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Kommentare rund um Fußball und anderen Sport

Tag: Russland

Die heile Welt des Biathlon in Deutschland

In den nächsten Tagen gastiert der Biathlon-Zirkus in Deutschland. Vom 10. bis 13. Januar beherbergt Oberhof in Thüringen die Weltelite, die dann nach Bayern weiterzieht, um vom 16. bis 20. Januar in Ruhpolding zu laufen und zu schießen. Deutschland ist ein beliebter Gastgeber bei der Biathlon-Familie und es könnte sein, in diesem Jahr noch ein bisschen mehr, denn entgegen vielen anderen Nationen gibt es in Deutschland noch die heile Welt des Biathlon. Hier warten keine Gerichte auf Dopingsünder, hier feiert das Publikum die Athleten und vor den Bildschirmen versammeln sich die Wintersportfans, Biathlon ist hierzulande der Wintersport Nummer 1.

Man sollte vorsichtig sagen, noch ist Biathlon Wintersport Nummer 1 in Deutschland. Wenn allerdings die Erfolge ausbleiben, kann sich das schnell ändern. Vor dieser Saison gab es eine Art Tabula rasa im Verband, das Trainerteam wurde neu zusammengestellt. Der bisherige Herren-Coach Mark Kirchner wurde zum Übertrainer für beide Mannschaften, bleibt aber auch Disziplin-Chef mit jetzt Isidor Scheurl an seiner Seite. Damen-Chef Gerald Hönig wurde degradiert und amtiert nun als Schießtrainer. Sein Nachfolger ist Kristian Mehringer, Assistent Florian Steirer. Bisher ein Wechsel ohne großen Erfolg, bei drei Weltcup-Wettbewerben in Pokljuka, Hochfilzen und Nove Mesto gab es noch keinen deutschen Sieg. Ein paar Achtungserfolge der Männer waren alles, die Frauen liefen hinterher, bis Laura Dahlmeier kam und in Nove Mesto aufs Treppchen lief. Jetzt pausiert sie wieder.

Die Damen konnten sich in den letzten Jahren immer hinter einer überragenden Athletin ein bisschen verstecken, das war zu den Zeiten von Magdalena Neuner so und zuletzt eben hinter Laura Dahlmeier. Die Olympiasiegerin hat aber des Öfteren gesundheitliche Probleme und kämpfte auch im Vorfeld der Saison mit einem Virus. Nove Mesto machte Hoffnung, doch eine Grippe war dann ein unpassendes Weihnachtsgeschenk. Jetzt will die Garmischerin vor ihrer Haustür in Ruhpolding wieder eingreifen. Die Damen Franziska Preuß, Franziska Hildebrandt. Denise Herrmann und Vanessa Hinz haben ein gewisses Potential, aber zur absoluten Spitze reicht es nicht. Dazu ließen wohl auch atmosphärische Störungen im Team keine großen Leistungen zu, denn die Harmonie zu fördern war eine der ersten Aufgaben des neuen Trainerteams.

Die Herren haben dagegen eine starke, ausgeglichene Mannschaft, die immer für Podestplätze gut ist, allerdings gegen „Über-Biathleten“ wie den Norweger Johannes Boe und den französischen Seriensieger Martin Fourcade ankämpfen muss. Außerdem trübt der Blick in die Zukunft die Hoffnung, denn die vier Musketiere Arnd Peiffer, Simon Schempp, Benedikt Doll und Erich Lesser sind bald alle über 30 Jahre alt. Adäquater Nachwuchs ist nicht in Sicht. Ein Blick auf die Gesamtwertungen zeigt, was Sache ist, Doll ist bei den Herren ebenso als Bester Zehnter wie Preuß bei den Damen. In der Nationenwertung ist Deutschland bei den Herren immerhin Dritter, die Damen nur Fünfte. Norwegen bzw. Italien geben da den Ton an. In den letzten Jahren war Deutschland immer ganz vorn dabei.

Die goldenen Zeiten des Biathlonsport in Deutschland könnten dem Ende entgegen gehen, was sich natürlich auch auf die TV-Einschaltquoten (derzeit oft rund vier Millionen Zuschauer) auswirken würde. Schwere Zeiten hat der internationale Verband schon zu bewältigen, denn Biathlon ist durch Korruption und Doping in die Schlagzeilen geraten. So spielten wohl der langjährige Verbandspräsident Anders Besseberg aus Norwegen und die deutsche Generalsekretärin Nicole Resch offensichtlich ein böses Spiel zu ihren Gunsten. Vor allem Russland soll profitiert haben, so wurden wohl u. a. auch die Dopingjäger ausgebremst. Deutlich wird die Funktionärskrise auch dadurch, dass die Staatsanwaltschaft in Wien seit 2017 gegen IBU-Funktionäre wegen des Verdachts auf Betrug ermittelt. Da kann von einer heilen Welt keine Rede sein. Der neue Präsident, der Schwede Olle Dahlin, Manager in der Papierindustrie, steht vor schweren Aufräumarbeiten.

In Oberhof und Ruhpolding wollen Athleten und Funktionäre diese dunklen Schatten vergessen. Vor allem Oberhof will sich als guter Gastgeber präsentieren und Werbung für die Weltmeisterschaft 2023 machen. Bis dahin soll die Arena mit Investitionen von rund 15 Millionen Euro noch attraktiver werden, die Weltmeisterschaft aber dennoch ein Gewinn für die Region werden, denn mit rund 50 – 60 Millionen Umsatz wird dann gerechnet. Wenn bis dahin auch die sportliche Bilanz der deutschen Mannschaft immer noch stimmt.

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Vergabe Fußball-EM 2024: Wie ticken die Funktionäre?

Wieder steht für den deutschen Fußball eine bedeutsame, vielleicht sogar zukunftsweisende Entscheidung bevor: Die Vergabe der Fußball-Europameisterschaft 2024. Die Entscheidung fällt am Donnerstag, 27. September, in Nyon in der Schweiz, 18 Mitglieder des Exekutivkomitees der UEFA sind stimmberechtigt, nach Lage der Dinge werden 16 anwesend sein. Zwei Kandidaten stehen zur Wahl: Deutschland und die Türkei.

Der deutsche Fußball hat in der letzten Saison bekanntlich viele Rückschläge hinnehmen müssen, sportliche Fehlschläge wie das blamable Abschneiden der Klubs außer Bayern München in Champions- und Europa-League ebenso wie die Pleite der Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft in Russland. Dazu kommt, dass der Bestechungsskandal rund um die WM 2006 in Deutschland immer noch nicht komplett aufgearbeitet ist. Eigentlich nicht die besten Voraussetzungen für einen Kandidaten, der ja Glanz und Gloria verbreiten soll oder zumindest versprechen. Dazu kommt, dass der umstrittene DFB-Präsident Reinhard Grindel unter besonderem Druck steht: Bekommt Deutschland die EM nicht, wird er wohl auch seinen Posten an der Spitze des Verbandes räumen müssen.

