FIFA: Reformen und neuer Präsident, abeer Fragen bleiben
Beim Kongress des Fußball-Weltverbandes in Zürich herrschte Aufbruchstimmung, nach Meinung der Mehrzahl der Delegierten ist der Neuanfang geschafft. Doch eitel Sonnenschein ist Fehl am Platz. Ja, Reformen und ein neuer Präsident sollten neuen Schwung verleihen, aber es bleiben für die Zukunft Fragen offen. Die FIFA steht nach der Korruptionsära ihren alten Präsidenten Blatter und Havelange nach wie vor weltweit unter Beobachtung, der Korruptionsskandal ist noch nicht bewältigt. Das sollten wir nicht vergessen.
Überraschend klar hat sich UEFA-Generalsekretär Gianni Infantino im zweiten Wahlgang gegen Bahreins Scheich Al Khalifa mit 115 zu 88 Stimmen durchgesetzt. In Kommentaren heißt es „Der Neue ist eine gute Wahl“, doch der Italo-Schweizer ist eher das kleinere der beiden Übel (Al Khalifa werden Verstöße gegen Menschenrechte angelastet), ob er für einen echten Neuanfang steht, muss sich erst zeigen. Bedenklich stimmt, dass beide Kandidaten im Vorfeld eine Verteilung von Geldern und Infantino auch eine Erweiterung des WM-Feldes in der Endrunde auf 40 Nationen versprochen haben. Bei solchen Versprechungen ist die Korruption nicht weit. Vor allem die Europäer, die immerhin weiterhin den Präsidenten stellen (obwohl Blatter eher ein Freund Asiens und Afrikas war), werden sich gegen die Aufstockung auf 40 Nationen wehren. Sie ist auch unsinnig.
Die Frage ist eigentlich, warum sich überhaupt Kandidaten nach dem Präsidenten-Posten drängten. Die größte Errungenschaft des Kongresses war, dass er mit großer Mehrheit dem Reformpaket zugestimmt hat. Und das sieht u. a. vor, dass der Präsident an Macht verliert, ein Regieren in Königsmanier, wie es vor allem Joseph Blatter beherrschte, wird es nicht mehr geben. Im täglichen Geschäft soll die Macht künftig vor allem beim Generalsekretär liegen. Das aber wollte Infantino unter dem Scheich als Präsidenten nicht werden. Jetzt sucht er einen geeigneten Kandidaten, der nicht aus Europa kommen soll. Infantino wird auch damit leben müssen, dass Vereine und nationale Ligen nach mehr Einfluss drängen, so haben die Ligen einen eigenen Verband gegründet. Hier könnte es noch zu Machtkämpfen kommen.
Ob das Reformpaket ausreicht, um die FIFA wirklich echt zu reformieren und mögliche Korruption auszuschließen, muss sich auch erst zeigen. Der Sport-Grantler bleibt skeptisch, wie er schon im Kommentar vom 8. Februar mitgeteilt hat „Bei der FIFA wird sich nichts ändern“. Immerhin ziehen Frauen ins zukünftige Council ein (jeder Kontinent muss eine Frau benennen), dass mit 37 Mitgliedern das bisherige Exekutivkomitee (25) ablösen soll. Positiv, dass die Zahl der Kommissionen von 26 auf neun reduziert wird und nicht mehr alle Nationen ihren Platz finden. Das war die bekannte Postenverteilung, für jeden wurde gesorgt. Mehr externe Experten sollen hinzugezogen, auch die Kontrollinstanzen extern besetzt werden. Das klingt schon mal gut. Richtig aufräumen bei der FIFA müssen vorerst aber weiterhin die Justizbehörden aus den USA und der Schweiz, die den Korruptionsskandal aufdeckten.
Die FIFA steht (hoffentlich) am Anfang einer neuen Ära. Beim Deutschen Fußball-Bund müssen die Weichen noch gestellt werden. In Sachen Aufarbeitung des Skandals rund um die WM 2006 soll in dieser Woche noch Licht ins Dunkel kommen. Mal sehen, ob es dann auch Aufbruchstimmung gibt. Beim FIFA-Kongress stach vor allem eine positive Nachricht heraus: Es wurde niemand verhaftet!