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Tag: Schalke 04

Ein Bundesliga-Feuerwerk der Besonderheiten

Der Fußball in Zeiten des Coronovirus ist nicht mehr der Fußball, den wir kennen. Es fehlen vor allem die Fans auf den Rängen. Alle sehnen sich nach der gewohnten Stimmung in den Stadien. Aber die Bundesliga lebt, das zeigte sich wieder in diesen Tagen, wo es fast schon ein Feuerwerk an Besonderheiten gab. Auch ohne Fans setzt die Bundesliga zu einem stimmungsvollen Endspurt an.

Gut ist die Stimmung zweifellos in München, Köln, Augsburg und bei Union Berlin. Nach menschlichem Ermessen stehen die Bayern vor dem Gewinn der achten Meisterschaft in Folge, die anderen Klubs können eigentlich den Klassenerhalt feiern. Alle haben 35Punkte und damit sieben Zähler Vorsprung vor Düsseldorf und Bremen, aber auch die weitaus bessere Tordifferenz, so dass sie eigentlich weiter für die Bundesliga planen können. Dass die Konkurrenz gleich alle drei Spiele gewinnt, ist unwahrscheinlich, zumal noch direkte Duelle anstehen, zum Beispiel für die Fortuna gegen Augsburg und Union. Düsseldorf und Bremen müssten zudem Spitzenteams schlagen, nämlich Leipzig und die Bayern. Also Hochachtung vor Köln, das sich aus dem Abstiegssumpf befreit hat, vor der Union, die als Neuling überrascht hat und vor allem vor den Augsburgern, die jetzt zehn Jahre Bundesliga feiern können. Eine besondere Leistung, das hatte ihnen beim Aufstieg niemand zugetraut.

Absteigen muss dagegen wohl wieder Aufsteiger SC Paderborn, der sich tapfer geschlagen und einen guten sympathischen Eindruck hinterlassen hat. Die wohl letzte Chance wurde beim 1:5 gegen Werder Bremen total vergeigt. Was bleibt, ist der Rekord von Klaus Gjasula, der Mann mit dem Helm, der seine 17. Gelbe Karte kassierte und damit den Uralt-Rekord der 16 Karten des Polen Tomasz Hajto auslöschte. Ein anderer Rekord wird den Ostwestfalen nicht so gefallen, sie kassierten die 12. Heimpleite der Saison, so wie einst Tasmania Berlin 65/66, damals als schwächste Mannschaft aller Zeiten verlacht. Eine Niederlage im letzten Heimspiel gegen Gladbach bedeutet die Einstellung des ewigen Negativrekords an Heimpleiten.

Gute Stimmung derzeit vor allem in Bremen, die Hoffnung ist zurück. Eine Besonderheit: Bremen ist der Geister-Meister der Abstiegskandidaten, holte seit dem Re-Start zehn Punkte, Köln zum Beispiel nur drei. Jetzt soll sogar Bald-Meister Bayern geärgert werden („Wir wollen denen die Meisterschaft versauen“, heißt es in Bremen), aber vor allem gegen den direkten Konkurrenten Mainz und gegen Köln die nötigen Punkte geholt werden. Mainz muss zittern, der Drei-Punkte-Vorsprung könnte gegen Dortmund, Bremen und Leverkusen dahinschmelzen. Es knistert also am Tabellenende.

Keine Besonderheit: An der Tabellenspitze knistert es nicht, weil die Bayern eben die Bayern sind. Nach eigenen Aussagen kommen sie auf dem Zahnfleisch daher, aber schafften dennoch 2:1-Siege in letzter Minute im Pokal gegen Eintracht Frankfurt und im wichtigen Match gegen Borussia Mönchengladbach. Der Kader ist – vor allem auch auf Grund von Verletzungsausfällen – einfach zu schmal. Trainer Hansi Flick gewann wichtige Erkenntnisse, zum Beispiel, dass 80-Millionen-Mann Lucas Hernandez die kanadische Rakete Alphonso Davies nicht ersetzen kann und dass Leon Goretzka derzeit aus der Mannschaft nicht wegzudenken ist. Da kann sich Thiago beruhigt an der Leiste operieren lassen. Gegen Gladbach wurde sogar das Fehlen von Robert Lewandowski und Thomas Müller kompensiert, die können jetzt ausgeruht in Bremen wieder auf Torejagd gehen. Das Ziel bleibt ja: 102 Treffer und damit ein neuer Vereinsrekord. Bremen, Freiburg und Wolfsburg sollen dazu die Tore öffnen… Ein Problem haben die Bayern aber: Wie können sie richtig feiern? Die Ehrung, auf jeden Fall am letzten Spieltag in Wolfsburg, wird nüchtern ausfallen, eine Jubelarie auf dem Marienplatz in München wird es auch nicht geben. Ein Geister-Meister also. Es könnte ja sogar wieder das Double werden nach dem Pokalfinale am 4. Juli in Berlin gegen Leverkusen. Ein besonderes Jubiläum ohne besondere Jubelfeiern wäre schade, nämlich die 30. Meisterschaft und der eventuell 20. Pokalsieg, macht 50 Titel!

Schlechte Stimmung herrscht derweil bei Schalke 04. Der Traditionsverein und vor allem Trainer David Wagner hätten gern auf den neuen Negativrekord von 13 Spielen ohne Sieg verzichtet. Das 1:1 der Not-Mannschaft gegen Leverkusen darf sogar als Erfolg gewertet werden, ging aber in einer Chaos-Stimmung unter. Der Verein ist nämlich dabei, seinen Ruf als Klub der kleinen Leute, sprich der Kumpel im Ruhrpott, zu verspielen. Zuletzt sorgte eine seltsame Entscheidung nach der anderen von der Führung für Kopfschütteln. Erst sollten die Fans einen Härtefall-Antrag zur Ticketerstattung stellen, dann ging Finanzvorstand Peter Peters, wurde der langjährige Mediendirektor Thomas Spiegel entlassen und nun wurde 24 Fahrern der Nachwuchsakademie Knappenschmiede gekündigt. Das sind nicht nur Mini-Jobber, sondern als Menschen auch Ansprechpartner der Jugendlichen! Wenn es so weitergeht, ist Borussia Dortmund in Gelsenkirchen bald beliebter als Schalke 04!

Toll treibt es auch die TSG Hoffenheim. Es war ein Paukenschlag, als Coach Alfred Schreuder entlassen wurde, jetzt sollen es gleich fünf Trainer zusammen richten! Nein, es sind eigentlich sechs, denn Manager Alexander Rosen mischt auch noch mit, manche sagen sogar, er wäre der eigentliche Cheftrainer. Kein Wunder, dass er nach dem 0:2 gegen Leipzig sogar urteilte: „Es geht aufwärts.“ Schon eine besondere Aussage. Und auf wen hören die Spieler? Wie wäre es mit elf Trainern, für jeden Spieler der Anfangself einen!

Keine Besonderheit sind die Diskussionen über den Videobeweis, da bringt die Saison keine Besserung. Eine kleine Szene war aber etwas Besonderes: Eigentlich wollte Schiedsrichter Marco Fritz dem Augsburger Verteidiger Framberger nach einem Foul die Gelbe Karte zeigen, es wäre die zweite gewesen, also Gelb-Rot. Im Durcheinander aber nahm Trainer Heiko Herrlich Framberger schnell vom Platz, Fritz fand keinen Spieler mehr und steckte die Karte wieder ein. War das nicht ein Fall für den Kölner Keller? Herrlich reagierte in Mainz schon einmal schnell, aber unsportlich. Als die Mainzer einen Einwurf schnell ausführen wollten, rollte Herrlich einen Ball aufs Spielfeld, der Einwurf durfte nicht ausgeführt werden. Kollege Beierlorzer konnte sich noch so aufregen, es nutzte nichts mehr. Ein Tor nach 43 Sekunden rettete wohl den FCA und bringt Mainz in Schwierigkeiten. Dabei hätten die Rheinhessen wacher sein sollen, denn der FCA erzielte schon zum dritten Mal einen Treffer in der 1. Minute, damit stellte er den Bundesliga-Rekord von Duisburg 74/75 und Saarbrücken 85/86 ein. Eine Besonderheit also.

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Eine Bilanz: Der andere Fußball ohne Fans

Es ist vollbracht, die Fußball-Bundesliga hat ihren ersten Spieltag ohne Zuschauer gut über die Bühne gebracht. Jubel brach über die Geister-Spiele keiner aus, die Kritiker warnen natürlich (Das ist erst der Anfang) und bleiben skeptisch, das Ausland schaut mit Respekt nach Deutschland und auf dem Rasen selbst, na ja, da war der Fußball wie immer, nämlich logischerweise mal gut und mal schlecht, aber das Ambiente war ungewohnt und seltsam. Die Stille hatte ihr Gutes und ihr Schlechtes. Eine Bilanz über den anderen Fußball ohne Fans.