Die Hoffnung könnte groß sein, doch die Zweifel bleiben. Der Europäische Fußball-Verband hat den Evaluationsbericht zur Bewerbung der EM veröffentlicht und darin schneidet Deutschland in den meisten Kategorien besser ab als die Türkei. Dem DFB wird eine „inspirierende, kreative und sehr professionelle Vision“ bescheinigt. EM-Botschafter Philipp Lahm darf stolz sein, zumal die bekannten Mängel der Türkei hier schon aufgeführt wurden, Probleme mit der Infrastruktur, offene Fragen in punkto Wirtschaft und Menschenrechte. Dass Präsident Erdogan als größter Werbeträger auftritt, kann positiv und negativ bewertet werden. Die Türkei hofft auf einen Vorteil: Sie hat sich schon mehrfach beworben und oft wird so ein langer Atem belohnt.

Die Zweifel bleiben, weil keiner weiß, wie Funktionäre wirklich ticken, sie sind unberechenbar wie heutzutage viele Richter bei ihren Urteilen. Was ist im Hintergrund gelaufen, fließen doch wieder Gelder über dunkle Kanäle? Das Vertrauen in die Funktionäre bei der UEFA ist getrübt, auch wenn die Skandale in Europa nicht so groß waren wie beim Weltverband FIFA. Zählen nur die harten Fakten, dann kann die UEFA die EM 2024 nur nach Deutschland vergeben. Beobachter wollen wissen, dass die Mehrzahl der Delegierten dem DFB auch die Stimme geben wird, die Fachzeitung Sport-Bild will elf Sympathisanten für Deutschland festgestellt haben. Aber bis zum Donnerstag kann noch viel passieren.

Dass Funktionäre im Sport unberechenbar sind, zeigte sich ja jetzt auch wieder bei der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada), deren Vorstände mit 9:2 Stimmen Russland den Weg zurück olympische Gemeinschaft ebneten. Der russischen Agentur Rusada wurde nach dreijähriger Sperre bescheinigt, dass sie wieder regelkonform arbeitet. Verschiedene Bedingungen müssen bis zum 30. Juni 2019 noch erfüllt werden, z. B. der freie Zugang zum Moskauer Analyselabor mit Einblick in die dortigen Doping-Daten und –Proben. Dabei hat Russland in letzter Zeit keine Anstalten gemacht, wirklich offen und sauber zu arbeiten, Insider bemängeln nach wie vor fehlende Kontrollen. Die Entscheidung ist ein Schlag ins Gesicht des sauberen Sports, deutsche Athleten, die ständig kontrolliert werden, müssen sich verschaukelt vorkommen. Für sie muss es so wirken, als ob sie auch in Zukunft wieder einen ungleichen Kampf führen müssen. Die Wada hat mit dieser Entscheidung Vertrauen verloren, sie kann sich eigentlich auflösen. Nicht klar ist auch, welche Rolle der russland-freundliche IOC-Präsident Thomas Bach gespielt hat.

Dieses aktuelle Beispiel zeigt einmal mehr deutlich, dass Sport-Funktionäre in ihrer eigenen Welt leben und keinesfalls den Sport und die Athleten sowie einen fairen Kampf in den Vordergrund stellen. Sie sehen sich leider vielfach nicht als Diener des Sports, sondern als die Herrscher, die alles dürfen. Deshalb darf sich auch Deutschland vor der EM-Vergabe trotz bester Beurteilung nicht sicher fühlen – man weiß nie, wie Funktionäre ticken!

Am Ende der WM gibt es nur Gewinner

Im Regen ging die Fußball-Weltmeisterschaft 2018 am Sonntag in Moskau zu Ende, aber der Fußball ging nicht baden. Ganz im Gegenteil, die WM in Russland lief besser ab als befürchtet, die unerwarteten Erfolge des Gastgebers sorgten für gute Stimmung, Putins Reich zeigte sich von seiner besten Seite. Am Ende der WM gibt es eigentlich nur Gewinner, auch wenn sich das im Endspiel unterlegene Kroatien natürlich nicht als solcher fühlen wird.

Gewinner Nummer 1 ist natürlich Weltmeister Frankreich. Es war eine Punktlandung mit dem Titel genau 20 Jahre nach dem ersten Pokalgewinn. Trainer Didier Deschamps ist eine Meisterleistung geglückt, er hat aus einem Haufen talentierter Spieler eine echte Mannschaft geformt (dass, was eben Jogi Löw mit Deutschland nicht geschafft hat). Bestes Beispiel ist die Wandlung von Paul Pogba vom Problemfall zum Mittelfeldstrategen, zur Führungsfigur. Frankreich ist ein würdiger Weltmeister mit einem kompakten Team, aus dem immer wieder der eine oder andere Star heraus stach. Deschamps selbst ist der Dritte der den Titel als Spieler und Trainer holte, der Kapitän der 98er-Weltmeister schloss auf zu dem Brasilianer Zagallo und dem Deutschen Franz Beckenbauer, die bisher als Einzige als Spieler und Trainer erfolgreich waren.

Gewinner Nummer 2 ist trotz Final-Niederlage Kroatien. Das kleine Land kam ganz groß raus und war erfolgreich wie nie. Kleiner Trost, dass es doch noch einen Sieger in den eigenen Reihen gab, denn Kapitän Luka Modric wurde als bester Spieler des Turniers ausgezeichnet. Die Erfahrung war der Trumpf der Kroaten, gleichzeitig sollte man wohl die Einmaligkeit des Ereignisses feiern, es wird schwer werden, diesen Erfolg in naher Zukunft zu wiederholen.

Gewinner Nummer 3 ist der Dritte, nämlich Belgien. Als die Belgier in der Vorrunde England mit 1:0 besiegten, da wurde dies eher als Unfall gewertet, weil sie sich damit einen schweren Weg ins Finale bescherten. Am Ende trafen sie im Spiel um Platz drei wieder auf England und siegten mit 2:0. Doch bei ihnen geht der Blick in die Zukunft, der größte Teil de Mannschaft befindet sich im besten Fußball-Alter, sie haben mit Kapitän Eden Hazard und Kevin de Bruyne Stars, die den Unterschied ausmachen können. Es ist kein Größenwahn, wenn sie davon sprechen, bei den nächsten Turnieren mehr erreichen zu wollen.

Gewinner Nummer 4 ist England, ja auch der Geschlagene im kleinen Finale kann sich als Gewinner fühlen, denn auch die Mannschaft von Trainer Gareth Southgate hat Werbung für sich betrieben, hat für gute Stimmung im Land gesorgt und gilt als Team der Zukunft. So gelten auch die gleichen Ziele wie in Belgien: Es soll weiter nach oben gehen. Kann es auch.

Gewinner Nummer 5 ist der Videobeweis. Was gab es im Vorfeld angesichts des Chaos vor einem Jahr beim Confed-Cup für Unkenrufe, stattdessen lief es fast perfekt, was eigentlich einem Wunder gleichkommt. Der Videobeweis wurde nur dezent eingesetzt, war dann eine Hilfe und sorgte für Gerechtigkeit. Er darf damit als Vorbild für die Bundesliga gelten. Auch hier muss der DFB also lernen.

