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Kommentare rund um Fußball und anderen Sport

Tag: Olympische Spiele

Corona sorgt für ein Terminchaos 2021

IOC-Präsident Dr. Thomas Bach ist kein Mann der Tat, seine Stärke ist das Strippenziehen. Nur, Geschäfte im Hinterzimmer konnte er mit Corona nicht machen. Das Virus schert sich nicht um Geld und gute Beziehungen und der IOC-Präsident zeigte sich machtlos. Machtlos, ein Machtwort zu sprechen und so mussten ihn andere zu der Entscheidung „tragen“, bis klar war, dass die Olympischen Sommerspiele 2020 in Tokio verlegt werden.

Zuerst hatten viele Athleten kapiert, dass Olympia in diesem Jahr nicht zu veranstalten war, später haben einige Nationen ihre Absage verkündet und danach hat Japans Ministerpräsident Abe dem IOC die Entscheidung abgenommen und verkündet: Die Spiele werden um ein Jahr verschoben, finden 2021 statt. Erst dann urteilte Thomas Bach „mutig“: „Es gab keine Alternative zu dieser Entscheidung“. Es ging nicht allein um das Virus, das einen Zeitpunkt sowieso ungewiss machte, sondern auch um Gerechtigkeit gegenüber den Sportlern. Qualifikationen konnten nicht mehr ausgetragen werden, Dopingkontrollen mussten ausgesetzt werden, Manipulationen war Tür und Tor geöffnet.

Hauptleidtragender ist natürlich Tokio, das schon 1940 mitten im Zweiten Weltkrieg die zugesagten Spiele ausfallen lassen musste und dafür 1964 bedacht wurde. Jetzt soll es schneller gehen, ist aber mit enormen Kosten verbunden. Die Kosten der Spiele, ursprünglich mit 11,5 Milliarden Euro geplant, sollen sowieso auf das Doppelte angestiegen sein, jetzt kommen noch einmal fast sechs Milliarden hinzu. Die Sportstätten sind fertig, manche Bauten sollten nach den Spielen anderweitig verwendet werden. Die Wohnungen im Olympischen Dorf sind zum Teil verkauft. Tokio steht vor großen Problemen. Man darf den Japanern wünschen, dass sie 2021 noch ein großes Fest feiern können.

Der internationale Sport steht aber auch vor großen Problemen, für 2021 droht ein Terminchaos, nachdem bereits die Fußball-Europameisterschaft verlegt worden ist (11. Juni – 11. Juli), Schwimmer und Leichtathleten ihre Weltmeisterschaften im Juli bzw. August austragen wollen, dazu wurden im Fußball auch die Frauen-Weltmeisterschaft und die EM der U21 auf das nächste Jahr verschoben. Überschneidungen werden sich nicht vermeiden lassen. Das Ziel muss sein, die Sportler vor Überlastungen zu schützen. Für junge Fußballer stehen gleich Termine an, nämlich EM, Olympia und EM der U21. Auf drei Hochzeiten können sie nicht tanzen.

Bei allen Überlegungen müssen die Athletinnen und Athleten im Vordergrund stehen. Nachdem die Spiele auch 2021 ihren Namen von den Sommerspielen 2020 behalten sollen, wäre es eigentlich logisch, dass die bisher ausgetragenen Qualifikationen ihre Gültigkeit behalten, die erreichten Normen nicht noch einmal erfüllt werden müssen. Außerdem sollten bei einigen Sportarten, wie zum Beispiel im Fußball, die Altersgrenzen von 2020 gelten, damit den Kandidaten von 2020 nicht der Traum von Olympia geraubt wird. Corona sorgt also nicht nur für gesundheitliche Probleme.

Es mag die Organisatoren aller Wettbewerbe und das IOC trösten, dass die Fernsehanstalten weltweit verkündet haben, dass sie auch im nächsten Jahr ihre Übertragungsrechte wahrnehmen wollen, das sichert vor allem Einnahmen, das lässt hoffen, dass um Gelder nicht gestritten wird. Die Sportfans allerdings, die jetzt über Wochen hinweg mit Magerkost leben müssen, werden dann übersättigt. Gesund könnte auch dies nicht sein.

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Gewinner und Verlierer der Corona-Krise

Corona hält die Welt in Atem, nein, das Virus legt die Welt fast lahm. Probleme dieser Art, wie wir sie jetzt erleben, wurden eigentlich für unvorstellbar gehalten. Aber jetzt sind sie da und da gibt es die Gedanken, wer ist in der Bewältigung der Krise im Sport eigentlich ein Gewinner und wer Verlierer? Natürlich, Verlierer sind wir alle, denn das Leben ist nicht mehr so, wie wir es zu leben gewöhnt sind. Aber speziell im Sport können wir doch einige Gewinner, solche, die beherzt Handeln und gute Entscheidungen getroffen haben, und Verlierer, die eben das Gegenteil, nämlich zögerlich sind, herausstellen. Hier ein Versuch:

Gewinner

Christian Seifert: Der DFL-Chef beeindruckte als Krisenmanager. Bisher hatte er einen leichten Job, als Verkäufer der Fußball-Bundesliga rannten ihm die Interessenten die Bude ein. Jedes Jahr mehr Geld durch die Fernsehverträge, das brachte ihn in die Schlagzeilen. Jetzt war er in anderen Aufgaben gefragt und meisterte sie souverän. Die Bundesliga hat Führung, trotz aller Ungewissheiten. Frühzeitig machte er darauf aufmerksam, welches Geld und welch ungeheure Zahl von Jobs am Fußball hängen. Sein Motto „wir müssen den Fußball retten“. Aber auch er kann nicht sagen und schon gleich gar nicht bestimmen, wann selbst Geisterspiele möglich sind. Virologen behaupten sogar, mit Publikum kann die Fußball-Bundesliga erst 2021 wieder spielen. Bundesliga-Geisterspiele wären aber auch eine Ablenkung für die leidgeprüfte Gesellschaft, nicht nur für Fans.

Joshua Kimmich/Leon Goretzka: Es ging ihnen nicht um Schlagzeilen, sondern um Hilfe. Die Bayern-Stars riefen die Hilfsaktion „We Kick Corona“ ins Leben, um während der Corona-Krise soziale und karitative Einrichtungen zu unterstützen. Sie starteten selbst mit einer Million Euro und haben in zwei Tagen bereits drei Millionen zusammen. Zudem haben sie bei der Nationalmannschaft zu den 2,5 Millionen Euro Spende beigetragen. Sie stehen an Stelle von vielen Profi-Sportlern, die die Zeichen der Zeit erkannt haben, ihren Verein (vor allem die „normalen“ Mitarbeiter) unterstützen und Gehaltsverzicht üben. Der harte Profisport ist weichgespült.

