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Tag: Oliver Bierhoff

Der Schmach folgt die Hoffnung

Als die deutsche Nationalmannschaft bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2018 nach der Gruppenphase vorzeitig abreisen musste, da zürnte Deutschland und das Image des DFB-Teams lag am Boden. In jedem anderen Land wäre als Erstes der Trainer geschasst worden, nicht so in Deutschland, Bundestrainer Joachim Löw zehrte noch vom Titelgewinn 2014. Wer Weltmeister wurde, der hat einen Sympathiebonus und einen besonderen Stellenwert. Mehr Entgegenkommen darf er allerdings nicht erwarten, doch die Schonfrist hat er genutzt. Zwar verlief die Neuorientierung im Spielerkader ziemlich holprig und nicht immer logisch, aber am Ende zählen die Ergebnisse und die Aussichten. Löw kann eine ruhige Winterpause genießen, der Schmach folgte nämlich die Hoffung.

Doch stopp: Zu den Titelanwärtern zählt Deutschland bei der Europameisterschaft 2020 noch nicht. Alle Erwartungen diesbezüglich werden von Trainer, Spielern und Funktionären einhellig gedämpft. Die junge Mannschaft ist noch nicht gefestigt genug, zeigte Schwächen in der Abwehr und Ergebnisse können auch trügen. Ein 4:0 und 6:1 hörte sich gut an, doch die Gegner waren eben Weißrussland und Nordirland, nicht Frankreich oder Spanien. Genau die werden aber von Löw und Co. zusammen mit England und Italien auf das Favoritenschild gehoben. Ein Hintertürchen der Hoffnung bleibt aber offen: Die positive Entwicklung der Mannschaft könnte ja schneller als gedacht vor sich gehen. Allerdings bleiben vor dem Turnier im Juni nur zwei Länderspiele (Spanien steht als Gegner im März fest) als Vorbereitung. Immerhin, Sportdirektor Oliver Bierhoff schürt Optimismus: „Da wächst eine Mannschaft heran.“

Jogi Löw hat in der heißen Umbruchphase bekanntlich mit der Absage an die Weltmeister Hummels, Müller und Boateng Staub aufgewirbelt und möglicherweise zu früh gehandelt. Es zeigte sich nämlich, dass die jungen Talente schon Halt durch erfahrene Spieler benötigen würden, siehe das Abwehrdilemma, das auch durch zahlreiche Verletzungen zustande kam. Hummels auszubooten und dafür mit dem Mittelfeldstrategen Emre Can in der Abwehr zu spielen ist einfach nicht logisch. Bezeichnend, dass gerade die Weltmeister Manuel Neuer und Toni Kroos sich zuletzt als Stützen des Teams bewährten. Vor allem in der Abwehr muss Löw Lösungen finden, zumal, wenn der als Chef eingeplante Süle ausfällt. Ginter und Rüdiger könnten das Abwehrpaar bilden, Can und Tah zeigten zu viele Schwächen, Stark und Koch waren wohl eher Experimente. Da steht eher Toni Kehrer parat.

Eine ganze Reihe von Spielern dürften ihre EM-Fahrtkarte sicher haben, manche, obwohl sie – wie viele andere früher auch – ihre Leistungen aus dem Verein im DFB-Team nicht wiederholen können. Marco Reus ist so ein Kandidat, Julian Brandt scheint ein aktueller Fall zu sein. Das Gegenteil ist Torjäger Serge Gnabry, der für Deutschland noch besser trifft als für die Bayern. Er ist zweifellos der Aufsteiger der Saison.

Diese Spieler halten wohl die EM-Fahrtkarte in der Hand: Neuer, ter Stegen, Klostermann, Halstenberg, Ginter, Rüdiger, Kimmich, Kroos, Goretzka, Gündogan, Havertz, Gnabry, Reus, Sane, Werner, Brandt.

Diese Spieler kämpfen um die restlichen sieben Plätze im 23er-Kader: Leno, Trapp, Schulz, Hector, Süle (wenn fit dabei), Tah, Kehrer, Stark, Koch, Hector, Can, Draxler, Rudy, Waldschmidt, Amiri, Demirbay.

Ein Vorteil ist sicherlich, dass die deutsche Mannschaft in der Vorrunde in München Heimrecht genießt. Sollte sich Ungarn qualifizieren, steht ein Gegner fest. Die Gruppen-Auslosung für die EM ist allerdings eine Farce, sie ist so kompliziert, dass sie wohl nicht einmal die Funktionäre selbst verstehen. Am 30. November gibt es quasi eine vorläufige Auslosung, nach den Play offs der Nations League folgt die endgültige Verteilung der Plätze. Ein Procedere, das sich nicht wiederholen sollte. Was die erste Auslosung angeht, so befindet sich Deutschland in Topf 1 und wird nicht auf Belgien, England, Italien, Spanien und die Ukraine treffen, aus Topf 2 kommen aber die möglichen Gegner Frankreich, Polen, Schweiz oder Kroatien, aus Topf 3 Portugal, Türkei, Österreich oder Schweden. Das kann also eine ganz schwere Aufgabe werden. Doch es gibt ja Hoffnung.

Endspurt in der Bundesliga

Zunächst steht aber wieder die Bundesliga im Mittelpunkt, die zum Endspurt der Vorrunde startet. Schlagzeilen machten vor allem spektakuläre Trainerwechsel. Achim Beierlorzer musste in Köln gehen, soll aber jetzt Mainz retten. Was auf den ersten Blick unlogisch klingt, könnte Sinn machen, denn Beierlorzer passt vielleicht besser zu Mainz. Er wird nicht im Sinn gehabt haben: Hauptsache ein Karnevalsverein. Sein Nachfolger in Köln heißt Markus Gisdol, der natürlich vom Verein gepriesen wird, aber ob er im hektischen Umfeld in Köln bestehen kann, muss sich zeigen. An seiner Seite als Sportdirektor als Nachfolger von Armin Veh steht jetzt Horst Heldt. Er hat eine Kölner Vergangenheit, seine bisher Arbeit als Sportdirektor u. a. in Stuttgart und auf Schalke hatte aber Höhen und Tiefen zu verzeichnen. Da gilt halt: Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Beide Vereine stehen tief im Abstiegskampf, die ersten Aufgaben werden für beide Trainer schwer, Köln muss nach Leipzig, Mainz ist bei Hoffenheim zu Gast. Das Schlagerspiel im Abstiegskampf heißt wohl FCA – Hertha, der Sieger bekommt Auftrieb, beim Verlierer brennt es. Vor allem die Berliner haben sich die Saison mit Investor Windhorst und seinem Geld ganz anders vorgestellt.

An der Spitze wird mit Argusaugen der weitere Werdegang des Überraschungs-Spitzenreiters verfolgt. Kann sich Gladbach der Verfolger erwehren? Selbst Neuling Union Berlin kann eine Prüfung sein. Unter besonderer Beobachtung aber auch die Konkurrenz: Bleibt Bayern (in Düsseldorf) mit Interimstrainer Hansi Flick im Aufwind? Hat sich Dortmund (gegen Paderborn) gefangen oder wackelt Lucien Favre wieder? Wer bleibt aus dem Kreis Freiburg, Hoffenheim, Leverkusen, Hoffenheim und Schalke in der Verfolgerrolle? Die Bundesliga lebt von den Fragezeichen.

Einige Vereine müssen allerdings auch damit leben, dass sich Stammspieler bei den Einsätzen für die Nationalmannschaft verletzt haben. Ein ständiges Ärgernis, zumal die internationalen Aufgaben immer mehr werden sollen. Besonders schwer hat es den Freiburger Waldschmidt erwischt, der ebenso mindestens bis zum Jahresende ausfallen wird wie FInnbogason beim FCA. Auffallend, dass der Isländer dem Verein oft verletzt fehlt und gerade wieder zu den Länderspielen fit wird. Das ist für den Verein eine ärgerliche Diskrepanz. Die Bayern hoffen, dass Coman, der vom Nationalteam Frankreichs vorzeitig zurück reiste, bald wieder einsatzfähig ist. Schließlich warten bis zur Weihnachtspause fünf Wochen mit wichtigen Spielen am laufenden Band.