Gewinner Nummer 6 ist natürlich Gastgeber Russland, die Stimmung im Land war gut, die Fans aus aller Welt konnten sich fast in einem freiheitlichen Land fühlen, das Putin-Russland verstellte sich nahezu perfekt. Dazu hat die Organisation gestimmt, aber es war natürlich übertrieben, dass FIFA-Boss Infantino von der „besten Weltmeisterschaft aller Zeiten“ sprach. Mit dieser Feststellung hat der Schweizer eher gezeigt, dass seine Aussagen nur auf PR gemünzt sind und nicht auf Wahrheiten. Dennoch, ein kleines Sommermärchen erlebte auch Russland, es wird spannend sein, zu sehen, inwieweit die Bevölkerung in Zukunft Veränderungen bemerkt.

Gewinner Nummer 7 ist der FIFA-Präsident Gianni Infantino selbst. Der Schweizer war überall präsent, gefiel sich neben den Mächtigen der Welt und lächelte in jede Kamera. Er wollte alle Stadien besuchen und alle Mannschaften sehen. Sein Auftritt war eine einzige Werbetour, die eigentlich als abstoßend bezeichnet werden muss. Dennoch war „Der Lächler mit dem Messer“, wie er bezeichnet wurde, ein Gewinner. Ein Gewinner nämlich in seinem persönlichen Ziel, bei der nächsten Wahl wiedergewählt zu werden.

Von Verlierern wollen wir heute nicht mehr reden, aber es wird spannend sein, zu sehen, wie in Deutschland, Brasilien, Spanien und Argentinien die Enttäuschung verarbeitet wird. Auch die Zukunft bleibt spannend, sind doch die Diskussionen um die Erweiterung der WM nicht beendet. Für 2026 ist die Aufstockung von 32 auf 48 Nationen beschlossen, aber Infantino lässt nicht locker, die Welt schon 2022 in Katar damit zu „beglücken“. Was wiederum zeigt, dass es Infantino nicht um den Fußball geht, sondern um seine Macht. Eigentlich ist für einen FIFA-Präsidenten nicht haltbar, eine einmal vom Verband getroffene Entscheidung in Frage zu stellen, zum anderen bringt die WM 2022 im Winter genügend Probleme, da braucht es keine Ausweitung. Aber Vernunft kommt in Infantinos Werbetour nur selten vor.

Eine glückliche Fügung gibt es übrigens für die im September startende Nations League, die ja auch mit viel Skepsis begleitet wird. Einen besseren Start als mit dem Duell des neuen Weltmeisters gegen den alten kann sich die UEFA allerdings nicht wünschen. So kommt am 6. September in München beim Spiel Deutschland – Frankreich auch auf Jogi Löw beim Neuanfang gleich eine große Imageaufgabe zu. Da sollte seine Analyse von der WM-Pleite wirklich gründlich ausfallen.

Es ist ja fast nicht zu glauben, aber am Rande der Fußball-Weltmeisterschaft gab es sogar noch Sportarten, die den Fußball ein wenig verdrängen konnte. Deutschland feierte seine Tennis-Königin Angelique Kerber, die als Wimbledon-Siegerin den Fußball zumindest in Deutschland die Show stahl, und Deutschland freute sich auch über Rad-Star John Degenkolb, der sich seinen Traum von einem Etappensieg bei der Tour de France erfüllte. Beide Sportler erlebten ein großartiges Comeback nach Formtief bzw. Verletzungspause. Es wurde also deutlich, es gibt nicht nur Fußball.

Es folgt in dieser Woche noch ein Kommentar darüber, wie sich der Fußball nach der WM verändern wird.

Fußball-WM: Die Zukunft hat bereits begonnen

Eines kann man von der Fußball-Weltmeisterschaft in Russland nicht behaupten: Das sie langweilig ist. Das Favoritensterben sorgte für Aufmerksamkeit, zahlreiche Elfmeterschießen für Spannung. Das passte dann wie die Faust aufs Auge, dass hier sogar die Engländer erfolgreich waren. Und es passt zu den Überraschungen, dass aus der Weltmeisterschaft eine Europameisterschaft geworden ist, nachdem im Viertelfinale auch Brasilien und Uruguay die Segel streichen mussten. Hier zeigt sich ein Trend: Die Nationen außerhalb Europas kommen einfach nicht voran, in erster Linie die Teams in Afrika und Asien. Da fehlt es an Organisation, an Willen und an Cleverness. Jetzt schwächeln auch die Südamerikaner mit all ihren begnadeten Fußballern. Eine Gefahr für die Zukunft, dass Eintönigkeit wieder die Oberhand gewinnt? Warten wir es ab. Zuletzt waren vier Europäer 2006 im Halbfinale unter sich, damals Italien, Frankreich, Deutschland und Portugal.

Diesmal sind es bekanntlich Frankreich und Belgien (Dienstag) sowie Kroatien und England (Mittwoch), die im Halbfinale aufeinandertreffen. Dabei fällt eines auf: Bei drei Nationen hieß es im Vorfeld des Turniers, dass sie eine Mannschaft der Zukunft haben. Ergo: Die Zukunft hat bereits begonnen.

Auffallend, dass es zum Beispiel eine gewisse Ähnlichkeit der Mannschaftsstruktur und der Spielweise zum Beispiel bei den Gegnern Frankreich und Belgien gibt. Da das überragende Sturm-Duo Griezmann/Mbappe mit Paul Pogba in der Hinterhand, dort die schnellen Lukaku und E. Hazard, zu denen sich Kevin de Bruyne gesellt. Wir sehen: Bei beiden Nationen heißt es, Angriff ist die beste Verteidigung. Wobei die Abwehrspieler naturgemäß schon noch ein bisschen Arbeit haben, da macht Frankreich fast den stabileren Eindruck. Bemerkenswert, dass ein Franzose die belgischen Stürmer trainiert. Der einstige Weltklassestürmer Thierry Henry könnte jetzt zum „Verräter“ werden. Lukaku gestand bereits: „Von Henry habe ich schon viel gelernt.“ Die Belgier sprechen von ihren Spielern ja von „der goldenen Generation“, dies könnte am Sonntag im wahrsten Sinne des Wortes stimmen.

Auch in England sprach man vor der WM von der „Mannschaft der Zukunft“, jetzt ist die Zukunft schon in der Gegenwart angekommen. Auch in England steht ein Stürmer im Mittelpunkt, nämlich Torjäger Harry Kane, der schon die Premier League aufgemischt hat und jetzt die WM-Torschützenliste mit sechs Treffern anführt. Beste Bewerbung als für den Titel „Weltfußballer des Jahres“. England hat aber nicht nur Kane, sondern mit dem jungen Pickford auch einen erstklassigen Torhüter und mit Gareth Southgate offensichtlich einen Trainer, der die Konkurrenz in den Schatten stellt. Er präparierte seine Schützlinge im Training für das Elfmeterschießen, er ließ bis zum Erbrechen im Training Standards trainieren – und erntet jetzt zusammen mit dem Team schon in Russland. Im Wege steht zunächst noch Kroatien, die Ausnahme der Talente-Nationen, das Team mit Erfahrung und einem überragenden Luka Modric, der als Kopf der Mannschaft ganz anders auftrumpft als seine Real-Mannschaftskollege Toni Kroos es tat. Deshalb steht Kroatien im Halbfinale und nicht Deutschland.

