Bayern-Theater und Kaufrausch

von knospepeter

Die Bayern siegen wieder (4:0 in Mainz im Pokal und 4:2 in Wolfsburg), also alles wie immer? Nein, bei den Bayern ist in diesem Jahr noch nicht alles wie immer, der „FC Hollywood“ ist wieder auferstanden. Für das Bayern-Theater ist vor allem ein Mann verantwortlich: Kapitän Manuel Neuer. Der Torhüter mit Gipsbein hat natürlich die überraschende Entlassung seines Trainers und Freundes Toni Tapalovic nicht kommentarlos hingenommen, seine Antwort fiel spektakulär aus, er wählte dafür die Süddeutsche Zeitung und den Streamingdienst The Athletic.

Manuel Neuer ging in die Vollen, als er von den Bayern-Verantwortlichen informiert wurde, „hat es mich umgehauen“. Und so schätzt er die erzwungene berufliche Trennung von seinem Weggefährten ein: „Für mich war das ein Schlag, als ich bereits am Boden lag. Das war das Krasseste, was ich in meiner Karriere erlebt habe.“ Offensichtlich gab es zwischen dem Torwarttrainer und Cheftrainer Julian Nagelsmann atmosphärische Störungen, möglich, dass Bayerns Chefetage die Vakanz des Kapitäns wegen seines Skiunfalls zu einem Schnitt nutzte. Nagelsmann mag sich als Sieger fühlen, doch das wird erst die Zukunft zeigen. Ein Teil der Mannschaft soll mit der Entlassung von Tapalovic gar nicht einverstanden sein. Bemerkenswert: Auch Robert Lewandowski, heute in Barcelona, beklagte einst eine gestörte Atmosphäre, der Verein würde seinem Ziel, eine Familie zu sein, nicht mehr gerecht werden. Unterschwellig machte der Torjäger (wie jetzt Neuer) den Trainer dafür verantwortlich.

Das Theater heizen natürlich die Medien an. Dabei reagierten die Bosse Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic eher besonnen, das Feuer schürten Bild (Sonntag die BamS: „Brazzo rechnet mit Neuer ab“, obwohl der Text das nicht hergibt) und die „Experten“ der verschiedenen TV-Sender, wie Lothar Matthäus, Dieter Hamann oder Stefan Effenberg, die nach Schlagzeilen lechzen. Tenor: Neuer kann bei den Bayern nicht mehr spielen. Das sehen auch 82 Prozent der kicker-Leser so. Neuer selbst sagt, er wolle erst einmal fit werden, wieder angreifen und professionell ins Training gehen. An Rücktritt denkt er nicht. Die Bayern-Bosse müssen derweil sehen, wie die Situation bereinigt werden kann. Julian Nagelsmann könnte in Bedrängnis kommen, wenn die Ergebnisse nicht stimmen. Schicksal könnten die Duelle in der Champions League mit Paris spielen.

Doch im Moment stimmen die Ergebnisse wieder, die Bayern sind nach drei Unentschieden auf die Siegesstraße zurückgekehrt, wobei vor allem Neuzugang Joao Cancelo einen guten Teil beitrug, so leitete er den Sieg in Mainz ein. Der Pokalerfolg wurde mit dem ersten Bundesliga-Sieg des Jahres in Wolfsburg veredelt, trotz aller Hindernisse. Da war nicht nur das Neuer-Theater, sondern auch eine lange Ausfallliste, dazu am Ende rund 30 Minuten in Unterzahl, nachdem Joshua Kimmich mit Gelb-Rot vom Platz flog. Die Weichen wurden in den ersten 20 Minuten gestellt, da war Coman mit zwei Treffern der Held, für die Entscheidung sorgte später Musiala mit einem phänomenalen Solo gegen die halbe Wolfsburger Mannschaft zum 4:1. Ein „Tor des Jahres“. Unter den Torschützen war aber auch Thomas Müller, der in dieser Woche Rekorde aufstellte. Es war sein 427. Bundesligaspiel (307 Siege!), damit holte er Namensvetter Gerd Müller als Bayerns Rekord-Feldspieler ein. Mehr Einsätze haben nur die Torhüter Sepp Maier (473) und Oliver Kahn (429). Im Pokal ist Thomas Müller mit 63 Einsätzen ebenfalls die Nummer 1 im Verein, dabei siegte er in 53 Spielen – DFB-Pokalrekord!

