Der Sport – Grantler

Kommentare rund um Fußball und anderen Sport

Kategorie: Handball

Jürgen Klopp als Vorkämpfer gegen den Termin-Wahnsinn

Manche reagierten vielleicht mit Schadenfreude auf das Ergebnis, Jürgen Klopp aber nahm das Ergebnis eher mit Schrecken zur Kenntnis. Was war passiert: Im FA Cup in Englands Fußball reichte es für Champions-League-Sieger FC Liverpool nur zu einem 2:2 beim Drittligisten Shrewsbury Town – und das nach einer 2:0-Führung. So etwas ist auch anderen Favoriten schon passiert, doch Klopp hat es zum Teil selbst verursacht. Der Trainer stellte nicht sein stärkste Elf auf, sondern eher ein B-Team, was allerdings gegen einen Drittligisten auch reichen sollte. Tat es nicht und so hat der beste Trainer der Welt nun ein Problem: In England gibt es kein Elfmeterschießen sondern ein Wiederholungsspiel. Und das wurde genau in die erstmals eingeführte Winterpause gelegt.

Kein Wunder, dass der deutsche Trainer auf die Barrikaden ging, Klopp reagierte auf seine Art: Er kündigte für das Wiederholungsspiel den Einsatz der zweiten Mannschaft an, also eine Aufgabe für das C-Team. Klopp sieht seine Bemühungen um eine Schonung der sich im Dauerstress befindlichen Stammspieler konterkariert. Schonung ist nicht angesagt, wenn es zusätzliche Termine gibt und so wird Klopp zum Vorkämpfer gegen den Termin-Wahnsinn: „Die Termine wuchern aus, keiner denkt mehr an die Gesundheit der Spieler,“ wettert er. Der Trainer muss es tun, schließlich wird er die Ziele Liverpools mit müden Spielern kaum erreichen, da könnte selbst der gigantische Vorsprung von 16 Punkten auf Manchester City in der Premier League nicht mehr reichen. Und der erste Titelgewinn nach 30 Jahren Wartezeit ist das erklärte Ziel, da spielt der FA Cup nur eine untergeordnete Rolle.

Der FC Liverpool war schon einmal Leidtragender des Termin-Wahnsinns, als die Mannschaft nämlich im Liga-Cup antreten musste, obwohl sie tags darauf Europa bei der Klub-Weltmeisterschaft in Katar vertreten musste. Liverpool schied mit einer C-Elf im Liga-Cup aus, wurde aber Klub-Weltmeister. Jetzt soll die wichtige Erholungszeit unterbrochen werden, Liverpool hat vom 2. bis 14. Februar spielfrei. Erstmals hat die Premier League eine variable Pause für alle Klubs eingeführt, weil eben geklagt wurde, dass die englischen Klubs in den entscheidenden Wochen im Frühjahr meist müde sind, weil sie an Weihnachten durchspielen müssen, während sich die Konkurrenz in Europa eine Winterpause genehmigt. Verständlich, dass sich ein Trainer diese notwendige Pause nicht zunichte machen lassen will. Für Klopp gibt es kein zurück: „Ich habe den Spielern schon freigegeben.“

Es sind geldgierige Funktionäre und Manager, die mit dem Fußball Gewinn machen wollen, die für einen überbordenden Terminkalender sorgen. Der nächste Wahnsinn ist schon im Gespräch. So wird schon die Klub-Weltmeisterschaft auf 24 Vereine aufgebläht und sie wird künftig im Sommer vor jeder Weltmeisterschaft gespielt, erstmals 2021 in China. Erholungspause im Sommer? Fehlanzeige! Dazu passt der neueste Plan, der publik wurde: US-Milliardär Ross will die besten Vereine Europas zur „Champions League on tour“ nach Amerika holen, wo bisher schon der „Champions Cup“ im Sommer ausgespielt wurde und es 100 Millionen Dollar zu verdienen gab. Nur wurde der von Klubs wie Manchester City, Juventus Turin oder Bayern München nur als lockerer Vergleich im Rahmen der Saison-Vorbereitung gesehen. Strapaziös durch die Reisen, aber lukrativ. Jetzt soll der Cup unter dem Dach der FIFA einen offiziellen Anstrich bekommen und erweitert werden. FIFA-Boss Gianni Infantino ist natürlich sofort Feuer und Flamme: Mehr Spiele, mehr Geld. Die Gesundheit der Spieler steht im Hintergrund, kein Sommer mehr zur Erholung? Wo soll der Termin-Wahnsinn noch hinführen?