Zunächst ein Kompliment an die DFL und ihren Boss Christian Seifert, nur mit guter Arbeit und Besonnenheit wurde dieser Re-Start der Bundesliga möglich. Das Konzept wurde bis ins kleinste Detail erarbeitet, aber dort wo Menschen zugange sind, klappt natürlich nicht alles. Der eine oder andere Verein ist vielleicht nicht mit der notwendigen Ernsthaftigkeit an die Sache rangegangen, es wurde deutlich, welche Klubs gut organisiert sind und welche nicht. So scheint Manager Michael Preetz den Laden bei Hertha BSC nicht im Griff zu haben. Zu viel Chaos gab es in den letzten Monaten (Stichwort Klinsmann), zu viele Peinlichkeiten in den letzten Tagen, angefangen mit dem unsäglichen und kindischen Video von Spieler Kalou. Auch jetzt ließen die Berliner die Ernsthaftigkeit vermissen, kein Team jubelte so ausgelassen und hautnah, alle Corona-Empfehlungen missachtend,wie die Herthaner. Da ist es auch das 3:0 gegen Hoffenheim keine Entschuldigung, weil bei der Hertha zuletzt Siege Mangelware waren. Also jubeln darf man schon, Bruno Labbadia feierte einen Einstand nach Maß und die Kirsche auf der Torte ist die Tatsache, dass die Hertha jetzt, am 26. Spieltag, wieder einen Punkt vor dem Lokalrivalen Union steht. Welche Fügung des Terminplans, dass am Freitag im (leeren) Olympiastadion das Berliner Derby steigt!

Auffallend war, dass die Mannschaften wohl einige Zeit brauchten, um sich an das komische Szenario ohne Fans zu gewöhnen. Die Spiele begannen zögerlich, wie „Alte Herren“, wie Thomas Müller treffend bemerkte. Das erste Geister-Tor fiel erst nach 29 Minuten, der Torschütze war – wenig verwunderlich – Dortmunds Norweger Erling Haaland. Das Derby gegen Schalke riss aber niemand aus dem Fernsehsessel, Dortmund trumpfte auf, Schalke 04 war schwach und machte seinem Vereinsnamen beim 0:4 wenig Ehre. Dortmund feierte seinen 800. Bundesliga-Sieg (nur die Bayern haben mehr, 1112!), Schalke hat jetzt eine Bilanz von acht Spielen ohne Sieg und rutschte aus den Europacup-Rängen. Am Sonntag (13.30 Uhr) kommt es zum Treffen zweier Sorgenkinder, Schalke erwartet mit dem FC Augsburg die schlechteste Mannschaft der Rückrunde (nur vier Punkte). Die Bayern glänzten auch nicht, doch sie fuhren ein souveränes 2:0 bei Union ein. Da war wohl der Eindruck eines Vorbereitungsspiels für den Tabellenführer zu stark. Wir wissen, die Bayern laufen dann zur Bestform auf, wenn es um etwas geht. Und so warten die Fans (im Wohnzimmer) auf den Schlager in Dortmund am Dienstag, 26. Mai (18.30 Uhr).

Apropos Fans, die blieben zu Hause oder versammelten sich (oft mit vorschriftsmäßigen Abstand – anders als die Hertha-Spieler!) in Kneipen und bescherten dem Pay-TV-Sender Sky einen Zuschauerrekord. Sky hat also beste Werbung für sich betrieben und richtig gehandelt, die Konferenz-Übertragung für alle zugänglich zu machen. Für viele Zuschauer an den Bildschirmen waren die Geister-Übertragungen sogar ein Gewinn, denn die Kommentatoren waren ohne Hintergrundgeräusche (oft das unsägliche Trommeln auf den Tribünen) gut zu verstehen und selbst Schiedsrichter Felix Brychs Erklärung über seine Hand-Entscheidung wurde als unfreiwilliger Service übertragen. Gewissermaßen erlebten die TV-Zuschauer Fußball pur. Ähnlich wie bei Skirennen, wo Jubel auch erst im Ziel aufbrandet. Ruhiger als sonst ging es auch auf dem Rasen zu, die Spieler agierten mit weniger Hektik und Reklamierten kaum, die aufgehetzte Stimmung auf den Tribünen ist ansonsten wohl Treibstoff für Proteste.

Aber wie gesagt, es war erst der erste von insgesamt neun Spieltagen (dazu Pokal) und gewonnen ist noch nichts. Die Mannschaften waren vorher in einer einwöchigen Quarantäne, jetzt dürfen alle wieder nach Hause, sollen aber bei ihren Familien bleiben, um Ansteckungen zu vermeiden. Doch können auch Familienangehörige das Virus einschleppen, zum Beispiel Kinder von der Schule mitbringen. Dies trifft zwar dann nur einige Spieler, die einzeln aus dem Verkehr gezogen werden, aber die Gefahr ist nicht gebannt. Und wie leichtsinnig selbst die Trainer mit den Bestimmungen umgehen, zeigte Augsburgs Coach Heiko Herrlich. Er sollte den FCA auf den Erfolgsweg bringen und war nicht bei der Mannschaft, die prompt verlor. Peinlicher kann ein Einstand nicht sein.

Ein vorzeitiger Abbruch der Saison ist also immer möglich und gilt als Horrorszenario. Deshalb hat die DFL dieses Thema – das ist der einzige große Fehler – wohl vor sich hingeschoben. Doch Entscheidungen müssen im Notfall getroffen werden. Ganz gefährlich sind Ideen, dass bei einem Saisonabbruch der Abstieg ausgesetzt werden muss und die Liga aufgestockt werden soll. Dieser Vorschlag wurde für alle Ligen gemacht, aber in der 3. Liga zeigt sich schon, dass sich manche Vereine gar nicht bemühen, die Saison fortzusetzen. Abstiegskandidaten könnten einen SaIson-Abbruch provozieren, um so die Klasse zu erhalten! Eine gerechte Lösung wird es nicht geben, aber es sollte immer der letzte Stand der Tabelle zählen, evtl. hochgerechnet auf alle Spiele. Jede Mannschaft hat bis dahin die Chance, sich entsprechend zu platzieren. Aufstockungen sorgen für Probleme in der nächsten Saison. Bei einigen fehlt halt der Weitblick und der Blick für das Ganze.

Alles spricht für die Bayern als Geister-Meister

Nach wie vor bleibt der Re-Start der Fußball-Bundesliga am kommenden Samstag, 16. Mai, umstritten. Die Kritiker kommen aus allen Ecken, da melden sich Politiker zu Wort um Schlagzeilen zu fischen, da warnen Ärzte, weil mögliche Langzeitschäden der Corona-Infektionen noch gar nicht erforscht wären (wie lange muss dafür der Spielbetrieb ruhen?), da erheben Moralapostel den Zeigefinger, dass die reiche Bundesliga doch ein schlechtes Beispiel für arme Kinder sei. Über den Sport spricht keiner. Drum: Reden wir heute über den Sport (mehr über den Hintergrund lesen Sie in der anschließenden Kolumne („Ganz Europa schaut auf die Bundesliga“).

Eines ist klar: Es wird für alle ungewohnt sein, in ein leeres Stadion ohne Fans und Geräuschkulisse aufzulaufen, ohne die gewohnten Abläufe vor dem Spiel. Kein Klatschen von den Rängen, kein Abklatschen mit Mitspielern und Gegnern, keine Einlaufkinder, kein Aufstellen am Spielfeldrand. Der eine oder andere Spieler hat ein Geisterspiel schon erlebt (zum Beispiel Gladbach – Köln im März). Dennoch ist die wichtigste Frage: Wer kommt mit dieser komischen Atmosphäre zurecht, wer kann angesichts des Eindrucks eines Trainingsspiels seine beste Leistung abrufen?

Das Form-Barometer ist ebenfalls nur ein großes Fragezeichen. Der Re-Start ist wie ein Saisonstart ohne Trainingslager. Einzeltraining in Zeichen der Kontaktsperre konnte nur zum Teil die Form bewahren, das Mannschaftstraining reduziert sich auf ein paar Einheiten mitten in der einwöchigen Quarantäne, in die alle Mannschaften in dieser Woche vor dem Start geschickt wurden. Damit verbunden die Hoffnung, dass unmittelbar vor dem Auftakt kein Akteur (dazu zählen auch die Schiedsrichter und der Staff um das Team) eine Corona-Infektion aufweist. Ob die Rechnung aufgeht?

Wer also findet am Schnellsten seinen Rhythmus, wer kommt mit der ungewohnten Atmosphäre zurecht? Eigentlich spricht alles für den FC Bayern München als Geister-Meister. Der Titelverteidiger und Tabellenführer (vier Punkte Vorsprung vor Dortmund und fünf vor Leipzig) hat erfahrene Spieler und in der Gesamtheit wohl auch das Personal, das mangelnde Form oder Fitness mit Klasse und Technik überspielen kann. Das Gastspiel am Sonntag (18.00 Uhr) bei Neuling Union Berlin ist eigentlich gleich typisch. In normalen Zeiten hätte Union in der Alten Försterei auf seine Fans als Rückhalt gebaut, die Anfeuerung, welche die Spieler zu mehr Einsatz treiben kann, fällt jetzt weg. Dagegen sind die Bayern die Mannschaft, die am ehesten ohne Anfeuerung leben kann. Dies auch im eigenen Stadion und deshalb haben die Bayern hier auch einen Vorteil gegenüber Dortmund, weil die Borussia auf ihre berüchtigte „Gelbe Wand“ verzichten muss. Das ist schon ein besonderer Aspekt beim Revier-Derby am Samstag zwischen Dortmund und Schalke. Die Fans fehlen werden auch Teams wie Augsburg, Frankfurt und Schalke, dagegen werden sich wohl die Hertha (meist ein halbleeres Stadion), Leverkusen und Wolfsburg leichter tun, denn überkochende Stimmung kennen sie nicht.