Die FIFA macht sich lächerlich – und andere auch

Nur der Weltverband selbst trübt seine sportlich interessante Weltmeisterschaft. Wie die überwiegend geldgierigen und korrupten FIFA-Funktionäre, die vor allem nach einem für sie angenehmen Leben streben, ticken, wurde bei seltsamen Entscheidungen offensichtlich. 60500 Euro Strafe mussten die Kroaten zahlen, weil sie nicht vorschriftsmäßig Trinkflaschen vom Sponsor verwendet hatten. Ein Vertragsbruch, der geahndet werden musste. Als Serbiens Trainer Mladen Krstajic allerdings gegen Moral und Ethik verstieß (was die FIFA angeblich immer besonders hoch hält), als er Schiedsrichter Dr. Brych vor das UN-Kriegsverbrechertribunal schicken wollte, da musste er für diesen Fauxpas gerade mal 5000 Euro Strafe zahlen. Damit macht sich die FIFA einfach nur lächerlich.

Aber damit steht der Weltverband keineswegs alleine da. Eine lachhafte Figur gibt auch der DFB bei der Krisenbewältigung ab, da zeigen die Beteiligten wie DFB-Chef Grindel, Manager Oliver Bierhoff und Trainer Jogi Löw allesamt, dass sie zwar mit Erfolgen gut leben, mit Krisen aber überhaupt nicht umgehen können. Probleme sind in ihrer Denke wohl nicht vorgesehen. Der „Fall Özil“ schlägt Wellen, es gibt Widersprüche und Peinlichkeiten. Da hat wohl Özils Vater die einzige richtige Antwort: „An Mesuts Stelle würde ich zurücktreten“. Wer sich zu einer Verfehlung (Erdogan-Fotos) nicht äußert, hat in der Nationalmannschaft als Aushängeschild sowieso nichts zu suchen.

Lächerlich von FIFA und DFB auch die Affäre um Schiedsrichter Dr. Felix Brych, der nach Hause geschickt wurde und offensichtlich unter einer einzigen Fehlentscheidung leiden musste. Andere Kollegen durften auch nach schwachen Spielen munter weiter pfeifen. Und der DFB bringt es noch nicht einmal fertig, von der FIFA die Hintergründe zu erfahren. Möglicherweise steckt sogar eine interne Intrige zwischen deutschen Schiedsrichtern dahinter. Beobachter sehen den damaligen Video-Schiedsrichter Zwayer als Hauptschuldigen, unken über die Möglichkeit eines Racheaktes. Aufklärung tut also Not. Oder der DFB macht sich eben wieder einmal lächerlich.

Lächerlich gemacht hat sich auch Brasiliens Star Neymar, der mehr mit seinen Schauspieleinlagen nach Fouls auffiel, als mit sportlichen Highlights. Er hat bei der WM deutlich gemacht, dass er nicht das Format mitbringt, einmal „Weltfußballer des Jahres“ zu werden. Mit ein paar Tricks und guten Pässen ist es nicht getan. Er hätte Brasilien vielleicht weiterbringen können, wenn er sich mehr auf den Sport konzentriert hätte. Aber vielleicht will er ja sowieso Schauspieler werden.

Jogi Löw muss Deutschland neu erfinden

Es bleibt in Deutschland alles so, wie es ist: Angela Merkel bleibt Bundeskanzlerin und Joachim Löw bleibt Fußball-Bundestrainer. Beide haben aber eine Aufgabe mit dem gleichen Ziel: Sie müssen Deutschland neu erfinden. In der Handhabung hat es Jogi Löw natürlich leichter, der Fußball ist zwar kompliziert, aber überschaubarer als Politik. Bleiben wir also beim Fußball, hier geht es ja um den Sport. Bleiben wir bei der Aufgabe: Jogi Löw muss Deutschland neu erfinden.

Es war keine Überraschung, dass der Bundestrainer sich dazu entschieden hat, im Amt zu bleiben. Zwar forderten viele Kritiker seinen Rücktritt, aber mehr Leute von fern und nah stärkten ihm wohl den Rücken, vor allem beim Verband. Der DFB mit seinem Präsidenten Reinhard Grindel hatte vor allem das Dilemma, dass ein adäquater Nachfolger nicht greifbar war. Für Löw selbst wird die Entscheidung eher eine leichte gewesen sein, das Amt des Bundestrainers gilt allgemein als Traumjob gegenüber der täglichen Arbeit in der Bundesliga, ist gut honoriert (Löw kassiert angeblich 3,5 Millionen Euro im Jahr) und die Aufgabe für die Zukunft ist reizvoll: Die Nationalmannschaft nach dem Tief des frühen WM-Ausscheidens wieder an die Spitze führen. Die Qualität der Spieler lässt dies zu. Allerdings muss Löw im Team und rund um das Team einiges ändern. Das ist auch eine Aufgabe für den DFB und vor allem für Teammanager Oliver Bierhoff. Das Motto muss sein, zurück zu den Wurzeln. Insofern braucht er vielleicht nicht einmal etwas neu erfinden.

Bleiben wir zunächst bei den Aufgaben rund um das Team. Vor allem Oliver Bierhoff war wohl der Antreiber bei der Vermarktung mit abgehobenen Slogans und übertriebenen Inszenierungen. Dabei ging der Kontakt zur Basis verloren. Die Fans spielten nur noch die Rolle als zahlender Kunde, die DFB-Auswahl wurde zwar als „Die Mannschaft“ verkauft, war aber keine Mannschaft des Volkes mehr. Abgeschottet im Trainingslager und Training, Testspiele ohne Rücksicht auf Qualität, die Preise zu hoch, die Anfangszeiten nicht familienfreundlich. Der Fan muss sich künftig wieder als Teil der Mannschaft fühlen dürfen. Politiker und Fußballer haben hier ein ähnliches Problem: Die Nähe zum Volk ging für sie verloren. Gerade beim DFB solle sich das leicht ändern lassen. Ist es wirklich notwendig, dass sich 118 Mitarbeiter im WM-Tross um die Mannschaft kümmern? Und keiner kümmert sich um die Fans!

Auch sportlich muss Jogi Löw sich und die Mannschaft neu erfinden. Er muss sich vor allem fragen, ob mit dem alten Team der Co-Trainer und Scouts frühere Erfolge wieder erreichbar sind. Hinter den Kulissen hat wohl nicht alles gestimmt, die entsprechenden Konsequenzen kann nur der Bundestrainer in die Wege leiten. Auch bei den Spielern muss er Änderungen vornehmen und über seinen Schatten springen. Wer bringt wirklich die notwendige Bereitschaft mit, wer bekennt sich zu Kampf und Einsatz, wer macht das Spiel schnell. Özil ist das nicht, Gündagon ebenfalls nicht, beide sollten sowieso nach der Erdogan-Affäre die Konsequenzen ziehen, selbst Toni Kroos muss man in Frage stellen. Alles keine Kämpfer. Die Mannschaften aus Schweden und Uruguay sind erfolgreich, sie zeigen Begeisterung und Einsatzbereitschaft, derzeit Fremdwörter für die deutschen Akteure.