Beim Fußball ist es pure Geldgier, doch mit dem Termin-Wahnsinn steht der Fußball nicht allein da. Im Handball kennt man ähnliches, doch da spielt nicht das Geld die große Rolle, sondern eher ein Streit zwischen dem europäischen Verband und den nationalen Ligen. So musste ein Handball-Bundesligist an zwei Tagen hintereinander in der Bundesliga und im Europacup antreten, weil der europäische Verband auf die Bundesliga keine Rücksicht nahm. Auch hier spielte national das B-Team. Geht nicht anders. Eine Terminhetze erlebt die Handball-Nationalmannschaft ausgerechnet auch bei der so wichtigen Olympia-Qualifikation. Drei Spiele in drei Tagen müssen vom 17. bis 19. April absolviert werden, die Gegner sind dabei in dieser Reihenfolge Schweden, Slowenien und Algerien. Da gibt es für Deutschland kein Einspielen, da muss die Mannschaft von Beginn an funktionieren, schließlich dürfen nur zwei Teams nach Tokio. Wer müde ist, hat schon verloren. Es scheint, es bedarf noch weiterer Vorkämpfer gegen den Termin-Wahnsinn im Sport.

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Handball hat das Potenzial zur Nummer 1

Geht es um den Sport in Deutschland, dann heißt es immer, „es gibt nur Fußball, Fußball, Fußball“. Falsch gedacht! Es gibt auch Handball und (aufgepasst) Handball war im letzten Jahr sogar die Nummer 1 in Deutschland vor Fußball – bei den TV-Einschaltquoten! „Handball schlägt Fußball“ ist doch eine schöne Schlagzeile, 11,91 Millionen Zuschauer sahen am 25. Januar in der ARD das Spiel Deutschland – Norwegen bei der Handball-Weltmeisterschaft, mehr schauten ansonsten bei keiner Sportsendung zu. Knapp dahinter eben der Fußball mit 11,83 Millionen, die sich bei RTL über die EM-Qualifikation Niederlande – Deutschland interessierten. Unter den Top Ten 2019 der erfolgreichsten Sportsendungen fanden sich immerhin drei Spiele der Handball-WM. Wobei sich eines wieder zeigte: Bei ARD oder ZDF sind die Einschaltquoten bei Sport-Übertragungen höher als bei den Privaten. ARD und ZDF sind auch wieder bei der EM auf Sendung.

Der Januar ist der Handball-Monat, jetzt könnte Deutschland wieder zu einer Handball-Nation werden, nämlich bei der Europameisterschaft vom 9. – 26. Januar. Bei der EM sind erstmals 24 Nationen dabei (unterteilt in sechs Gruppen) und die spielen ebenfalls erstmals in drei Ländern, nämlich Österreich, Norwegen und Schweden. Deutschland bestreitet die Vorrunde in Trondheim/Norwegen, Gegner sind die Niederlande (Donnerstag, 9.1.), Titelverteidiger Spanien (Samstag) und Lettland (Montag), in der Hauptrunde könnte es nach Wien gehen und ab dem Halbfinale wird in Stockholm gespielt.

In der jeder Gruppe qualifizieren sich die beiden besten Mannschaften für die Hauptrunde, das sollte für Deutschland kein Problem darstellen. Bundestrainer Christian Prokop hat sogar eine Medaille als Zielsetzung ausgegeben. Mutig angesichts der Tatsache, dass die letzte EM 2018 mit Platz 9 in Kroatien total in die Hosen ging, als Prokop erstmals die Verantwortung für die Mannschaft übernommen hatte. Platz 4 bei der WM zeigte aber den Aufwärtstrend und bewies, dass Deutschlands Handballer wieder in der Weltspitze angekommen sind. EM-Titel gab es 2004 und 2016, achtmal wurde Deutschland Weltmeister, davon sechsmal auf dem Feld, außerdem 1978 und zuletzt 2007.