Eine bewegende Geschichte gab es in Dortmund, wo der einst an Hodenkrebs erkrankte Sebastien Haller ausgerechnet am Weltkrebstag seinen ersten Bundesliga-Treffer für seinen neuen Verein erzielte. Er wurde entsprechend von den Fans gefeiert. Nichts zu feiern gibt es derzeit bei der TSG Hoffenheim. Nach dem 10. Spieltag noch auf Platz vier mit dem Traum von Europa, danach neun Spiele ohne Sieg und Abstiegskampf (Rang 14, drei Punkte vor dem Relegationsplatz). „So geht es nicht weiter, da muss was passieren“, war sich Trainer Andre Breitenreiter sicher und es passierte etwas: Nach sieben Monaten wurde er Coach entlassen, der als Schweizer Meister mit dem FC Zürich als Hoffnungsträger kam. Jetzt ist er der sechste Trainer in dieser Saison, der gehen musste. Auch Stuttgart, Leipzig, Schalke, Leverkusen und Bochum haben schon gehandelt. Das ganze Gegenteil bei Union Berlin. Die „Eisernen“ bleiben eisern den Bayern auf den Fersen, waren für eine Nacht Tabellenführer und wollen dennoch erst mal 40 Punkte sammeln, bevor sie andere Ziele ausgeben. 39 sind es jetzt, die Prüfungen folgen allerdings: Samstag in Leipzig und am 26. Februar in München.

In diesen Tagen geht das zweigeteilte Achtelfinale im DFB-Pokal zu Ende, Union Berlin, Leipzig, die Bayern und Stuttgart haben sich bisher für das Viertelfinale qualifiziert. Am Dienstag trifft Zweitligist Sandhausen auf den SC Freiburg (18.00 Uhr), danach steht das Hessen-Derby an (20.45 Uhr), in dem die Eintracht Zweitliga-Tabellenführer Darmstadt prüft, ob es für die Bundesliga schon reicht. Am Mittwoch kommt im Duell Nürnberg – Darmstadt (18.00 Uhr) auf jeden Fall ein Zweitligist weiter, danach das Ruhrpott-Derby Bochum – Dortmund (20.45 Uhr). In der Bundesliga überzeugte der VfL zuletzt mit fünf Heimsiegen am Stück!

Chelsea und FCA kaufen ein

Nicht um Punkte, sondern ums Geld ging es im Endspurt der Winter-Transferzeit. Dabei befand sich der Premier-League-Klub FC Chelsea London im Kaufrausch. Der Verein gab für acht Spieler (darunter Argentiniens Weltmeister Fernandez für 121 Millionen Euro) insgesamt 330 Millionen aus, das sind mehr als die anderen vier Top-Ligen zusammen! Die Premier League insgesamt gab mit 924 Millionen Euro das Dreifache von Bundesliga, La Liga, Serie A und Ligue 1 zusammen aus! Das sagt alles, über die finanziellen Gegebenheiten im europäischen Fußball. Doch Pokale garantiert dies den Engländern nicht, die derzeit keinen Sieger in Europa stellen.

Von einem Kaufrausch möchte man beim FC Augsburg nicht sprechen, der innerhalb der Bundesliga für Aufsehen sorgte. Die Augsburger holten sieben Spieler und haben damit den Rekord von Schalke 04 (acht) knapp verfehlt. Fünf Spieler wurden gekauft, zwei geliehen, dabei handelt es sich überwiegend um junge Talente, eine Investition für die Zukunft, aber erst einmal muss die Gegenwart gemeistert werden. Jugend forsch ist da gefragt, für die Zukunft heißt es eher Jugend forscht. Allerdings hat Manager Stefan Reuter gut gewirtschaftet, sieben neue für rund vier Millionen Euro, fünf Spieler wurden abgegeben, wobei Gruezo durch seinen Wechsel in MLS nach San Jose allein drei Millionen einbringt, geht Cordova noch nach Amerika sind zwei Millionen im Gespräch, was dann sogar einen Überschuss bedeuten würde!

Als Glückstreffer entpuppte sich vor allem Belgiens Jungspund Arne Engels, der in Brügge nur in der 2. Mannschaft spielte. Als Außenspieler wurde der 19-jährige geholt, als Mittelfeldstratege erwies er sich beim FCA und wurde zu einer echten Verstärkung und sorgte mit dafür, dass der FCA in der Tabelle nach oben kletterte. Beim 1:0-Siegtreffer gegen Leverkusen war er entscheidend beteiligt, schlug die Ecke, die Mergim Berisha dann zum Siegtreffer verwandelte. Engels gilt jetzt als der neue Standardspezialist, während Berisha zum zweiten Mal hintereinander dem FCA einen 1:0-Sieg bescherte und von einem Anruf von Bundestrainer Hansi Flick träumt. Der wiederum hatte ja Überraschungen für seine erste Kader-Nominierung für die Länderspiele im März angekündigt. Das dann ganz ohne Theater und Nominierungs-Rausch…

Zu den Weltmeisterschaften im alpinen Skisport und Biathlon in Oberhof folgt in diesen Tagen ein eigener Blog.

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