Nur Siege sorgen für ein Wintermärchen
2019 ist noch jung, da steht das erste Highlight des neuen Sportjahres bereits bevor: Die Handball-Weltmeisterschaft vom 10. bis 27. Januar in Deutschland und Dänemark. Besonders für die DHB-Auswahl ist dieses Turnier von besonderer Bedeutung, enttäuschte die Mannschaft doch zuletzt bei den großen Meisterschaften. Im Handball träumte man zuletzt eher von vergangenen Erfolgen, in erster Linie vom Wintermärchen 2007, als die Handballer im eigenen Land überraschend Weltmeister wurden und Deutschland plötzlich zu einem Handball-Land wurde. 16,17 Millionen Zuschauer sahen an den Bildschirmen den Coup der Männer um Bundestrainer Heiner Brand mit seinem markanten Schnauzbart beim 29:24 im Finale von Köln gegen Polen. Die heutige Generation träumt von einer Wiederholung, weiß aber: Nur Siege sorgen für ein Wintermärchen!
Es ist ein bisschen ungewiss, ob Deutschland wirklich gute Voraussetzungen für einen Titelgewinn hat. Es bleibt vieles im Ungewissen, weil zuletzt auch vieles schief gegangen ist. Das Abschneiden bei den letzten WM-Turnieren lässt ebenso kaum Optimismus zu (2017 in Frankreich Neunter, 2015 in Katar Siebter, 2013 in Spanien und 2009 in Kroatien immerhin Fünfter, 2011 aber in Schweden Elfter) wie das peinliche Abschneiden vor einem Jahr bei der Europameisterschaft in Kroatien, als Spieler und Trainer gegensätzliche Vorstellungen hatten und somit keine Einheit bildeten.
Jetzt soll alles anders sein, deshalb träumt man wieder von einem Wintermärchen, will aus Deutschland wieder eine Handball-Nation machen, zumal ja der Fußball zuletzt auch in der Kritik stand. Der Trainer heißt immer noch Christian Prokop. Da gibt es Parallelen zum Fußball, als der DFB nach der Pleite bei der WM in Russland an Joachim Löw als Bundestrainer festhielt. Doch da war der WM-Titel 2014 das handfeste Argument. Solche Erfolge kann Prokop nicht vorweisen, aber er gilt als Trainer der Zukunft. „Ich habe gelernt“, sagt er heute. Zweifellos ist er auf die Spieler zugegangen, hat sie mit ins Boot genommen und seine Taktik eher der Mannschaft angeglichen. Vielleicht bekommt der 40-Jährige, der ausgerechnet am 24. Dezember Geburtstag hat, vom Christkind ein nachträgliches Geburtstag- und Weihnachtsgeschenk. Die Basis ist gelegt, „die Stimmung war noch nie so gut wie jetzt“, heißt es aus der Mannschaft.
Wegbereiter können auch die Fans sein, Deutschland hat in der Vorrunde in Berlin Heimrecht, wo 15.000 die Mannschaft zum Sieg treiben sollen, in der Hauptrunde wären es sogar 19.000 in Köln. Aber nach dem Auftaktspiel am Donnerstag gegen Korea (eine gemeinsame Mannschaft von Süd- und Nordkorea!) warten die dicken Brocken Brasilien, Russland, Titelverteidiger Frankreich und Serbien. Drei Teams kommen weiter, in der Hauptrunde könnten Spanien, Kroatien und Island die Gegner sein. Ein Spaziergang ist nicht in Sicht.
Aber Stärken kann die DHB-Auswahl vorweisen: International erstklassige Torhüter mit Andreas Wolff und Silvio Heinevetter, eine starke Abwehr um Finn Lemke sowie mit Uwe Gensheimer einen Außenstürmer der Kategorie Superklasse. In einer ausgeglichenen Mannschaft ragen noch viele Linkshänder hervor, was zu einem besonderen Trumpf werden kann, denn gegnerischen Abwehrreihen können sich oft nur schlecht auf Linkshänder einstellen. Deutschland scheint also nicht chancenlos zu sein.
