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Tag: Thomas Tuchel

Der FC Bayern geht wieder auf Titeljagd

Die Fußball-Bundesliga scheint in einer Zeitschleife festzustecken. Ist jetzt 2013 oder doch schon 2018? Auf die Frage vor der Saison nach dem Meisterschaftsfavoriten gibt es seit Jahren nur eine Antwort: FC Bayern München. Seit 2013 gibt es auch nur einen Meister – den FC Bayern München. Und der geht jetzt wieder auf Titeljagd. Mit dem kleinsten Ziel geht es am Sonntag in Frankfurt los, wenn im Supercup der Meister beim Pokalsieger Eintracht antritt. Lange Zeit wurde der Supercup belächelt, doch er hat an Bedeutung gewonnen, auch in den anderen großen Ligen. In diesem Jahr blickt das Fußballvolk besonders interessiert auf dieses Spiel, ist es doch die Rückkehr des Frankfurter Erfolgstrainers Niko Kovac mit den Bayern zu seinem alten Verein. Der Supercup gewinnt an Bedeutung.

Das sehen auch zwei ehemalige Bundestrainer so, Thomas Tuchel bei Paris St. Germain und Pep Guardiola mit Manchester City feierten bereits ihren ersten Titel und Tuchel sogar sehr ausgelassen. Ein kleines bisschen vom Erfolgsdruck ist weg, das große Ziel allerdings noch weit weg: Der Gewinn der Champions League. Danach sehnen sich viele Vereine in Europa, die Zahl der Interessenten wird immer größer und die Hoffnung träg einen Namen: Cristiano Ronaldo. Ohne den Torjäger will man Real Madrid endlich vom Thron stoßen. Das will zum Beispiel Juventus Turin eben mit Ronaldo schaffen…

Aber zurück zu den Bayern und ihre Titeljagd. Zurückhaltung kennt man in München nicht und so formuliert Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge sehr deutlich, dass man wieder einen neuen Angriff auf den Henkel-Pott der Champions League starten wolle. Früher hieß es, die nationale Meisterschaft sei der ehrlichste Titel (es wäre der siebte in Folge), alles andere Zugabe. Das klingt jetzt anders. Bescheidenheit war zudem nie eine Zier in München, deshalb galt die letzte Saison auch nicht als eine erfolgreiche. „Nur“ die Meisterschaft ist nicht unbedingt das, was den Abonnementsmeister in große Jubelstimmung versetzt. Das Double wurde bekanntlich gegen Frankfurt mit einer schwachen Leistung verspielt, das bitte schön, sollte es doch dann wenigstens sein. Der Gewinn des Supercups und die Meisterschaft, das gilt dann nicht einmal als „kleines Double“. So groß ist die Bedeutung des Supercups also doch nicht.

Der neue Bayern-Trainer Niko Kovac hat ja gezeigt, wie der Pokal zu gewinnen ist. Das müsste eigentlich ein Dämpfer für alle diese Hoffnungsvollen sein, die darauf setzen, dass der Kroate in München vielleicht doch nicht so gut ankommt. Schließlich ist auch ein zumindest kleiner Umbruch im Bayern-Team zu verkraften, mit Arturo Vidal hat sich der „Krieger“ verabschiedet, Abwehr-Stratege Jerome Boateng könnte es noch tun (Tuchel in Paris und Manchester United buhlen angeblich um ihn). Leon Goretzka ist der einzige echte Neuzugang, Serge Gnabry begann zudem quasi seine Arbeit in München nach der Ausleihe nach Hoffenheim. Dazu staunten die Beobachter, dass im Vorfeld der Saison fast täglich ein anderer Nachwuchsspieler einen Profivertrag bei den Bayern unterzeichnete. Von sechs Hoffnungsträgern sollte dann halt wenigstens ein Lahm, Müller oder Alaba dabei sein. Bei der Titeljagd in diesem Jahr werden sie nicht helfen können.