Aleksander Ceferin: Der Präsident der UEFA zauderte nicht wie andere Verbandsfürsten, sondern handelte und sorgte frühzeitig für Klarheit mit der Verlegung der Fußball-Europameisterschaft von 2020 auf 2021. Ein Stück Arbeit hat er aber noch vor sich, er will wie Seifert mit der Bundesliga dafür sorgen, dass auch Champions League und Europa League zu Ende gespielt werden. Hier muss er Feingefühl zeigen und abwägen zwischen nationalen und europäischen Interessen. Aber auch gegenüber der FIFA zeigte er zuletzt immer die Stärke, die man von einem UEFA-Präsidenten erwartet.

Gernot Tripcke: Der Geschäftsführer der Deutschen Eishockey Liga sorgte als erster für Klarheit von allen Ligen: Die Eishockey-Saison endete frühzeitig. Eishockey hat allerdings auch ein besonderes Problem, die Eisstadien können nicht auf ewig in Betrieb bleiben, die Kosten würden explodieren und die Mehrzweckhallen stehen nicht unbegrenzt zur Verfügung. Klar erkannt und klare Kante gezeigt.

Dietmar Hopp: Der Milliardär ist das Feindbild der Fans, jetzt ist der Hoffnungsträger in der Corona-Krise. Er hält die Mehrheit bei der Firma, die auf der Suche nach einem Gegenmittel gegen Corona ist. Die Firma in Tübingen scheint in ihren Tests am weitesten zu sein, Hopp verhinderte Übergriffe aus dem Ausland. Daran sollten sich die Fans später erinnern.

Einfallsreichtum: Das ist jetzt gefragt, alle, egal ob Fans, Sportler oder Funktionäre, müssen ein gewisses Maß an Einfallsreichtum zeigen, um die Krise zu überwinden, um das Überleben der Vereine in allen Sportarten zu ermöglichen. Ein Beispiel bietet der Fußball-Traditionsverein Rot-Weiß Essen, er bietet ein virtuelles Heimspiel gegen Corona an und die Fans können dabei sein und den Verein wie im Stadion unterstützen. Sie orderten bisher rund 1900 Tickets, 3600 Becher Bier und 1500 Bratwürste, was dem Verein 40.000 Euro einbrachte. Ein Spiel ohne Zuschauer kostet Essen 100.000 Euro. Die Not wird gelindert, die Fans werden also auch zu Gewinnern.

Verlierer

Dr. Thomas Bach: Der IOC-Präsident gibt eine überaus schlechte Figur ab, er will quasi die Pandemie aussitzen und hofft, dass die Olympischen Sommerspiele im Juli in Tokio noch zu retten sind. Selbst Laien erkennen, dass es ein Wahnsinn ist, Hunderttausende im Sommer Olympia feiern zu lassen, da ist Corona mit Sicherheit noch nicht besiegt. Und ein Geister-Olympia kann es nicht geben. Selbst die Japaner sehen bereits die Notwendigkeit einer Verlegung, so wie eben auch bei der Fußball-EM. Bei Olympia böte sich 2022 an, im gleichen Jahr wie die Winterspiele, so wie es ja früher war. Vorteil 2022 wäre, dass die Fußball-WM in Katar im Winter ausgetragen wird. Thomas Bach müsste angesichts seiner falschen Einschätzung eigentlich zurücktreten.

Formel 1: Auch die Macher der Formel 1 unterlagen einer Fehleinschätzung der Lage, sie wollte ebenfalls mit allen Mitteln die Rennen durchführen respektive ihre investierten Millionen retten. Corona zwang sie in die Knie. Eine Frechheit war es, die erste Veranstaltung in Australien erst dann abzusagen, als die Fans schon vor der Tür standen. Die Realität sieht es jetzt ganz anders aus, zumindest bis Anfang Juni wird es keine Rennen geben, sogar Aserbaidschan wurde abgesagt.

Basketball-Bundesliga: Anders als im Eishockey wollen Handball und Basketball versuchen, ihre Saison notfalls mit Geisterspielen wie im Fußball noch zu Ende zu bringen. Basketball hat aber noch ein großes Problem: Viele ausländische Spieler laufen ihren Vereinen davon, ein echter Wettbewerb findet dann nicht mehr statt.

Bergamo: Die Stadt in der Nähe von Mailand ist wohl der am meisten leidende Ort der Welt, quasi das Zentrum der Corona-Epidemie. Es ging vom Himmel in die Hölle. Ganz Bergamo feierte noch am 19. Februar in Mailand den 4:1-Triumph über Valencia, man lag sich in den Armen, errang einen historischen Erfolg auf Europas Bühne. „Sie küssten und sie herzten sich“ hieß es über die Fans, heute weiß man, dass dies wohl der Beschleuniger der Corona-Epidemie war. Heute beklagt Bergamo Hunderte von Toten, allein in der vergangenen Woche waren es 400. Tragischer könnte es nicht sein.

Was der Sport jetzt braucht, ist eine realistische Einschätzung der Lage und am Ende das Glück, dass die Leute vernünftig sind, Abstand halten und Geisterspiele möglich sind, um die meisten Vereine über Wasser zu halten bzw. zu retten. Ansonsten gilt das Motto: Bleiben Sie gesund!

Jürgen Klopp als Vorkämpfer gegen den Termin-Wahnsinn

Manche reagierten vielleicht mit Schadenfreude auf das Ergebnis, Jürgen Klopp aber nahm das Ergebnis eher mit Schrecken zur Kenntnis. Was war passiert: Im FA Cup in Englands Fußball reichte es für Champions-League-Sieger FC Liverpool nur zu einem 2:2 beim Drittligisten Shrewsbury Town – und das nach einer 2:0-Führung. So etwas ist auch anderen Favoriten schon passiert, doch Klopp hat es zum Teil selbst verursacht. Der Trainer stellte nicht sein stärkste Elf auf, sondern eher ein B-Team, was allerdings gegen einen Drittligisten auch reichen sollte. Tat es nicht und so hat der beste Trainer der Welt nun ein Problem: In England gibt es kein Elfmeterschießen sondern ein Wiederholungsspiel. Und das wurde genau in die erstmals eingeführte Winterpause gelegt.

Kein Wunder, dass der deutsche Trainer auf die Barrikaden ging, Klopp reagierte auf seine Art: Er kündigte für das Wiederholungsspiel den Einsatz der zweiten Mannschaft an, also eine Aufgabe für das C-Team. Klopp sieht seine Bemühungen um eine Schonung der sich im Dauerstress befindlichen Stammspieler konterkariert. Schonung ist nicht angesagt, wenn es zusätzliche Termine gibt und so wird Klopp zum Vorkämpfer gegen den Termin-Wahnsinn: „Die Termine wuchern aus, keiner denkt mehr an die Gesundheit der Spieler,“ wettert er. Der Trainer muss es tun, schließlich wird er die Ziele Liverpools mit müden Spielern kaum erreichen, da könnte selbst der gigantische Vorsprung von 16 Punkten auf Manchester City in der Premier League nicht mehr reichen. Und der erste Titelgewinn nach 30 Jahren Wartezeit ist das erklärte Ziel, da spielt der FA Cup nur eine untergeordnete Rolle.