Der Bundestrainer hofft, dass seine Mannschaft wieder eine Euphorie in Deutschland auslöst, ähnlich eben wie vor einem Jahr beim WM-Turnier im eigenen Land und mit überragenden Einschaltquoten. Dafür müssen aber Erfolge her und die Voraussetzungen sind eigentlich nicht die besten, denn Prokop musste eine ganze Reihe von Ausfällen von Stammspieler hinnehmen, so fehlen ihm gleich sechs Rückraumspieler, die eigentlich das Herz der Mannschaft darstellen. Dennoch sorgte er für eine Überraschung, als er den 37-Jährigen Johannes Bitter, der 2011 aus dem Nationalteam zurückgetreten war, als zweiten Torhüter neben Andreas Wolff nominierte. Aber gerade die Torhüter sollen zusammen mit einer starken Abwehr die Basis zum Erfolg darstellen und vorne soll es vor allem Kapitän Uwe Gensheimer richten, mit 178 Länderspielen der erfahrenste Mann im Team.

Euphorie kann entstehen, aber die deutschen Sportfans wollen eben Erfolge sehen. Logisch, wer freut sich schon über eine Niederlage. Aber Handball hat nicht nur durch Erfolge die Chance zur Nummer 1 vor Fußball, sondern auch durch das Spiel und das Auftreten schlechthin. Handball ist spannend, torreich und nie langweilig. Die Spieler zeigen ein diszipliniertes Auftreten (Ausnahmen bestätigen die Regel), lamentieren nicht bei Fouls, Spielverzögerungen sind ihnen fast fremd, ebenso wie Schwalben. Sie zeigen sich als echte Kerle und nicht wie verwöhnte Zöglinge, wie es im Fußball oft kritisiert wird.

Aber noch ist der Fußball die Nummer 1, doch er könnte sich selbst ins Bein schießen, wenn nationale und internationale Spiele immer mehr ins Internet und Pay-TV abwandern. Dann könnten sich die Sportfans Ersatz suchen und da wäre Handball sicherlich vorn dabei. Das Potenzial zur Nummer 1 hat diese attraktive Sportart auf jeden Fall.

Handball ist ein Vorbild für den Fußball

Als die Weltmeisterschaft zu Jahresbeginn in Deutschland ausgetragen wurde, da war die Nation plötzlich nicht mehr Fußball- sondern Handball-Land. 11,91 Millionen Fernsehzuschauer sahen das Halbfinale gegen Norwegen, leider mit einer Niederlage der DHB-Auswahl. Aber die Begeisterung zeigte, dass Handball hierzulande Potential hat und es gab noch eine besondere Hochachtung für die Handball-Asse: Es fiel den Beobachtern auf, dass unsportliche Auswüchse des Fußballs im Handball nicht zu sehen sind, zum Beispiel Schwalben, Rudelbildung und Diskussionen um Schiedsrichter-Entscheidungen und anderes mehr, das manchmal schon als Betrug gelten kann. Fazit: Handball kann man anschauen, Handball begeistert. Handball ist ein Vorbild für den Fußball.

Doch wenn jetzt die Handball-Bundesliga in die neue Saison startet, dann muss sich der attraktive Sport wieder ins zweite Glied hinter dem Fußball einreihen. Die Nationalmannschaft zieht, die Vereine weniger, die deutschen Spieler sind meist in der Unterzahl (wie im Fußball auch), die Öffentlichkeit nimmt das Bundesliga-Geschehen eher nur am Rande war. Allerdings hat sich die TV-Präsenz durchaus verbessert, der Privatsender Sky überträgt alle Spiele live, die ARD ist im Ersten und in den 3. Programmen bei ausgewählten Partien dabei und überträgt das Pokal-Finalturnier. Internationale Spiele der Champions League und des EHF-Pokals sind bei Sky und DAZN zu sehen. Da kann es kaum Klagen geben. Basketball und Eishockey sind zum Beispiel schlechter dran.