Helfen sollen da schon eher noch die Oldies Franck Ribery und Arjen Robben, doch sie sind auch ein Sinnbild dafür, dass den Bayern die Zeit ein bisschen davon läuft. Die Konkurrenz in Europa rüstet immer mehr auf, die Bayern scheuen (bisher noch) das Risiko hoher Investitionen und vor allem Bayern-Präsident Uli Hoeneß will einen Traum offensichtlich umsetzen: Die Bayern als deutsche Mannschaft. Bleibt Boateng, könnten neun deutsche Nationalspieler in einer Anfangsformation beginnen! Allerdings: Ohne einen Lewandowski, Martinez, Thiago und James oder ähnliche Kaliber wird ein internationaler Erfolg auch nicht möglich sein. Also den Pott holen, bevor die Stars von heute zu alt werden. Auf geht’s zur Titeljagd!

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Die Bundesliga hat ein Eigentor erzielt

Die Fußball-Bundesliga hatte zwar wie alle Ligen in Europa Länderspielpause und dennoch war sie aktiv und hat dabei ein Eigentor erzielt. Eine unter seltsamen Umständen zustande gekommene Entscheidung bei der Mitgliederversammlung der Deutschen Fußball-Liga (DFL) in Frankfurt gefährdet eine gute Zukunft. In einer Art Handstreich hat Andreas Rettig, Geschäftsführer vom Zweitligisten FC St. Pauli, eine knappe Mehrheit der Vereinsvertreter hinter sich gebracht und dafür gesorgt, dass die umstrittene 50+1-Regelung vorerst erhalten bleibt. Die besagt, dass die Mehrheit beim Verein bleiben muss und verschließt die Türen für Geldgeber. Allerdings gibt es bereits Ausnahmen und Auswüchse, was beweist, dass die derzeitige Regelung nicht mehr zeitgemäß ist. Es wurde versäumt, eine echte Entwicklung in die Wege zu leiten, damit auch die kartellrechtlichen und juristischen Zweifel ausgeräumt werden könnten. Das heißt aber auch, dass der Geldfluss für die Liga erschwert bleibt, dass die Bundesliga weiterhin Gefahr läuft, von den Klubs aus Spanien, England, Italien und bald auch Frankreich sportlich abgehängt zu werden. Siehe die diesjährige katastrophale Saison.

Was die Bundesliga angeht, wird derzeit ja auch (ebenfalls auf diesen Seiten) das schwache Niveau der Liga diskutiert. Zum Glück macht da die Nationalmannschaft nicht mit. Ganz im Gegenteil, die DFB-Elf zeigte beim 1:1 gegen Spanien erstaunlich hohes Niveau und begegnete dem Tiki-Taka des Gegners auf gleicher Höhe. Es war ein überaus wertvoller Test für Bundestrainer Joachim Löw und seine Mannen, er zeigte, dass der Weltmeister nach wie vor weltmeisterliche Klasse hat, er zeigte aber auch, dass Deutschland damit nicht alleine ist. Spanien schwingt sich zu alter Klasse auf, auch andere Nationen wie zum Beispiel Brasilien machten auf sich aufmerksam. Deutschland wurden die Augen geöffnet, falls sich überhaupt jemand falschen Träumen hingab: Eine erfolgreiche Titelverteidigung wird bei der Weltmeisterschaft in Russland kein Selbstläufer.