Vor dem Re-Start herrscht also große Ungewissheit und Unsicherheit, es könnte Überraschungen hageln, weil der eine ohne Fans zu großer Form aufläuft, der andere dagegen überhaupt nicht in Schwung kommt. Da tönen auch wieder die Kritiker, dass Punktspiele ohne Publikum ungerecht wären und den Ausgang der Meisterschaft beeinflussen würden. Allerdings: Jeder hat die gleichen Bedingungen.

Vereine wollen den Spielbetrieb zu Fall bringen

Ob die Fußball-Saison überhaupt zu Ende gespielt werden kann, das steht in den Sternen. Sicher ist nichts, selbst in der 1. und 2. Bundesliga. Die Beispiele Köln und Dresden sind typisch: In Köln gab es noch getrenntes Gruppen-Training als drei Infizierte in Quarantäne geschickt wurde, der Rest durfte weiter trainieren. In Dresden wurde das gesamte Team zur Quarantäne verdonnert, weil es bereits Mannschaftstraining gab. Möglich aber auch, dass das Gesundheitsamt in Köln großzügiger reagierte als das in Dresden. Die ersten beiden Spiele von Dynamo fallen schon aus, noch hat der Terminplan die nötigen Lücken für Nachholspiele, doch irgendwann kann es eng werden.

Aber ist gibt noch eine Gefahr für den ganzen Fußballbetrieb. Das sind zum Teil die Klubs selbst. Es hat nämlich den Anschein, als wollten einige Vereine den Spielbetrieb zu Fall bringen. Besonders auffällig ist dies in der 3. Liga, wo die Mannschaften auf den Abstiegsplätzen und in Abstiegsgefahr für einen Abbruch plädieren und darauf vertrauen, dass es dann keinen Absteiger geben wird. Ähnlich denken die Spitzenteams, die wiederum auf einen Aufstieg ohne weitere Hindernisse spekulieren, wenn abgebrochen wird. Auffällig auch das Zusammenspiel der Gesundheitsämter in Halle und Magdeburg, die Spielverbote aussprachen. Gäbe es ein Ende der Runde wären beide Teams in der 3. Liga gerettet. Ein Schelm, wer Schlechtes dabei denkt… Nehmen wir die ersten drei Ligen zusammen, dann entscheiden 56 Gesundheitsämter über 56 Vereine und der Fußball besitzt kein Widerspruchsrecht. Das macht deutlich, dass es fast einem Wunder gleich käme, wenn die Saison im Profi-Fußball wirklich beendet werden könnte.

Vor allem in der 3. Liga wird weiter gerungen, der DFB will eine Klärung in einem außerordentlichen Verbandstag am 25. Mai. Festgelegt wurde darüber hinaus dass das Pokalfinale am 4. Juli wie gewohnt im Berliner Olympiastadion ausgetragen werden soll, natürlich ohne Zuschauer. Die Halbfinals sind für den 9. und 10. Juni vorgesehen, möglich, dass hier der Anpfiff bei Tageslicht erfolgt, weil die Polizei Bedenken bei Abendspielen äußerte. Die Frauen-Bundesliga soll übrigens am 29. Mai starten, hier stehen noch sechs Spieltage aus.

Zunächst einmal rollt der Fußball wieder ab dem 16. Mai, doch wie lange er rollt, das weiß keiner.

Ganz Europa schaut auf die Bundesliga

Es ist geschafft! Die Fans atmen auf, die Fußball-Bundesliga spielt wieder und startet am 16. Mai in den Endspurt mit dem 26. Spieltag von insgesamt 34. Am Samstag, 27. Juni, soll dann der Meister gekürt werden. Die Fans atmen auf, aber nicht alle sind begeistert, weil die Zuschauer ausgesperrt sind und Geisterspiele eigentlich keinen hinter dem Ofen hervorlocken. Doch inzwischen hat sich auch bei den Anhängern die Erkenntnis durchgesetzt, dass Geisterspiele das geringere Übel sind, um einige Vereine vor der Pleite zu bewahren.

Insofern ist die Entscheidung der Politik eine lebensrettende Maßnahme, doch der Chor der Kritiker war lauter als die Jubeltöne. Was wurde nicht alles kritisiert, dass die Bundesliga eine unangebrachte Bevorzugung erhalte. Der Deutschlandtrend der ARD bestätigt die Skepsis, in einer Umfrage ist die Hälfte der Befragten gegen den Wiederbeginn der Bundesliga, 36 Prozent sind dafür. Da bekommt sogar der bekennende Fußball-Fan Markus Söder mehr Zustimmung, 53 Prozent halten Bayerns Ministerpräsidenten für den besten Kanzlerkandidaten von CDU/CSU. Söder beliebter als der Fußball!

In Deutschland wird vor allem über die Kritik diskutiert, außerhalb der Grenzen ist es anders. Ganz Europa schaut auf die Bundesliga, lobt den Wiederbeginn und zeigt Respekt vor der Arbeit der DFL. UEFA-Präsident Aleksander Ceferin stellte die Bundesliga sogar als „leuchtendes Vorbild“ dar. Die Medien in den Ländern der Top-Ligen sehen das genauso und würden sich wünschen, dass in ihren Ligen ebenso gut und konsequent gehandelt wird. In Italien heißt es u. a. „Die Lokomotive des europäischen Fußballs kommt wieder in Bewegung“ oder „Angela Merkel gibt ein wichtiges Zeichen der Normalisierung in Deutschland“. In Frankreich loben die Zeitungen „Der Bundesliga ist weltweite Beachtung sicher“ oder „Wenn wieder Fußball gespielt wird, ist Licht am Ende des Tunnels“ und „Deutschland profiliert sich in einem undurchsichtigen Europa.“

Natürlich bleibt der Spielbetrieb mit direkten Zweikämpfen eine Gratwanderung. Die DFL hat aber ein schlüssiges Sicherheitskonzept erarbeitet und damit alles menschenmögliche getan. Gegen Undiszipliniertheiten wie sie Hertha-Star Kalou offenbarte, kommt das beste Konzept nicht an. Wie heißt es so schön „Fußballer sind wie Kinder“ (deshalb darf die Bundesliga genau so schnell spielen wie die Kitas wieder geöffnet haben!) oder (was allerdings schon oft widerlegt worden ist) „die Fußballer haben es in den Füßen, nicht im Kopf“ Angesichts solcher Ausfälle kommen alte Vorurteile wieder hoch.

Es gibt genügend Unwägbarkeiten, die den Spielbetrieb wieder stoppen können. Zum Beispiel wenn sich die Fans vor den Stadien oder zu Hause vor den Fernsehern versammeln und Abstand Abstand sein lassen und zusammenrücken. Steigt die Zahl der Infizierten eklatant, ist Schluss. Oder auf dem Feld springt Covid-19 von einem zum anderen bei Zweikämpfen, bei Gerangel im Strafraum oder wenn die Mauer gestellt wird. Immerhin alle sind ja getestet und sollten Corona-frei sein. Auf gängige Gewohnheiten sollten die Profis verzichten: Das Spucken auf den Rasen, Rudelbildung und Beschimpfungen nah am Gegner mit Kopf-an-Kopf-Diskussion. Fußball in Corona-Zeiten kann auch ein bisschen Knigge-Schulung werden.

Im Deutschlandtrend sind nur 36 Prozent für den Start der Bundesliga, doch eigentlich hat man das Gefühl ganz Deutschland freut sich auf den Re-Start. Immerhin geht es gleich mit dem Revier-Derby Dortmund – Schalke los, Meister Bayern kreuzt am Sonntag bei Neuling Union Berlin auf. Mehr zum ersten Geister-Spieltag in Bälde an dieser Stelle.

Ultras werden zu Gegnern des Fußballs

Das Frühjahr ist eigentlich die hohe Zeit des Profi-Fußballs, weil in allen Ligen die Entscheidungen anstehen. In diesem Jahr fällt allerdings ein Schatten auf die Highlights, weil Hass und Hetze sich in den Stadien breitgemacht haben. Ausgerechnet Anhänger von Meister München sorgten in Sinsheim beim Spiel der TSG Hoffenheim gegen die Bayern für einen Tiefpunkt im Fußball, am Ende gab es allerdings auch einen Befreiungsschlag der Spieler, die mit einem Nichtangriffspakt die Begegnung beendeten und den Ultras auf den Rängen mit ihren Hass-Plakaten gegen Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp zeigten: Ohne uns, die Grenze ist überschritten. Übrigens: Bei einem Abbruch wäre das 6:0 der Bayern in eine Niederlage umgewandelt worden.

