Für die Bayern-Jäger gilt: Jetzt oder nie!
von knospepeter
Die Olympischen Sommerspiele in Tokio sind vorbei, jetzt übernimmt zumindest in Deutschland wieder die Fußball-Bundesliga das Kommando im Sport. Sie beginnt am Freitag mit dem reizvollen Duell Borussia Mönchengladbach gegen Titelverteidiger Bayern München, bei dem auch erstmals wieder Zuschauer auf den Rängen für Stimmung sorgen werden. Das schwierigste Jahr seit der Gründung 1963 liegt hinter den Vereinen, doch die Auswirkungen der Corona-Pandemie sind noch spürbar, vor allem finanziell gehen die meisten Klubs am Stock. Sogar Krösus Bayern zeigt Zurückhaltung am Spielermarkt, obwohl die Mannschaft mit dem neuen Trainer Julian Nagelsmann keines der vier Vorbereitungsspiele gewinnen konnte. Einerseits Corona, andererseits die Nachwehen der Europameisterschaft, weil die EM-Fahrer verspätet ins Training eingestiegen sind, machten die Vorbereitung schwierig und so offenbaren sich noch einige Formprobleme, auch in München. Gerade diese Probleme aber sorgen für Spannung und wenn der Dauer-Meister FC Bayern einmal abgelöst werden soll, dann gilt für die Bayern-Jäger: Jetzt oder nie!
Natürlich lautet die Antwort auf die Frage „wer wird Meister?“ immer: Die größten Chancen hat der FC Bayern München. Aber selten waren die Fragezeichen größer. Wie kommt der neue Trainer Julian Nagelsmann an, ein junger Trainer, der noch keine Titel gewonnen hat (das passt wie die Faust aufs Auge), der aber einen Fünfjahresvertrag erhalten hat. Die Mannschaft scheint geschwächt, Alaba, Boateng und Martinez gingen, als gleichwertiger Ersatz kam nur Dayot Upamencano vom RB Leipzig. „Die Bayern haben den besten Kader“, heißt es immer, doch er ist ausgedünnt, bei Verletzungen ist das erstklassige Niveau nicht zu halten.
Also die Chance für Bayern-Jäger, doch viele sind es nicht, zugetraut wird der Sturz höchstens Vize-Meister Leipzig oder Borussia Dortmund. Doch auch bei ihnen haperte es in der Vorbereitung. Allerdings haben sie sich eher verstärkt, Leipzig mit Torjäger Andre Silva von Frankfurt, Dortmund hat den Abgang von Sancho wohl durch den Niederländer Donyell Malen (Eindhoven) kompensiert und hat mit Gregor Kobel (Stuttgart) eine neue Nummer 1 im Tor. Auffallend, dass die Spitzenteams alle von neuen Trainern angeleitet werden. Das sind neben Nagelsmann noch sein Nachfolger in Leipzig, Jesse Marsch (vorher Salzburg), Marco Rose in Dortmund (Gladbach), Mark van Bommel in Wolfsburg (vereinslos), Oliver Glasner in Frankfurt (Wolfsburg) und Gerardo Seoane in Leverkusen (Bern), dazu kommt beim Achten Gladbach Adi Hütter (Frankfurt). Allein diese Wechselspielchen sorgen für Spannung im Vorfeld der Saison.
