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Tag: Brexit

Start der Premier League: Europa schaut nach England

Die Fußball-Weltmeisterschaft ist Vergangenheit, der Ball rollt jetzt wieder auch in den großen Ligen Europas. „Appetitmacher“ waren die Ligen in Österreich, Schweiz oder Tschechien, richtig interessant wird es aber erst jetzt, wenn die Premier League in England startet, aber auch Ligue 1 in Frankreich. Allerdings könnten diese beiden Ligen unterschiedlicher nicht sein, da eine Masse an starken Traditionsvereinen, dort das übermächtige Paris St. Germain. Nächste Woche geht es auch in Spanien und Italien los, die Bundesliga wartet bekanntlich bis zum 24. August. Vorausschauend wurde Spielern und Vereinen viel Zeit gegeben, um die WM-Enttäuschung zu verarbeiten…

Im Mittelpunkt aber der Start der Premier League – alle schauen nach England. Bekanntlich übt die Premier League nicht nur eine große Anziehungskraft aus, weil dort der Fußball gelebt wird, sondern vor allem, weil die Geldtöpfe besonders gut bestückt sind. Diesmal schaut der Rest Europas allerdings auch deshalb nach England, weil die Premier League ein Experiment gewagt hat und die Transferliste bereits am Donnerstag, 9. August, geschlossen hat, so dass einigermaßen Ruhe an der Transferfront einkehrt, weil Englands Geld nicht mehr lockt. Andererseits können überzählige Spieler aus der Premier League durchaus abgegeben werden – auch deshalb lohnt sich also der Blick nach England! Mal sehen, ob es die Klubs in England am Ende als Vorteil werten, dass der Transfermarkt vor Beginn der Saison geschlossen wurde.

Aber lassen wir das Transfertheater, bleiben wir beim Sport. Und da stellt sich in England eine seltsame Frage: Gibt es wieder einen Alleingang von Manchester City? Pep Guardiola hatte in der letzten Saison die Liga geschockt, der Ex-Bayern-Coach dominierte mit seinem Team das Geschehen, eroberte 100 Punkte, sorgte für Langeweile an der Spitze mit 19 Punkten Vorsprung und seine Mannen erzielten 106 Tore. Fast eine Demütigung für die Konkurrenz, eine Überlegenheit wie sie in Deutschland mit Bayern München und Frankreich mit Paris St. Germain als schädlich erachtet wird. Der Unterschied: In Deutschland und Frankreich wird keine Änderung erwartet, in England schon.

Nur: Wer kann Pep Guardiola und seinen Mannen Paroli bieten? Dem Vorjahreszweiten und Lokalrivalen Manchester United mit Trainer Jose Mourinho wird dies eigentlich nicht zugetraut. Eher wird da der FC Liverpool mit Jürgen Klopp genannt. Der deutsche Coach hat sein Team gezielt verstärkt, vor allem die Schwachstelle Torhüter mit Roms Brasilianer Alisson geschlossen, zu dieser Zeit war es mit angeblich 72,5 Millionen Euro der teuerste Torhüter-Transfer. Zudem sollen Leipzigs Naby Keita, Fabinho und Shaqiri das Mittelfeld verstärken bzw. den Kader insgesamt besser machen. Jürgen Klopp rüstet sich wie in Dortmund in seinem dritten Jahr zum Kampf um den Titel. Schon in der Bundesliga hat er Pep Guardiola bekanntlich gerne geärgert.

Die weiteren großen Rivalen in London versuchen es mit neuen Trainern. Bei Arsenal ging die große und erfolgreiche Ära des Franzosen Arsene Wenger zu Ende, Unai Emery musste in Paris gehen, weil der Erfolg in der Champions League ausblieb. Jetzt soll er die Titelträume der Arsenal-Fans erfüllen, die letztmals 2004 die Meisterschaft feiern durften (in Liverpool wartet man schon seit 1990!). Antonio Conte hatte mit Chelsea erst 2017 den Titel geholt – und dennoch war er nicht mehr wohl gelitten. Jetzt soll es Maurizio Sarri richten, der in Neapel mit viel Erfolg gearbeitet hat. Chelsea sorgte zum Transferschluss noch für Aufmerksamkeit, weil sich Belgiens WM-Torhüter Courtois Richtung Real Madrid verabschiedet und die Londoner dafür einen 23-Jährigen Keeper namens Kepa von Athletic Bilbao holten – für 80 Millionen Euro, jetzt ist der Spanier der teuerste Torhüter der Welt. Aber alle sollten auch Mauricio Pochettino nicht übersehen, fast heimlich, still und leise hat er aus den Tottenham Hotspurs einen Meister-Anwärter gemacht, allen voran geht bzw. trifft der WM-Torjäger Harry Kane.