An Ostern übernimmt wieder die Bundesliga das Kommando, der Endspurt beginnt. Noch sieben Spieltage stehen an, es geht um Europa, um den Klassenerhalt und für viele Spieler um einen Platz im WM-Aufgebot. Eigentlich müssten Teams und Spieler auf dem Rasen ein Feuerwerk abbrennen, dürften nur Siege zählen, aber wahrscheinlich lähmt der Druck und es bleibt oberstes Gebot, nur nicht zu verlieren. Die Ausnahme ist – wie fast immer – der FC Bayern München, der eventuell nicht nur Ostern, sondern auch die Deutsche Meisterschaft feiern könnte. Die Konstellation ist allerdings nicht so günstig, denn Verfolger Schalke 04 ist gegen den SC Freiburg Favorit (ein 1:0 liegt in der Luft) und die Bayern selbst müssen gegen den alten Rivalen Borussia Dortmund bestehen. Dortmund ist zwar aktuell nicht auf Augenhöhe, aber unter Peter Stöger in der Bundesliga noch ungeschlagen. Die Bayern haben nach einer Länderspielpause meist Probleme wieder in Schwung zu kommen. Doch die Zeit drängt für sie, denn im April stehen die entscheidenden Spiele an, so folgt schon am 3. April die Prüfung in Sevilla im Viertelfinale der Champions League.

Ungünstig für den Meister, dass genau in diese Zeit die Diskussion um den künftigen Trainer wieder aufflammt und zudem Torjäger Robert Lewandowski immer wieder mit Wechselgerüchten in den Medien auftaucht. Wechselgelüsten des Polen einen Riegel vorzuschieben ist leicht, er hat schließlich Vertrag bis 2021 und die Bayern haben keine Verkaufsabsichten. Schwerer zu lösen ist die Trainerfrage. Die Diskussion im Verein, ob Thomas Tuchel der Nachfolger von Jupp Heynckes werden soll oder nicht, beendet Tuchel offensichtlich auf seine Weise: Den Medien zufolge wechselt er ins Ausland. Die einen sehen ihn als Nachfolger von Arsene Wenger bei Arsenal London, die anderen sehen ihn bei Chelsea London oder sogar Paris St. Germain. Wie auch immer, Tuchel geht wohl immer zu einem Spitzenverein.

Dagegen muss sein quasi Nachfolger in Dortmund, Peter Stöger, um seine Zukunft noch kämpfen. Bei der Borussia ist man von dem Österreicher nicht hundertprozentig überzeugt, was die Zukunft angeht. Ein Erfolgserlebnis in München könnte auch Stöger helfen, zwei Niederlagen hintereinander (zuletzt 1:2 in Leipzig) können sich die Bayern allerdings im Hinblick auf Sevilla nicht leisten. Sie müssen eher zeigen, dass sie für die Champions League gerüstet sind. Diesbezüglich könnten sie sich ein Beispiel an der Nationalmannschaft nehmen.

Noch mehr als das Geschehen an der Spitze wird im April vor allem der Abstiegskampf im Mittelpunkt stehen. In erster Linie Hamburg, Köln, Mainz und Wolfsburg sind dringend auf Punkte angewiesen, zwei dieser Kandidaten wird es erwischen, nur einer hat am Ende die Bundesliga sicher. Vielleicht bleibt die Spannung bis zum letzten Spieltag, wenn sich Wolfsburg und Köln gegenüberstehen. Übrigens: Besonders krass ist der Abstiegskampf eine Etage tiefer, da können Vereine, die um den Aufstieg kämpfen kurze Zeit später mitten im Abstiegskampf stecken. „Liga der Angst“ titelt die Fachzeitung kicker, was eigentlich alles beschreibt. Oder ist der April, eigentlich im Frühling eher ein Monat der Hoffnung, im Fußball ein Monat der Angst?

Bayerns Angst vor der Zukunft

Das Jahr 2018 ging ja schon gut los – 3:1-Sieg in Leverkusen, dass in dieser Saison zu Hause noch ungeschlagen war, ebenso in den letzten zwölf Bundesliga-Spielen. Der FC Bayern München setzte also in der Fußball-Bundesliga gleich ein Zeichen für die Konkurrenz, Motto: Wir lassen nicht locker, der Titel gehört uns. Die Gegenwart schaut also unter Trainer Jupp Heynckes rosig aus, nachdem es im Herbst noch Turbulenzen gegeben hatte, die in der Ablösung von Trainer Carlo Ancelotti und seinem Team ihren Höhepunkt hatten. Die Zukunft sehen die Verantwortlichen des FC Bayern allerdings nicht so rosig, insgeheim geht im Verein sogar die Angst vor der Zukunft um.

