Weltverband verhindert Handball-Euphorie

von knospepeter

 

Der Sport-Grantler hat diesen Zustand schon oft angeprangert und er fühlt sich in diesen Tagen wieder bestätigt: Gerade die Verbandsfunktionäre haben nicht die Weiterentwicklung ihres Sportes im Auge, sondern sind kurzfristig nur auf ihren eigenen und den finanziellen Vorteil ihres Verbandes bedacht. Diese Engstirnigkeit ist für die Zukunft ihres Sportes schädlich. Aktuelles Beispiel: Der Weltverband verhindert eine Handball-Euphorie!

Am Mittwoch, 11. Januar, beginnt die Handball-Weltmeisterschaft in Frankreich. Mit dabei ist Deutschland, was keine Selbstverständlichkeit ist. Vor zwei Jahren in Katar hatte die DHB-Auswahl die Qualifikation verpasst, bekam vom Weltverband aber eine „Wildcard“, weil der deutsche Markt doch so wichtig sei. In diesem Jahr ist Deutschland nicht so wichtig, dabei hat sich die deutsche Mannschaft unter ihrem Trainer Dagur Sigurdsson so positiv entwickelt.

Platz sieben in Katar war der Start für einen unvergleichlichen Aufschwung. Deutschland wurde vom Fußball- zum Handball-Land, als die „Bad Boys“, so nennt Sigurdsson seine Spieler, vor einem Jahr im Finale der Europameisterschaft gegen Spanien sensationell den Titel holten. 15 Millionen Zuschauer saßen begeistert vor den Fernschirmen, eine unvorstellbare Zahl, die jeden Tatort schlug und sonst nur vom Fußball erreicht wird. Die Bronzemedaille bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro war noch eine freudige Zugabe. Handball im Aufwind.

Jetzt muss der Deutsche Handball-Bund wieder einen Abwind befürchten. Es ist Weltmeisterschaft und eine breite Öffentlichkeit wird dies gar nicht oder nur wenig merken. Fernsehbilder gibt es in Deutschland keine, weil der Weltverband die TV-Rechte an die katarische Firma beIN Sports vergeben hat. Und die bestand bei den Verhandlungen über Fernsehbilder darauf, dass eine Ausstrahlung über die Grenzen Deutschlands hinaus verhindert werden muss. Das konnte kein Sender leisten und auch der Bezahlsender Sky, vor zwei Jahren kurzfristig eingesprungen, zeigte kein Interesse. Die Deutsche Kredit-Bank (DKB) als Sponsor des Verbandes landete zwar noch einen Coup damit, dass sie sich die Rechte für eine Internet-Übertragung sicherte, aber die Masse wird www.handball.dkb.de kaum zuschauen. Eine Handball-Euphorie kann so kaum entstehen.

Das sollten sich alle Verbandsfunktionäre einmal merken: Bei der Vergabe der TV-Rechte muss vor allem eine weite Verbreitung gewährleistet sein, sonst kann der Sport keine Breitenwirkung erzielen, kann vor allem die Jugend nicht erreichen, um die Zukunft zu sichern. Reichweite muss vor großer Kasse stehen.

Es ist Schicksal, dass die deutsche Mannschaft bei dieser WM statt wie zuletzt nicht zu den Außenseitern gehört, sondern zum kleinen Kreis der Favoriten, zu dem Gastgeber Frankreich, Spanien, Olympiasieger Dänemark und vielleicht noch Kroatien zu zählen sind. 24 Nationen sind am Start, gespielt wird in vier Gruppen, die jeweils vier besten Teams qualifizieren sich für das Achtelfinale (ab 21. Januar). Deutschland trifft auf Ungarn, Chile, Saudi-Arabien, Weißrussland und Kroatien und hat wohl nur Kroatien zu fürchten. Der Gegner kommt dann aus der Gruppe D (Erster gegen Vierter usw.), wo vor allem Dänemark als Favorit gilt, aber auch Schweden, Katar, Ägypten und Argentinien müssen beachtet werden. Das Halbfinale gilt als Ziel zum Abschied von Dagur Sigurdsson, das Finale am 29. Januar wäre ein Traum – nur für die Handball-Fans hierzulande nicht, weil sie es im Fernsehen nicht verfolgen können.

Die Weltmeisterschaft ist das Abschiedsturnier für den Bundestrainer aus Island, der sich für eine Zukunft in Japan entschieden hat. In 28 Monaten hat er dem deutschen Handball neues Leben eingehaucht, hat Erfolge erzielt, obwohl die Mannschaft jeweils vom Verletzungspech gebeutelt wurde. Nie, auch jetzt nicht in Frankreich, konnte er seine beste Mannschaft an den Start bringen, aber er hat alle Hürden glänzend gemeistert. Nur an einer Hürde scheiterte er: Am Weltverband, dem nicht an einer Handball-Euphorie gelegen ist, sondern vor allem an einer vollen Kasse. Schade für den Deutschen Handball.

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