Langfristig muss der DFB auch seine Nachwuchsarbeit auf eine neue Basis stellen, die anderen Nationen haben nicht nur aufgeholt, sondern den DFB teilweise auch überholt. Bestes Beispiel ist England, das mit einem jungen Team jetzt im WM-Viertelfinale steht. Das Team der Zukunft kann schon in der Gegenwart zünden. Löw darf allerdings nicht nur in die Zukunft schauen, am 6. September steht bereits wieder das nächste Pflichtspiel an, in der neuen Nations League gegen Frankreich. Da müssen bereits die Tendenzen zur Wende sichtbar werden. Der weitere Gruppengegner heißt Niederlande, eine Mannschaft, die ähnliche Probleme wie Deutschland hat. Der Spott über den Nachbarn, der ja die WM-Teilnahme verpasst hat, ist vielen deutschen Fans wohl im Halse stecken geblieben.

Wachablösung auf der ganzen Linie

Deutschland ist nur noch Zuschauer bei der WM in Russland, aber auch ein Teil der aktuellen Wachablösung. Weltmeister (Deutschland), Vizeweltmeister (Argentinien), Europameister (Portugal) und das vor kurzem noch als Vorbild für alle geltende Spanien – alle gescheitert. Dazu der frühzeitige Abschied der großen Stars Lionel Messi und Cristiano Ronaldo – eine Wachablösung auf der ganzen Linie.

Das verschafft dem WM-Viertelfinale natürlich auch einen ganz besonderen Reiz, wobei es augenfällig ist, dass sich die verbliebenen Favoriten in einer Hälfte des Viertelfinals befinden. Uruguay – Frankreich und Brasilien – Belgien sind zwei Duelle zwischen WM-Favoriten und WM-Geheimfavoriten. Daneben duellieren sich mit Schweden – England und Russland – Kroatien vier Nationen, die einen vor wenigen Wochen noch unerfüllbar scheinenden Traum verwirklichen wollen. Das Gastgeber Russland (der Weltrangliste nach schwächste Mannschaft am Start!) noch dabei ist, verleiht der WM einen besonderen Reiz, Schwung und gute Stimmung, wie es vorher nicht für möglich gehalten wurde.

Vielleicht ist auch Gastgeber Russland dabei, sich neu zu erfinden. Aber das ist eine Aufgabe, die ist noch schwerer als die für Angela Merkel und Jogi Löw.

Infantino und die Gier nach den Millionen

Als der Schweizer Gianni Infantino seinen Landsmann Sepp Blatter als FIFA-Präsident abgelöst hatte, sollte beim Fußball-Weltverband eigentlich alles besser werden, nämlich transparenter, ehrlicher, volkstümlicher – zurück zum Fußball als Volkssport. Das Gegenteil ist eingetreten, es wurde noch schlimmer, auch der neue Präsident sieht die FIFA vor allem als Gelddruckmaschine, es wurde noch verworrener, noch geheimnisvoller, von Transparenz keine Rede. Dahinter steckt Gianni Infantino und seine Gier nach den Millionen. Kurz vor der WM wird nicht nur über den Sport geredet.

Bezeichnend die Geheimhaltung um ein Konsortium, das 25 Milliarden Dollar zahlen will für 13 Jahre, von 2021 bis 2033, für die Austragung einer Klub-Weltmeisterschaft mit 24 Mannschaften (alle vier Jahre ab 2021) und eine weltweite Nations League nach Vorbild des jetzt in Europa neu eingeführten Wettbewerbs. Wer hinter diesen Plänen steckt, will Infantino nicht sagen, er versteckt sich hinter einer „Geheimhaltungsvereinbarung“. Da kann man nur sagen, die Milliarden haben dem Präsidenten das Gehirn vernebelt, er ist in seinem Amt zur Offenlegung verpflichtet! Die FIFA-Gremien und die Öffentlichkeit müssen wissen, was hier verhandelt wird. Mit Gesprächen in Hinterzimmern wirbt Infantino für seine Vorhaben und hat auch schon Europas Spitzenklubs eingeladen, weil er weiß, dass deren Stimme Gewicht hat und dass sie wie er auch nach dem Geld schielen. Die Fachzeitung kicker bezeichnet Infantino richtig als „Chef-Mauschler“. Wie kann sich ein Präsident zum Verkäufer eines Angebots machen! Ein geeigneter FIFA-Präsident ist er also nicht.

Die seltsamen Geschäftsgebaren der FIFA werfen auch Schatten auf die Fußball-Weltmeisterschaft in Russland. Dort soll die Weltmeisterschaft für 2026 vergeben werden. Ein aufgeblähtes Turnier mit dann 48 Nationen, das schon fest in den Händen des Bewerbers USA mit Kanada und Mexiko schien. Doch jetzt trat mit Marokko ein ernstzunehmender Konkurrent auf, der schon öfters bei der WM-Bewerbung scheiterte und mit einem Pfund wuchern kann: Kurze Wege und die gleiche Zeitzone wie Europa, dem geschäftlich wichtigsten Kontinent einer Weltmeisterschaft. Andererseits gibt es Insider, die glauben zu wissen, warum Infantino für eine WM in den USA kämpft. Er verspricht sich offensichtlich Unterstützung des unberechenbaren US-Präsidenten Donald Trump, der darauf einwirken soll, dass der FBI die Ermittlungen gegen FIFA-Funktionäre wegen Korruption fallen lässt. Der Höhepunkt der Mauschelei wäre erreicht.

Dazu passt, dass die FIFA mit einem Handstreich nichts davon wissen will, dass es innerhalb der russischen WM-Mannschaft Doping geben soll. Handfeste Vorwürfe werden einfach vom Tisch gefegt, nach dem Motto, das nicht sein kann, was nicht sein darf. Kein Doping in Russland! Um den Schein zu wahren, werden Untersuchungen gegen nicht an der WM beteiligte Spieler fortgeführt. Das klingt, also wolle man die Öffentlichkeit an der Nase herumführen. Infantino singt Lobeshymnen auf Russlands Präsident Putin und den WM-Ausrichter Russland, mangelnde Meinungsfreiheit, Repressalien gegen Regierungskritiker oder andere Unregelmäßigkeiten interessieren ihn nicht. Dollarzeichen in den Augen machen deutlich, in Infantino steckt nur die Gier nach Millionen. Oder gilt er im Fußball gar als Vorbild?

Interessant auch der nächste Kommentar: „Die Bayern können nur Bundesliga“

Auf geht’s, zur gedopten Medaillenjagd

Gibt es bei Ihnen eine Vorfreude auf die Olympischen Winterspiele in Südkorea? Wahrscheinlich nicht so sehr, denn die Vorfreude ist bei allen sichtlich getrübt, vor allem bei den Athleten selbst. Der russische Doping-Sumpf von Sotschi 2014 ist immer noch nicht trocken gelegt und beeinträchtigt auch Pyeongchang 2018. Da passt es, dass sich das IOC auf einen Austragungsort festgelegt hat, der buchstäblich am Ende der Welt liegt. Pyeongchang ist ein Örtchen mit gerade mal 10.000 Einwohnern, etwa 100 km von der Grenze zu Nordkorea entfernt. Freiwillig geht da wahrscheinlich niemand hin.