Der FC Liverpool war schon einmal Leidtragender des Termin-Wahnsinns, als die Mannschaft nämlich im Liga-Cup antreten musste, obwohl sie tags darauf Europa bei der Klub-Weltmeisterschaft in Katar vertreten musste. Liverpool schied mit einer C-Elf im Liga-Cup aus, wurde aber Klub-Weltmeister. Jetzt soll die wichtige Erholungszeit unterbrochen werden, Liverpool hat vom 2. bis 14. Februar spielfrei. Erstmals hat die Premier League eine variable Pause für alle Klubs eingeführt, weil eben geklagt wurde, dass die englischen Klubs in den entscheidenden Wochen im Frühjahr meist müde sind, weil sie an Weihnachten durchspielen müssen, während sich die Konkurrenz in Europa eine Winterpause genehmigt. Verständlich, dass sich ein Trainer diese notwendige Pause nicht zunichte machen lassen will. Für Klopp gibt es kein zurück: „Ich habe den Spielern schon freigegeben.“

Es sind geldgierige Funktionäre und Manager, die mit dem Fußball Gewinn machen wollen, die für einen überbordenden Terminkalender sorgen. Der nächste Wahnsinn ist schon im Gespräch. So wird schon die Klub-Weltmeisterschaft auf 24 Vereine aufgebläht und sie wird künftig im Sommer vor jeder Weltmeisterschaft gespielt, erstmals 2021 in China. Erholungspause im Sommer? Fehlanzeige! Dazu passt der neueste Plan, der publik wurde: US-Milliardär Ross will die besten Vereine Europas zur „Champions League on tour“ nach Amerika holen, wo bisher schon der „Champions Cup“ im Sommer ausgespielt wurde und es 100 Millionen Dollar zu verdienen gab. Nur wurde der von Klubs wie Manchester City, Juventus Turin oder Bayern München nur als lockerer Vergleich im Rahmen der Saison-Vorbereitung gesehen. Strapaziös durch die Reisen, aber lukrativ. Jetzt soll der Cup unter dem Dach der FIFA einen offiziellen Anstrich bekommen und erweitert werden. FIFA-Boss Gianni Infantino ist natürlich sofort Feuer und Flamme: Mehr Spiele, mehr Geld. Die Gesundheit der Spieler steht im Hintergrund, kein Sommer mehr zur Erholung? Wo soll der Termin-Wahnsinn noch hinführen?

Beim Fußball ist es pure Geldgier, doch mit dem Termin-Wahnsinn steht der Fußball nicht allein da. Im Handball kennt man ähnliches, doch da spielt nicht das Geld die große Rolle, sondern eher ein Streit zwischen dem europäischen Verband und den nationalen Ligen. So musste ein Handball-Bundesligist an zwei Tagen hintereinander in der Bundesliga und im Europacup antreten, weil der europäische Verband auf die Bundesliga keine Rücksicht nahm. Auch hier spielte national das B-Team. Geht nicht anders. Eine Terminhetze erlebt die Handball-Nationalmannschaft ausgerechnet auch bei der so wichtigen Olympia-Qualifikation. Drei Spiele in drei Tagen müssen vom 17. bis 19. April absolviert werden, die Gegner sind dabei in dieser Reihenfolge Schweden, Slowenien und Algerien. Da gibt es für Deutschland kein Einspielen, da muss die Mannschaft von Beginn an funktionieren, schließlich dürfen nur zwei Teams nach Tokio. Wer müde ist, hat schon verloren. Es scheint, es bedarf noch weiterer Vorkämpfer gegen den Termin-Wahnsinn im Sport.

Der Fußball im Jahr 2020

Testspiele und Wechselgerüchte beschäftigen derzeit die Fußball-Bundesliga, so dass der Blick kaum über den Tellerrand hinausgeht. Die Fußball-Fans sollten aber wissen, dass im Jahr 2020 entscheidende Weichen für die Zukunft des Fußballs gestellt werden könnten. Weichen in die Richtung, ob der Profi-Fußball endgültig zur Geldbeschaffungsmaschine verkommt oder ob er wenigstens noch ein bisschen ein Herz für die Fans behält und sich nicht als Volkssport verabschiedet.

Verwunderung hat schon die TV-Rechtevergabe für die Champions League hervorgerufen, denn nur das Geld war wichtig, nicht die Wünsche der Fans. Die deutschen Fans schluckten, als bekannt wurde, dass Sky ausgebootet wurde und mit Amazon ein neuer Anbieter auf der Bühne erschien. Die Champions League ist ja schon im Pay-TV verschwunden, aber jetzt wird es noch komplizierter. Das kann sich fortsetzen, denn 2020 werden die Rechte für die Bundesliga ab 2021 vergeben. Sky wird sich auf die Hinterbeine stellen, um nicht auch noch diese Rechte zu verlieren, denn Sky ist ja so etwas wie der Bundesliga-Sender geworden. Von der DFL heißt es zwar, dass mehr Bundesliga im Free-TV zu sehen sein soll, doch die Klubs träumen auch von erhöhten TV-Einnahmen. Was kommt da raus? Zersplittern die Übertragungsrechte, so dass sich keiner mehr auskennt? Kommt das Ende der Institution Sportschau und kommt das Sport-Studio weiter zum Zug? Die Antwort werden wir im Frühjahr bekommen.

International stehen bekanntlich die Europameisterschaft und die Olympischen Sommerspiele in Tokio auf dem Programm. Die EM mit 24 Nationen in 12 Ländern ist ein Experiment und ein eklatanter Verstoß gegen das neue Umweltdenken, wenn sich Fans und Mannschaften fast laufend in der Luft befinden und von Flugscham keine Rede sein kann. Das Fußballturnier bei Olympia vom 24. Juli bis 9. August tangiert die Bundesliga insoweit, als Spieler für die deutsche und ausländischen Mannschaften abgestellt werden sollen. „Sollen“ wohlgemerkt, denn eine Abstellungspflicht besteht nicht. Allerdings fehlen die Spieler nicht bei Punktspielen, sondern nur in der Vorbereitung. Dennoch muss sich Bundestrainer Stefan Kuntz für die Besetzung etwas einfallen lassen, er darf nur auf Spieler der U 23 zurückgreifen und zusätzlich drei ältere Spieler nominieren, muss dabei aber auch berücksichtigen, dass kein Klub besonders belastet wird. Am Ende soll er allerdings auch noch erfolgreich sein. Vor vier Jahren gab es Silber.