Die Favoritenrolle gebührt aber wohl anderen Nationen. Titelverteidiger Frankreich zum Beispiel, aber auch Co-Gastgeber Dänemark, der in Herning (eine Gruppe und Hauptrunde in Kopenhagen) ebenso Heimvorteil genießt und am 27. Januar dort auch im Finale stehen will. Norwegen könnte sogar für ein skandinavisches Endspiel sorgen, aber auch Spanien und Kroatien sind zu beachten. Es ist nicht leicht, ein Märchen zu erleben.
Die deutschen Handball-Fans werden unerwartet beschenkt, denn erstmals seit 2013 sind die Spiele der DHB-Auswahl wieder im Free-TV bei den öffentlich-rechtlichen Sendern ARD und ZDF zu sehen (Eurosport überträgt außerdem weitere 15 Spiele, alle 96 WM-Spiele im Livestream unter http://www.sportdeutschland.tv). Auch deshalb hofft der Verband auf einen Boom und Vizepräsident Bob Hanning gibt das Ziel aus: „Wir sind die klare Nummer 1 hinter Fußball vor Basketball und Eishockey und wir wollen die Distanz zum Fußball verringern.“ Auch das gehört dann zu einer märchenhaften WM.
Telekom-Cup als Auftakt
Ohne Fußball geht es natürlich nicht, die Bundesliga beginnt ihre Rückrunde am Freitag, 18. Januar, mit dem Spitzenspiel TSG Hoffenheim – Bayern München (live im ZDF). Derzeit befinden sich die Teams noch in ihren Trainingslagern, vorherrschend in Spanien. Am exotischsten wieder Meister München in Katar. Einen Vorgeschmack auf die Punktrunde gibt der Telekom-Cup am Samstag, 13. Januar, in Düsseldorf. Da duellieren sich im 1. Halbfinale Fortuna Düsseldorf und die Bayern (ab 13.00 Uhr), im 2. Halbfinale Mönchengladbach und Hertha BSC Berlin. Gespielt wird über jeweils 45 Minuten, danach gibt es das Spiel um Platz drei und das Finale (ca. 16.30 Uhr). Vielleicht gibt es schon einen Fingerzeig, brisant das erneute Aufeinandertreffen der Fortuna mit den Bayern, denn in der Bundesliga holten die Düsseldorfer ein 3:3, ein endgültiger Weckruf, der dann die Bayern-Krise beendete. Der Telekom-Cup also als Start in eine starke Bayern-Rückrunde?
Eine starke Vorrunde spielte vor allem Borussia Dortmund, was sich jetzt in allen Ranglisten und Wahlen niederschlägt. Bei einer Umfrage der Fachzeitschrift kicker unter den Bundesliga-Profis (214 machten mit) dominierte der Tabellenführer. So wurde Marco Reus zum Feldspieler der Vorrunde gewählt, Lucien Favre war der Gewinner unter den Trainern (Verlierer Tedesco, Schalke), Aufsteiger der Vorrunde Jadon Sancho (Absteiger Mats Hummels). Und wer wird Meister? 73,4 Prozent sagen eben Borussia Dortmund voraus, nur 22,9 Prozent trauen dies noch Bayern München zu. Wenn das keine Motivation für den Titelverteidiger ist!
Einige Spieler sorgten auch für Schlagzeilen in der Winterpause. Mit dabei auch Dortmund, das Flügelflitzer Pulisic zu Chelsea London transferierte (ab Sommer), wobei die Ablöse von 64 Millionen Euro manchen wieder staunen lässt. Staunen auch über den Abgang von Abwehrrecken Naldo von Schalke nach Monaco. In der letzten Saison war der Brasilianer noch eine Mannschaftsstütze und Tor-Garant, in dieser Saison landete er auf dem Abstellgleis. Da lief wohl einiges schief. Einiges schief lief auch bei Franck Ribery. Mit einem Gold-Steak hat er sich in Dubai für die Rückrunde gestärkt, was einen Shitstorm im Internet auslöste. Die 1200 Euro hat er nicht selbst bezahlt, er war eingeladen. Das Steak wurde doch teurer, denn auf Kritik der Leser schlug er mit Beleidigungen und Kraftausdrücken unterhalb der Gürtellinie zurück und wurde von den Bayern zu einer hohen Geldstrafe verdonnert. Sein Verhalten war eines Meisters nicht würdig. Ribery hat damit wohl auch sein Karriere-Ende in München beschleunigt.