine richtig gute Konstanz erarbeitet, aber immer wieder war einer vorn dabei. Karl Geiger und Markus Eisenbichler lösten die einstigen Führungskräfte Richard Freitag, Severin Freund und Andreas Wellinger ab. Letzterer holte in Finnland noch Gold und zweimal Silber. Derzeit springt er eher hinterher.

Eine Medaillenbank sind dagegen die Frauen im Skispringen. Sie stehen zwar bei ihren Wettkämpfen noch im Schatten der Männer, aber wenn es in Seefeld um die Medaillen geht, könnten sie ihnen schon den Rang ablaufen. Katharina Althaus aus Oberstdorf führte lange Zeit den Weltcup an, ehe ihr die Norwegerin Maren Lundby die Show stahl. Dazu ist auch die Japanerin Takanashi eine Siegspringerin, aber die deutschen Mädchen stellen neben Althaus mit Juliane Seyfarth (Platz vier im Weltcup), Carina Vogt (Platz fünf) Ramona Straub oder Anna Rupprecht eine echte Gold-Mannschaft. WM-Medaillen könnten die Frauen auf der Schanze zu Überfliegern werden lassen und ihrem Sport einen Schub versetzen. Das würde dann zur aufgezeigten Tendenz passen: Die Nordischen Skisportler stehlen den Alpinen die Show.

Der Langlauf wird wohl von den Norwegern dominiert. Theresa Johaug ist nach ihrer Dopingsperre wieder dabei und könnte ebenso wie Johannes Kläbo bei den Männern in allen Rennen vorne dabei sein. Das wiederum könnte den Langlauf wieder langweilig machen.

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Eine WM ist eine WM – oder doch nicht?

Wenn eine Weltmeisterschaft (WM) auf dem Programm steht, dann erwarten Sportfans eigentlich, dass sich die besten Sportler der Welt im Kampf um den Titel messen. Aber weit gefehlt. Eine Weltmeisterschaft dient den meisten (ob es alle sind, weiß der Sport-Grantler nicht) Kontinentalverbänden unter anderem auch dazu, dass sich alle ihre nationalen Mitgliederverbände der ganzen Welt zeigen können. Also gilt nicht das sportliche Leistungsprinzip, sondern die Werbung. So ist eine WM zwar eine WM – aber eigentlich auch wieder nicht.

Bei den alpinen und nordischen Ski-Weltmeisterschaften in den letzten Tagen und Wochen sind die Exoten wieder aufgetaucht. Sportler, die teilweise sogar zum ersten Mal auf Skiern standen – aber bei einer Weltmeisterschaft starten dürfen. Ein Hohn! Die tollen Abfahrer versuchen im Schneepflug den Hang zu meistern, einfach lachhaft, da amüsieren wir uns schon auf den Pisten der Freizeitsportler. Ist das wirklich einer Weltmeisterschaft würdig? Machen solche linkischen Sport-Versuche den Spitzensport nicht unglaubwürdig? Beruhigend ist nur eines: Diese Athleten sind mit Sicherheit nicht gedopt.

Es wäre aber angebracht, dass bei den Verbänden ein Umdenken stattfindet. Um das Teilnehmerfeld zu begrenzen, dürfen meist nur vier Athleten von einer Nation starten, damit eben auch die Anfänger aus exotischen Ländern ihren Startplatz bekommen. Da kann es dann eben sein, dass Spitzenleute zu Hause bleiben müssen, weil es Nationen gibt, die mehr als vier Athleten haben, die um die Medaillen mitkämpfen können bzw. könnten. Der Weltmeister oder die Weltmeisterin darf sich freuen, weil gute Konkurrenten oder Konkurrentinnen notgedrungen zuschauen müssen. Manchmal ist es eben leichter, bei einer Weltmeisterschaft zu gewinnen als bei einem beliebigen Weltcuprennen. Ist das wirklich der Sinn einer Weltmeisterschaft?

Der Fußball trat in etwa auch in diese Fußstapfen. Die Aufblähung des Teilnehmerfeldes einer WM auf 48 Nationen diente ja vor allem dazu, dass möglichst viele Länder mitmachen können, denen dies bisher verwehrt wurde. „Wir haben mehr Nationen mit Interesse an der WM“, frohlockt FIFA-Präsident Infantino und übersieht (siehe frühere Kommentare), dass der sportliche Wert sinkt. Es ist doch traurig, dass die Fußball-Weltmeisterschaft künftig erst richtig beginnt, wenn es K.o.-Spiele gibt, wenn die besten Nationen dann wirklich unter sich sind. Wollte man das Niveau verbessern, wäre eine Reduzierung des Teilnehmerfeldes die bessere Lösung. Doch dafür würde der Präsident keine Wahlstimmen bekommen. Der Sport ist ja nur Mittel zum Zweck.

So werden wir in allen oder zumindest vielen Sportarten weiter damit leben müssen, dass eine Weltmeisterschaft keine wirkliche Weltmeisterschaft ist. Dass es eine Bühne für Exoten gibt, passt besser zu den Olympischen Spielen, wo sie ja auch aufkreuzen. Dort aber gibt es bekanntlich das Motto „teilnehmen ist wichtiger als siegen“. Da passt es eigentlich, obwohl die Teilnahme allein den Spitzensportlern natürlich schon immer nicht genügt hat. Andererseits hat aber Olympia seinen besonderen Reiz für die Spitzensportler, weil dieses Fest nur alle vier Jahre stattfindet. Olympiasieger bleibt man ewig, Weltmeister ist man nur bis zur nächsten Weltmeisterschaft. Was zeigt: Weniger kann mehr sein. Nur: Funktionäre sehen das nicht so.