Die Bundesliga-Klubs sind in ihren Ambitionen einzuordnen wie jedes Jahr, die meisten sind vorsichtig, kaum einer ist in seinen Prognosen mutig. Meist heißt es „erst mal 40 Punkten (Abstieg verhindert), dann sehen wir weiter“. Apropos Abstieg, da werden natürlich zuerst wieder die Neulinge genannt, Bochum und Fürth. Das freut Vorjahres-Aufsteiger Bielefeld, die Arminia hat diesmal schon mehr Reputation, gehört aber zum Kreis der Abstiegskandidaten. Davor sind Köln, Mainz und Augsburg als die Kandidaten einzuordnen, die nichts mit unten zu tun haben wollen, Ziel ist eine Saison ohne Angst, möglichst schnell ins Mittelfeld. Dort tummeln sich Hoffenheim, Freiburg, Stuttgart, Hertha BSC und Union. Vielleicht auch Frankfurt, dass nach der Pokal-Pleite verunsichert sein könnte und die Überraschungsmannschaft in negativer Hinsicht werden könnte. Bleiben noch Wolfsburg, Leverkusen und Gladbach als die Teams, die gerne in die Champions League wollen, aber vor allem Europa als Ziel ausgerufen haben. Die Klubs dahinter könnten ihnen in die Suppe spucken. Über allem steht: Selten war die Unsicherheit über die Form so groß wie in diesem Jahr. Nach ein paar Spieltagen wissen wir mehr, wobei immer noch Unsicherheiten bleiben, weil die Wechselfrist noch bis Ende August läuft. Kaderänderungen sind noch möglich.
Pleiten im DFB-Pokal
Der DFB-Pokal war wie immer der Aufgalopp vor der Bundesliga-Saison. Der Festtag der Kleinen, aber auch die Angst der Großen vor der Pleite, und die war wieder einmal berechtigt. Besonders blamiert hat sich Eintracht Frankfurt, das kopf- und torlos mit 0:2 gegen den Drittligisten Waldhof Mannheim unterlag. Da wartet auf den neuen Trainer Oliver Glasner wohl noch viel Arbeit. Nur Leipzig, Dortmund, Leverkusen und Stuttgart siegten überzeugend, Hertha, Union, Freiburg, Bielefeld und Augsburg mühten sich zum Sieg in 90 Minuten, Bochum, Wolfsburg, Mainz und Köln mussten in die Verlängerung oder retteten sich im Elfmeterschießen. Kein Ruhmesblatt. Der VfL Wolfsburg blamierte sich dabei noch besonders, denn der neue Trainer Mark van Bommel kannte die Regel nicht und beging mit einem sechsten Spielerwechsel einen Regelverstoß. Jetzt wird der 3:1-Sieg nach Verlängerung bei Preußen Münster wohl annulliert und der Regionalligist dürfte in die nächste Runde einziehen. Peinlich, wenn die bestbezahlten Manager im Klub den neuen Trainer nicht entsprechend informieren. Im DFB-Pokal gilt nicht die europäische Regel, dass in der Verlängerung ein sechster Spieler eingewechselt werden darf. Münster darf sich freuen, gab es in der ersten Runde schon rund 130.000 Euro vom DFB, so stehen nun fast 260.000 Euro an!
Im internationalen Fußball sorgte vor allem Lionel Messi bzw. der FC Barcelona für Aufregung. Der spanische Klub (einst Vorzeigeklub) trennt sich vom argentinischen Weltstar, kann ihn nicht mehr bezahlen. Es nützte nichts, dass Messi statt seiner angeblich 130 Millionen Euro pro Jahr mit der Hälfte zufrieden gewesen wäre. Der Verein spricht selbst von rund 200 Millionen Euro Schulden, die aber laut Liga bei fast 500 Millionen, Medien zufolge aber sogar bei 1,2 Milliarden liegen sollen. Kein Geld für Messi, dafür aber Tränen beim 34-Jährigen, der den Verein im Vorjahr verlassen wollte, jetzt aber nicht. Er schluchzte, dass doch Barcelona seine Heimat geworden sei, seine Familie wolle da weiter wohnen. Der Stürmer aber wird wohl weiterziehen, die Ziele kann er sich nicht aussuchen, wer kann ihn schon bezahlen. Es wird wohl Paris St. Germain sein, wo die Gelder aus Katar fließen. Was bleibt, ist die Erinnerung an 778 Pflichtspiele für Barca, dabei erzielte er 672 Tore, viermal gewann er mit den Spaniern die Champions League, wurde zehnmal Meister und selbst achtmal Torschützenkönig (trotz eines Cristiano Ronaldo als Gegenspieler). Sechsmal wurde Messi auch Weltfußballer und sechsmal gewann er den Goldenen Schuh als bester Torschütze Europas. Die Bilanz kann sich sehen lassen.