2020 werden aber wohl auch die Weichen dafür gestellt, wie es mit der Klub-Weltmeisterschaft weitergehen wird. Die nächste Klub-WM findet 2021 in China statt und es werden dann erstmals 24 Mannschaften teilnehmen. Bisher waren es sieben, vor kurzem holte sich in Katar Jürgen Klopp mit dem FC Liverpool den Titel. Streit gibt es hinter den Kulissen, denn die UEFA will nur acht europäische Teams entsenden, doch das Vereinsinteresse ist offensichtlich groß, Europas Topklubs wollen zwölf Teilnehmer dabei haben, weil Ruhm und lukrative Prämien locken. Da wird dann auch nicht mehr von einer zusätzlichen Belastung gesprochen. Geld sorgt wohl für die nötige Kondition bzw. Erholung.

Um Geld geht es beim Videobeweis nicht, sondern um Gerechtigkeit. Doch der Stein des Weisen wurde noch nicht gefunden, statt weniger gibt es fast mehr Diskussionen über Schiedsrichter-Entscheidungen, vor allem wegen der unübersichtlichen Regelauslegung für ein Handspiel und der strengen Blicke auf das Abseits. Hier geht es inzwischen um Millimeter, doch das kann es eigentlich nicht sein, die Linie, die das Abseits beweisen soll, ist nicht von Fehlern frei. Immer mehr setzt sich die Erkenntnis durch, dass es nicht um Fuß- oder Nasenspitze gehen kann, sondern es mehr Großzügigkeit geben muss, damit die Entscheidungen schneller gefällt werden können. Vorschlag: Wenn sich die Spieler auf gleicher Höhe befinden, ist es kein Abseits, egal ob Knie, Arm oder Nasenspitze herausragen. Entscheidend sollte sein, dass die Wartezeit bis zur Entscheidung verkürzt wird. Der Fußball leidet nämlich, typisch das Befinden von Spielern und Fans: „Man traut sich ja gar nicht mehr zu jubeln.“

Wir sehen, 2020 hält für uns Fußball-Fans einiges bereit. Manches könnte sogar zur Weichenstellung für das ganze Jahrzehnt werden. Lassen wir uns überraschen und hoffen wir darauf, dass der Fußball nicht im Geld verschwindet…

2020 lässt die Herzen der Sport-Fans schneller schlagen

Spitzensportler müssen immer für Bestleistungen sorgen, sollten immer in Form sein, denn meist reiht sich Wettkampf an Wettkampf und manchmal wird es sogar zu viel. Die Sport-Fans dagegen (wenn sie nicht gerade im Fußball Woche für Woche unterwegs sind) sehen großen Sportjahren im Zwei-Jahres-Rhythmus entgegen. Gerade Jahre sind die Sportjahre wo sich ein Höhepunkt an den anderen reiht, so lässt auch 2020 mit Sicherheit die Herzen der Sport-Fans schneller schlagen. Im Mittelpunkt stehen die Fußball-Europameisterschaft und die Olympischen Sommerspiele in Tokio.

Im Fußball gilt der Vier-Jahres-Rhythmus mit abwechselnd Weltmeisterschaft und Europameisterschaft, ansonsten aber hat sich im Spitzensport der Zwei-Jahres-Rhythmus durchgesetzt, sogar bei Olympia, als das IOC erkannte, dass Sommer- und Winterspiele in einem Jahr eigentlich zu viel sind und die Olympischen Spiele doch öfters ins Gespräch kommen sollten. So gab es nach 1992 in Albertville zwei Jahre später die nächsten Winterspiele in Lillehammer (übrigens die schönsten aller Zeiten), um Sommer- und Winterspiele zu trennen. Die Sommerspiele bleiben im Vier-Jahres-Rhythmus und so haben wir 2020 wieder Olympia mit Tokio vom 24. Juli bis 9. August als Gastgeber.

Das erste Highlight für die Sport-Fans steht aber kurz bevor, die Handball-Weltmeisterschaft vom 9. bis 26. Januar in Österreich, Norwegen und Schweden, bei der die deutsche Mannschaft sogar Medaillenträume hegt. Deutsche Medaillen soll es auch bei der Biathlon-WM vom 12. bis 23. Februar im Südtiroler Antholz geben. Eine WM, die vor allem bei den deutschen Fernseh-Zuschauern Beachtung findet, starke Einschaltquoten sind nämlich garantiert. Da sieht es bei der Eishockey-Weltmeisterschaft vom 6. bis 25. Mai in der Schweiz schon anders aus, die Nation wacht nur dann auf, wenn Erfolge zu verzeichnen sind und die sind im Eishockey selten. Die OIympia-Silbermedaille von 2018 war eine absolute Ausnahme, eher steht der Abstiegskampf im Vordergrund.

Zu der Zeit dreht die Formel 1 schon lange wieder ihre Runden, Start der neuen Saison ist am 15. März in Melbourne, der letzte Lauf wird am 29. November in Abu Dhabi ausgetragen. Es wird dann das 22. Rennen im vollgepackten Terminkalender sein. Nur um Deutschland macht die Formel 1 einen Bogen und Sebastian Vettel ist der letzte Mohikaner der einst starken deutschen Formel-1-Armada. So hält einzig Mercedes das deutsche Interesse hoch, die Boliden werden allerdings in England gefertigt.

Mehr Interesse als Formel 1 und Olympia findet die Fußball-Europameisterschaft, Fußball beherrscht bekanntlich das Sport-Geschehen fast überall auf der Welt, besonders aber in Europa. Zum 60-Jährigen Jubiläum dieses Turniers hat sich der damalige UEFA-Präsident Michel Platini etwas Besonderes ausgedacht und die Zustimmung erhalten: Ein echtes Europa-Turnier europaweit von Ost bis West, von Nord bis Süd, von Baku bis Bilbao, das vom 12. Juni bis 12. Juli ausgetragen wird. 24 Nationen sind dabei, spielen in sechs Gruppen, wobei Deutschland in München Gastgeber sein darf in der Hammer-Gruppe mit Titelverteidiger Portugal und Weltmeister Frankreich als Gegner, der dritte wird noch gesucht. Ziel der 24 Mannschaften ist London, dort steigt am 12. Juli um 21.00 Uhr im Wembley-Stadion das Finale.

Noch ist dies aber nicht das Ende der Highlights, es schließt sich nach Olympia noch im August die Leichtathletik-Europameisterschaft vom 25. bis 30. August in Paris an. Und auch die Golfer, die wie die Tennis-Asse immer wieder bei Master- bzw. Grand-Slam-Turnieren für Aufmerksamkeit sorgen, haben einen besonderen Höhepunkt, den Erdteilkampf zwischen den USA und Europa, den Ryder-Cup, der vom 25. bis 27. September in Haven/USA ausgetragen wird.