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Der neue DFB: Hoffnung für Amateure und Fans

Es herrscht Aufbruchstimmung beim Deutschen Fußball-Bund. Der 43. Bundestag hat die Weichen für die Zukunft gestellt. Mit dem neuen Präsidenten Fritz Keller sollen Streit, Skandale und Mauscheleien der Vergangenheit angehören und an ihre Stelle Gradlinigkeit, Transparenz und Seriosität treten, also wirtschaftlich solide und moralisch integer. Eine Herkulesaufgabe für den 62-Jährigen ehemaligen Präsidenten des SC Freiburg, der aber betont, beim Verband aufräumen zu wollen. Der erfolgreiche Winzer und Gastronom soll auch den größten nationalen Verband der Welt mit Erfolg führen. Hoffnung auf Besserung gibt es vor allem für die Amateure, Frauen und die Fans. Es wird ein Stück Bodenständigkeit beim zuletzt eher abgehobenen Verband einziehen.

Für die Abgehobenheit stand vor allem Kellers Vorgänger Reinhard Grindel, einst Journalist und Politiker, der von persönlicher Anerkennung und höheren Sphären träumte. Da wird dann schon einmal die Hand aufgehalten, damit Wünsche in Erfüllung gehen. Fritz Keller ist genau das Gegenteil. Er kommt aus dem Fußball, kennt das Vereinsleben und stört sich nicht daran, dass die Kompetenzen des Präsidenten beschnitten wurden. Er will von Experten die Strukturen untersuchen lassen, kein Stein bleibt auf dem anderen. Er ist vor allem als Mittler im Streit zwischen Profis und Amateuren gefordert, für die sein Herz schlägt. Ebenso will er sich verstärkt dem Frauen-Fußball widmen, eine verstärkte Förderung hat der Bundestag beschlossen. Keller fordert ein stärkeres Engagement der Profiklubs im Frauen-Fußball und wünscht sich künftig mehr eigene Teams. Es gibt sogar Vorschläge, dass künftig ein Frauenteam Pflicht ist für eine Lizenzerteilung für die Bundesliga der Männer. Keller will sich ganz auf die nationale Arbeit konzentrieren und überlässt die internationale Rolle seinem Vizepräsidenten Rainer Koch.

Die Nationalmannschaft fällt nicht mehr in die Richtlinienkompetenz des Präsidenten, der starke Mann hier ist künftig DFB-Direktor Oliver Bierhoff, der auch Direktor für die neue Akademie ist, deren Grundsteinlegung ebenfalls symbolisch für den Aufbruch beim DFB steht. Keller wird aber dennoch ein Auge auf die Länderspiele werfen und das Umfeld wieder fanfreundlicher gestalten. Die Zeiten der Abgehobenheit sind wie gesagt vorbei.

Der neue Präsident hat einen riesigen Rucksack aufgebürdet bekommen, mal sehen, ob er ihn tragen oder ertragen kann. Gefordert sind vor allem aber auch Bierhoff und Bundestrainer Joachim Löw, denn nur eine sportlich erfolgreiche und mit Fan-Nähe agierende Nationalmannschaft kann für gute Stimmung sorgen.

Der Heimvorteil ist abgeschafft

Die Bundesliga ist Alltag und Highlight zugleich im Leben eines Fußball-Fans. Sie sorgt mit einer seltsamen Saison für Aufmerksamkeit, Spannung und Neugierde auf die nächsten Spieltage. Ein Durchatmen gibt es nach dem nächsten Spieltag mit einer erneuten Länderspielpause. Zuerst aber reibt sich der Fan verwundert die Augen bei einem Spieltag mit Rekorden. Noch nie gab es einen Spieltag ohne Heimsieg, noch nie einen Spieltag mit acht Auswärtssiegen – der Heimvorteil ist offensichtlich abgeschafft. Nur Dortmund verlor nicht, doch das 2:2 gegen Bremen fühlt sich für die Borussia wie eine Niederlage an. Der selbsternannte Meisterschaftskandidat rätselt über die Ursachen des mangelnden Erfolges (nur Rang acht, wenn auch nur drei Punkte Rückstand auf den neuen Tabellenführer Bayern München). Ist es eine Frage der Mentalität (was Kapitän Marco Reus barsch zurückweist) oder doch eine Frage der Qualität (so sieht es Axel Witsel). Die Zweifel an Trainer Lucien Favre werden jedenfalls größer. Die nächsten Aufgaben werden zur Bewährungsprobe, in Prag in der Champions League und am Samstag das Spitzenspiel (!) in Freiburg.

Ja, in Freiburg stehen sich der Dritte und der gewollte Tabellenführer gegenüber. Die forschen Freiburger gehören zu den Teams, über die sich alle wundern. Aber Trainer Christian Streich bleibt auf dem Boden: „Das sind nur 13 Punkte gegen den Abstieg, jeder Zähler ist wichtig.“ Na ja, zehn Punkte Vorsprung vor der gefährlichen Zone nach nur sechs Spieltagen kann sich sehen lassen. Zu den großen Überraschungen zählt auch Schalke 04, das der neue Trainer David Wagner wiederbelebt hat. Mit dem 3:1 stürzten die Knappen Tabellenführer Leipzig. Was der Fan-Seele gut tut: Endlich wieder einmal wieder vor Dortmund in der Tabelle. Auffällig: Das einstige Sorgenkind Amine Harit ist der neue Anführer. Das Kollektiv macht es in Wolfsburg, vielleicht auch Trainer Oliver Glasner. Was fast übersehen wird: Neben den Bayern sind nur die VW-Städter bisher ungeschlagen.

Ja, die Bayern, sie sind wieder da, wo sie nach ihrer Meinung auch hingehören: Auf Platz 1, schließlich heißt es „mia san mia“. Doch so richtig zufrieden ist man in München dennoch nicht, die Leistungen sind nicht überwältigend, die Chancenauswertung oft mangelhaft, die Abwehr unsicher – und dennoch Erster, was wird erst sein, wenn die Bayern richtig in Form sind? In Form ist aber zweifellos Torjäger Robert Lewandowski, wenn er auch mal das leere Tor verfehlt, wie beim erzitterten 3:2 in Paderborn. Acht Tore in sechs Spielen sind neuer Bundesliga-Rekord. Für die Bayern folgt aber am Dienstag in der Champions League das „Spiel der Wahrheit“ bei den Tottenham Hotspurs. In London wird sich zeigen, wie stark die Bayern wirklich sind.

Auffällig ist, dass sich die Bundesliga bereits nach sechs Spieltagen in der Tabelle teilt. Frankfurt auf Rang neun ist der letzte Klub mit zweistelligen Punkten (10), dahinter folgen Hertha BSC nach dem Comeback in Köln und Bremen trotz Verletzungspech mit sieben Zählern. Danach beginnt der Abstiegskampf (auch mit Hoffenheim, das die vielen Abgänge doch nicht verkraftet), wobei am Samstag das große „Keller-Duell“ ansteht: Paderborn gegen Mainz. Kurioses in Augsburg: Der FCA kassierte mit dem 0:3 gegen Leverkusen seine 50. Heimniederlage im 139. Heimspiel in der Bundesliga, schaffte bisher aber nur 49 Heimsiege (bei 40 Unentschieden) im jetzt neunten Jahr im Oberhaus. Nächster Gast in Augsburg ist übrigens am 19. Oktober Bayern München…

Zwei Niederlagen und doch Hoffnung für die Zukunft

Die sommerlichen Temperaturen dämpften sicherlich ein bisschen die Begeisterung und doch war Deutschland in den vergangenen Wochen wieder eine Fußball-Nation. Die TV-Einschaltquoten bestätigten dies. Doch der krönende Abschluss fehlte leider. Die Frauen schieden bei der Weltmeisterschaft im Viertelfinale gegen Schweden aus, die U21 konnte ihren Titel bei der Europameisterschaft nicht verteidigen und unterlag im Finale Spanien. Zwei Niederlagen also und doch bleibt für beide Mannschaften einige Hoffnung für die Zukunft.