Seltsames Olympia
Die umstrittensten Olympischen Spiele der Neuzeit sind Geschichte, Tokio ist Vergangenheit. Die Corona-Pandemie sorgte für eine Verlegung von 2020 auf 2021, zudem wurden die Zuschauer aus den Stadien verbannt, strenge Hygienevorschriften sorgten für Einschränkungen für alle. Dennoch zogen die Verantwortlichen die Spiele durch, Tokio und Japan, weil sie bereits viel Geld investiert hatten, das IOC, weil es dringend das Geld von Sponsoren und Fernsehen benötigte. Für die Spiele waren auch die Sportler, denn so war jahrelange Plackerei nicht umsonst. Es wurden seltsame Spiele, natürlich ohne Atmosphäre, aber immerhin mit großen Leistungen und Emotionen der Sportler, die sich ihr Fest nicht vermiesen lassen wollten. Das Fernsehen lieferte immerhin ein freundliches Bild der Spiele in alle Welt und durch die sportlichen Erfolge machte selbst die Bevölkerung in Tokio ihren Frieden mit den ungeliebten Spielen.
Der Medaillenspiegel beweist, dass vor allem China mit viel Ehrgeiz am Start war, die Sportler sollten Glanz auf die Nation bringen, was mit 88 Medaillen (38 Gold, 32 Silber, 18 Bronze) gelang. Die USA aber verteidigte ihre Spitzenstellung als größte Sportnation (39 Gold, 41 Silber, 33 Bronze), Japan war so erfolgreich wie nie (27 Gold, 14 Silber, 17 Bronze). Ob alles mit rechten Dingen (Thema Doping) zugegangen ist, wird sich erst später herausstellen.
Deutschland erlebte mit Platz neun die schlechtesten Spiele seit der Wiedervereinigung, doch ein kleinerer Medaillensegen als 2016 in Rio war erwartet worden. Immerhin gab es zehnmal Gold, mit großen Höhepunkten durch die Dressurreiterinnen, Alexander Zverev, der sich in die Herzen der Tennis-Fans spielte, Ringerin Aline Rotter-Focken mit Gold zum Abschluss ihrer Karriere, was auch dem Kanuten Ronald Rauhe glückte. Glücksgefühle als letzte Erinnerung, da gibt es kaum Schöneres.
Die Schattenseiten des Spitzensports wurden aber auch deutlich, da blamierte sich ein Funktionär durch rassistische Äußerungen, da wurde eine Trainerin nach der Aufforderung zur Tierquälerei suspendiert und sogar die Politik gefährdete Olympia, als eine Athletin aus Belarus wohl entführt werden sollte. Schattenseiten offenbarten auch die deutschen Sportfunktionäre, hier ist ein dringender Verbesserungsbedarf gegeben, auch die Qualität der Trainer muss manchmal in Frage gestellt werden. Es darf zum Beispiel nicht passieren, dass ein Gold-Favorit wie Speerwerfer Johannes Vetter an einem ihm unbekannten Bodenbelag scheitert. So etwas sollte man vorher wissen und entsprechend vorbereitet sein.
Die Japaner werden froh sein, dass die Spiele vorbei sind, der Notstand bleibt für Tokio ausgerufen, Olympia selbst war aber kein Beschleuniger der Inzidenzzahlen. Lange ist es nicht hin bis zum nächsten Olympia-Event, die Winterspiele beginnen bereits am 4. Februar 2022 in Peking. Dort wird es keine Zweifel an Olympia geben, China wird sich wie ein Glanzprospekt präsentieren, die Einschränkungen für die Teilnehmer werden aber noch drastischer sein, Corona wird zudem immer noch eine Rolle spielen. Da gibt es schon mehr Hoffnung für die nächsten Sommerspiele in drei Jahren in Paris. IOC-Präsident Thomas Bach kann stolz berichten „Olympia lebt“, auch wenn es ein seltsames Olympia war.