Bundesliga: Wer lockt mit der besten Zukunft?
von knospepeter
Der „Fall Rose“ hat die Fußball-Bundesliga in der vergangenen Woche beschäftigt, aber das Thema wird uns bis zum Schluss der Saison begleiten. Gladbachs Trainer hat kundgetan, dass er den Verein zum Saisonende verlassen wird und von der einen Borussia zur anderen wechselt. In Dortmund verspricht er sich offensichtlich bessere Bedingungen, um in seiner Karriere als Trainer auch mal einen Titel zu gewinnen. Marco Rose macht von seiner Ausstiegsklausel im Vertrag Gebrauch, ein übliches Geschäftsgebaren. Die harten Fans sehen das natürlich anders, sie sprechen von Verrat und vergessen dabei, dass die Zeiten vorbei sind, als Vereinstreue über die ganze Karriere hinweg Alltag war. Dennoch wird der Trainerwechsel Gladbachs Manager Max Eberl noch einige schlaflose Nächte kosten. Gut, dass er sich gerade erholt hat.
Borussia Dortmund ist also noch ein attraktiver Verein, dass wird Boss Watzke freuen, der Wunschtrainer soll den BVB wieder an die Spitze führen. Dabei stellt sich die Frage, welcher Verein in der Bundesliga lockt eigentlich mit der besten Zukunft? Logisch, dass die erste Antwort Bayern München lautet. Doch nicht alle, die Titel gewinnen wollen, können in München spielen. Und angesichts der derzeitigen Krise bzw. Überbeanspruchung der Bayern in der Terminhatz deutet sich ein Ende der Alleinherrschaft an. Leipzig macht Druck und wirkt mit Jagdfieber ziemlich gefestigt. Könnte sein, dass man nicht unbedingt bei den Bayern spielen muss, um Titel zu gewinnen. So wird es auch spannend sein, zu sehen, wohin Florian Neuhaus wechselt. Der vielgelobte Gladbacher Mittelfeldstratege liebäugelt offensichtlich auch mit einem Vereinswechsel (armer Eberl) und gesteht: „Ich möchte Titel gewinnen“. Nur wo?
Sieht man die momentanen Kräfteverhältnisse in der Bundesliga an, dann könnte dies auch in Frankfurt gelingen. Die Eintracht ist derzeit die „Mannschaft der Stunde“ und seit elf Spielen ungeschlagen. In der Rückrunde holte das Team alle 15 möglichen Punkte und wurde vom Mitläufer zum Champions-League-Anwärter. Auf die Erfolgsspur brachte Trainer Adi Hütter seine Mannschaft mit einer kleinen System-Umstellung, die nicht alltäglich ist: Er opferte einen Stürmer zugunsten eines zweiten Zehners. Und dort wirbeln Kamada und der sich plötzlich in Bestform befindende Amin Younes. Er wurde auch zum Schreckgespenst der Bayern, die beim 1:2 in Frankfurt die gleiche Schwäche zeigten wie beim 3:3 gegen Bielefeld. Sie brauchen eine ganze Halbzeit, um in Schwung zu kommen. So verschlafen sie am Ende sogar neunten Titel in Folge. Innerhalb weniger Tage schmolz der Vorsprung von sieben auf zwei Punkte. Thomas Müller fehlt vor allem, vielleicht feiert er am Samstag gegen Köln sein Comeback. Danach wartet nämlich am 6. März die Aufgabe gegen Dortmund und vielleicht wird die Meisterschaft am 3. April beim Duell in Leipzig vorentschieden (27. Spieltag). Jedenfalls: So spannend war es an der Spitze schon lange nicht mehr. Frankfurt liegt allerdings noch sieben Punkte zurück, ebenso wie der VfL Wolfsburg, der fast heimlich, still und leise auf die gleiche Bilanz wie die Eintracht kommt (11 Siege, 9 Remis, nur 2 Niederlagen – Bayern und Leipzig je 3), ein Tor sogar besser ist und deshalb Dritter. Werden also auch sie zu attraktiven Klubs in Sachen Titelgewinn?