Das berühmte „mia san mia“ wird zwar natürlich weiter zur Schau getragen, damit keiner glaubt, er könnte an der Spitzenstellung der Münchner kratzen, aber wie die Vormachtstellung im deutschen Fußball auch in der Zukunft erhalten werden kann, dafür gibt es noch keine gültige Antwort. Tatsache ist, dass die Protagonisten der letzten Jahre an ihre Altersgrenze stoßen, die einen auf dem Feld, die anderen im Vorstand. In Leverkusen stand die älteste Mannschaft der Bundesliga auf dem Feld – Zukunft sieht anders aus. Sinnbild dafür die in die Jahre gekommenen Flügelflitzer Arjen Robben (33 Jahre alt) und Franck Ribery (34). Deren Verträge laufen 2018 aus, verlängern oder nicht ist für beide Seiten, Spieler und Verein, jetzt die Frage. „Rib & Rob“ stehen für die erfolgreiche Bayern-Zeit, ihre Ablösung tut moralisch weh, ist sportlich auf Sicht aber notwendig, doch werden die Nachfolger auch ihre Klasse haben? Die besten Spieler landen bekanntlich inzwischen an den Geldquellen in England, Spanien oder Paris. Da dürfen die Bayern schon froh sein über einen Hoffnungsträger wie Kingsley Coman, aber ob Serge Gnabry, der im Sommer nach der Ausleihe in Hoffenheim in München landen soll, die Lücke dann schließen kann, ist schon fraglich. Robben und Ribery werden wohl notgedrungen noch bleiben, müssen vielleicht Abstriche in Einsatzzeiten hinnehmen (wenn sie denn überhaupt fit sind), doch Zukunft sieht anders aus.

Die meisten Verträge des Bayern-Kaders haben noch lange Laufzeiten, meist mindestens bis 2021, so dass aktuell keine Sorgen bestehen. Außer den üblichen im Geschäft, dass nämlich Spieler wie Torjäger Robert Lewandowski trotz Vertrags dem Ruf des Geldes erliegen könnten und die Bayern bei unmoralischen Angeboten eben doch schwach werden. Es bleiben Fragezeichen.

Unsicherheit herrscht vor allem in der Trainerfrage und dabei gibt es die größte Unsicherheit, sogar Angst vor der Zukunft. Die Bosse Rummenigge und Hoeneß wünschten sich am meisten, dass der 72-jährige Altmeister Jupp Heynckes, nachdem er schon seinen Ruhestand unterbrochen hat und offensichtlich Spaß an der erfolgreichen Arbeit hat, seine Tätigkeit noch ein Jahr fortsetzt. Dass würde dem Verein Luft verschaffen und ein Jahr später womöglich eine bessere Kandidatenliste der Nachfolger möglich machen. Gesucht wird ja ganz einfach ein Klon von Jupp Heynckes. Dies ist der derzeit einzige Kandidat Thomas Tuchel (vorher Dortmund) zweifellos nicht. Ein deutschsprachiger Trainer soll es wohl sein, da böten sich 2019 u. a. Julian Nagelsmann (Hoffenheim), Ralph Hasenhüttl (Leipzig), Jürgen Klopp (Liverpool) oder sogar Niko Kovac (Frankfurt) an. Deren Verträge laufen da aus oder beinhalten Ablösemöglichkeiten. Im Sommer 2018 sieht es anders aus.