Es ist also viel los 2020, leider wird es dabei nicht nur um den Sport gehen. Korrupte und geldgierige Verbandsfunktionäre sowie gedopte Sportler werden auch in diesem Jahr für Schlagzeilen sorgen und wir dürfen gespannt sein, welche Entwicklung diese schwarze Seite des Sports im neuen Jahrzehnt nehmen wird. Außerdem werden auch die Herzen der Verbandsfunktionäre schneller schlagen, weil es für sie ein paar Unwägbarkeiten gibt. Im Fußball muss man abwarten, wie der zerfledderte Terminplan und die Reisestrapazen von Spielern und Fans angenommen und verkraftet werden, bei Olympia hoffen die IOC-Bosse, dass der Wettergott ein Einsehen hat und Tokio nicht von einer Hitzewelle erfasst wird (einige Vorkehrungen wurden getroffen und Wettbewerbe verlegt) oder, noch schrecklicher, das gefährdete Japan gerade da von einem Erdbeben erfasst wird.

Aber hoffen wir, dass das Sportjahr glatt über die Bühne geht, uns viel Spaß bringt und wenig Skandale. Der Sport-Grantler wünscht allen seinen Lesern ein gutes neues Jahr und viel Spaß am Sport, aktiv und passiv, und viel Spaß beim Lesen dieser Kolumnen.

Betrug an den Sportlern

Die Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Katar sorgt für Aktualität bei einem brisanten Thema, das endlich einmal seriös behandelt und aufgearbeitet werden muss: Der Betrug an den Leistungssportlern, die ein Spielball der Verbände sind. Die Sportler (Gesamtbegriff für Frauen und Männer) sind es, die im Mittelpunkt stehen und die Zuschauer in die Stadien locken (wenn es nicht gerade Doha ist) und die das Geld in die Kasse der Verbände spülen. Natürlich werden sie unterstützt und erhalten Prämien, doch ihre Interessen werden bei weitem nicht ausreichend berücksichtigt. Kein Sportler hätte eine Weltmeisterschaft in das heiße Katar vergeben, wo das Interesse an der Leichtathletik bei Null liegt und die WM eher der Belustigung der Scheichs dient.

Wann gehen die Sportler auf die Barrikaden, wann gründen sie eine Gewerkschaft zur Durchsetzung ihrer Interessen? Es wird Zeit. Schon vor drei Jahren hatte der ehemalige Ski-Star Christian Neureuther gefordert: „Die Sportler müssen rebellieren.“ (Siehe der Sport-Grantler vom 24. Oktober 2016 „Aufruf zur Rebellion im Sport“). Es geht je nach Sportart um Sicherheit, Belastung und Bezahlung. Die Verbände nehmen an Fernsehgeldern und von Sponsoren Millionen Dollar oder Euro ein, schütten aber nur eine geringe Summe an die Sportler aus, die Funktionäre dagegen genehmigen sich selbst schöne Reisen und zweigen hohe Tantiemen für ihre eigenen Bedürfnisse ab. Das Geld aber schaffen die Sportler heran. Speerwurf-Olympiasieger Thomas Röhler hat es in einem Interview deutlich angesprochen, weil Verbände wie das IOC oder die IAAF mit den Sportlern verdienen: „Die verkaufen uns“, moniert er, „unsere Leistungen haben Werbe- und Unterhaltungswert, aber die Gelder kommen bei uns nicht an.“

Es ist Betrug am Sport und an den Sportlern, wenn die Bedingungen für den Leistungssport nicht stimmen, wenn die Belastung immer mehr gesteigert wird, so dass sich Verletzungen mehren, Ruhepausen wegfallen, aber die Verbände mehr kassieren. Es ist aber auch Betrug an den Zuschauern, wenn es den Athletinnen und Athleten nicht mehr möglich ist, ihre beste Leistung zu zeigen. Auch Doping ist Betrug am Sport und an den Sportlern, die oft nicht wissen, welche Pillen ihnen wirklich verabreicht werden oder sie werden unter Druck gesetzt, um gegen die Regeln zu verstoßen, nach dem Motto „merkt ja keiner“. Der Sport ist generell schön und reizvoll, gleichermaßen aber ebenso korrupt und verdorben. Das Motto „Sport macht Spaß“ gilt fast nur noch für den Freizeitsport.

Eine Umkehr kann es nur geben, wenn die Sportler sich ihrer Sache selbst annehmen. Alles hat seine Grenzen, so wie die Leichtathletinnen gegen die Kameras in den Startblöcken der WM in Katar protestierten. Sie fühlten sich bloßgestellt und drängten auf eine Abschaltung, die Bilder wurden zumindest eingeschränkt. Ob Fußballer, Handballer oder Basketballer, sie leiden unter einem unsinnigen Terminstress, der ihnen auferlegt wird nach dem Motto „mehr Spiele sind auch mehr Geld“. Erholungsphasen sehen die Verbandsfunktionäre fast nicht mehr vor, warum auch, sie selbst stehen ja nicht auf dem Rasen oder in der Halle.

Eine Umkehr können aber auch Zuschauer und Sponsoren einleiten. Die einen bleiben aus, weil es einfach eine Übersättigung gibt, die anderen könnten aus gleichem Grund ihre Gelder reduzieren, weil der Wert der Ware einfach nicht mehr stimmt. Erst dann kommen die Verbandsfunktionäre vielleicht zur Vernunft. Der Sport muss wieder im Vordergrund stehen, nicht das Geld. Volle Zuschauertribünen gehören zum Profitsport dazu, nicht leere Tribünen mit ein paar Scheichs die gnädig Beifall klatschen.

Handball ist ein Vorbild für den Fußball

Als die Weltmeisterschaft zu Jahresbeginn in Deutschland ausgetragen wurde, da war die Nation plötzlich nicht mehr Fußball- sondern Handball-Land. 11,91 Millionen Fernsehzuschauer sahen das Halbfinale gegen Norwegen, leider mit einer Niederlage der DHB-Auswahl. Aber die Begeisterung zeigte, dass Handball hierzulande Potential hat und es gab noch eine besondere Hochachtung für die Handball-Asse: Es fiel den Beobachtern auf, dass unsportliche Auswüchse des Fußballs im Handball nicht zu sehen sind, zum Beispiel Schwalben, Rudelbildung und Diskussionen um Schiedsrichter-Entscheidungen und anderes mehr, das manchmal schon als Betrug gelten kann. Fazit: Handball kann man anschauen, Handball begeistert. Handball ist ein Vorbild für den Fußball.

Doch wenn jetzt die Handball-Bundesliga in die neue Saison startet, dann muss sich der attraktive Sport wieder ins zweite Glied hinter dem Fußball einreihen. Die Nationalmannschaft zieht, die Vereine weniger, die deutschen Spieler sind meist in der Unterzahl (wie im Fußball auch), die Öffentlichkeit nimmt das Bundesliga-Geschehen eher nur am Rande war. Allerdings hat sich die TV-Präsenz durchaus verbessert, der Privatsender Sky überträgt alle Spiele live, die ARD ist im Ersten und in den 3. Programmen bei ausgewählten Partien dabei und überträgt das Pokal-Finalturnier. Internationale Spiele der Champions League und des EHF-Pokals sind bei Sky und DAZN zu sehen. Da kann es kaum Klagen geben. Basketball und Eishockey sind zum Beispiel schlechter dran.