Wer war jetzt näher dran am Erfolg? Zweifellos die U21, denn die stand im Finale, aber beim 1:2 gegen Spanien fehlte das Spielglück, aber der Gegner war auch den Tick besser, routinierter, mit wenigen Fehlern und schaffte so die Revanche für die Finalniederlage vor zwei Jahren. Beim ersten Gegentor patzten gleich mehrere Abwehrspieler, beim zweiten der bis dahin überragende Torhüter Alexander Nübel, als er einen Ball abprallen ließ, den er eigentlich festhalten muss. Der junge Schalker vergoss danach Tränen, aber er hat ein großes „Vorbild“ im Leid, wenn er sich an Oliver Kahn erinnert, der bei der Weltmeisterschaft 2002 in Südkorea zum besten Torhüter und besten Spieler des Turniers gewählt wurde, dann aber im Finale so einen Ball eben auch abprallen ließ, Ronaldo das Tor ermöglichte und damit die Final-Niederlage einleitete. Geschichten wiederholen sich also, Wiederholt sich Geschichte dann auch in einer großen Karriere für Alexander Nübel? Er erinnert stark an einen anderen überragenden Torhüter, an Manuel Neuer.

Interessant, dass im Vorfeld des Finales die Öffentlichkeit vor allem darüber spekulierte, welcher der 23 Spieler aus dem EM-Kader denn eine große Karriere machen könnte. Wer tritt in die Fußstapfen der Neuer, Hummels, Khedira oder Özil, die einst mit der U21 Europameister wurden. Für eine große Karriere reicht aber Talent allein nicht, man braucht Einsatz, Willen und ein wenig Glück und Verstand, zum Beispiel bei der Karriereplanung. Eine ganze Reihe der Jungen, die bei der EM hätten spielen können, sind bekanntlich bereits Stammspieler bei Joachim Löw. Anklopfen dürfte Torjäger Luca Waldschmidt, der mit sieben Treffern die Torjägerkanone gewann. Tah und Klostermann gehören schon zum Kreis des A-Teams, Maximilian Eggestein, Henrichs und Dahoud sind im Visier, Amiri meldet Ansprüche an, bei allen anderen wird man sehen. Einige der EM-Teilnehmer haben ja das große Los gezogen, denn sie könnten altersmäßig auch bei Olympia 2020 in Tokio spielen. Das Halbfinale war die Eintrittskarte.

Bei der Frage nach der Zukunft spielt auch Trainer Stefan Kuntz eine Rolle. Er hat mit seiner Arbeit für sich geworben, lässt vergessen, dass er eigentlich als Trainer und Funktionär schon als gescheitert galt. Jetzt ist er sogar als möglicher Nachfolger von Jogi Löw im Gespräch, weil er zeigte, dass er mit Spielern gut umgehen kann, gute Laune verbreitet und sich in der Öffentlichkeit gut verkauft. Sein Vertrag läuft vorerst bis nach Olympia, DFB-Manager Oliver Bierhoff will ihn auf jeden Fall länger halten. Was die Hoffnung angeht, da bestehen für einige jüngere Nachwuchsteams des DFB Zweifel, da waren zuletzt kaum Erfolge zu verzeichnen.

Gehalten werden soll auch die Bundestrainerin der Frauen, Martina Voss-Tecklenburg. Sie ist ja recht kurzfristig ins Boot geholt worden und hat trotz des Aus im Viertelfinale in ihrer Arbeit schon mal Zeichen gesetzt, wenn auch nicht alles geklappt hat. Es war eigentlich abzusehen, dass die routinierten und abgezockten Schwedinnen die besseren Karten in der Hand hatten gegen das junge deutsche Team und auch das Omen sprach gegen die Deutschen, die 24 Jahre lang gegen Schweden in Turnieren nicht mehr verloren hatten. Wir wissen es und die Skandinavierinnen wussten es, jede Serie reißt einmal. Deshalb war ihr Ehrgeiz auch besonders groß.

Was der deutschen Mannschaft fehlte, war in den entscheidenden Phasen mehr echte Führungspersönlichkeiten, die allein in Alexandra Popp zu finden ist, abseits des Feldes auch Torhüter Almuth Schult, doch damit hat es sich schon. Dzsenifer Marozsan als große Hoffnungsträgerin (trotz gebrochenen Zeh) kann diese Rolle nicht spielen. Die Mädchen kompensierten die Vakanz mit erhöhtem Einsatz und hatten auch das nötige Spielglück auf dem Weg ins Viertelfinale, doch ab da wird es eng in der Weltklasse. Deutschland ist noch Weltklasse, aber nicht mehr die Nummer 1, die beansprucht die USA für sich, siehe Weltrangliste. Andere Nationen haben aufgeholt, England, die Niederlande, Spanien und Italien stehen mit dem DFB-Team auf einer Stufe. Frankreich ist sogar stärker einzuschätzen, musste aber wie Deutschland die bittere Pille schlucken, dass Olympia ohne die große Nation stattfindet. Pech beim Spielplan mit den USA als Stoppschild.

Für den Frauen-Fußball in Deutschland ist die Absenz bei Olympia besonders bitter, weil wieder eine Werbemöglichkeit verloren geht. 7,9 Millionen Zuschauer (43,2 Prozent Marktanteil!, das Finale der U21 sahen 9,2 Mill., 32,2 %)) bangten mit den Mädchen, aber sie werden nicht zu alltäglichen Fans, die zum Beispiel die Spiele der Bundesliga sehen wollen. Da verlieren sich im Schnitt rund 900 Besucher auf den Rängen. So bleibt also die Hoffnung, dass die junge Mannschaft Routine und die eine oder andere Verstärkung gewinnt (wichtig vor allem in der Abwehr) und bald wieder das nötige Spielglück bis ins Finale hat. Der Bundestrainerin ist für die Mannschaft auch ein glückliches Händchen zu wünschen.

Zwei Niederlagen für deutsche Nationalmannschaften, aber beide Teams geben dennoch zu Hoffnungen Anlass.

Die Zukunft von Jogi Löw: Die Wahrheit liegt auf dem Platz

Es war die längste Pressekonferenz des Deutschen Fußball-Bundes aller Zeiten. Es war ja auch die größte Schmach des deutschen Fußballs aller Zeiten, die Pleite bei der WM in Russland. Also warteten alle in Deutschland, nicht nur die Fans, auf die Erklärungen von Bundestrainer Joachim Löw. DFB-Präsident Grindel hatte nach dem Bericht des Bundestrainers vor dem DFB-Präsidium gelobt, es sei eine umfassende und erstklassige Aufarbeitung der WM gewesen. Was Jogi Löw jetzt präsentierte, war nicht viel mehr, als jeder selbst in Russland gesehen hatte. Insofern fragt man sich, warum sich Jogi Löw nicht früher geäußert hatte. Diese Analyse hätte er auch innerhalb von 24 Stunden erstellen können.

Jeder hat es bei den Spielen gesehen: Deutschland hatte keine Begeisterung, das Spiel war zu langsam, die Abstimmung fehlte und die taktische Einstellung war oftmals falsch. Das Resultat dementsprechend erschütternd: Tabellenletzter in einer Gruppe mit Mexiko, Schweden und Südkorea. Angeblich eine eher leichte Gruppe. Immerhin wollte der Bundestrainer nichts beschönigen, er streute Asche auf sein Haupt und gestand, „wir waren teilweise zu arrogant, wir haben in der Summe versagt.“ Klar war auch, der Mannschaftsgeist, der vier Jahre zuvor in Brasilien den Titel gebracht hatte, war diesmal nicht vorhanden.