Schon lange wurde das Verhalten von Fans in allen Vereinen, die sich in den Gruppierungen der Ultras zusammengeschlossen haben, kritisiert und mit Sorge beobachtet. Das (unerlaubte) Abbrennen der Pyrotechnik ist für die Ultras so etwas wie ein Machtbeweis. Der Hoffenheimer Milliardär Dietmar Hopp, der als Mäzen die TSG bis in die Bundesliga hievte und sich damit auch einen Lebenstraum erfüllte, wurde als personifizierter Vertreter des Kommerz zur Hassfigur, immer wieder wurde sein Konterfei vor allem von Dortmunds Ultras ins Fadenkreuz genommen. Angebote zu Gesprächen brachten keine Ergebnisse und Fortschritte. Weil es weiterhin zu Hassplakaten kam, urteilte das DFB-Sportgericht, dass Dortmunds Fans als Wiederholungstäter für zwei Spiele in Hoffenheim ausgeschlossen werden. Dies brachte für die verbohrten Ultras das Fass zum Überlaufen. Sie haben ihre eigenen Regeln, halten sich nicht an Bestimmungen und akzeptieren deshalb keine Kollektivstrafe.

Bei den Bundesligaspielen am Wochenende kam es zu gemeinschaftlichen Aktionen. Die Fangruppen hatten sich zusammengeschlossen, in verschiedenen Stadien Hassplakate gegen den Verband und Hopp gezeigt und so Spielabbrüche provoziert. Für Bayern-Boss Rummenigge ist das Ende der Fahnenstange erreicht, Bayern-Fans waren sich hinterher keiner Schuld bewusst, so dass es jetzt absehbar ist: Die Ultras werden zu Gegnern der Vereine. Die Ultras bezeichnen es als absurd, wenn Spiele abgebrochen würden, absurd ist aber, dass sie dem eigenen Verein schaden. Bisher mussten hohe Bußgelder bezahlt werden, künftig könnte es auch Punkte kosten.

Es geht nicht anders: Die Bundesliga muss die Ultras in den Kurven in die Schranken weisen. Zunächst gilt es strafrechtlich gegen die Urheber der Hassplakate und –parolen vorzugehen. Eine Sache der Polizei, die in Mannheim bereits eine Sonderkommission eingerichtet hat. Alle Vereine müssen sich aber einig sein, dass sie bisher gewährte Vergünstigungen für die Ultras streichen müssen, mehr noch, sie müssen hart vorgehen und Täter mit einem lebenslangen Stadionverbot ausschließen. Wenn jetzt nicht ernsthaft Hass und Hetze (auch gegen farbige Spieler) gestoppt wird, wird der Fußball nie zur Ruhe kommen. Er wird an Stimmung in den Stadien verlieren, aber er muss wieder Recht und Ordnung gewinnen. Die Ultras sehen die Stadien dagegen für sich als rechtsfreien Raum an. Das geht nicht!

Manche Fans sehen sich sowieso als die einzigen wirklichen Vertreter der Vereine, zum Beispiel dann, wenn sie Spieler zur Rechenschaft ziehen, wenn diese nicht die gewünschten Leistungen bringen. Wieder geschehen beim Hamburger SV, wo die Spieler sich erdreisteten in Aue 0:3 zu verlieren und somit der Aufstieg in Gefahr gerät. So geschehen bei Schalke 04, als Torhüter Alexander Nübel nach einem Fehler zum Buhmann gemacht wurde. Die Anfeindungen nach seinem verkündeten Wechsel nach der Saison zu den Bayern haben ihm die Nerven und damit die Form geraubt. Eine gewisse Sorte von Fans kennt keine Gnade. Immer gilt: In der Masse sind sie stark, die Menschlichkeit geht verloren.

Zum Sport: Bundesliga und Pokal
Hass und Hetze drängten den Sport leider in den Hintergrund. Fast erstaunlich, Fußball gespielt wurde auch und es war hochinteressant. So wurde die Frage, wie die Bayern ohne Torjäger Robert Lewandowski, der mit einer Knieverletzung vier Wochen ausfällt, zurechtkommen würden geradezu spektakulär in Hoffenheim beantwortet: Nach 15 Minuten stand es 3:0 für die Bayern, ein neuer Bundesliga-Rekord, noch nie führte eine Auswärtsmannschaft so schnell 3:0. Wer Lewandowski ersetzen soll, beantwortete Trainer Hansi Flick mit Nachwuchsmann Joshua Zirkzee, der schon als Joker entscheidende Tore erzielt hatte und jetzt wieder traf. Zum sportlichen Glück kam hinzu, dass Leipzig im Duell der Verfolger gegen Leverkusen nur ein Remis erreichte. Und am Wochenende können die Bayern wieder auf ein Verfolger-Duell schauen: Gladbach gegen Dortmund.

Bemerkenswertes außerdem: Hertha holte in Düsseldorf einen 0:3-Rückstand zur Pause auf und glich noch zum 3:3 aus. Entscheidender Mann in der Kabine soll der Jürgen Klinsmann kritisierte Torhüter Thomas Kraft gewesen sein, der seine Mitspieler aufrüttelte. Andere Spieler haben angeblich an der Taktiktafel das Spiel für die zweite Hälfe verändert. Von Trainer Alexander Nouri hörte man nichts. Die Mannschaft regelt in der Nach-Klinsmann-Zeit wohl alles selbst.

Auf Europas Bühnen wird in dieser Woche pausiert (es gibt nur die Auslosung für die Nations League), dafür tritt der DFB-Pokal in den Vordergrund. Eine englische Woche haben dabei die Bayern, Leverkusen und Frankfurt und alle drei wollen auch diesmal auf der Erfolgswelle bleiben. Die vor Selbstbewusstsein strotzenden Münchner treffen auf ein verunsichertes Schalke 04, Leverkusen auf das immer für Überraschungen gute Union Berlin und die Eintracht misst sich mit Werder Bremen, das nach einem Erfolgserlebnis lechzt. Das für Sonntag vorgesehene Bundesliga-Duell wurde bekanntlich verlegt, weil Frankfurt nach einer Sturm-Absage erst am Freitag in Salzburg spielen konnte. Im vierten Duell will Regionalligist 1. FC Saarbrücken gegen Fortuna Düsseldorf weiter den Hecht im Karpfenteich spielen. Spektakuläre Szenarien für die Zukunft: Union statt Hertha Berliner Klub im Finale im Olympiastadion oder mit Saarbrücken ein Regionalligist oder mit Düsseldorf ein Bundesliga-Absteiger… Alles ist möglich, die Auslosung am Sonntag in der ARD-Sportschau.

Sensationell: In der Champions League und Europa League blieben die Bundesliga-Vertreter im neuen Jahr ungeschlagen. Die Bayern setzten die deutsche Erfolgsserie mit dem starken 3:0 bei Chelsea London fort, Frankfurt, Leverkusen und Wolfsburg kamen eine Runde weiter und könnten in dieser Form auch das Achtelfinale der EL überstehen. Frankfurt trifft auf den FC Basel, Wolfsburg auf Donezk und Leverkusen muss bei den Glasgow Rangers antreten. Keine leichten, aber machbare Lose.

Noch eine kleine internationale Anmerkung: Jürgen Klopp musste in einer Woche gleich zweimal mit einer Niederlage leben, beim FC Liverpool zuletzt vollkommen ungewohnt. In der Champions League lässt das 0:1 bei Atletico Madrid noch alle Möglichkeiten für das Rückspiel, in der Premier League bedeute das 0:3 beim Abstiegskandidaten FC Watford das Ende einer unglaublichen Erfolgsserie von 44 Spielen ohne Niederlage. Die letzten 18 Spiele hatten die Reds alle gewonnen und damit die Rekordserie von Manchester City eingestellt. Ein neuen Rekord gab es für Jürgen Klopp also nicht, doch den Titel wird er kaum verspielen, bei immer noch 22 Punkten Vorsprung und nur noch zehn Spieltagen.

Die Bundesliga ist die Nummer 1 in Europa

Dieses war der erste Streich, ob der zweite folgt sogleich? Frei nach Wilhelm Busch ein Blick auf die Wettbewerbe im europäischen Fußball bei dem die Klubs der Bundesliga in der ersten Woche der K.o.-Runden so gut abgeschnitten haben wie seit 27 Jahren nicht mehr. 1993 war es nämlich, als es zuletzt fünf Siege gab, Siege aller Teams im Einsatz, diesmal Dortmund, Leipzig, Frankfurt, Leverkusen und Wolfsburg. Damit war die Bundesliga die Nummer 1 in Europa!