Im Gegensatz zum Fußball kann sich die Handball-Bundesliga auch immer noch damit brüsten, die stärkste Liga der Welt zu sein. Zwar hat die internationale Konkurrenz aufgeholt, Geld zieht auch im Handball Stars ins Ausland ab, aber in punkto Attraktivität und Spielstärke bleibt die Bundesliga die Nummer 1. Rückkehrer Uwe Gensheimer, Kapitän der Nationalmannschaft, urteilte nach drei Jahren in Paris über die Bundesliga: „Die Leistungsstärke in der Breite und die Stimmung in den Arenen sind unerreicht.“ Handball ist nicht nur Fernsehsport, sondern kann auch ein Erlebnis sein. Allerdings: Der letzte große internationale Erfolg liegt schon einige Jahre zurück, zuletzt 2014 gewann eine deutsche Mannschaft die Champions League.

Die Handball-Bundesliga kann aber auch mit sportlicher Spannung locken. In den letzten Jahren ging der Kampf an der Spitze und gegen den Abstieg meist bis zum letzten Spieltag. Eine Siegesserie wie die des FC Bayern München mit sieben Titeln in Folge gab es im Handball noch nie, wenn auch der THW Kiel das Geschehen von 2005 bis 2015 beherrschte, unterbrochen wurde die Siegesserie von damals sechs und dann vier Meisterschaften 2011 vom HSV Hamburg. Doch diese Zeiten sind vorbei, zweimal wurden die Rhein-Neckar Löwen aus Mannheim Meister, zuletzt triumphierte die SG Flensburg-Handewitt zweimal. Abwechslung könnte es auch jetzt wieder geben, die Experten trauen dem THW Kiel das große Comeback zu. Flensburg hat Abwehrchef Karlsson (Karriereende) und Regisseur Lauge (Kielce) verloren, Kiel hat aufgerüstet. Aber Titelverteidiger Flensburg und die Rhein-Neckar Löwen (mit Uwe Gensheimer) gelten als heiße Herausforderer, aber auch Magdeburg, Berlin und Melsungen wird viel zugetraut. HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann ist zufrieden: „Ich glaube, wir haben viel mehr potentielle deutsche Meister als jemals zuvor.“ Davon ist der Fußball bekanntlich ein Stück entfernt, er ist schon froh, dass Dortmund (und vielleicht noch Leipzig) die Bayern herausfordern.

Eines haben die Handball-Profis mit denen vom Fußball gemeinsam: Sie klagen über die zu große Belastung. Die Hetzjagd im Handball ist dabei noch ungleich größer, diese führte in der Vergangenheit sogar dazu, dass die Rhein-Neckar Löwen an einem Wochenende national und international im Einsatz sein mussten. Mitten in der Bundesliga-Saison steht im Januar die Europameisterschaft an, eine gute Vorbereitung ist da kaum möglich und Urlaub ist schon gar nicht drin. Bei diesem Höhepunkt geht es um einen anderen Höhepunkt: Nur der Europameister ist automatisch für Olympia in Tokio qualifiziert, ansonsten droht die Qualifikationsmühle. Olympische Spiele sind aber sportlich und werbemäßig das absolute Highlight. Der Terminstress wird also nicht weniger. Handball ist auch Stressball.

Übrigens: Der Sport-Grantler feierte „Geburtstag“, seit sechs Jahren gibt es diese Kolumnen zum Sport, dies ist eine Jubiläumsausgabe, die 400.! Weiterhin viel Spaß beim Lesen.

Viele offene Fragen sorgen für Spannung 2019

Es gibt keine Olympischen Spiele und keine Fußball-Weltmeisterschaft – 2019 ist wieder eines dieser „Zwischenjahre“ ohne die ganz großen Ereignisse. Das Sportjahr 2019 verspricht aber dennoch Spannung, denn es stehen viele offene Fragen im Raum und außerdem bleibt es immer spannend, zu verfolgen, mit welchen kruden Ideen manche Funktionäre die Öffentlichkeit suchen. So ist eine der interessanten Fragen, ob FIFA-Präsident Infantino es schafft, den Fußball für viel Geld (wohl auch in die eigene Tasche) zu verkaufen…

Aber bleiben wir bei den sportlichen Fragen. Sie betreffen zum Beispiel die deutschen Fußball-Nationalmannschaften. Die Frauen haben eine neue Trainerin, die Männer noch ihren alten Coach. Die Frauen sind bei der Weltmeisterschaft vom 7. Juni bis 7. Juli in Frankreich gefordert und die „Neue“ wird sich beweisen müssen. Martin Voss-Tecklenburg soll nach dem Tiefpunkt unter Steffi Jones wieder an die Erfolge von Silvia Neid anknüpfen, der Titelgewinn wäre allerdings eine unerwartete Krönung. Da hat es Jogi Löw leichter, von ihm und seiner Mannschaft wird nur die problemlose Qualifikation zur Europameisterschaft 2020 verlangt. Nun gut, das sollte gegen die Niederlande, Weißrussland, Estland und Nordirland gelingen, da Platz zwei reicht. Allerdings sind da Siege nicht alles, sondern es soll auch eine Weiterentwicklung der DFB-Elf zu alter Stärke erkennbar werden, zum Beispiel mit einer erfolgreichen Revanche gegen die Niederlande. Wird am Ende des Jahres Löw wieder zum „Erfolgstrainer“ werden oder ist er dann endgültig gescheitert? Spannend.

Offene Fragen machen aber auch andere große Sportarten bzw. Meisterschaften und Turniere spannend. So schauen nicht nur die deutschen Tennis-Fans auf Angelique Kerber, welche Stellung 2019 in ihrem Auf und Ab einnimmt, 2016 schoss Kerber mit zwei Grand-Slam-Siegen nach oben, 2017 verzweifelte sie, 2018 gewann sie Wimbledon. 2019 wollen wir sie nicht verzweifelt sehen… Auch die Golf-Fans schauen gespannt auf das neue Jahr, nachdem Hero Tiger Woods sein Comeback als Turniersieger feiern konnte. Schafft er jetzt auch das Sieges-Comeback bei einem Major-Turnier? Vier Siege fehlen ihm hier noch zur Unsterblichkeit. Wenn nur die Gesundheit mitspielt.