Jetzt geht es um die Zukunft. Jetzt muss Joachim Löw wirklich zeigen, was er kann, dass er den Schalter umlegen und die Spieler begeistern kann. Die kleinen Korrekturen rund um die Mannschaft, dass aus dem Co-Trainer Thomas Schneider jetzt der Chef der Scouts wird und dass der Betreuerstab verkleinert wird (einige wie Teamarzt Müller-Wohlfahrt scheiden sowieso aus Altersgründen aus) bringen noch keine gravierenden Verbesserungen oder einen Stimmungsumschwung. Der muss im Spiel kommen, der muss aus der Mannschaft kommen. Noch nie war der Spruch von Altmeister Otto Rehhagel wohl so treffend: Die Wahrheit liegt auf dem Platz. Die Wahrheit zeigt sich am 6. September zum Start der Nations League gegen Weltmeister Frankreich. Tempo, Einsatz und Begeisterung müssen als Grundvoraussetzung zu sehen sein. Löw verspricht, in der Taktik künftig flexibler und variabler zu sein, das Risiko möchte er reduzieren. Damit auch das Risiko eines nahen Ende seiner Amtszeit reduziert wird.

Einen Umbruch im Team wird es allerdings nicht geben, kann es eigentlich auch gar nicht geben, denn neue Talente bieten sich kaum an. So sind 17 WM-Teilnehmer gegen Frankreich und am 9. September im Testspiel in Sinsheim gegen Peru wieder dabei. Einziges „Bauernopfer“ wurde Sami Khedira, aber er ist nicht ohne Zukunft. Die für die WM verschmähten Tah, Petersen und vor allem Flügelflitzer Leroy Sane sind wieder dabei, dazu die drei Neulinge Thilo Kehrer, Nico Schulz und Kai Havertz. Der Leverkusener könnte der Özil-Nachfolger werden.

Allerdings muss sich nicht nur auf dem Spielfeld einiges ändern, sondern auch einiges rund um die Mannschaft. Teammanager Oliver Bierhoff gestand zwar seine Fehler nicht so offen ein wie Jogi Löw, sondern schob viel auf andere ab, aber auch er gestand, verstanden zu haben: Der DFB will sich wieder um mehr Fan-Nähe bemühen, das heißt, wieder mehr öffentliche Trainingseinheiten, mehr Zeit für Autogramme oder Selfies. Was noch fehlt: Gerade für Testspiele muss der DFB moderatere Eintrittspreise anbieten, zumal in solchen Spielen selten die erste Garnitur zu sehen ist (sind eben Testspiele). Mal sehen, ob der DFB auch hier verstanden hat.

Deutlich wurde Jogi Löw auch in Sachen Mesut Özil, einst sein Lieblingsschüler. Auch ihm zeigte der in Wut zurückgetretene Spielmacher die kalte Schulter, auch für den Bundestrainer hieß es „kein Anschluss unter dieser Nummer“. Es wird immer deutlicher, dass sich der Deutsch-Türke von seinen Beratern und anderen Gestalten um ihn herum falsch steuern lässt, angeblich soll er sich für die EM-Bewerbung der Türkei für 2024 gegen Deutschland vereinnahmen lassen. Das würde dann das Bild abrunden.

Die Wahrheit liegt auf dem Platz, warten wir die Wahrheiten gegen Frankreich und Peru ab und die Vergabe der EM 2024 am 27. September. Danach wird es möglicherweise im DFB eine erneute Aufarbeitung geben.

Die weiteren Termine in diesem Jahr: 13. Oktober in Amsterdam Niederlande – Deutschland (Nations League), 16. 10. in Paris Frankreich – D (NL), 15. 11. in Leipzig Testspiel D – Russland, 19. 11. in Gelsenkirchen D – Niederlande (NL).

Im Fall Özil waren viele schlecht beraten

Er hat es getan, aber seine Aussagen hatten einen anderen Inhalt, als es der DFB und die Öffentlichkeit erwartet hatten. Nach wochenlangem Schweigen zu den umstrittenen Erdogan-Fotos meldete sich Fußball-Nationalspieler Mesut Özil am Sonntag im Internet zu Wort und lederte los. Nicht einmal, nicht zweimal, nein dreimal. Häppchenweise lieferte er eine Abrechnung mit dem Verband, mit den Medien, praktisch mit allen. Die Abrechnung endete mit Rücktrittsforderungen von DFB-Präsident Dr. Reinhard Grindel und mit dem eigenen Rücktritt aus der Nationalmannschaft. Das Kapitel Özil ist beim DFB beendet, das Thema rund um den 29-Jährigen Deutsch-Türken wird uns aber noch lange beschäftigen. Je nach dem, wie sie es brauchen, werden vor allem rechtsgerichtete Kreise das Thema Özil am Leben erhalten.

Es begann mit den unglücklichen Fotos der Nationalspieler Mesut Özil und Ilkay Gündogan mit dem Präsidenten der Türkei, Erdogan. Die Öffentlichkeit kritisierte diese Fotos als Wahlhilfe für einen Präsidenten, der Menschenrechte missachtete, entsprechend groß war die Unruhe im deutschen Team, was als Teil des enttäuschenden Abschneidens bei der Weltmeisterschaft in Russland ausgemacht wurde. Während Gündogan Stellung bezog, schwieg Mesut Özil beharrlich. Somit sorgte er dafür, dass das Thema immer am köcheln blieb, es kam keine Ruhe in die Mannschaft, zumal es keinen sportlichen Erfolg gab, der die politischen Strittigkeiten hätte überdecken können. Özil sorgte mit seinem Verhalten auch dafür, dass das Image der Nationalmannschaft als Vorbild für Integration Schaden nahm (dafür erhielt Özil sogar den Bambi). Vorbild für gelungene Integration wurde dann Frankreich als neuer Weltmeister. Vier Jahre zuvor in Brasilien wurde dafür noch Deutschland gefeiert, also eine Wachablösung auf der ganzen Linie!

Eines steht fest: Im Fall Mesut Özil waren viele schlecht beraten. Zunächst einmal Özil selbst (und natürlich auch Gündogan), dass sie die Fotos mit Erdogan nicht abgelehnt hatten. Möglich, dass ihre Berater diese Fotos sogar forciert hatten, doch die Publicity hatten sie vollkommen falsch eingeschätzt. Die Spieler wiederum, die sich von politischen Aussagen distanzierten, standen als Naivlinge da.

Mit Mesut Özil spielten die Berater auch ein schlechtes Spiel, dass sie ihn zunächst mal lange (zu lange) schweigen ließen und jetzt mit einer geballten Abrechnung in drei Teilen Tabula rasa machten. Özil fühlt sich seinen türkischen Wurzeln verpflichtet, fühlt sich missverstanden und schlechter behandelt als andere, weil er eben türkischen Wurzeln habe. Hier verwechselt einer Tatsachen und Wirkung, Einsicht zeigt er nicht. Özil beklagt sich über zu wenig Respekt, zeigt aber keinen Respekt gegenüber dem Nationaltrikot, gegenüber der Öffentlichkeit in Deutschland. Özil wurde ganz einfach schlecht beraten und warf seine Karriere im Nationaltrikot einfach weg. Da hat sich einer ganz schön verdribbelt.

Die Rücktrittsforderung gegenüber dem DFB-Präsidenten kommt nicht überraschend, Reinhard Grindels Rücktritt hatten auch schon andere gefordert, was nach dem schlechten Krisenmanagement des Verbandes auch logisch ist. Auch Grindel war schlecht beraten, ebenso Teammanager Oliver Bierhoff. Von Anfang an hatten die Verantwortlichen des DFB ebenso wie die Spieler die Wirkung der Erdogan-Fotos unterschätzt. Die einzige richtige Konsequenz wäre gewesen, die Özil und Gündogan aus dem WM-Kader zu streichen, um für Ruhe zu sorgen. Da hätte auch Bundestrainer Joachim Löw handeln können. Jetzt trägt er nämlich den Rucksack Özil mit sich rum. Wehe, die schlechten Leistungen wiederholen sich in den nächsten Spielen (immerhin ist Weltmeister Frankreich der nächste Gegner), dann wird es heißen „und Özil fehlt halt doch“.