Das IOC und vor allem sein Präsident Dr. Thomas Bach verlieren immer mehr an Reputation. Der Skandal um das staatliche Doping in Russland wurde so schlecht gehändelt, dass es am Ende nur noch Verlierer gibt. Bach und seine Kollegen hatten nicht den Mut, gegen Russland und seinen Präsidenten Putin wirklich hart vorzugehen. Staatliches Doping ist nämlich bewiesen, nur kann man es, wie es der Sportgerichtshof CAS feststellte, nicht jedem Athleten wirklich nachweisen und deshalb der „Freispruch“ mangels Beweisen. Der CAS betonte, die Athleten seien „nicht unschuldig“. Wie auch, Löcher in der Dopingkontrolle wurden ebenso bewiesen, wie Kratzer an den Testfläschchen, die auf ein Öffnen schließen lassen, Salz in den Proben (was auf Manipulation hinweist) und im Urin von Eishockeyspielerinnen wurde männliches Urin gefunden! Gedopt wurde also, nur welcher einzelne Sportler wirklich gedopt war, lässt sich im Nachhinein schlecht feststellen. Russland triumphiert, das IOC lamentiert, Olympia geht am Stock und saubere Athleten fühlen sich betrogen.

Noch Spaß an Olympischen Spielen? Bei allen Erfolgen geht der Blick beim Sieger auf die Nation, auf seinen Hintergrund und die Frage: Gedopt oder nicht? Wer kann sich da noch ehrlich freuen? Typisch der Blick eines deutschen Eisschnellläufers auf den Gewinn seiner Bronzemedaille, die für ihn einen Erfolg darstellte, aber er wies darauf „vor mir waren zwei Russen, die waren schon wegen Dopings gesperrt.“ Noch Fragen?

Ein Beispiel. Eine der deutschen Medaillenhoffnungen ist die Biathletin Laura Dahlmeier, Königin bei der letzten Weltmeisterschaft in Hochfilzen mit fünf Titeln und sechs Medaillen. Ihr bescheidener Wunsch für Pyeongchang: Eine Medaille. Ihre größten Konkurrentinnen sind u. a. Anastasjia Kuzmina und Darya Domratschewa. Erste gebürtige Russin, die einen Isreali heiratete und jetzt für die Slowakei startet. Erstaunlich, dass sie immer gerade zu Olympia in Hochform ist. Erstaunlich, wie sie zu Beginn der Saison die Konkurrenz beherrschte. Die deutsche Biathletin Vanessa Hinz zeigte sich ratlos: „Ich weiß nicht, was sie frühstückt.“ Bruder Anton Shipulin ist wegen Dopingverdachts übrigens nicht für die Spiele zugelassen. Domratschewa läuft von Zeit zu Zeit die Konkurrenz in Grund und Boden, musste nach Krankheit pausieren und wehrte alle Verdachtsmomente ab. Können wir der Frau der Biathlon-Legende Björndalen glauben? Bei der sympathischen, frischen Laura Dahlmeier aus Garmisch-Partenkirchen, einem Bergfex, der die Natur liebt, da wollen wir gern glauben, dass sie sauber ist.

So heißt das Motto für Olympia 2018: Auf geht’s, zur gedopten Medaillenjagd. Nehmen wir es sportlich. In Sotschi taten die Russen also alles dafür, um die Nationenwertung zu gewinnen, mit 13 Goldmedaillen (gegenüber elf von Norwegen) gelang es ihnen auch. Nach dem CAS-Urteil ist noch unsicher, welche Wertung wirklich zählt. Egal, eigentlich sollte man den Medaillenspiegel offiziell abschaffen, denn er verführt nur zum unsportlichen Wettkampf der Nationen. Allerdings lieben alle den Blick auf die Gesamtbilanz und dann heißt es auch „wo liegt Deutschland?“. Nun ja, in Sotschi nur auf Rang sechs (bei den Medaillen wohlgemerkt), 2010 und 2002 war Deutschland zuletzt Zweiter, 2006 sogar Erster mit 29 Medaillen, in Sotschi waren es gerade 19 (8 Gold, 6 Silber, 5 Bronze). In Pyeongchang sollten es mehr werden, die Chancen stehen gut. Als Mindestziel werden vom Sportbund wieder 19 Medaillen für die 153 Athleten ausgegeben.

Die „Winterkönige“ sind zweifellos die Biathleten, die in die Medaillenspur zurückfinden sollten. Ihnen können wir auch zuschauen, die Starts sind nach MEZ meist um 12.15 Uhr. Laura Dahlmeier wie gesagt, die Staffeln sowie die eine oder andere Einzelmedaillen sollten möglich sein. Besonders ertragreich im Medaillensammeln könnten Skeleton, Bob und Rodeln sein, obwohl Deutschland im Rodeln an Dominanz eingebüßt hat. Auch die Athleten der Nordischen Kombination, die in den letzten Jahren fast alles abräumten, laufen inzwischen zum Teil hinterher, Medaillen sollte es aber geben. Auch die Skispringer könnten bei guten Bedingungen vorne dabei sein. Danach wird es spärlich, Viktoria Rebensburg und Kitzbühel-Held Thomas Dreßen tragen die alpinen Hoffnungen, auch im Snowboard könnte was abfallen, im Eiskunstlauf sollten Savchenko/Massot zumindest eine Medaille gewinnen, im Eisschnelllauf will die 46-jährige Claudia Pechstein noch einmal richtig mitmischen. Keine großen Hoffnungen gibt es Freestyle, Shorttrack, Skilanglauf und Eishockey. Im Curling ist Deutschland gar nicht dabei.

Gedopt oder nicht, Medaillengewinne sorgen bei den Sportfans immer für nationale Begeisterung. Ob allerdings diesmal euphorische Olympia-Stimmung aufkommt, ist durch die Zeitverschiebung fraglich. Südkorea ist uns acht Stunden voraus, viele Wettbewerbe finden für uns in den frühen Morgenstunden statt, das heißt, wenn wir Aufstehen werden wir erfahren, welche Medaillengewinne oder Enttäuschungen es gegeben hat. Das sorgt für keine Euphorie. Wettbewerbe vom Abend in Pyeongchang können wir zum Mittagessen genießen oder in der Mittagspause sehen („Chef, ich muss mal Olympia gucken“), so eben Biathlon, das auf die Abendstunden verlegt wurde (wegen Deutschland?).

Aber auch in der kleinen Stadt selbst ist fraglich, ob da richtige Olympia-Stimmung aufkommt, es gibt viele Wettbewerbe, die die Südkoreaner überhaupt nicht interessieren. Kleines Städtchen heißt nicht gleichzeitig große Olympia-Stimmung wie einst 1994 in Lillehammer. Norwegen bleibt unübertroffen, Norwegen könnte übrigens auch der größte Medaillensammler werden. Und in vier Jahren treffen wir uns dann im bekannten Wintersportort Peking in China.