Ansonsten bietet auch 2019 alle Welt- Europameisterschaften von den Verbänden, die auf die jährliche Ausrichtung nicht verzichten wollen, die Biathlon und Eishockey zum Beispiel. Einige Highlights stechen zudem hervor, so ist ein ungerades Jahr immer ein WM-Jahr im Wintersport, vorrangig die alpine Ski-WM vom 5. bis 17. Februar in Are/Schweden und die nordische WM vom 22. Februar bis 2. März im österreichischen Seefeld. Den Start an attraktiven WM-Turnieren macht aber Handball mit der Weltmeisterschaft vom 10. bis 27. Januar in Dänemark und Deutschland. Da träumen deutsche Fans schon wieder von einem Wintermärchen wie 2007, als Deutschland Weltmeister wurde. Heiß wird es bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft, die vom 27. September bis 6. Oktober in Doha/Katar ausgetragen wird. Wieder also ein Verband, der in die Fänge der Pedro-Dollars der Scheichs geriet. Manche Wettbewerbe werden wegen der zu erwartenden Hitze erst um Mitternacht unserer Zeit entschieden.

Am Anfang des Sportjahres steht wie immer auch der Super Bowl, das Finale der American-Football-Profiliga NFL, eines der größten Sportereignisse der Welt, TV-Quoten-Hit in den USA. Ausgetragen diesmal in Atlanta. Die Formel 1 möchte auch gern ein Weltereignis sein, gastiert deshalb überall in der Welt. Deshalb bietet sie diesmal auch etwas Besonderes, nämlich 21 Rennen vom 17. März in Melbourne bis 1. Dezember (Finale spät wie nie) in Abu Dhabi. Aktualisiert wird wieder das technische Reglement, eine offene Frage ist, ob es mal wieder einen neuen Weltmeister gibt, zum Beispiel bei einem Comeback von Ferrari.

Bei allen nationalen und internationalen Meisterschaften werden uns die Schattenseiten des Sports auch 2019 wieder begleiten. Die Doping-Diskussion wird nicht enden, wir dürfen aber auch nicht glauben, dass ein entscheidender Durchbruch zu mehr Ehrlichkeit und Gerechtigkeit gelingt. Eine offene Frage für alle ist doch immer, ist der Sieger gedopt oder nicht? Ähnliches gilt auch für das Wirken der Sport-Funktionäre, die immer noch nicht eingesehen haben, dass der Sport vor allem den Menschen, den Fans, gehört und nicht einigen abgehobenen und geldgierigen Funktionären und Milliardären, die sich im Glanze des Sportes präsentieren wollen. Auch die Hooligans mit ihren Schlägertruppen werden uns weiter beschäftigen, schlimmstenfalls wird der Sport sogar Zielscheibe des Terrors. Auch der Spitzensport ist schließlich Teil einer immer unsicherer werden Welt. Da hilft nur Aufmerksamkeit oder aber ein gewisser Verdrängungsmechanismus, der uns eins lässt: Den Spaß am Sport.

European Championships: Bitte kein neues Olympia!

Das Experiment ist gelungen, die European Championships in Glasgow und Berlin waren ein voller Erfolg. Das eigentlich alle zufrieden waren – Sportler, Funktionäre, Fans und das Fernsehen – hat Seltenheitswert. Die Idee, verschiedene Europameisterschaften zu einem besonderen Event zusammenzulegen, war ein Volltreffer. Sieben Sportarten feierten in zehn Tagen ein Fest und weckten damit gleichzeitig Begehrlichkeiten. Dort wo Begeisterung herrscht, wollen auch andere Sportarten teilnehmen. Doch Vorsicht: Noch größer heißt nicht noch schöner, die European Championships dürfen kein zweites Olympia werden.

Erstaunlich, wie diese neue Veranstaltung von den Fans in Glasgow und Berlin sowie an die Bildschirmen gleichermaßen angenommen wurde. In Deutschland war sogar von einem „Sommermärchen“ die Rede, weil sich die deutschen Sportler als Medaillensammler präsentierten. Und das TV-Konzept ging auf, wie im Winter so jetzt auch im Sommer brachte die geballte Wucht der Wettbewerbe die Zuschauer an die Fernseher. Schwimmen feierte ein Comeback, sogenannte Randsportarten profitierten, „sonst interessiert sich für uns keine Sau“, jubelten zum Bespiel die Wasserspringer. Schauen im Winter die Sportfans neben Biathlon eben auch Rodeln oder Langlauf, so blieben sie diesmal beim Rudern oder Radsport hängen. Im Schnitt rund zwei Millionen Zuschauer schauten tagsüber zu, was den Zahlen vom Winter gleichkam, abends bei der Leichtathletik waren es beständig über vier Millionen und die Leichtathleten schlugen fast durchwegs die TV-Konkurrenz am Abend. „Wir sind sehr zufrieden,“ hieß es beim Fernsehen. Bemerkenswert, denn in Deutschland gab es ja schöne Sommertage.

Aber wie geht es weiter? Sicher dürfte sein, es geht weiter. In vier Jahren soll es eine Wiederholung geben, ein neues Sommermärchen soll die fußballfreie Zeit versüßen. Die Organisatoren werden nun überlegen, ob es noch attraktiver geht, andere Sportarten zeigen wie gesagt Interesse. Die European Championships dürfen aber Olympia nicht kopieren, eine Selbstbeschränkung ist Pflicht, die Veranstaltung darf nicht überlastet und teurer werden. Der Zeitraum von zehn Tagen war ideal, 14 Tage wären die absolute Grenze. Mehr Sportarten würden dafür sorgen, dass zu viele Wettbewerbe parallel laufen müssen – der Sinn der Sache, mehr Aufmerksamkeit, würde ad absurdum geführt. Olympische Spiele sind inzwischen ein Opfer des Kommerz geworden, die Sportler sind nur noch Mittel zum Zweck des Geldverdienens. Bei den Championships standen die Sportler wieder im Mittelpunkt. So muss es sein.

Die Verbände müssen allerdings einiges tun, um den langfristigen Erfolg zu garantieren. So müssen vor allem die Weltverbände mitspielen, damit die Aktiven nicht in Terminnöte kommen und gezielt auf diesen Saisonhöhepunkt hintrainieren können. So gaben in diesem Jahr die Ruderer der baldigen Weltmeisterschaft den Vorzug und ruderten unter ferner liefen. Der einzige Schwachpunkt neben dem Golf. Auch hier haben die großen Turniere Vorrang, die Größen des Sports werden wohl selten Zeit finden, also könnte Golf gestrichen werden. Dafür wäre Beach-Volleyball eine gute Ergänzung und wo die Ruderer schon mal auf dem Wasser sind, könnten sich die Kanuten dazu gesellen.

Dann aber muss schon Schluss sein. Ideen, dass auch Volleyball und Handball gut passen würden, muss eine Absage erteilt werden. Mit Ausnahme vom Turnen sollten die European Championships eine Freiluftveranstaltung sein, auch wenn Schwimmen immer mehr in die Halle geht. Wichtig wäre (und wird wohl so auch von den Organisatoren gesehen), dass nur eine Stadt die Championships ausrichtet, diesmal musste es anders sein, weil die Leichtathletik-EM bereits nach Berlin vergeben war. Aber gerade Berlin bietet sich als Austragungsort in vier Jahren an, auch Hamburg zeigt angeblich Interesse und womöglich bieten sich auch andere Städte in Europa an. Anders als mit den Olympischen Spielen und ihrem Gigantismus können die Ausrichter die Bevölkerung sicher mit Veranstaltungen in bestehenden Stadien und geringen Kosten überzeugen. So sollte auch jegliche Idee für ein Athletendorf gleich wieder ad acta gelegt werden. Kein Gigantismus bitte!