Allerdings: Özil muss mit einem Makel leben, auch in seinem Verein Arsenal London erntete er oft Kritik, dass er besonders in wichtigen Spiele oft „abtauche“, nicht zu sehen sei, statt das Heft in die Hand zu nehmen. Diesbezüglich war Özil vor der WM wirklich ein Wackelkandidat im Hinblick auf die Nominierung (ganz im Gegensatz zu 2014). Bayern-Präsident Uli Hoeneß hat zwar in seiner Art übertrieben, aber ganz unrecht hat er mit seiner Bemerkung „Özil habe seit 2014 keinen Zweikampf mehr gewonnen“ nicht. Gewonnen hat Özil jetzt auch nicht.

Wie auch immer, der Fall Özil zeigt sehr deutlich, wie Berater die Fußball-Stars beeinflussen können und wichtig für die Karriere sind. Leider ist es so, dass viele Berater die Eignung für diese wertvolle Aufgabe abgeht. Der Ruf, es handle sich bei ihnen meist von Abkassierern, kommt nicht von ungefähr. So darf sich derjenige Spieler glücklich schätzen, er gut beraten wird. Mesut Özil macht jedenfalls keinen glücklichen Eindruck.

Fußball-WM: Die Zukunft hat bereits begonnen

Eines kann man von der Fußball-Weltmeisterschaft in Russland nicht behaupten: Das sie langweilig ist. Das Favoritensterben sorgte für Aufmerksamkeit, zahlreiche Elfmeterschießen für Spannung. Das passte dann wie die Faust aufs Auge, dass hier sogar die Engländer erfolgreich waren. Und es passt zu den Überraschungen, dass aus der Weltmeisterschaft eine Europameisterschaft geworden ist, nachdem im Viertelfinale auch Brasilien und Uruguay die Segel streichen mussten. Hier zeigt sich ein Trend: Die Nationen außerhalb Europas kommen einfach nicht voran, in erster Linie die Teams in Afrika und Asien. Da fehlt es an Organisation, an Willen und an Cleverness. Jetzt schwächeln auch die Südamerikaner mit all ihren begnadeten Fußballern. Eine Gefahr für die Zukunft, dass Eintönigkeit wieder die Oberhand gewinnt? Warten wir es ab. Zuletzt waren vier Europäer 2006 im Halbfinale unter sich, damals Italien, Frankreich, Deutschland und Portugal.

Diesmal sind es bekanntlich Frankreich und Belgien (Dienstag) sowie Kroatien und England (Mittwoch), die im Halbfinale aufeinandertreffen. Dabei fällt eines auf: Bei drei Nationen hieß es im Vorfeld des Turniers, dass sie eine Mannschaft der Zukunft haben. Ergo: Die Zukunft hat bereits begonnen.

Auffallend, dass es zum Beispiel eine gewisse Ähnlichkeit der Mannschaftsstruktur und der Spielweise zum Beispiel bei den Gegnern Frankreich und Belgien gibt. Da das überragende Sturm-Duo Griezmann/Mbappe mit Paul Pogba in der Hinterhand, dort die schnellen Lukaku und E. Hazard, zu denen sich Kevin de Bruyne gesellt. Wir sehen: Bei beiden Nationen heißt es, Angriff ist die beste Verteidigung. Wobei die Abwehrspieler naturgemäß schon noch ein bisschen Arbeit haben, da macht Frankreich fast den stabileren Eindruck. Bemerkenswert, dass ein Franzose die belgischen Stürmer trainiert. Der einstige Weltklassestürmer Thierry Henry könnte jetzt zum „Verräter“ werden. Lukaku gestand bereits: „Von Henry habe ich schon viel gelernt.“ Die Belgier sprechen von ihren Spielern ja von „der goldenen Generation“, dies könnte am Sonntag im wahrsten Sinne des Wortes stimmen.

Auch in England sprach man vor der WM von der „Mannschaft der Zukunft“, jetzt ist die Zukunft schon in der Gegenwart angekommen. Auch in England steht ein Stürmer im Mittelpunkt, nämlich Torjäger Harry Kane, der schon die Premier League aufgemischt hat und jetzt die WM-Torschützenliste mit sechs Treffern anführt. Beste Bewerbung als für den Titel „Weltfußballer des Jahres“. England hat aber nicht nur Kane, sondern mit dem jungen Pickford auch einen erstklassigen Torhüter und mit Gareth Southgate offensichtlich einen Trainer, der die Konkurrenz in den Schatten stellt. Er präparierte seine Schützlinge im Training für das Elfmeterschießen, er ließ bis zum Erbrechen im Training Standards trainieren – und erntet jetzt zusammen mit dem Team schon in Russland. Im Wege steht zunächst noch Kroatien, die Ausnahme der Talente-Nationen, das Team mit Erfahrung und einem überragenden Luka Modric, der als Kopf der Mannschaft ganz anders auftrumpft als seine Real-Mannschaftskollege Toni Kroos es tat. Deshalb steht Kroatien im Halbfinale und nicht Deutschland.

Die FIFA macht sich lächerlich – und andere auch

Nur der Weltverband selbst trübt seine sportlich interessante Weltmeisterschaft. Wie die überwiegend geldgierigen und korrupten FIFA-Funktionäre, die vor allem nach einem für sie angenehmen Leben streben, ticken, wurde bei seltsamen Entscheidungen offensichtlich. 60500 Euro Strafe mussten die Kroaten zahlen, weil sie nicht vorschriftsmäßig Trinkflaschen vom Sponsor verwendet hatten. Ein Vertragsbruch, der geahndet werden musste. Als Serbiens Trainer Mladen Krstajic allerdings gegen Moral und Ethik verstieß (was die FIFA angeblich immer besonders hoch hält), als er Schiedsrichter Dr. Brych vor das UN-Kriegsverbrechertribunal schicken wollte, da musste er für diesen Fauxpas gerade mal 5000 Euro Strafe zahlen. Damit macht sich die FIFA einfach nur lächerlich.

Aber damit steht der Weltverband keineswegs alleine da. Eine lachhafte Figur gibt auch der DFB bei der Krisenbewältigung ab, da zeigen die Beteiligten wie DFB-Chef Grindel, Manager Oliver Bierhoff und Trainer Jogi Löw allesamt, dass sie zwar mit Erfolgen gut leben, mit Krisen aber überhaupt nicht umgehen können. Probleme sind in ihrer Denke wohl nicht vorgesehen. Der „Fall Özil“ schlägt Wellen, es gibt Widersprüche und Peinlichkeiten. Da hat wohl Özils Vater die einzige richtige Antwort: „An Mesuts Stelle würde ich zurücktreten“. Wer sich zu einer Verfehlung (Erdogan-Fotos) nicht äußert, hat in der Nationalmannschaft als Aushängeschild sowieso nichts zu suchen.

Lächerlich von FIFA und DFB auch die Affäre um Schiedsrichter Dr. Felix Brych, der nach Hause geschickt wurde und offensichtlich unter einer einzigen Fehlentscheidung leiden musste. Andere Kollegen durften auch nach schwachen Spielen munter weiter pfeifen. Und der DFB bringt es noch nicht einmal fertig, von der FIFA die Hintergründe zu erfahren. Möglicherweise steckt sogar eine interne Intrige zwischen deutschen Schiedsrichtern dahinter. Beobachter sehen den damaligen Video-Schiedsrichter Zwayer als Hauptschuldigen, unken über die Möglichkeit eines Racheaktes. Aufklärung tut also Not. Oder der DFB macht sich eben wieder einmal lächerlich.

Lächerlich gemacht hat sich auch Brasiliens Star Neymar, der mehr mit seinen Schauspieleinlagen nach Fouls auffiel, als mit sportlichen Highlights. Er hat bei der WM deutlich gemacht, dass er nicht das Format mitbringt, einmal „Weltfußballer des Jahres“ zu werden. Mit ein paar Tricks und guten Pässen ist es nicht getan. Er hätte Brasilien vielleicht weiterbringen können, wenn er sich mehr auf den Sport konzentriert hätte. Aber vielleicht will er ja sowieso Schauspieler werden.