Und der zweite Streich? Der wird schon wesentlich schwieriger, so müssen die erfolgreichen Teams in der Europa League in dieser Woche auswärts antreten. In der Champions League ist allein der FC Bayern vertreten, wobei das Gastspiel der Münchner bei Chelsea London eine besondere Brisanz bzw. Vergangenheit hat. Fünf Siege sind bei vier Spielen nicht möglich, aber eine Erfolgsbilanz am Ende der Woche wäre dennoch schön. Allerdings hat in der Europa League nur Frankfurt in Salzburg ein Polster durch das 4:1, Leverkusen in Porto und Wolfsburg in Malmö werden nach den jeweils knappen 2:1 in den Hinspielen Bestleistungen abrufen müssen.

Eine Bestleistung wird auch vom Deutschen Meister erwartet. Ziel der Bayern ist wenigstens das Halbfinale, da will man nicht gleich wieder im Achtelfinale scheitern, wie im Vorjahr gegen den FC Liverpool. Die Voraussetzungen sind diesmal auch andere. Die Bayern stehen zum zwölften Mal in Folge im Achtelfinale und blieben in den Gruppenspielen nicht nur ungeschlagen, sondern stellten mit 18 Punkten und einer Tordifferenz von plus 19 einen neuen CL-Rekord auf. Da liest sich die Bilanz von Chelsea anders, die Londoner schieden zuletzt dreimal hintereinander jeweils im Achtelfinale aus. Bei den Bayern soll es nur ein Ausrutscher gewesen sein, ein Ausscheiden im Achtelfinale gab es vorher nur 2010/11.

Aber Bayern und Chelsea, da war doch was? Die Erinnerung geht natürlich zum „Finale Dahoam“ 2012, als die Bayern in der Allianz Arena den Henkelpott fast schon in den Händen hielten, Drogba noch der Ausgleich zum 1.1 für Chelsea gelang und die Bayern anschließend das Elfmeterschießen unglücklich verloren. Diese schmerzhafte Niederlage war angeblich dann der Treibstoff zum Gewinn der Champions League ein Jahr später. Die Erinnerung an die Niederlage soll jetzt der Treibstoff sein, dass es nicht erneut schlechte Erinnerungen an Chelsea gibt, so wie beim letzten Aufeinandertreffen in der Saison 2004/05, als die Bayern in London 2:4 unterlagen und ein 3:2 im Rückspiel nicht zum Weiterkommen reichte.

Die Voraussetzungen sind heute andere. Hier die Bayern mit breiter Brust nach einer Siegesserie in der Bundesliga und im Pokal unter Trainer Hansi Flick, dort Chelsea, gebeutelt von Verletzungsproblemen und nur mit vier Siegen in den letzten zwölf Spielen der Premier League. Aber die Mannen von Chelsea-Idol Frank Lampard (2012 in München dabei) halten dennoch Platz vier in der Liga und bauen vor allem auf das deutsche Abwehr-As Antonio Rüdiger. Die Generalprobe gegen Tottenham gelang mit einem 2:1-Sieg. Die Bayern waren beim 3:2 gegen Paderborn eher außer Rand und Band. Lampards Gegenspieler Hansi Flick muss aber gegen Chelsea seine Meisterprüfung absolvieren, seine Zukunft bei den Bayern hängt auch (vielleicht sogar hauptsächlich) vom Abschneiden in der Champions League ab. Zwei gute Omen hat er: Das 7:2 der Bayern gegen Tottenham beim letzten Auftritt in London (noch unter Niko Kovac) und das ausgerechnet der damalige Schiedsrichter Turpin aus Frankreich jetzt wieder Spielleiter ist.

Alle Fünfe für Schalke und Hertha

Die Bundesliga ist das Tagesgeschäft und das haben die Vertreter auf Europas Bühnen allesamt gut bewältigt. Katzenjammer dagegen bei anderen Klubs, so galt für Schalke und Hertha in ihren Heimspielen „alle Fünfe“, sie kassierten gegen Leipzig bzw. Köln je eine 0:5-Niederlage. Bei Schalke war der künftige Bayern-Torhüter Alexander Nübel der tragische Held, der offensichtlich nervlich dem bevorstehendem Wechsel und der Skepsis auf Schalke nicht gewachsen ist. Hertha ist nach dem Klinsmann-Abgang durcheinander und darf gegen einen Konkurrenten im Abstiegskampf so nicht untergehen. Das könnte noch bittere Folgen haben, das nächste wichtige Duell mit einem Team vom Rhein steht bevor, am Freitag in Düsseldorf. Die Fortuna zeigte sich beim 2:0 in Freiburg von ihrer besten Seite und tönt vor den folgenden Vergleichen mit Konkurrenten im Abstiegskampf „dieses war der erste Streich“. Heißt: Der zweite gegen die Hertha folgt zugleich und dann geht es weiter in Mainz. Auf einen Sieges-Streich wartet Werder Bremen sehnsüchtig, gegen Frankfurt sollte er am Sonntag gelingen, sonst könnte es doch das Aus von Trainer Kohfeldt bedeuten.

Keine Blöße gab sich das Spitzentrio, dahinter haderte Gladbach mit einem 1:1 gegen Hoffenheim, das von unschönen Begleiterscheinungen hirnloser Fans begleitet war und sogar ein Spielabbruch wegen beleidigender Banner drohte. Leverkusen konnte aufschließen (2:0 gegen ein schwaches Augsburg), während Schalke, jetzt fünf Spiele ohne Sieg, den Anschluss verloren hat und gegen Wolfsburg und Hoffenheim Platz sechs für Europa verteidigen muss. Dort will die Bundesliga in der UEFA-Rangliste Platz drei auf Dauer verteidigen, was gelingen wird, wenn man öfters mal eine Europa-Woche als Nummer 1 abschließt.

Lesen Sie auch die nachfolgende Kolumne mit einem Thema, das alle Fußball- und Sportfans beschäftigen sollte: „Her mit Respekt, weg mit Rassismus“.

Ende der Spekulationen, aber die Unruhe bleibt

Am 31. Januar endet die zweite Wechselfrist im Fußball, „endlich“ werden viele sagen, die die Nase voll haben von den ständigen Gerüchten und Spekulationen um Spielerwechsel. Leider, werden die Vereinsmanager sagen, die mit ihren Verhandlungen noch nicht zum Ziel gekommen sind. Zwiegespalten sind die Trainer, die einen sind froh, dass endlich Ruhe herrscht und keine Unsicherheit mehr im Kader, die anderen hadern, weil ihr Team nicht so verstärkt werden konnte, wie sie es gern hätten. Und die Fußball-Fans? Die können sich auf eines verlassen: Das Ende der Spekulationen ist am Freitag zwar gekommen, aber die Unruhe bleibt. Dies machte auch der zweite Rückrunden-Spieltag der Bundesliga deutlich.

Spekulationen um Spieler wird es weiterhin geben, denn der nächste Sommer kommt bestimmt und damit erneut Änderungen in der Mannschaft. Nehmen wir nur Bayern München als Beispiel und den „Fall Coutinho“. Der Brasilianer gilt als Ballzauberer und Vorlagengeber, Torjäger Robert Lewandowski freute sich auf einen Zulieferer, der ihm zur Torjägerkanone verhelfen könnte. Aber bisher gab es nur wenige Lichtblicke, selten blitzte das Können des begnadeten Technikers wirklich auf. So bleibt die Unruhe, ob die Leihe verlängert werden soll oder nicht, wohl bis zum Sommer. Es sei denn, die Bayern halten ihre derzeitige Form, Thiago und Goretzka trumpfen weiter auf wie zuletzt, dann hat sich das Thema nämlich erledigt: An dem Mittelfeld mit Kimmich, Thiago und Goretzka kommt Coutinho nicht vorbei, sie sind die Basis des Super-Starts in die Rückrunde mit einem 4:0 bei der Hertha und dem 5:0 gegen Schalke. Das waren Ausrufezeichen! Und der Gewinner heißt außerdem Hansi Flick, der Coach. Viele sehen ihn auf den Spuren von Jupp Heynckes. Dabei sollte man auch Co-Trainer Hermann Gerland nicht vergessen.

Einiges von den Bayern vermisst Trainer Julian Nagelsmann bei seinen Leipziger Schützlingen. Der 32-Jährige Jungtrainer sah bei seiner Mannschaft bei der 0:2-Niederlage in Frankfurt nicht die Gier nach dem Titel, wie sie die Bayern an den Tag legen und faltete seine Spieler zusammen. „Wir sind nicht so gut, wie wir alle sein wollen“, moserte er und bemängelte vor allem schlechte Trainingsleistungen. Ein überraschender Wachrüttler, sind doch die Bullen Tabellenführer, blieben erstmals in dieser Saison ohne eigenen Treffer und haben eine Serie von neun Ligaspielen ohne Niederlage hinter sich. Nagelsmanns Weckruf soll wohl Muntermacher für die nächsten Aufgaben sein. Wie wach seine Mannschaft geworden ist, wird sich am Samstag gegen den Dritten Gladbach zeigen und am Sonntag, 9. Februar, bei den Bayern. Zwei Spiele, die den Weg weisen. Nach Nagelsmann Worten entweder zum Gipfelkreuz oder es geht an den Abstieg vom Gipfel.