Zwei Siege für den Sport

In der Veranstaltungsflut des Spitzensports gingen in den letzten Tagen vielfach zwei wichtige Gerichtsentscheidungen fast unter. Dabei waren dies zwei Siege für den Sport, die vor allem juristische Sicherheit für die Zukunft geben.

Kurz vor den Winterspielen in Südkorea ist für den olympischen Sport vor allem das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte wichtig. Er bestätigte, dass das Doping-Kontrollsystem nicht gegen das Selbstbestimmungsrecht der Athleten verstößt. Geklagt hatten französische Verbände und Sportler, die das sogenannte „Whereabouts-System“ nicht hinnehmen wollten. Monate im Voraus müssen die Sportlerinnen und Sportler täglich eine Stunde benennen, in der sie für Dopingkontrollen zur Verfügung stehen. Die Straßburger Richter zeigten sich auf der Höhe der Zeit, sie gaben dem sauberen Sport den Vorrang. Bravo!

Anders sehen dies die Rechtsanwälte der Gegenseite, die davon sprechen, dass die Sportler persönliche Rechte verloren haben. Das haben sie, das ist eindeutig, aber im Kampf gegen Doping müssen sie dies hinnehmen, denn sonst kann der Kampf gegen Betrüger nie gewonnen werden. Gut, dies ist ein Kampf, der ewig dauern wird, aber das bisher schärfste Schwert, nämlich die unangemeldeten Dopingkontrollen, würde stumpf werden. Die Doping-Praktiken in Russland lassen grüßen. So dürfen wir darauf hoffen, dass in Pyeongchang (fast) nur saubere Athleten am Start sind, zumindest gut kontrollierte.

Das muss man den Athleten schon zugestehen, dass es nicht angenehm ist, im Voraus zu planen und den Aufenthaltsort zu bestimmen. In Deutschland gibt es absolut unangemeldete Kontrollen, was aber nur möglich ist, wenn die Kontrolleure wissen, wo die Sportler zu finden sind. Diese Einschränkungen der persönlichen Freiheit müssen Spitzensportler hinnehmen.

Das zweite richtungsweisende Urteil fällte das Bundesarbeitsgericht in Erfurt. Es stellte fest, dass befristete Arbeitsverträge im Profi-Fußball wirksam sind. Dagegen hatte der frühere Torhüter von Mainz 05, Heinz Müller, geklagt, Er wollte nicht hinnehmen, dass ihn der Trainer in die zweite Mannschaft verbannt hatte und somit dem Torhüter die Chance raubte, eine automatische Verlängerung des Vertrages zu erreichen. Es stand sogar im Raum, ob es so weit gehen würde, dass Profi-Fußballer mit ihren Vereinen quasi Rentenverträge abschließen könnten. Die Richter aber stellten eindeutig fest, dass der Profi-Sport eigenen Gesetzen unterliegt, die mit dem normalen Arbeitsleben nicht zu vergleichen sind. Es liegt an den Profi-Sportler selbst, für eine entsprechende Altersvorsorge Vorkehrungen zu treffen. Gestärkt wurde auch das Recht der Trainer, rein nach sportlichen Gesichtspunkten urteilen zu können. Am Ende erstreitet sich ein Ersatzspieler noch das Recht, dass er aufgestellt werden muss!

Wir sehen, wie überall im Leben, so gibt es auch im Sport immer wieder neue Fallstricke, diesbezüglich dürfen wir froh sein, dass die Richter mit gesundem Menschenverstand geurteilt haben. Angeblich ist das nicht immer der Fall.

2018 ist ein Jahr des Sports

Vor einem Jahr hieß es beim Sport-Grantler „2017 wird das Jahr der Funktionäre“ und seine Prognose hat wohl gestimmt, denn neben den Doping-Skandalen haben vor allem korrupte und geltungssüchtige Verbandsfunktionäre die Schlagzeilen bestimmt und den Sport oft an den Rand gedrängt. Die Skandale werden uns auch weiter begleiten, aber 2018 ist dennoch ein Jahr des Sports. Alle vier Jahre stehen einfach die Großereignisse im Mittelpunkt, nämlich die Olympischen Winterspiele in Pyeongchang/Südkorea (9. – 25. Februar) und die Fußball-Weltmeisterschaft in Russland (14. Juni – 15. Juli). Früher hatten wir alle vier Jahre die sogenannten Olympischen Jahre, doch dies hat sich ja geändert, nachdem Sommer- und Winterspiele zeitlich getrennt wurden. Dafür beginnt in Südkorea die asiatische Olympia-Ära mit den folgenden Spielen in Tokio und Peking.

Aber zurück ins Jahr 2018, wo es neben den genannten Großereignissen natürlich noch viele Weltmeisterschaften und kontinentale Meisterschaften gibt, die aber alle im Schatten von Olympia und Fußball stehen werden. Hoffen wir, dass es die Funktionäre nicht schaffen, mit weiteren Skandalen den Sport zudem in den Hintergrund zu drängen.

Aber welche Sportarten können die Fans noch begeistern? Die Formel 1 ist wieder interessanter geworden, mit neuen Besitzern und neuer Spannung. Kann Ferrari endlich Mercedes stoppen und Sebastian Vettel dem Briten Lewis Hamilton den Titel entreißen und Italien glücklich machen? Am 25. März beginnt die Hatz in Australien, die nach 21 Rennen am 25. November in Abu Dhabi endet. Natürlich läuft auch wieder die Tour de France, die Radstars sitzen vom 2. bis 29. Juli im Sattel, in der Zeit steigt der Umsatz von Asthma-Mitteln. Christopher Froome hat bewiesen, dass man nur mit Asthma die Tour gewinnen kann. Vielleicht wäre es besser, zwei Felder an den Start gehen zu lassen, die Fahrer mit Asthma und die ohne. Es wäre wohl sportlich gerechter. Von Doping sprechen wir dabei – gemäß der Diktion von Froome – selbstverständlich nicht.

Natürlich ist, wie in jedem Jahr, der Golf- und Tennis-Zirkus wieder unterwegs, mit den Major- bzw. Grand-Slam-Turnieren als Höhepunkte. Die Golfer haben traditionell ihr erster großes Turnier mit dem Masters in Augusta (5. – 8. April) und hoffen vor allem darauf, dass der Rücken von Tiger Woods hält und der große Star den Sport wieder in den Blickpunkt rückt. Als extra Highlight gibt es vom 28. – 30. September noch den Ryder Cup in Paris, wenn sich die Spitzengolfer aus den USA und Europa duellieren. Deutschland hatte vergeblich auf dieses Event gehofft, um Golf aus einem gewissen Schattendasein zu führen. Die Tennis-Cracks starten ihre großen Turniere schon früher, vom 15. – 28. Januar werden die Australian Open in Melbourne ausgetragen. Auch im Tennis geht es um Verletzungen, viele Stars gehen mehr oder weniger am Stock, die Belastung muss reduziert werden.