Jogi Löw muss Deutschland neu erfinden

Es bleibt in Deutschland alles so, wie es ist: Angela Merkel bleibt Bundeskanzlerin und Joachim Löw bleibt Fußball-Bundestrainer. Beide haben aber eine Aufgabe mit dem gleichen Ziel: Sie müssen Deutschland neu erfinden. In der Handhabung hat es Jogi Löw natürlich leichter, der Fußball ist zwar kompliziert, aber überschaubarer als Politik. Bleiben wir also beim Fußball, hier geht es ja um den Sport. Bleiben wir bei der Aufgabe: Jogi Löw muss Deutschland neu erfinden.

Es war keine Überraschung, dass der Bundestrainer sich dazu entschieden hat, im Amt zu bleiben. Zwar forderten viele Kritiker seinen Rücktritt, aber mehr Leute von fern und nah stärkten ihm wohl den Rücken, vor allem beim Verband. Der DFB mit seinem Präsidenten Reinhard Grindel hatte vor allem das Dilemma, dass ein adäquater Nachfolger nicht greifbar war. Für Löw selbst wird die Entscheidung eher eine leichte gewesen sein, das Amt des Bundestrainers gilt allgemein als Traumjob gegenüber der täglichen Arbeit in der Bundesliga, ist gut honoriert (Löw kassiert angeblich 3,5 Millionen Euro im Jahr) und die Aufgabe für die Zukunft ist reizvoll: Die Nationalmannschaft nach dem Tief des frühen WM-Ausscheidens wieder an die Spitze führen. Die Qualität der Spieler lässt dies zu. Allerdings muss Löw im Team und rund um das Team einiges ändern. Das ist auch eine Aufgabe für den DFB und vor allem für Teammanager Oliver Bierhoff. Das Motto muss sein, zurück zu den Wurzeln. Insofern braucht er vielleicht nicht einmal etwas neu erfinden.

Bleiben wir zunächst bei den Aufgaben rund um das Team. Vor allem Oliver Bierhoff war wohl der Antreiber bei der Vermarktung mit abgehobenen Slogans und übertriebenen Inszenierungen. Dabei ging der Kontakt zur Basis verloren. Die Fans spielten nur noch die Rolle als zahlender Kunde, die DFB-Auswahl wurde zwar als „Die Mannschaft“ verkauft, war aber keine Mannschaft des Volkes mehr. Abgeschottet im Trainingslager und Training, Testspiele ohne Rücksicht auf Qualität, die Preise zu hoch, die Anfangszeiten nicht familienfreundlich. Der Fan muss sich künftig wieder als Teil der Mannschaft fühlen dürfen. Politiker und Fußballer haben hier ein ähnliches Problem: Die Nähe zum Volk ging für sie verloren. Gerade beim DFB solle sich das leicht ändern lassen. Ist es wirklich notwendig, dass sich 118 Mitarbeiter im WM-Tross um die Mannschaft kümmern? Und keiner kümmert sich um die Fans!

Auch sportlich muss Jogi Löw sich und die Mannschaft neu erfinden. Er muss sich vor allem fragen, ob mit dem alten Team der Co-Trainer und Scouts frühere Erfolge wieder erreichbar sind. Hinter den Kulissen hat wohl nicht alles gestimmt, die entsprechenden Konsequenzen kann nur der Bundestrainer in die Wege leiten. Auch bei den Spielern muss er Änderungen vornehmen und über seinen Schatten springen. Wer bringt wirklich die notwendige Bereitschaft mit, wer bekennt sich zu Kampf und Einsatz, wer macht das Spiel schnell. Özil ist das nicht, Gündagon ebenfalls nicht, beide sollten sowieso nach der Erdogan-Affäre die Konsequenzen ziehen, selbst Toni Kroos muss man in Frage stellen. Alles keine Kämpfer. Die Mannschaften aus Schweden und Uruguay sind erfolgreich, sie zeigen Begeisterung und Einsatzbereitschaft, derzeit Fremdwörter für die deutschen Akteure.

Langfristig muss der DFB auch seine Nachwuchsarbeit auf eine neue Basis stellen, die anderen Nationen haben nicht nur aufgeholt, sondern den DFB teilweise auch überholt. Bestes Beispiel ist England, das mit einem jungen Team jetzt im WM-Viertelfinale steht. Das Team der Zukunft kann schon in der Gegenwart zünden. Löw darf allerdings nicht nur in die Zukunft schauen, am 6. September steht bereits wieder das nächste Pflichtspiel an, in der neuen Nations League gegen Frankreich. Da müssen bereits die Tendenzen zur Wende sichtbar werden. Der weitere Gruppengegner heißt Niederlande, eine Mannschaft, die ähnliche Probleme wie Deutschland hat. Der Spott über den Nachbarn, der ja die WM-Teilnahme verpasst hat, ist vielen deutschen Fans wohl im Halse stecken geblieben.

Wachablösung auf der ganzen Linie

Deutschland ist nur noch Zuschauer bei der WM in Russland, aber auch ein Teil der aktuellen Wachablösung. Weltmeister (Deutschland), Vizeweltmeister (Argentinien), Europameister (Portugal) und das vor kurzem noch als Vorbild für alle geltende Spanien – alle gescheitert. Dazu der frühzeitige Abschied der großen Stars Lionel Messi und Cristiano Ronaldo – eine Wachablösung auf der ganzen Linie.

Das verschafft dem WM-Viertelfinale natürlich auch einen ganz besonderen Reiz, wobei es augenfällig ist, dass sich die verbliebenen Favoriten in einer Hälfte des Viertelfinals befinden. Uruguay – Frankreich und Brasilien – Belgien sind zwei Duelle zwischen WM-Favoriten und WM-Geheimfavoriten. Daneben duellieren sich mit Schweden – England und Russland – Kroatien vier Nationen, die einen vor wenigen Wochen noch unerfüllbar scheinenden Traum verwirklichen wollen. Das Gastgeber Russland (der Weltrangliste nach schwächste Mannschaft am Start!) noch dabei ist, verleiht der WM einen besonderen Reiz, Schwung und gute Stimmung, wie es vorher nicht für möglich gehalten wurde.

Vielleicht ist auch Gastgeber Russland dabei, sich neu zu erfinden. Aber das ist eine Aufgabe, die ist noch schwerer als die für Angela Merkel und Jogi Löw.

Deutschlands WM-Pleite: Die schonungslose Abrechnung

Der Weltmeister bereits in der Gruppenphase ausgeschieden, ein historisches Aus der Fußball-Nationalmannschaft und ganz Deutschland wundert sich. Eigentlich sollte es heißen, „ganz Deutschland trauert“, aber so ist es nicht. Die Leistungen der Löw-Jungs waren einfach zu schwach, so dass der allgemeine Tenor lautet: „Sie haben es verdient“. Aus, aber nicht vorbei. Jetzt folgt die Aufarbeitung und vom Sport-Grantler nach Deutschlands WM-Pleite eine schonungslose Abrechnung.

Verflucht: Wer an böse Geister oder schlechte Omen glaubt, der wusste, dass Deutschland keine Chance hatte, Weltmeister zu werden. Der Fluch der Weltmeister traf auch das DFB-Team, es ist der dritte Weltmeister in Folge, der in der Vorrunde ausscheidet. Außerdem hat noch nie ein Confed-Cup-Sieger den Titel geholt und wer gewann 2017? Deutschland! Also, alles klar, verflucht noch mal… Der Sport-Grantler hat schon am 11. Juni dargelegt „Warum Deutschland nicht Weltmeister wird“.