Die Leichtathletik und Berlin waren der größte Gewinner der European Championships. Ein Grund dafür war, dass der Verband über seinen Schatten gesprungen ist und die Wettbewerbe gestrafft hat. So gab es ein Feuerwerk des Sports. Die großartige Stimmung im Olympiastadion, die Begeisterung bei Athleten und Zuschauern waren gleichzeitig ein Plädoyer dafür, dass das Olympiastadion mit seiner legendären blauen Laufbahn so erhalten bleiben muss. Am Schlusstag hatten die Leichtathletik im Fernsehen sogar mehr Zuschauer als der Fußball (Supercup-Endspiel Frankfurt – Bayern) und lieferte damit gleich das entscheidende Argument: Nicht alles darf dem Götzen Fußball geopfert werden, das Olympiastadion gehört auch der Leichtathletik. Wenn es dem Bundesligisten Hertha BSC hier nicht mehr gefällt, kann nur ein eigenes Fußball-Stadion die Lösung sein, aber nicht ein Umbau mit Wegfall der Laufbahn. Berlin würde nur verlieren, könnte in vier Jahren als Ausrichter der European Championships aber ein Gewinner sein!

Deutsches Olympia-Team steht vor einer Blamage

Wenn man keine Probleme hat, dann macht man sich welche. Und wenn man Probleme hat, dann ist es ja egal, ob noch ein paar dazu kommen. Nach dem Motto handelt wohl der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB), in erster Linie sein unglücklicher Präsident Alfons Hörmann. Der war sich wohl in einer gewissen Einfalt der Tragweite nicht bewusst, als er Partei für die Eisschnelllauf-Oma Claudia Pechstein als Fahnenträgerin der deutschen Mannschaft für die Eröffnungsfeier bei den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang ins Gespräch brachte. Die 46-jährige ist eine von fünf Kandidaten für diese Ehre, sie ist bekannt, weiß Unterstützung für sich zu mobilisieren, ist aber denkbar ungeeignet Aushängeschild der deutschen Mannschaft zu sein. Alfons Hörmann war der Wegbereiter dafür, dass das Olympia-Team jetzt vor einer Blamage steht.

Wer als FahnenträgerIn ausgewählt wird, sollte olympische Erfolge vorweisen können, populär sein, aber auch eine gewisse Vorbildfunktion haben. Genau diesen Punkt erfüllt Claudia Pechstein nicht. Es ist zwar toll, dass sie bereits fünf Goldmedaillen gewann und jetzt mit 46 Jahren noch einmal aussichtsreich an ihren siebten Olympischen Spielen teilnehmen kann. Aber sie war von 2009 bis 2011 wegen auffälliger Blutwerte gesperrt worden und über ihrer Karriere liegt ein Schatten. Sportrechtlich ist diese Strafe bisher nicht revidiert worden, auch wenn sich Pechstein mit allen möglichen Klagen dagegen gewehrt hat und noch einen Schadensersatzprozess laufen hat. Angeblich steckt eine vererbte Blutanomalie dahinter, wie Experten ihr bestätigten. Allerdings ist es schon seltsam, dass diese „vererbte Leistungssteigerung“ ausgerechnet immer zu den sportlichen Höhepunkten auftrat. Kommt noch hinzu, dass sich Claudia Pechstein lange Zeit nicht gerade als Teil des Eisschnelllaufteams sah, Alleingänge unternahm und eine Sonderstellung im Training für sich beanspruchte. Dies übrigens auch im Olympia-Team, denn nur sie hat ihren Lebensgefährten Matthias Große an ihrer Seite, auf den sie als mentalen Trainer angeblich nicht verzichten kann. Große viel vor allem dadurch auf, dass er Pechstein-Gegner einzuschüchtern versuchte. Vorbildfunktion?

Diese kann man eher den anderen Kandidaten bescheinigen. Zum Beispiel Natalie Geisenberger, die in den letzten Jahren die Rodel-Konkurrenz auf Abstand hielt, Viktoria Rebensburg, Aushängeschild der alpinen Ski-Mannschaft oder Eric Frenzel, lange Zeit der dominierende Mann in der Nordischen Kombination. Alle gewannen sie bereits Olympia-Gold. Und da ist noch Christian Ehrhoff, Abwehrrecke der Eishockey-Nationalmannschaft mit NHL-Erfahrung, der vor seinen vierten Spielen steht. Allesamt gute Kandidaten, alle aber nicht so im Gespräch wie die Eisschnelllauf-Oma, die überall eher in den Medien auftauchte, wenn es um die Meldung über die Wahl des Fahnenträgers oder der Fahnenträgerin ging. Billige Werbung für sie.

Das ist nämlich schon von Gewicht, denn auch die Fans können wählen. Je zur Hälfte haben die Sportler und Fans den Stimmenanteil. Der DOSB hält sich raus und will allen Kritiken vorbeugen, dass er die falsche Wahl getroffen habe. Die falsche Vorauswahl war es aber bereits. Wählen kann man unter http://www.teamdeutschland.de bis einschließlich 4. Februar.

Wenn Claudia Pechstein tatsächlich gewählt werden sollte, dann würde das erstens ein schlechtes Licht auf das deutsche Team werfen, wäre aber auch irgendwie passend zur derzeitigen Situation der olympischen Familie. Dopingsünden von den letzten Winterspielen 2014 in Sotschi sind noch nicht ganz aufgearbeitet, da drohen auch für Pyeongchang gravierende Dopingvergehen. Journalisten deckten auf, dass die Dopingproben leicht manipuliert werden können. Beim IOC und der Dopingagentur WADA wird offensichtlich schlecht oder nur halbherzig im Kampf gegen das Doping gehandelt. So gab es für das erwiesene Staatsdoping von Russland nur wachsweiche Sanktionen. Russland als Nation ist nicht dabei, aber 169 angeblich saubere russische Sportlerinnen und Sportler unter neutraler Flagge.

Da mag eine Fahnenträgerin Pechstein ein kleines Übel sein, für den Ruf der Mannschaft wäre sie dennoch ein großes Übel. Nachdem sich Alfons Hörmann so für Pechstein ins Zeug gelegt hat, sollte der DOSB-Präsident bei einer Wahl Pechsteins Konsequenzen ziehen und seinen Rücktritt erklären. Er wäre dann nämlich dafür verantwortlich, dass die deutsche Mannschaft in einem schlechten Licht erscheint und vor dem ersten Start schon mal eine Niederlage erlitten hätte.