Es könnte ja sein, dass Leipzigs Stars dem ungewohnten Druck mit der Aussicht auf die Meisterschaft nicht standhalten. Ein Druck, den die Bayern nicht als Druck kennen und der sie anstachelt. Ein Druck, den Fußball-Profis aushalten sollten, was aber nicht jedem gelingt. So war wohl auch der Druck für den jungen Schalker Torhüter Markus Schubert zu groß. Der U21-Nationaltorhüter patzte zweimal bei den Bayern, lud zu Toren ein und so gelangten einige Super-Paraden in den Hintergrund. Schubert bestand die Bewährungsprobe im Zweikampf um den Platz im Tor mit dem wechselwilligen Alexander Nübel nicht. Der zuletzt gesperrte Keeper sieht seine Zukunft künftig bei den Bayern und fordert dort Platzhirsch Manuel Neuer heraus, während er in der Rückrunde sehen muss, ob Schalkes Trainer David Wagner ihm noch vertraut oder schon auf die Zukunftslösung Schubert setzt. Allerdings geht es bei den Vereinen um den aktuelle Erfolg und da hat Schubert den Konkurrenten in die Pole Position gebracht: Was die reine Torhüterarbeit angeht, mag Schubert nicht schlechter sein, aber Nübel hat die weitaus größere Ausstrahlung und sorgt eher für Sicherheit bei seinen Vorderleuten. Das wurde in München deutlich.

Der Kampf um den Titel bleibt heiß, der Abstiegskampf ebenso und unversehens sehen sich da wieder Mannschaften verstrickt, die sich schon ins Mittelfeld abgesetzt hatten. Der FC Augsburg zum Beispiel, der zuletzt drei Niederlagen in Folge hinnehmen musste. Die schöne Zeit des Erfolgs ist Vergangenheit, jetzt lebt man von dieser Punktesammlung (davor drei Siege in Folge und sechs Spiele ohne Niederlage). Ausruhen geht nicht, es wird wieder ernst, vor allem am Samstag gegen Werder Bremen. Gewinnt der FCA, gewinnt er auch Ruhe und stürzt Werder endgültig ins Chaos, gewinnt Werder ist Augsburg wieder mittendrin im Abstiegskampf. Den hat auch Paderborn belebt und mischt ernsthaft mit, während Düsseldorf ans Tabellenende stürzte. Jetzt fliegen dort die Funken rund um Trainer Friedhelm Funkel. Steht er durch ein Ultimatum unter Druck oder nicht?

Es ist so, die Spekulationen um Spielerwechsel enden, die Unruhe nicht.

Sonderrolle für die 2. Bundesliga

Die 2. Bundesliga giert immer nach Gelegenheiten, um den Schatten des Oberhauses zu entfleuchen. Das gelingt vor der Saison mit einem Frühstart und ein bisschen auch beim Start ins neue Jahr, indem nämlich die Rückrunde mit dem 19. Spieltag unter der Woche mit Spielen von Dienstag bis Donnerstag fortgesetzt wird. Zur Erinnerung: Tabellenführer ist überraschend Arminia Bielefeld (34 Punkte) vor den eigentlichen Favoriten Hamburger SV und VfB Stuttgart (je 31) und Außenseiter FC Heidenheim (30). Schlusslicht ist ähnlich überraschend Dynamo Dresden (13) mit schon vier Punkten Rückstand auf Wehen Wiesbaden (17), davor der 1. FC Nürnberg (!!!/19) und Karlsruhe sowie Bochum (je 20).

Die zweite Liga ist durch zahlreiche Ex-Bundesligisten und Traditionsvereine durchaus attraktiv, dennoch drängt es alle nach oben, weil es im Oberhaus wesentlich mehr Geld zu verdienen gibt. Schulden in der zweiten Liga, Gewinn in der ersten darf durchaus als Regel bezeichnet werden. Das setzt sich auch bei der Schnittstelle zur 3. Liga fort.

Wer also aus der Bundesliga absteigt, der reduziert oft nicht seinen Etat wesentlich, sondern der will mit aller Macht wieder nach oben, was manchmal auch schiefgeht und sogar zum absoluten Absturz führt. Das gilt derzeit für zwei Bundesliga-Absteiger, den 1. FC Nürnberg und Hannover 96, das nur unwesentlich besser dasteht und eher durch Chaos im Verein auffällt. Einzig der VfB Stuttgart darf am Wiederaufstieg schnuppern, versucht ihn auch mit aller Macht mit dem neuen Trainer Pellegrino Matarazzo, der bisher allerdings nur im Nachwuchs tätig war, aber einen prominenten Fürsprecher hat: Julian Nagelsmann. Der HSV wiederum vertraut Coach Dieter Hecking und ist beim Wiederaufstieg schon ein Jahr im Verzug. Mit Beyer (Gladbach), Schaub (Köln) und jetzt noch Stürmer Pohjanpalo (Leverkusen) dürften sich die Hanseaten sinnvoll verstärkt haben. Spitzenreiter Bielefeld spürt den Atem der Verfolger und die Frage lautet: Hält die Arminia durch?

Die 2. Bundesliga wird so die attraktivste zweite Liga in Europa bleiben. Aber Achtung, Unruhe gibt es auch im Unterhaus.

Bundesliga-Start: Alles spricht für Leipzig

Neues Jahr, neues Glück, neues oder vielleicht altes Interesse an der Fußball-Bundesliga. Am Freitag geht es wieder los mit dem Schlagerspiel Schalke 04 – Borussia Mönchengladbach, Fünfter (30 Punkte) gegen Zweiter (35), und alle Fans können im Free-TV zuschauen, das ZDF überträgt live. Die Winterpause, eigentlich nur eine Weihnachtspause, war kurz (aber lang genug), die Vorfreude ist groß und die Spannung steigt. Die Trainingslager und Testspiele haben mehr Rätsel aufgegeben, als dass sie Erkenntnisse gebracht hätten. Ein Problem haben fast alle Mannschaften, sie sind nicht komplett, leiden unter Verletzungen.

Dies könnte auch den Kampf um den Titel beeinflussen, weil Titelverteidiger Bayern München eher einem Krankenlager gleicht als einem Meister-Team. Trainer Hansi Flick, der darum kämpft, zu beweisen, dass er auch nach dem Sommer der richtige Coach wäre, hat vorsorglich nur ein kurzfristiges Ziel ausgegeben: „Wir müssen die ersten Spiele irgendwie überstehen.“ Martinez, Hernandez, Coman und wohl auch Gnabry fehlen verletzt, Kimmich ist beim Start am Sonntag bei Jürgen Klinsmanns wieder erstarkten Hertha gelb-gesperrt, der Kader insgesamt zu klein. Die Hoffnungen ruhen auf Torjäger Robert Lewandowski, der nach einer Leistenoperation punktgenau wieder fit sein soll, und Jung-Vater Thiago. Daneben gibt es aber zudem Unruhe im Verein, so fordert der Trainer Neuzugänge im Winter für den knappen Kader, Sportdirektor Salihamidzic wiegelt ab, „im Winter ist nichts auf dem Markt“. Dazu gibt es jetzt schon Diskussionen um Sommer-Neuzugang Alexander Nübel, eigentlich ein sinnvoller Einkauf, nur der Zeitpunkt gegenüber Torhüter-Platzhirsch Manuel Neuer ist problematisch. Dazu kam im einzigen Test eine 2:5-Niederlage in Nürnberg, die Stammbesetzung schaffte dabei nur ein 1:1, die Nachwuchskräfte gingen unter. Keine guten Voraussetzungen für den Ausbau des Titel-Rekords von sieben auf acht.

Wie heißt es immer so schön bei Bayerns Konkurrenten: „Wenn die Bayern schwächeln, müssen wir da sein.“ Nun schwächeln sie offensichtlich, doch wer ist da? Alles spricht eigentlich für Halbzeitmeister RB Leipzig, der immerhin vier Punkte Vorsprung auf die Bayern hat und nicht den Anschein macht, dass er sich eine Krise nehmen will. Spieler und Neu-Trainer Julian Nagelsmann sind ehrgeizig und propagieren das Ziel „wir wollen vorne bleiben“. Zwei Fragezeichen: Nagelsmann spielte mit Hoffenheim oft eine schwächere Rückrunde und außerdem, wie werden die Spieler mit dem ungewohnten Druck fertig, wenn es wirklich um die Wurst geht? Die Bayern kennen das. Schon am 4. Spieltag der Rückrunde, am Sonntag, 9. Februar (18.00 Uhr), kommt es zum großen Duell Bayern – Leipzig. In der Hinrunde gab es ein 1:1 mit Vorteilen für die Münchner.