Überheblichkeit: Jetzt zu den realistischen Gründen. Die Weltmeister sonnten sich auch vier Jahre danach noch im Glanz ihres Titels und litten offensichtlich an Selbstüberschätzung, so dass alle Warnsignale ignoriert wurden. Nach den schwachen Spielen in der Vorbereitung hätte es nicht heißen dürfen, „das wird schon“, sondern eher, „wir müssen aufpassen, dass es keine Bruchlandung gibt“. Alle vertrauten darauf, dass Deutschland eine Turniermannschaft ist und den Schalter umlegen kann. Der Schalter wurde nicht gefunden. Statt Kampf, Einsatzbereitschaft und Ideen lieferte das Team mehrheitlich Lethargie und Ideenlosigkeit. Die Quittung wurde präsentiert. Mit Überheblichkeit lassen sich keine Titel gewinnen.

Joachim Löw: Der Bundestrainer ging auch bei der Überheblichkeit voran. Er gefiel sich als Weltmeister-Coach, schien dem Alltag entrückt, aber es wäre seine Aufgabe gewesen, die Warnsignale zu vernehmen. Löw erkannte die Schwächen im Team nicht, schaffte es nicht, die Mannschaft in Form zu bringen und hielt in Nibelungentreue zu lange an verdienten Spielern fest. Schon die Krisenbewältigung war mangelhaft, nach dem Erdogan-Skandal mit den unsäglichen Fotos von Özil und Gündogan hätte eine Suspendierung der beiden das Team vielleicht aufgerüttelt und in Schwung gebracht. Özil und Gündogan waren auf dem Feld die personifizierte Lethargie. Der größte Fehler des Bundestrainers: Er konnte seiner Mannschaft kein erfolgversprechendes System mit auf dem Weg geben. Stattdessen wurde der Weltmeister von den Kollegen der Gegner Mexiko und Südkorea überrascht und ausgetrickst. Jogi Löw muss sich fragen lassen, ob er noch auf der Höhe der Zeit ist? Moderner Fußball sieht anders aus.

Oliver Bierhoff: Der Teammanager hat in der Krisenbewältigung ebenfalls versagt. Er hätte nicht zulassen dürfen, dass ein Mesut Özil nach der öffentlichen Kritik auf Tauchstation geht. Der Deutsch-Türke tauchte dann auf dem Feld auch nicht auf. Bierhoff setzte sich in der Quartierfrage mit Watutinki bei Moskau gegen Löw, der gerne nach Sotschi gegangen wäre, durch. Logistik und kurze Wege waren das Argument, weil ein Ausscheiden gar nicht in Betracht gezogen wurde, sondern eine lange Verweildauer im Turnier. „Das Endspiel findet schließlich in Moskau statt“, hieß es. Pustekuchen, als ob es eine Gesetzesmäßigkeit gäbe, dass Deutschland da immer vertreten ist. So, wie das Quartier in Brasilien für gute Laune sorgte, so sorgte der Sportschulen-Flair von Watutinki für Lustlosigkeit. Da passten dann die Werbeslogans wie die Faust aufs Auge. „Best never rest“ (der Beste ruht sich nie aus), das tat die Mannschaft schon – auf dem Platz. „#ZSMMN“ sollte das Synonym für Zusammenhalt sein, wie bekannt haperte es mit dem Zusammenhalt im Team, von Grüppchenbildung war die Rede. Slogans allein helfen nicht, sie gaben Bierhoff und den DFB nachträglich eher der Lächerlichkeit preis.

Bayern-Blues: Vollkommen unterschätzten Jogi Löw und sein Trainerteam die Probleme der Bayern-Spieler. Die Bayern-Fraktion, sonst ein Garant für Erfolg, litt sichtbar unter den Rückschlägen zum Saison-Ende, dem Aus in der Champions League und der Niederlage im Pokal-Finale. Form und Selbstvertrauen waren weg, Beispiel dafür Thomas Müller, der für seine unorthodoxe Spielweise gerühmt wird, seine Laufwege zum Erfolg aber nicht fand. Kein einziger Bayern-Spieler schoss in der Vorrunde ein Tor! Müller nicht, Hummels nicht, auch James für Kolumbien nicht oder sogar Lewandowski für Polen. Löw reagierte nicht. Er bäumte sich wie die Mannschaft selbst gegen das drohende Ausscheiden nicht wirklich auf. Er hauchte dem Team kein Leben ein.

Ganz Deutschland wartet jetzt darauf, wie Joachim Löw sich für die Zukunft entscheidet. Bleibt er Bundestrainer (der DFB will an seinem Vertrag bis 2022 festhalten) oder tritt er zurück, weil er erkannt hat, dass er dieser Mannschaft nicht mehr helfen kann und einem Neuaufbau nicht im Wege stehen will? Das wäre eine Entscheidung von Charakter und Vernunft. Der DFB wiederum stünde vor dem Dilemma, das geeignete Kandidaten nicht zur Verfügung stehen, es könnte ein Vakuum vor dem nächsten Spiel, am 6. September in der Nations League gegen Frankreich, entstehen. Wahrscheinlich würde dann Horst Hrubesch als Nothelfer geholt, er ist ja bei den Frauen jetzt wieder frei…

Das Achtelfinale: In Russland geht es weiter, auch wenn die TV-Einschaltquoten in Deutschland drastisch sinken werden. Zudem haben nur wenige Spiele begeistert und die Favoriten haben sich nicht mit Ruhm bekleckert. Aber Frankreich, Argentinien, Spanien und Brasilien haben die Kurve gekriegt. Keiner hat sich bisher allerdings für den Titel empfohlen, am meisten machte noch Kroatien auf sich aufmerksam. Aber halten die Kroaten durch? Ein Achtelfinale heißt zum Beispiel Schweden – Schweiz, es hätte am Dienstag in St. Petersburg auch Deutschland – Brasilien heißen können! Na ja, drücken wir der Schweiz als Bundesliga-Ableger die Daumen. Außerdem spielen bekanntlich Frankreich – Argentinien, Uruguay – Portugal, Spanien – Russland, Kroatien – Dänemark, Brasilien – Mexiko, Belgien – Japan und Kolumbien – England. Schade, dass keine afrikanische Mannschaft mehr dabei ist. Seit Jahren träumt der Kontinent davon, dass er mal den Weltmeister stellen könnte. Die Talente dazu hat er, aber meist fehlt es an der Team-Organisation. Jetzt kann man den ausgeschiedenen Ländern nicht mal mehr raten, nehmt euch an Beispiel an Deutschland.

Mit der National League werden die Fans betrogen

Derzeit haben wir im Fußball wieder einmal eine internationale Länderspielpause. Sie dient in erster Linie dazu, die letzten Teilnehmer für die Weltmeisterschaft 2018 in Russland zu ermitteln. Nur wenige Nationen sind da involviert, der Rest macht das, was eigentlich nicht mehr sehr attraktiv ist – er bestreitet Freundschaftsländerspiele. Die internationalen Vergleiche kamen früher gut an, doch diese Freundschaftsspiele sind zu Testspielen verkommen und ohne Spannung locken sie nur noch wenige Fans an. Dies wird sogar bei den traditionsreichen Duellen England – Deutschland und Deutschland – Frankreich so sein.

Dieses Dilemma soll es künftig nicht mehr geben oder zumindest zur Seltenheit werden. Die UEFA, der europäische Fußball-Verband, hat dafür als Gegenmittel die National League erfunden. Dies ist eine Liga für Nationalmannschaften, deren Spiele in den Freiräumen zwischen Europa- und Weltmeisterschaften einschließlich ihrer Qualifikationsspiele ausgetragen werden sollen. Punktspiele also statt Freundschaftsspiele. Die Krux ist: Das Programm für die Spieler wird noch größer, die Nationaltrainer finden kein Testfeld mehr und deshalb hat zum Beispiel der deutsche Bundestrainer Joachim Löw bereits abgewehrt: „Die National League hat für uns keine Bedeutung, wir werden diese Spiele zum Testen verwenden.“ Gut, wenn er das offen sagt, seine Kollegen werden das nicht anders sehen und am Ende gibt es also nur verkappte Testspiele. Der Fan wird also betrogen, er erhält eine Mogelpackung.

