Das Eishockey muss um seine Zukunft bangen
von knospepeter
Die Nachricht passte eigentlich wie die Faust aufs Auge: Der deutsche Eishockey-Star Peter Draisaitl wurde in der amerikanischen Profi-Liga NHL zum wertvollsten Spieler der Saison gewählt und schreibt damit ein Stück deutsche Eishockey-Geschichte. Doch was hat das deutsche Eishockey davon, gerät jetzt die nationale PR-Maschine in Fahrt, wird Eishockey hierzulande populär?
Nichts von alledem, diese Ehrung verpufft im Bangen um die Zukunft des deutschen Eishockeys. Das Virus Covid-19 kann das Eishockey in die Knie zwingen, die Saison 2020/21 ist in Gefahr und damit auch der Fortbestand dieser Sportart in Deutschland. Da hilft auch Peter Draisaitl als Werbelokomotive nicht. Eigentlich wollte die Profi-Liga DEL am 13. November loslegen, mit Stadien, die zumindest etwa zur Hälfte gefüllt sind. Eishockey will zurück in die Augen der Sportfans, nachdem die letzte Saison wegen der Corona-Pandemie vorzeitig abgebrochen wurde.
Doch dieser Schatten liegt auch über der neuen Saison. Die Politik hat eine Zuschauer-Kapazität von etwa 20 Prozent für die Stadien festgelegt. Zu wenig für die Eishockey-Klubs, die vornehmlich von den Zuschauer- und Sponsoren-Einnahmen leben. Die Vereine stehen mit dem Rücken zur Wand, die Spieler haben auf mindestens 25 Prozent ihrer Gehälter verzichtet, aber jetzt geht es ums Überleben. Es ist der Hilferuf eines Ertrinkenden, wenn die DEL von der Regierung fordert, dass sie 60 Millionen Euro locker machen muss, um Eishockey in Deutschland zu retten. Sollten nicht mehr Zuschauer erlaubt sein, wird wohl nicht gespielt werden. Doch der Zeitplan wird immer enger, ein Start der Punktrunde im Januar bedeutet auch eine verkürzte Meisterschaft, bedeutet finanzielle Probleme. Dann ist sogar eine deutsche Teilnahme an der Weltmeisterschaft im Mai in Gefahr. Ohne Spiele wohl auch keine Nationalmannschaft. Die Hoffnung schmilzt wie das Eis im Sommer. Da haben es zum Beispiel Basketball und Handball leichter.
Diese wenig rosigen Aussichten werden auch Peter Draisaitl grämen. Er hat sich immer zur deutschen Nationalmannschaft bekannt, aber eigentlich wäre er froh, wenn er für die Auswahl keine Zeit hätte. Das würde nämlich bedeuten, dass er mit seinem Verein, den Edmonton Oilers, im Kampf um den Stanley Cup vertreten wäre. Den will er nämlich gewinnen, da will er auf den Spuren seine Vorbilds, dem größten NHL-Star aller Zeiten, Wayne Gretzky, wandeln. Der war bei den Oilers ein Held. Peter Draisaitl hat in diesem Jahr seinen persönlichen Höhepunkt erlebt, er war Skorerkönig der Liga und jetzt wertvollster Spieler. Er ist erst der zweite deutsche Profi, der in einer Profi-Liga in Amerika geehrt wurde, er folgt dem Basketball-Star Dirk Nowitzki, der 2006/07 ausgezeichnet wurde. Aber der 24-Jährige hat wohl keine Chance, in Deutschland eine ähnliche Popularität wie Nowitzki zu erlangen.
Zumindest hat der Kölner den Vorteil, dass in Nordamerika Eishockey gespielt wird und auch die neue Saison geplant wird. Dass sie ausfallen könnte, gilt als unwahrscheinlich. Amerika, Du hast besser, könnte man sagen, wenn die Amerikaner nicht so einen idiotischen Präsident hätten. Donald Trump ist vielleicht die einzige Unwägbarkeit, weil er mit seinen seltsamen Entscheidungen sogar den Sport in Gefahr bringen könnte. Aber das ist Politik, wollen wir so ein düsteres Szenarie gar nicht in den Raum stellen.
Übrigens: Peter Draisaitl gehört auch in Sachen Gehalt zur Spitze des deutschen Sports. Eine am Sonntag veröffentlichte Rangliste der bestverdienenden deutschen Athleten und Athletinnen listet Draisaitl mit 7,5 Millionen Euro Jahresgehalt auf Rang 10 auf. Spitzenreiter ist Formel-1-Star Sebastian Vettel mit 35 Millionen Euro vor Fußball-Star Toni Kroos (20 Mill.). Nur Basketball-Star Dennis Schröder in der NBA (13 Mill.) und sechs weitere Fußballer (Özil, Neuer, Müller, Sané, Boateng, Gündogan) liegen noch vor Draisaitl. Der NHL-Star muss um seine Zukunft nicht bangen.