Gedanken müssen sich die Bosse Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß aber auch über ihre eigenen Nachfolger machen. Rummenigge, seit 1991 im Vorstand, seit 2002 Vorsitzender des Aufsichtsrats, ist 62 Jahre alt, Vereinsvorsitzender Uli Hoeneß, seit 1979 der Motor der erfolgreichen Bayern-Jahre, befindet sich im Rentenalter. Mit 66 Jahren geht das Leben zwar erst los, sang einst Udo Jürgens, was die Bayern angeht, da befindet sich Uli Hoeneß wohl eher in der Endphase seines Schaffens. Die Bayern sind sein Lebenswerk, das hat er immer betont. Jetzt muss er bald die Weichen stellen, damit sein Lebenswerk auch erfolgreich fortbesteht. Da herrscht große Unsicherheit, das ist zu spüren. Da gibt es auch ein bisschen Angst vor der Zukunft, deshalb wollen alle auch die Erfolge der Gegenwart besonders genießen und hoffen noch einmal auf einen großen Triumph wie 2013 das Triple aus Meisterschaft, Pokalsieg und Titel in der Champions League. Es könnte der letzte Triumph für Rummenigge und Hoeneß sein.

Der FC Bayern München am Scheideweg

Der Verein ist ein Markenzeichen, das selbstbewusste „mia san mia“ ist legendär, in Fußball-Deutschland hält der FC Bayern München fast alle Rekorde, seit fünf Jahren dominiert er in die Bundesliga, seine Titelsammlung ist national unerreicht: 27 Meisterschaften, 18 Pokalsiege, je 6 Siege im Supercup und Ligapokal, dazu international Champions-League-Sieger (2001, 2013), davor Europapokalsieger der Landesmeister (1974, 1975 und 1976 das Triple), Europapokalsieger der Pokalsieger (1967), UEFA-Pokalsieger (1996), Weltpokalsieger (1976, 2001), Klub-Weltmeister (2013) und UEFA-Superpokalsieger (2013). Kein Wunder, dass Bayern München auch auf Europas Bühne Spitze ist und in einem Atemzug mit den englischen und spanischen Spitzenteams genannt wird. Doch jetzt ist der Wurm drin, das Ende der glorreichen Jahre droht – wenn nicht die Wende gelingt. Auf jeden Fall steht der FC Bayern München am Scheideweg.

Als der Deutsche Rekordmeister 2013 unter Jupp Heynckes das begehrte Triple holte, als der Traum vom Sieg in der Champions League in einem deutschen Finale gegen Borussia Dortmund wahr wurde (dazu national Meisterschaft und Pokalsieg), da schien eine glorreiche Zeit für die nächsten Jahre möglich, zumal der Spanier Pep Guardiola als Nachfolger von Heynckes gewonnen werden konnte, damals allgemein als bester Trainer der Welt bezeichnet, nachdem er mit dem FC Barcelona erfolgreich war und „Zauber-Fußball“ bot. So sollte er in München weitermachen, allerdings gelang der große Wurf in der Champions League nicht. Immerhin dominierte Pep mit seinem Team den nationalen Fußball und die Bayern spielten in dieser Phase ihren schönsten Fußball. Den Drei-Jahres-Vertrag wollte der Spanier am Ende nicht verlängern und die Münchner holten sich einen Mann, der offensichtlich weiß, wie man die Champions League gewinnt: Den Italiener Carlo Ancelotti.

Diese Verpflichtung war allerdings ein großes Missverständnis. Der Italiener und sein Trainer-Team konnten die erfolgreiche Arbeit von Guardiola nicht fortsetzen, ganz im Gegenteil, es gab keine positive, sondern eine negative Entwicklung. Ein Jahr lang profitierten Mannschaft und Ancelotti noch von der Arbeit Guardiolas, dann ging es abwärts. Die Politik der langen Leine war verfehlt, die Italiener bildeten offenbar ein eigenes Grüppchen, der Zusammenhalt im Team bröckelte, die Vereinsspitze schaute zu. Die Bosse Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß müssen eingestehen, dass sie den schleichenden Niedergang der Mannschaft nicht rechtzeitig aufgehalten haben, dass sie die Stimmen der Führungsspieler ignoriert haben. Wenn sich schon Spieler über ein zu lasches Training beschweren und geheimes Sondertraining betreiben, dann sagt das alles über den Trainer. Das Ende von Carlo Ancelotti nach der 0:3-Niederlage in Paris und dem Debakel einer provokanten Aufstellung, als er die Routiniers brüskierte, kam zu spät. Schon im Sommer hätten Rummenigge und Co. die Reißleine ziehen müssen.

