Jürgen Klopp als Vorkämpfer gegen den Termin-Wahnsinn
von knospepeter
Manche reagierten vielleicht mit Schadenfreude auf das Ergebnis, Jürgen Klopp aber nahm das Ergebnis eher mit Schrecken zur Kenntnis. Was war passiert: Im FA Cup in Englands Fußball reichte es für Champions-League-Sieger FC Liverpool nur zu einem 2:2 beim Drittligisten Shrewsbury Town – und das nach einer 2:0-Führung. So etwas ist auch anderen Favoriten schon passiert, doch Klopp hat es zum Teil selbst verursacht. Der Trainer stellte nicht sein stärkste Elf auf, sondern eher ein B-Team, was allerdings gegen einen Drittligisten auch reichen sollte. Tat es nicht und so hat der beste Trainer der Welt nun ein Problem: In England gibt es kein Elfmeterschießen sondern ein Wiederholungsspiel. Und das wurde genau in die erstmals eingeführte Winterpause gelegt.
Kein Wunder, dass der deutsche Trainer auf die Barrikaden ging, Klopp reagierte auf seine Art: Er kündigte für das Wiederholungsspiel den Einsatz der zweiten Mannschaft an, also eine Aufgabe für das C-Team. Klopp sieht seine Bemühungen um eine Schonung der sich im Dauerstress befindlichen Stammspieler konterkariert. Schonung ist nicht angesagt, wenn es zusätzliche Termine gibt und so wird Klopp zum Vorkämpfer gegen den Termin-Wahnsinn: „Die Termine wuchern aus, keiner denkt mehr an die Gesundheit der Spieler,“ wettert er. Der Trainer muss es tun, schließlich wird er die Ziele Liverpools mit müden Spielern kaum erreichen, da könnte selbst der gigantische Vorsprung von 16 Punkten auf Manchester City in der Premier League nicht mehr reichen. Und der erste Titelgewinn nach 30 Jahren Wartezeit ist das erklärte Ziel, da spielt der FA Cup nur eine untergeordnete Rolle.
Der FC Liverpool war schon einmal Leidtragender des Termin-Wahnsinns, als die Mannschaft nämlich im Liga-Cup antreten musste, obwohl sie tags darauf Europa bei der Klub-Weltmeisterschaft in Katar vertreten musste. Liverpool schied mit einer C-Elf im Liga-Cup aus, wurde aber Klub-Weltmeister. Jetzt soll die wichtige Erholungszeit unterbrochen werden, Liverpool hat vom 2. bis 14. Februar spielfrei. Erstmals hat die Premier League eine variable Pause für alle Klubs eingeführt, weil eben geklagt wurde, dass die englischen Klubs in den entscheidenden Wochen im Frühjahr meist müde sind, weil sie an Weihnachten durchspielen müssen, während sich die Konkurrenz in Europa eine Winterpause genehmigt. Verständlich, dass sich ein Trainer diese notwendige Pause nicht zunichte machen lassen will. Für Klopp gibt es kein zurück: „Ich habe den Spielern schon freigegeben.“
Es sind geldgierige Funktionäre und Manager, die mit dem Fußball Gewinn machen wollen, die für einen überbordenden Terminkalender sorgen. Der nächste Wahnsinn ist schon im Gespräch. So wird schon die Klub-Weltmeisterschaft auf 24 Vereine aufgebläht und sie wird künftig im Sommer vor jeder Weltmeisterschaft gespielt, erstmals 2021 in China. Erholungspause im Sommer? Fehlanzeige! Dazu passt der neueste Plan, der publik wurde: US-Milliardär Ross will die besten Vereine Europas zur „Champions League on tour“ nach Amerika holen, wo bisher schon der „Champions Cup“ im Sommer ausgespielt wurde und es 100 Millionen Dollar zu verdienen gab. Nur wurde der von Klubs wie Manchester City, Juventus Turin oder Bayern München nur als lockerer Vergleich im Rahmen der Saison-Vorbereitung gesehen. Strapaziös durch die Reisen, aber lukrativ. Jetzt soll der Cup unter dem Dach der FIFA einen offiziellen Anstrich bekommen und erweitert werden. FIFA-Boss Gianni Infantino ist natürlich sofort Feuer und Flamme: Mehr Spiele, mehr Geld. Die Gesundheit der Spieler steht im Hintergrund, kein Sommer mehr zur Erholung? Wo soll der Termin-Wahnsinn noch hinführen?
Beim Fußball ist es pure Geldgier, doch mit dem Termin-Wahnsinn steht der Fußball nicht allein da. Im Handball kennt man ähnliches, doch da spielt nicht das Geld die große Rolle, sondern eher ein Streit zwischen dem europäischen Verband und den nationalen Ligen. So musste ein Handball-Bundesligist an zwei Tagen hintereinander in der Bundesliga und im Europacup antreten, weil der europäische Verband auf die Bundesliga keine Rücksicht nahm. Auch hier spielte national das B-Team. Geht nicht anders. Eine Terminhetze erlebt die Handball-Nationalmannschaft ausgerechnet auch bei der so wichtigen Olympia-Qualifikation. Drei Spiele in drei Tagen müssen vom 17. bis 19. April absolviert werden, die Gegner sind dabei in dieser Reihenfolge Schweden, Slowenien und Algerien. Da gibt es für Deutschland kein Einspielen, da muss die Mannschaft von Beginn an funktionieren, schließlich dürfen nur zwei Teams nach Tokio. Wer müde ist, hat schon verloren. Es scheint, es bedarf noch weiterer Vorkämpfer gegen den Termin-Wahnsinn im Sport.