Im Herbst 2018, nach der Weltmeisterschaft in Russland, soll die neue National League starten. Alle UEFA-Verbände sind dabei, das Feld wird in vier große Klassen unterteilt, gemäß der Spielstärke wie sie die Rangliste ergibt. Künftig soll es dann Auf- und Abstieg geben. Damit die Mogelpackung nicht gleich auffällt, gibt es auch vier Startplätze für die Europameisterschaft 2020, die bekanntlich mit 24 Teams in 13 Ländern ausgetragen wird. Der Spielmodus dieser National League ist so kompliziert, dass ihn die Fans wahrscheinlich gar nicht verstehen, vielleicht nicht einmal die Spieler, die wohl einfach nach dem Motto auflaufen „gewinnen wir halt mal“.

Auf jeden Fall werden zwölf Nationen die Ligen A und B bilden, in C und D werden es 15 oder 16 sein. Innerhalb der Liga werden vier Gruppen gebildet, in denen die Teams gegeneinander spielen. Die Liga A könnten nach Stand der Dinge Deutschland, Europameister Portugal, Belgien, Spanien, Frankreich, England, Schweiz, Italien, Polen, Island, Kroatien und die Niederlande bilden. Durchaus attraktive Gegner, wobei von Austragung zu Austragung die Gruppen natürlich neu ausgelost werden und hoffentlich verhindert wird, dass es zu immer gleichen Duellen kommt. Die erste Auslosung findet am 24. Januar 2018 in Lausanne statt. Der Sieger der National League wird in einem Endturnier von den vier Gruppensiegern ermittelt, als Termin steht bereits die Zeit vom 5. bis 9. Juni 2019 fest. Die nächste EM-Qualifikation soll dafür kompakter zwischen März und November 2019 ausgetragen werden.

Der geneigte Leser sieht, es ist nicht leicht, sich mit dem neuen Wettbewerb anzufreunden. Auch Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff kritisierte, dass der vom früheren UEFA-Präsident Michel Platini ins Leben gerufene Wettbewerb wohl vor allem zur Geldbeschaffungsmaßnahme des Verbandes dienen soll. Aber die Verbände werden nicht ausweichen können, die Fernsehrechte sind schon vergeben. In Deutschland freuen sich ARD und ZDF, die ja die Rechte in den Qualifikationsspielen verloren haben, dass sie die Spiele von 2018 bis 2022 schon mal übertragen dürfen.

Am Ende dürfen sie vielleicht sogar eine Weltliga übertragen, denn mit Europa allein will sich der neue UEFA-Präsident Aleksander Ceferin nicht zufrieden geben, er plant, alle Nationen auf allen Kontinenten einzuladen. Aus der Konkurrenz zur Europameisterschaft könnte eine Konkurrenz zur Weltmeisterschaft werden, der Geldfluss dann natürlich noch größer werden.

Den Funktionären ist es egal, wie Spieler oder Fans die Neuerung sehen. Hauptsache die Kasse stimmt. Sie werden erst dann aufwachen, wenn die Fans reagieren und der Zuspruch fehlt. Wenn das Angebot zu viel wird, fehlt der Reiz. Attraktiver wird, wer sich rar macht. Der Fußball muss aufpassen, dass er nicht überreizt. Die Frage erübrigt sich wohl, ob wir uns schon auf die neue National League freuen…

Nationalteams: Zugpferde als Problemfall der Ligen

 

Die Nationalmannschaften sind von jeher das Zugpferd der Sportarten. Beispiel Fußball: Spielt die DFB-Auswahl, dann sitzen wesentlich mehr Zuschauer vor den Bildschirmen als bei jedem Verein, sei es nun Bayern München oder Borussia Dortmund. Die großen Turniere wie Welt- und Europameisterschaft holen in ihren Jahren jeweils die Einschaltrekorde. Wer im Laufe einer Saison allerdings genau hinschaut, der stellt fest, dass die Profi-Ligen die Nationalteams inzwischen mehr als notwendiges Übel sehen und die Anzahl der Auswahlspiele am liebsten reduzieren würden. Der neutrale Beobachter sagt: Das darf doch nicht wahr sein, die Zugpferde als Problemfall der Ligen.

Im Fußball gab es zuletzt Diskussionen, ob die Spieler ihren Marktwert über den Verein oder die Nationalmannschaft steigern können. Ausgangspunkt der Diskussion: Die Vereine beklagen, dass der DFB ihnen potentielle Werbepartner abspenstig macht. Klar, es gibt nur einen Kuchen und jeder will ein Stück abhaben. Oliver Bierhoff, Manager der Nationalmannschaft, machte den Vereinen deutlich, dass der DFB potente Werbepartner braucht und die Vereine von der Auswahl profitieren würden, weil die Spieler durch ihre Einsätze für das Land den Marktwert steigern würden. Die Vereine wiederum beklagen, dass die Spieler oft verletzt zurückkommen und es schließlich der Verein ist, der die Spieler bezahlt und in Form bringt. Beide Seiten haben auf ihre Art recht, doch der quasi unbeteiligte Fan begeistert sich am ehesten halt für die Nationalmannschaft, für die nationale Aufgabe und was im Hintergrund abläuft ist ihm egal.

Ähnlich ist es in anderen Sportarten. Die Handball-Nationalmannschaft wusste zuletzt zu begeistern, wurde Europameister und holte Bronze bei den Olympischen Spielen in Rio. Die Vereine hofften auf einen Handball-Boom. Vergebens! Die Leute begeistern sich für die Nationalmannschaft, nicht für die Liga, auch wenn die als stärkste der Welt gilt. So schauen die Vereine bei der Spielerwahl auf sich und auf deutsche Talente, die haben es im eigenen Land bei der Entwicklung entsprechend schwer.

Besonders krass ist es im Eishockey. Die Liga aller Ligen ist die National Hockey League in Nordamerika. Derzeit spielen sieben deutsche Cracks in Übersee, eine stattliche Zahl für das deutsche Eishockey. Das Problem: Wer in der NHL erfolgreich ist, hat für die DEB-Auswahl keine Zeit. Was möglich wäre, zeigte die Olympia-Qualifikation im September, die vor der eigentlichen Saison gespielt wurde und deshalb hatten auch alle Stars Zeit. Das Resultat war die stärkste Nationalmannschaft seit vielen Jahren. Doch dies wird ein einmaliger Fall gewesen sein. Die Nationalmannschaft ist kein Zugpferd, sondern ein Lückenfüller. Bei Weltmeisterschaften treten nur die NHL-Profis an, die mit ihren Klubs im Kampf um den Stanley Cup ausgeschieden, auf Olympische Spiele wird meist gar keine Rücksicht genommen.

Krach gab es auch im Basketball um die Nationalmannschaft. Vor der wichtigen EM-Qualifikation gab es Absagen zuhauf und nach entsprechend schwachen Leistungen Beschwerden der Vereinsfunktionäre. Die einen beklagten eine mangelhafte Organisation, die anderen die medizinische Betreuung und manche gingen sogar so weit, dass sie die Abschaffung des Auswahlteams forderten. Nach dem Motto „bringt eh nichts“. Mit Mühe und Not wurde die Qualifikation geschafft, aber Zugpferde wollen anders behandelt werden.

Manche Funktionäre sollten das Rad der Geschichte zurückdrehen und zur Vernunft kommen. Eine Nationalmannschaft ist das Aushängeschild einer Sportart und muss entsprechend gehegt und gepflegt werden, wenn sie neue Fans für den Sport gewinnen soll. Auch im Profisport darf der nationale Gedanke nicht ad acta gelegt werden. Eine Nationalmannschaft hat auch die wichtige Aufgabe, die Jugend für den Sport zu begeistern und entsprechend Talente heranzuführen. Ohne neue Talente kann auch der Profisport nicht leben. Deshalb: Die Zugpferde sollten kein Problemfall sein, sondern immer gut gefüttert werden!