Im Titelkampf können sich natürlich auch Gladbach und Dortmund melden, nach dem Motto „wir sind auch noch da“. Die Gladbacher bleiben aber eher bescheiden, würden den Titel gerne mitnehmen, schielen aber nach der erfolgreichen Vorrunde mit Platz zwei eher wenigstens auf einen Platz für die Champions League und wollen diesen gegen die Mitkonkurrenten Schalke und Leverkusen verteidigen. Borussia Dortmund hat das Ziel Meisterschaft noch nicht aufgegeben, verzweifelt aber an der fehlenden Konstanz der Mannschaft. Vor allem gegen auf dem Papier schwächere Teams wurden Punkte abgegeben. Ändert sich das nicht, ist Dortmund nicht meisterschaftsreif. Gleich der Auftakt ist so eine Prüfung, nämlich in Augsburg, das man in der Hinrunde 5:1 geschlagen hat, doch der FCA hat sich geändert.

Apropos Augsburg, die Mannschaft hat eine erstaunliche Wandlung durchgemacht und sich eigentlich aus dem Abstiegskampf verabschiedet, aber das Tabellenende ist nicht so weit weg, so dass der Klassenerhalt das vorrangige Ziel der bayerischen Schwaben bleibt. Da sollte der Start nicht so holprig sein wie in der Hinrunde mit Niederlagen in Dortmund und Bremen und nur einem 1:1 gegen Neuling Union Berlin. Aber Bremen und Union sind schon Schlüsselspiele, um den Abstand nach unten zu wahren.

Ja, Schlüsselspiele gibt es gleich zum Start der Rückrunde, obwohl natürlich noch 17 Spieltage anstehen. Aber wer am Anfang verliert, dem gehen nicht nur Punkte ab, sondern der muss auch gegen Unruhe im Verein kämpfen. Siehe Bremen, das eigentlich eher auf die Europa League schielte, sich jetzt aber auf einem Abstiegsplatz wiederfindet. Das Verletzungspech hatte zugeschlagen, Besserung ist jedoch in Sicht und Neuzugang Kevin Vogt aus Hoffenheim soll der dringend gesuchte Stabilisator der Abwehr sein. Schon der Auftakt am Samstag in Düsseldorf ist ein Schlüsselspiel – für beide Teams, schließlich spielt der 16. gegen den 17., die Fortuna hat gerade mal einen Zähler mehr als Werder. Schlüsselspiele haben natürlich auch Köln (17 Punkte) und Mainz (18), die davor platziert sind. Beide Klubs werden mit Schrecken an den Start der Bundesliga zurückdenken, denn es begann mit zwei Niederlagen.

Zweifellos gibt es in der Bundesliga mehr Sorgenkinder als glückliche Vereine. Wer unten steht, hat natürlich Sorgen, Hertha hofft mit Klinsmann die Trendwende geschafft zu haben, Frankfurt will das Ziel Europa League nicht aus den Augen verlieren und zu alter Stärke zurückfinden. Glücklich sind eher Aufsteiger Union Berlin und Freiburg mit Plätzen im Mittelfeld, doch die Verunsicherung bleibt, weil beide wissen, dass Erfolg und Glück oft nicht von Dauer sind. Glücklich ist man auch eher auf Schalke, weil man im Vorjahr schließlich noch gegen den Abstieg gekämpft hat, zwischen Zuversicht und Zweifel befinden sich Wolfsburg, Hoffenheim und Leverkusen. Geht es nach oben oder droht ein Abrutschen nach unten?

Die Bundesliga wartet nicht auf den Sommer, den Fans wird vorher schon heiß und sie können sich darauf freuen, dass es nur Ende März eine Länderspielpause gibt. Unerfreuliche Dinge werden leider bleiben, Fehlentscheidungen der Schiedsrichter, unerträglich langes Warten auf die Entscheidungen beim Videobeweis, Diskussionen um Handspiele, Ärger über Rudelbildungen und vieles mehr. Die Schiedsrichter wollen ein besonderes Auge auf Unsportlichkeiten legen. Wäre schön, wenn hier ein Anfang zur Besserung gemacht werden könnte. Mehr Anstand könnte der Bundesliga gut tun (lesen Sie dazu auch die Kolumne vom 26. Dezember 2019 „Der Fußball braucht mehr Anstand“).

Der neue DFB: Hoffnung für Amateure und Fans

Es herrscht Aufbruchstimmung beim Deutschen Fußball-Bund. Der 43. Bundestag hat die Weichen für die Zukunft gestellt. Mit dem neuen Präsidenten Fritz Keller sollen Streit, Skandale und Mauscheleien der Vergangenheit angehören und an ihre Stelle Gradlinigkeit, Transparenz und Seriosität treten, also wirtschaftlich solide und moralisch integer. Eine Herkulesaufgabe für den 62-Jährigen ehemaligen Präsidenten des SC Freiburg, der aber betont, beim Verband aufräumen zu wollen. Der erfolgreiche Winzer und Gastronom soll auch den größten nationalen Verband der Welt mit Erfolg führen. Hoffnung auf Besserung gibt es vor allem für die Amateure, Frauen und die Fans. Es wird ein Stück Bodenständigkeit beim zuletzt eher abgehobenen Verband einziehen.

Für die Abgehobenheit stand vor allem Kellers Vorgänger Reinhard Grindel, einst Journalist und Politiker, der von persönlicher Anerkennung und höheren Sphären träumte. Da wird dann schon einmal die Hand aufgehalten, damit Wünsche in Erfüllung gehen. Fritz Keller ist genau das Gegenteil. Er kommt aus dem Fußball, kennt das Vereinsleben und stört sich nicht daran, dass die Kompetenzen des Präsidenten beschnitten wurden. Er will von Experten die Strukturen untersuchen lassen, kein Stein bleibt auf dem anderen. Er ist vor allem als Mittler im Streit zwischen Profis und Amateuren gefordert, für die sein Herz schlägt. Ebenso will er sich verstärkt dem Frauen-Fußball widmen, eine verstärkte Förderung hat der Bundestag beschlossen. Keller fordert ein stärkeres Engagement der Profiklubs im Frauen-Fußball und wünscht sich künftig mehr eigene Teams. Es gibt sogar Vorschläge, dass künftig ein Frauenteam Pflicht ist für eine Lizenzerteilung für die Bundesliga der Männer. Keller will sich ganz auf die nationale Arbeit konzentrieren und überlässt die internationale Rolle seinem Vizepräsidenten Rainer Koch.

Die Nationalmannschaft fällt nicht mehr in die Richtlinienkompetenz des Präsidenten, der starke Mann hier ist künftig DFB-Direktor Oliver Bierhoff, der auch Direktor für die neue Akademie ist, deren Grundsteinlegung ebenfalls symbolisch für den Aufbruch beim DFB steht. Keller wird aber dennoch ein Auge auf die Länderspiele werfen und das Umfeld wieder fanfreundlicher gestalten. Die Zeiten der Abgehobenheit sind wie gesagt vorbei.

Der neue Präsident hat einen riesigen Rucksack aufgebürdet bekommen, mal sehen, ob er ihn tragen oder ertragen kann. Gefordert sind vor allem aber auch Bierhoff und Bundestrainer Joachim Löw, denn nur eine sportlich erfolgreiche und mit Fan-Nähe agierende Nationalmannschaft kann für gute Stimmung sorgen.

Der Heimvorteil ist abgeschafft

Die Bundesliga ist Alltag und Highlight zugleich im Leben eines Fußball-Fans. Sie sorgt mit einer seltsamen Saison für Aufmerksamkeit, Spannung und Neugierde auf die nächsten Spieltage. Ein Durchatmen gibt es nach dem nächsten Spieltag mit einer erneuten Länderspielpause. Zuerst aber reibt sich der Fan verwundert die Augen bei einem Spieltag mit Rekorden. Noch nie gab es einen Spieltag ohne Heimsieg, noch nie einen Spieltag mit acht Auswärtssiegen – der Heimvorteil ist offensichtlich abgeschafft. Nur Dortmund verlor nicht, doch das 2:2 gegen Bremen fühlt sich für die Borussia wie eine Niederlage an. Der selbsternannte Meisterschaftskandidat rätselt über die Ursachen des mangelnden Erfolges (nur Rang acht, wenn auch nur drei Punkte Rückstand auf den neuen Tabellenführer Bayern München). Ist es eine Frage der Mentalität (was Kapitän Marco Reus barsch zurückweist) oder doch eine Frage der Qualität (so sieht es Axel Witsel). Die Zweifel an Trainer Lucien Favre werden jedenfalls größer. Die nächsten Aufgaben werden zur Bewährungsprobe, in Prag in der Champions League und am Samstag das Spitzenspiel (!) in Freiburg.

Ja, in Freiburg stehen sich der Dritte und der gewollte Tabellenführer gegenüber. Die forschen Freiburger gehören zu den Teams, über die sich alle wundern. Aber Trainer Christian Streich bleibt auf dem Boden: „Das sind nur 13 Punkte gegen den Abstieg, jeder Zähler ist wichtig.“ Na ja, zehn Punkte Vorsprung vor der gefährlichen Zone nach nur sechs Spieltagen kann sich sehen lassen. Zu den großen Überraschungen zählt auch Schalke 04, das der neue Trainer David Wagner wiederbelebt hat. Mit dem 3:1 stürzten die Knappen Tabellenführer Leipzig. Was der Fan-Seele gut tut: Endlich wieder einmal wieder vor Dortmund in der Tabelle. Auffällig: Das einstige Sorgenkind Amine Harit ist der neue Anführer. Das Kollektiv macht es in Wolfsburg, vielleicht auch Trainer Oliver Glasner. Was fast übersehen wird: Neben den Bayern sind nur die VW-Städter bisher ungeschlagen.