Winter-Könige und Yetis

Schade, dass es in diesem Jahr keine Olympischen Winterspiele gibt, deutschen Athletinnen und Athleten wäre ein Medaillensegen gewiss gewesen. Allerdings glänzen sie nicht in allen Sportarten. So gibt es Winter-Könige (oder Königinnen), die der Konkurrenz das Fürchten lehren, aber auch Yetis, Sportler, die kaum vorne zu sehen sind und deshalb teilweise als Fabelwesen oder Schneegeister wahrgenommen werden.

Da wir also alle auf Olympia bis 2018 in Südkorea warten müssen, konzentrieren sich die Wintersportler auf ihre Weltmeisterschaften und da ist der Februar der Monat der Entscheidungen, quasi also der Ersatz für Winter-Olympia. Herzstück bei Olympia sind die alpinen Ski-Wettbewerbe und sie werden auch mit ihrer Weltmeisterschaft ab Montag, 6. Februar, an der traditionsreichen Stätte in St. Moritz international die größte Aufmerksamkeit bekommen (bis 19. Februar). Die Deutschen wiederum lieben Biathlon (was sich an den Einschaltquoten im Fernsehen ablesen lässt, da schlug Biathlon sogar den Fußball!), aber da ist es gar nicht so glücklich, dass die Biathlon-WM in Hochfilzen parallel zu den Ski-Stars abläuft (9. bis 19. Februar). Aber man kann es ja auch so sehen: Ein bisschen Olympia ist halt doch.

Es gibt allerdings einen gravierenden Unterschied: Bei der WM sind vor allem die Titel begehrt, da zählt schon der zweite Platz nicht so viel, bei Olympia ist das Spektrum größer, da freuen sich die Athleten sogar über einen dritten Platz, auch Bronze ist nämlich eine der begehrten Olympia-Medaillen. Ein WM-Titel ist ein großer Erfolg, ein Olympia-Sieg macht einen Athleten fast unsterblich.

Das Eis können wir fast ausklammern, da sind die Deutschen eher die Yetis, da taucht mal Sprinter Ihle auf oder die Eisschnelllauf-Oma Claudia Pechstein, die aber im Alter eher als Grantlerin von sich Reden macht. In der Eisröhre haben die Rodler ihre Weltmeisterschaft hinter sich und einen Teil ihrer Dominanz eingebüßt, vor allem die Herren um Felix Loch rodelten hinterher, dafür holte sich Tatjana Hüfner mit ihrem fünften Titel einen Rekord. Das Leistungszentrum in Oberhof hat der Medaillenschmiede in Berchtesgaden wieder den Rang abgelaufen. Ein internes deutsches Duell ist da im Gange, das leistungsfördernd sein sollte, aber auch zu Sand im Getriebe führen kann. Dann lässt sich schlecht rodeln. Nach dem einen oder anderen WM-Titel strecken auch Bob und Skeleton die Hand aus.

Im alpinen Ski-Zirkus bleibt den Deutschen eher die Yeti-Rolle. Keine Fabelwesen sind Viktoria Rebensburg bei den Damen und Felix Neureuther bei den Herren, doch die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass Medaillen keine Selbstverständlichkeit sind. Die Hauptrollen sind jedenfalls an andere verteilt, An Marcel Hirscher (Österreich), Kristoffersen (Norwegen), Lara Gut (Schweiz), Mikaela Shiffrin oder Lindsey Vonn (beide USA).

Anders im Biathlon, wo in jedem Rennen ob bei Damen oder Herren die deutschen Farben auf dem Siegerpodest zu sehen sein könnten (aber natürlich nicht müssen). Bei den Herren ist der Franzose Martin Fourcade der Überläufer, aber doch nicht unschlagbar. Bei den Damen hat Laura Dahlmeier die WM als großes Ziel ausgegeben, nicht den Kampf um das Gelbe Trikot. Vor einem Jahr holte die Garmischerin fünf Medaillen, was durchaus wieder möglich wäre, aber ein Alleinstellungsmerkmal wie Fourcade hat sie nicht, da spielen auch Gabriela Koukulova (Tschechien), Kaisa Mäkäräinen (Finnland) und Marie Dorin-Habert (Frankreich) und andere mit. Die Spannung jedenfalls ist so groß, dass die TV-Einschaltquoten in Deutschland wieder stimmen werden.

Den Abschluss des WM-Reigens bilden die Nordischen Weltmeisterschaften vom 22. Februar bis 5. März in Lahti (Finnland). Da werden die deutschen Damen und Herren in der Langlaufspur die Yeti-Rolle übernehmen, die Kombinierer sind jedoch das Gegenteil. Sie haben im Verlauf der Saison bisher alle Einzelwettbewerbe gewonnen und dominieren den Weltcup mit den ersten drei Plätzen (Frenzel, Rydzek, Rießle) in der Gesamtwertung. Das wäre ja ein Ding, wenn sie ausgerechnet bei der WM nicht die erste Geige spielen könnten. Aber Bundestrainer Hermann Weinbuch warnt schon: „Die Norweger werden immer stärker, einen schlechten Tag können wir uns nicht leisten.“ Aber das ist ja der Reiz des Sportes, ein bisschen Ungewissheit bleibt immer, der Traum, dass David den Goliath schlagen kann, ist immer präsent. Und nach den Weltmeisterschaften träumen die Winter-Asse nicht vom Sommer, sondern von Olympia. Garantiert.