Die Mannschaftssportarten stöhnen besonders unter „König Fußball“, kämpfen aber unverdrossen darum, auch ein bisschen Aufmerksamkeit zu erhalten. Die Handballer wollen für ihre Europameisterschaften Interesse, die Männer kämpfen vom 12. – 28. Januar in Kroatien um den Titel, die Frauen am Ende des Jahres vom 29. November bis 16. Dezember in Frankreich. Eishockey trägt ungeachtet der Olympischen Spiele auch eine Weltmeisterschaft aus. Die WM dürfte in diesem Jahr allerdings Olympia sogar übertreffen, weil im Gegensatz zu Südkorea vom 4. – 20. Mai in Kopenhagen und Herning in Dänemark einige NHL-Profis dabei sein werden. Für Olympia unterbricht die NHL bekanntlich nicht ihre Saison und erntete dafür viel Kritik. Olympische Spiele sind halt nicht immer der große Lockvogel.

Na ja, Katar darf natürlich mit einem großen Event nicht fehlen, die Scheichs in der Wüste erfreuen sich auch am Turnen und holten die Weltmeisterschaft vom 25. Oktober bis 3. November nach Doha. Aber auch Deutschland darf sich auf ein Großereignis freuen, die Leichtathletik-Europameisterschaft wird vom 6. – 12. August in Berlin ausgetragen. Bleibt zu hoffen, dass es keine Doping-Kämpfe werden. Aber einige Spitzenathleten werden schon über Asthma klagen…

Wir sehen, 2018 hat auch im Sport einiges zu bieten, aber der Sport wird wohl auch wieder einmal im Schatten der Politik stehen. So sucht Deutschland noch eine Regierung, weiß die Welt nicht, welche Torheiten US-Präsident Donald Trump noch in petto hat und mit Blick auf die Olympischen Spiele in Südkorea haben alle Sorgen, ob Nordkoreas Führer Kim Jong Un nicht doch noch etwas in Schilde führt. Hoffen wir dennoch, dass 2018 ein großes Sportjahr wird.

Rückblick 2017: Wenn der Sport zum Witz wird

Der Sport gehört für uns zum Alltag. Den Leistungssport verfolgen wir mehr oder weniger gern, Sport treiben wir, weil es uns Spaß macht und vor allem gesund ist. Also einer der guten Vorsätze für das neue Jahr: Genug Sport treiben.

Was den Profi-Sport angeht, da lieben wir die Wettkämpfe, die Spannung, die tollen Leistungen. Manchmal wird der Sport aber auch zum Ärgernis, wenn Betrug und Korruption im Vordergrund stehen und die ehrlichen Leistungen in den Hintergrund drängen. Manchmal wird der Sport aber auch einfach zum Witz. Der Rückblick auf 2017 hat also nicht Welt- und Europameisterschaften zum Inhalt, sondern einige Blicke auf das Geschehen, bei dem der Sport zum Witz wird, ohne lustig zu sein.

Zu Witzbolden wurden die Medien, als sie im November verkündeten, Deutschland habe 85 Jahre nach Max Schmeling wieder einen Schwergewichts-Boxweltmeister. Der gute Max wird sich im Grab erbost aufgebäumt haben. Der Flüchtling Manuel Charr, im Libanon geboren, angeblich seit 28 Jahren in Deutschland und mit deutschem Pass versehen, holte sich den WBA-Titel. Doch damit begann die Reihe der witzigen Begebenheiten. Die Medien feierten Charr, doch der Weltmeister ist kein richtiger Weltmeister wie Max Schmeling, sondern über ihm thront noch ein „Super-Champion“, also der wirkliche Weltmeister. Er heißt Anthony Joshua, besiegte Vladimir Klitschko und ist Champion der Verbände WBA und IBF. Das Profi-Boxen als Witzveranstaltung kennt ja nicht nur verschiedene „Weltverbände“, sondern kürt auch Weltmeister, die gar keine Weltmeister sind, weil sich damit ein Kampf besser verkaufen lässt. Das ist kein Witz, sondern eigentlich Betrug.

„Weltmeister“ Charr wiederum hat die Öffentlichkeit veräppelt. Den Titel widmete er zuerst Deutschland, seinen WM-Gürtel dann dem türkischen Präsidenten Erdogan. Dann musste Charr kleinlaut zugeben, dass er gar keinen deutschen Pass hat, zuerst hat er ihn angeblich nicht abgeholt, dann war sein Einbürgerungsantrag abgelehnt worden, dann wiederum wird er ihn gleich beantragen. So viel zu einem „deutschen“ Weltmeister, der seinen großen Titel gegen einen 44-jährigen Herausforderer verteidigen will. In Köln, „das ist meine Heimat, ich liebe Deutschland“ sagt Charr, diese Art Witze lieben wir nicht.

Ein Witz ist es auch, dass viele Ausdauersportler unter Asthma leiden. Wer mit echten Asthmakranken zu tun hat, der weiß, wie sie leiden und zu keinem Leistungssport fähig sind. Die asthmakranken Sportler wiederum, wollen nur das Medikament, das die Atemwege öffnet und für mehr Sauerstoffzufuhr sorgt. Um nicht gegen die Dopingregeln zu verstoßen, muss man also ein Attest über die Krankheit vorlegen. Das ist kein Witz, sondern eine traurige Tatsache im Profi-Sport. Den Vogel hat nun Tour-Sieger Christopher Froome abgeschossen, der positiv getestet wurde. Eine Überdosis eines Asthmamittels wurde bei ihm festgestellt. Froome selbst ist sich keiner Schuld bewusst, „mir ging es schlecht, ich brauchte eine höhere Dosis, ich habe keine Regeln gebrochen“. Hier wird der ehrliche Sport mit Füßen getreten, die Tour de France als Asthma-Kur ist nur noch eine Farce oder eben ein Witz. Merke: Wer allen davon fährt, der kann nicht ganz sauber sein… Zur Witzfigur wird auch der Radsport-Weltverband UCI, wenn er diesem Treiben nicht Einhalt gebietet. Froome müssen die Titel aberkannt werden, er befindet sich auf den Spuren von Lance Armstrong. Ihre Gemeinsamkeit: Zuerst schwer krank, dann schwer zu schlagen auf dem Rad…

Zu Witz-Figuren werden auch Politiker und Funktionäre in Russland, die finstere und besonders westliche Mächte hinter ihrem eigenen Staatsdoping vermuten. Ihre kriminellen Machenschaften wurden aufgedeckt, doch die Russen selbst sehen darin nur eine Verschwörung. Ehrliches Doping gibt es nicht. Reihenweise wurden bekanntlich russische Sportler des Dopings überführt und die Olympia-Medaillen einkassiert. „Ihr bleibt unsere Helden“ feiern linientreue russische Medien die ertappten Olympiasieger. Feiern können sie höchstens den Deal mit dem IOC, dass Russland als Nation zwar ausgesperrt wird, aber nachweislich saubere und entsprechend neutral kontrollierte russische Athleten bei den Winterspielen in Pyeongchang unter neutraler Flagge starten dürfen. Russland ist nicht dabei, aber die russischen Athleten mittendrin.

Es ist kein Witz, sondern traurig, dass der Profi-Sport immer mehr nach dem Motto ausgetragen wird „wir sind alle Betrüger, es muss ja nicht jeder gleich merken“. Da wirkt dann eine Kampagne für das Fair Play, wie die vom Fußball-Weltverband FIFA, als größter Witz.