Der Rest des Feldes ist auch in England mehr oder weniger nur Staffage und hofft höchstens auf einen Platz in der Europa League. Apropos Europa, mit dem Brexit will sich Großbritannien ja politisch und wirtschaftlich von Europa entfernen, im Fußball will England endlich in Europa triumphieren. Fast eine Schmach und für die größte Geld-Liga Europas, dass man in der Champions League den Henkel-Pott zuletzt immer anderen überlassen musste, zuletzt dreimal Real Madrid. Immerhin war der FC Liverpool 2018 im Finale und verlor unglücklich mit 1:3. Den Titel gewann zuletzt Chelsea London 2012 glücklich gegen Bayern München, davor brachte 2008 Manchester United den Pott nach England heim. Den Run der Spanier seit 2014 (2015 siegte der FC Barcelona und davor 2013 Bayern München) will man vor allem in England endlich beenden. Man will sich nicht mehr nachsagen lassen, dass Geld keinen Erfolg bringt. Auch deshalb schaut Europa nach England.

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Brexit und der Sport

 

Die Absage der Briten an Europa hat die Welt erschüttert und alle fragen sich: Was bringt die Zukunft? Es hat den Anschein, als hätten sich viele Briten, die für den Brexit, also den Ausstieg aus der EU gestimmt haben, auch erst danach überlegt, was das eigentlich bedeutet. Jetzt ist das Kind in den Brunnen gefallen und auch im Sport gibt es viele Mahner, Schwarzseher und Besserwisser. Dabei ist es doch eigentlich logisch: Der Sport hatte schon immer seine eigenen Regeln und er wird sich seine Statuten so hinbiegen, dass die britischen Sportlerinnen und Sportler unter dem Brexit nicht leiden müssen.

Die Blicke sind natürlich vor allem auf den Fußball in England gerichtet. Dort werden ja angesichts der Milliarden, die künftig aus der TV-Vermarktung fließen, Wundertransfers erwartet und Pessimisten zum Beispiel in Deutschland haben Angst, dass die Bundesliga ausblutet. Jetzt werfen sie ihren Blick auf die Statuten in England und frohlocken, dass normale Bundesliga-Stars künftig gar nicht mehr nach England wechseln dürfen, weil es für Spieler aus Nicht-EU-Staaten Einschränkungen gibt. Das ist Schwarzmalerei, denn mit einem Federstrich werden die Bestimmungen geändert und der Weg für Verpflichtungen aus der bisherigen EU ist wieder offen. Die Politik hat den Sport zwar oft missbraucht, aber sie weiß auch genau, wann der Sport ihr dienlich sein kann. Also: Keine Gefahr!

Nein, der Sport wird unter dem Brexit nicht leiden. Wenn sich jetzt einige englische Sportstars verärgert äußern, dann nicht wegen der Zukunft des Sports, sondern weil sie eben zu denen gehörten, die gegen den unsäglichen Brexit waren. Leiden wird England selbst, weil die Stellung des Landes in der politischen Welt eher geschwächt wird, leiden wird vor allem die Wirtschaft, weil erst wieder Handelsabkommen geschlossen werden müssen und London seine zentrale Stellung (zum Beispiel bei den Banken) verlieren könnte. Auswirkungen könnte der Brexit allein auf die Formel 1 haben, weil die meisten Teams in England ansässig sind, aber Chefvermarkter Bernie Ecclestone, ein Brexit-Befürworter, hat schon verkündet: „Das macht in unserem Geschäft keinen Unterschied.“

Der Sport leidet nicht unter dem Brexit, sondern eher unter dem Größenwahn der Funktionäre, unter den zahlreichen Dopingsündern und darunter, dass er zum Teil als Geldbeschaffungsmaschine missbraucht wird. Es wäre aber doch eine schöne Pointe, wenn England am 10. Juli Fußball-Europameister werden würde!