Jetzt hechelt der ruhmreiche FC Bayern sowohl in Deutschland als auch in Europa hinterher. Nach sieben Spielen in der Bundesliga fünf Punkte Abstand zum starken Tabellenführer Borussia Dortmund sind happig und rekordverdächtig. In der Champions League wurde mit der hohen Niederlage in Paris fast schon der Gruppensieg verspielt, im Zweikampf mit Celtic Glasgow geht es um Platz zwei und das Weiterkommen. Dann drohen in der nächsten Runde wieder ein übermächtiger Gegner (Gruppensieger) und das vorzeitige Ausscheiden. Der Traum vom Gewinn der Champions League ist ganz weit weg, zumal Europas Spitzenklubs dank der Oligarchen aus Russland und der Scheichs vor allem aus Katar (Paris) mit Geld um sich schmeißen und eklatant aufrüsten. Da können bodenständige Klubs aus Deutschland nicht mehr mithalten. Spitze in Europa? Das könnte auch für den FC Bayern bald Vergangenheit sein.

Das Problem: Können die Münchner sportlich mit den Spaniern, Engländern und eben Paris nicht mithalten, werden sie nicht nur keine Stars bekommen (weil die Bayern keine 100 Millionen Euro und mehr zahlen wollen bzw. können), sondern auch aufstrebende Talente werden sich andere Vereine suchen, damit sie schneller an die Spitze und an die Geldtöpfe kommen. Dies könnte eine Kettenreaktion auslösen und den Niedergang des stolzen Vereins bedeuten.

Wie dies aufzuhalten ist? Mit einem starken Trainer und einer erfolgreichen Mannschaft. Noch haben die Bayern ein Team, das durchaus in der Lage ist, mit Real Madrid, Barcelona, Paris oder den Klubs aus England mitzuhalten. Dann muss aber teamintern und sportlich alles stimmen. Insofern wird der nächste Trainer auch die Zukunft des Vereins bestimmen, weil auch der Umbruch einer alternden Mannschaft zu bewältigen ist. Eine Herkulesaufgabe. Gerade jetzt können sich die Bayern den Trainer aber nicht aussuchen, sondern müssen nehmen, was auf dem Markt ist. Kein Wunder, dass Dortmunds Ex-Coach Thomas Tuchel als Favorit auf die Ancelotti-Nachfolger genannt wird, nur er ist von den bekannten Trainern frei. Zukunfts-Hoffnungen wie Julian Nagelsmann in Hoffenheim stehen unter Vertrag. Ein Problem, das die Bayern-Bosse im Sommer hätten leichter lösen können. Jetzt müssen sie hoffen, dass sie mit dem neuen Trainer den Abwärtstrend stoppen können und der Weg wieder nach oben zeigt, in die Spitze Deutschlands und Europas. Noch ist die Saison jung, noch ist einiges zu reparieren.

Vergessen werden darf allerdings nicht, dass mit Kapitän Manuel Neuer die Mannschaftsstütze in den entscheidenden Spielen fehlt und jetzt mit Franck Ribery eine weitere Führungsfigur ausfällt. Gerade die Sicherheit, die der beste Torhüter der Welt, Neuer, ausstrahlt, fehlte dem Team bei den letzten Pleiten. Eine verzwickte Situation.