Ja, die Bayern, sie sind wieder da, wo sie nach ihrer Meinung auch hingehören: Auf Platz 1, schließlich heißt es „mia san mia“. Doch so richtig zufrieden ist man in München dennoch nicht, die Leistungen sind nicht überwältigend, die Chancenauswertung oft mangelhaft, die Abwehr unsicher – und dennoch Erster, was wird erst sein, wenn die Bayern richtig in Form sind? In Form ist aber zweifellos Torjäger Robert Lewandowski, wenn er auch mal das leere Tor verfehlt, wie beim erzitterten 3:2 in Paderborn. Acht Tore in sechs Spielen sind neuer Bundesliga-Rekord. Für die Bayern folgt aber am Dienstag in der Champions League das „Spiel der Wahrheit“ bei den Tottenham Hotspurs. In London wird sich zeigen, wie stark die Bayern wirklich sind.

Auffällig ist, dass sich die Bundesliga bereits nach sechs Spieltagen in der Tabelle teilt. Frankfurt auf Rang neun ist der letzte Klub mit zweistelligen Punkten (10), dahinter folgen Hertha BSC nach dem Comeback in Köln und Bremen trotz Verletzungspech mit sieben Zählern. Danach beginnt der Abstiegskampf (auch mit Hoffenheim, das die vielen Abgänge doch nicht verkraftet), wobei am Samstag das große „Keller-Duell“ ansteht: Paderborn gegen Mainz. Kurioses in Augsburg: Der FCA kassierte mit dem 0:3 gegen Leverkusen seine 50. Heimniederlage im 139. Heimspiel in der Bundesliga, schaffte bisher aber nur 49 Heimsiege (bei 40 Unentschieden) im jetzt neunten Jahr im Oberhaus. Nächster Gast in Augsburg ist übrigens am 19. Oktober Bayern München…

Die Bayern-Fans müssen in diesem Jahr tapfer sein

Schluss mit lustig! Sieben Meisterschaften hat der FC Bayern München zuletzt in Folge geholt und den früheren Rekord vom Titel-Hattrick in der Fußball-Bundesliga immer weiter verbessert. Jetzt soll diese Reise zu Ende sein, Borussia Dortmund hat energisch zur Jagd auf die Bayern geblasen, aufgerüstet und verkündet selbstbewusst: „Wir wollen Meister werden“.

Neue Töne also in der Bundesliga vor der neuen Saison und auch neue Trainer. Gleich sieben sind es an der Zahl und das macht die Liga vor dem Start am Freitag besonders interessant. Diesbezüglich also nicht „Schluss mit lustig“, sondern eher für die Fans „Lust komm her“.

Nur die Bayern-Fans, die müssen, wenn der Schein nicht trügt, in diesem Jahr tapfer sein. Beim Umbruch in der Mannschaft hapert es, die Abgänge der altgedienten Ribery, Robben und Rafinha, aber auch Hummels und James konnten nicht kompensiert werden. In Sachen Neuzugängen scheint ein Fluch über den Bayern zu hängen, Hernandez wurde gleich verletzt verpflichtet, die Wunschspieler auf den Flügeln, Hudson-Odoi und Sane, verletzten sich, ehe die Verhandlungen konkret wurden. So kommt dafür wohl Notlösung Ivan Perisic, doch dann hätte auch Ribery bleiben können.

Verletzungen dürfen kaum passieren, denn in der zweiten Reihe finden sich fast nur noch Talente, die aktuell kaum helfen können. Das ist der Unterschied zu Borussia Dortmund: Der Herausforderer hat das, was die Münchner früher eben auszeichnete und Titel sicherte – zwei gleichstarke Teams. Der Vorjahreszweite, der einen Neun-Punkte-Vorsprung noch verspielte, hat aus der Pleite gelernt, hat sich Selbstbewusstsein eingeimpft und vor allem in dieser Hinsicht ist Mats Hummels eine wertvolle Verstärkung. So soll die Schwäche des zögerlichen Trainers Lucien Favre kompensiert werden. Und Hummels frohlockt: „In Dortmund wird ein Titel besonders gefeiert.“ Da müssen die Bayern-Fans eben tapfer sein. Übrigens ist der Auftakt gegen Hertha BSC schon ein echter Test: Vier der letzten fünf Vergleiche verloren die Bayern gegen die Berliner!

Frischen Wind in die Bundesliga bringen aber auch sieben neue Trainer und die drei Aufsteiger. Frischer Wind aber auch, weil es den Anschein hat, als wurde generell in der Bundesliga das Selbstbewusstsein ausgepackt. Keine Scheu vor großen Zielen, Leipzig und Leverkusen zum Beispiel gehen offensiv die Qualifikation zur Champions League an, Gladbach, Hoffenheim, Bremen, Wolfsburg, die Hertha und Frankfurt lauern dahinter und haben zumindest mit der Europa League das europäische Geschäft im Auge.

Es gibt natürlich auch das Tabellenende. Wie immer werden die Aufsteiger gleich wieder als erste Absteiger genannt, aber der 1. FC Köln ist etwas anderes als ein „normaler“ Aufsteiger, er sieht sich eher als gestandener Bundesligist und „ist gekommen um zu bleiben“. Bleiben will erst einmal auch der SC Paderborn, wohl die verrückteste Mannschaft im deutschen Fußball der letzten Jahre, denn seit 2014 gab es immer Auf- oder Abstieg. Na ja, da liegt ein Abstieg wohl nahe. Ein absoluter Neuling, nämlich der 56. Verein in der Bundesliga, ist Union Berlin, der etwas andere Klub aus dem Stadtteil Köpenick, der bisher vor allem durch seine besondere Stimmung im kleinen Stadion (22.000 Zuschauer) und durch sein Weihnachtssingen auffiel.

Mit dem Abstieg hat aber in jedem Jahr auch eine Mannschaft zu tun, die im Vorfeld nicht daran denkt. Das könnte diesmal der FC Augsburg sein, der sich von einem braven Provinzklub in einen Chaos-Verein verwandelt hat. Chaos auf dem Feld und im Umfeld, wo Spieler streiken, machen was sie wollen und Manager Stefan Reuter quasi im Nasenring durch die Manege führen. Spieler wie Max und Gregoritsch wollen immer noch gehen, trüben die Stimmung. Ergebnis: Dem Team fehlt Qualität. Alles wurde zwar auf den Prüfstand gestellt, die medizinische Abteilung vergrößert, der Rasen untersucht, doch die alte Leidenschaft, die jetzt das neunte Jahr in der Bundesliga sicherte, ist verloren gegangen. Die 1:2-Pokalpleite beim Viertligisten SC Verl war bezeichnend. Die letzte Saison endete mit einem 1:8 in Wolfsburg, ähnliches droht gleich wieder zum Auftakt beim Titelanwärter Borussia Dortmund. Schluss mit lustig also.

Augsburg macht im erweiterten Kreis der Abstiegskandidaten den desolatesten Eindruck, da sieht es in Freiburg, Mainz oder Düsseldorf schon solider aus. Eine Wundertüte ist Schalke 04, wohin geht die Reise nach dem Absturz im Vorjahr auf Rang 14 mit nur 33 Punkten? Die Hoffnung ruht auf dem neuen Trainer und Klopp-Freund David Wagner, investiert wurde aber vor allem in die Führung rund um das Team. Die Stimmung trübte zuletzt allerdings Boss Tönnies, der nach rassistischen Äußerungen für drei Monate aufs Abstellgleis geschoben wurde.

PR für Pokal: Tore, Spaß und Pleiten

Vor dem „Nachschlag“ am Montag hat der DFB-Pokal bereits Lust auf Fußball gemacht. Es gab viele Tore, jede Menge Spaß, einen Aufstand der Kleinen und auch Pleiten der Großen. Wie schon in den letzten Jahren haben zwei Bundesligisten die Segel streichen müssen, Mainz und Augsburg waren diesmal die Dummen. Andere retteten sich erst im Elfmeterschießen. Mit Verl zog ein Viertligist in die nächste Runde ein und kassiert dafür (wie alle anderen auch) 351.000 Euro. Außerdem sind mit Kaiserslautern und Duisburg zwei Drittligisten weiter. Insgesamt aber zeigte bereits die erste Runde, dass man den unterklassigen Vereinen nie den Vergleich mit den Bundesligisten kürzen oder gar wegnehmen darf. Solche Gedanken gehören endgültig ad acta gelegt. Der Pokal lebt.

Am kommenden Wochenende beginnt auch die Fußball-Bundesliga der Frauen, ein Kommentar dazu noch in dieser Woche.