Dortmund kämpft, wie gesagt, darum, wieder als Spitzenklub wahrgenommen zu werden, das gelang in der Champions League beim 3:2-Sieg in Sevilla als auch beim 4:0 in Berlin mit der Haaland-Show. Aber wir kennen alle Dortmund, das kann am Samstag schon gegen Bielfeld anders ausschauen. Erfolgreicher sein möchten auch Leverkusen und Gladbach, doch das klappt einfach nicht. Beide haben zuletzt schlechte Erfahrungen mit Mainz gemacht, Bayer erreichte gerade noch ein 2:2, Gladbach verlor 1:2. Hoppla, gegen Mainz…
Die Rheinhessen sind mittendrin im Aufstand am Tabellenende. Noch auf einem Abstiegsplatz, aber nur einen Zähler hinter Bielefeld und Hertha, vier hinter Köln und sechs hinter FCA und Werder. Plötzlich müssen sich einige Teams warm anziehen, die schon an ein relaxtes Wohlfühlbad in der Bundesliga gedacht haben. Hertha zum Beispiel, aber auch Augsburg. Der FCA versucht sich selbst stark zu reden („Wir halten die Klasse, wir sind im Aufwind“) und Manager Stefan Reuter stärkt dem nicht unumstrittenen Trainer Heiko Herrlich den Rücken („Er wird noch lange bei uns bleiben“). Wie lange das „noch lange“ geht, wird sich vielleicht in den nächsten zwei Spielen zeigen: Sonntag in Mainz und am 6. März bei der Hertha. Der FCA hat keine Angst in der Fremde (11 Punkte), aber hier könnte sich die nahe Zukunft entscheiden: Rettung oder Abstiegskampf pur. Dann mit Herrlich?
Schlusslicht Schalke 04 ist wohl nicht mehr zu retten. Das Revierderby am Samstag war wohl das letzte auf lange Zeit. Der bevorstehende Absturz in die 2. Bundesliga ist hausgemacht, beim 0:4 gegen Dortmund war kein Aufbäumen zu sehen. Ein trauriger Abschied vor allem für die Fans, die von den Rängen keine Unterstützung geben konnten, aber vielleicht fällt auf diese Art der Abschied auch leichter. 52 Jahre spielte Schalke seit der Einführung der Bundesliga 1963 im Oberhaus, in dieser Zeit allerdings auch fünf Jahre in der zweiten Liga. Es sieht nicht aus, als sollte es für den Siebten der ewigen Tabelle eine schnelle Rückkehr geben.
In Europa wird ebenfalls wieder gespielt. Im ersten Teil haben sich die Bundesligisten nicht gerade mi Ruhm bekleckert, Dortmund war mit dem 3:2 in Sevilla die Ausnahme, Leipzig hatte sich mehr erhofft, als das 0:2 gegen Liverpool. Für Jürgen Klopp war das Balsam auf die Wunden, in der Premier League haben die „Reds“ jetzt vier Niederlagen in Folge erlitten, der Titel gilt als verloren. Tabellenführer ist mit zehn Punkten Vorsprung auf Leicester Manchester City. Das sagt alles über auf die Aufgabe von Borussia Mönchengladbach gegen Pep Guardiola und seine Mannen, bei denen vor allem Ilkay Gündogan sich in Bestform präsentiert. Gespielt wird wieder in Budapest, da wäre das Leipziger Ergebnis fast schon gut.
Der FC Bayern tritt in Rom im Stadion Olimpico an, daran hat der deutsche Fußball beste Erinnerungen mit den Titelgewinnen 1980 (EM) und 1990 (WM). Die Bayern haben auch gute Erinnerungen an Lazio Rom, dort gab es im Oktober 2014 mit 7:1 den höchsten Auswärtssieg in der Münchner CL-Geschichte. Als Aufbaugegner werden die Römer nicht dienen, sie sind im Gegensatz zu den Bayern in Bestform, bauen auf Ciro Immobile, der im Vorjahr vor Lewandowski Europas bester Torjäger war, und vor allem auf Mittelfeldlenker Luis Alberto, der jetzt auch als Torschütze glänzt. Bayern-Trainer Hansi Flick hofft auf Leon Goretzka und darauf, dass seine Mannen mal von Anfang hellwach sind. Hoffnung macht: Lazio stand in den letzten 21 Jahren nie im Viertelfinale der Champions League. Aber aufgepasst: Jede Serie reisst einmal! Im Gegensatz dazu trachten die Bayern ja nach einer erfolgreichen Titelverteidigung.
In der Europa League haben sich Bayer Leverkusen mit dem 3:4 in Bern und Hoffenheim beim 3:3 gegen Norwegens Vertreter Molde fast blamiert. Wiedergutmachung sollte es am Donnerstag geben. Oder setzt sich der Fluch fort, dass die Bundesligisten Europa League nicht können?
Achtung: In dieser Woche noch eine Kolumne zur Nordischen Ski-Weltmeisterschaft in Oberstdorf.