Im Gegensatz zum Fußball kann sich die Handball-Bundesliga auch immer noch damit brüsten, die stärkste Liga der Welt zu sein. Zwar hat die internationale Konkurrenz aufgeholt, Geld zieht auch im Handball Stars ins Ausland ab, aber in punkto Attraktivität und Spielstärke bleibt die Bundesliga die Nummer 1. Rückkehrer Uwe Gensheimer, Kapitän der Nationalmannschaft, urteilte nach drei Jahren in Paris über die Bundesliga: „Die Leistungsstärke in der Breite und die Stimmung in den Arenen sind unerreicht.“ Handball ist nicht nur Fernsehsport, sondern kann auch ein Erlebnis sein. Allerdings: Der letzte große internationale Erfolg liegt schon einige Jahre zurück, zuletzt 2014 gewann eine deutsche Mannschaft die Champions League.

Die Handball-Bundesliga kann aber auch mit sportlicher Spannung locken. In den letzten Jahren ging der Kampf an der Spitze und gegen den Abstieg meist bis zum letzten Spieltag. Eine Siegesserie wie die des FC Bayern München mit sieben Titeln in Folge gab es im Handball noch nie, wenn auch der THW Kiel das Geschehen von 2005 bis 2015 beherrschte, unterbrochen wurde die Siegesserie von damals sechs und dann vier Meisterschaften 2011 vom HSV Hamburg. Doch diese Zeiten sind vorbei, zweimal wurden die Rhein-Neckar Löwen aus Mannheim Meister, zuletzt triumphierte die SG Flensburg-Handewitt zweimal. Abwechslung könnte es auch jetzt wieder geben, die Experten trauen dem THW Kiel das große Comeback zu. Flensburg hat Abwehrchef Karlsson (Karriereende) und Regisseur Lauge (Kielce) verloren, Kiel hat aufgerüstet. Aber Titelverteidiger Flensburg und die Rhein-Neckar Löwen (mit Uwe Gensheimer) gelten als heiße Herausforderer, aber auch Magdeburg, Berlin und Melsungen wird viel zugetraut. HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann ist zufrieden: „Ich glaube, wir haben viel mehr potentielle deutsche Meister als jemals zuvor.“ Davon ist der Fußball bekanntlich ein Stück entfernt, er ist schon froh, dass Dortmund (und vielleicht noch Leipzig) die Bayern herausfordern.

Eines haben die Handball-Profis mit denen vom Fußball gemeinsam: Sie klagen über die zu große Belastung. Die Hetzjagd im Handball ist dabei noch ungleich größer, diese führte in der Vergangenheit sogar dazu, dass die Rhein-Neckar Löwen an einem Wochenende national und international im Einsatz sein mussten. Mitten in der Bundesliga-Saison steht im Januar die Europameisterschaft an, eine gute Vorbereitung ist da kaum möglich und Urlaub ist schon gar nicht drin. Bei diesem Höhepunkt geht es um einen anderen Höhepunkt: Nur der Europameister ist automatisch für Olympia in Tokio qualifiziert, ansonsten droht die Qualifikationsmühle. Olympische Spiele sind aber sportlich und werbemäßig das absolute Highlight. Der Terminstress wird also nicht weniger. Handball ist auch Stressball.

Übrigens: Der Sport-Grantler feierte „Geburtstag“, seit sechs Jahren gibt es diese Kolumnen zum Sport, dies ist eine Jubiläumsausgabe, die 400.! Weiterhin viel Spaß beim Lesen.

Trauer im Handball – König Fußball regiert jetzt wieder

Der Deutsche Handball erlebte mit der Weltmeisterschaft im eigenen Land ein Wintermärchen, doch das glückliche Ende, das alle hätte strahlen lassen, blieb aus. Der wenigstens kleine Coup fehlte mit der unglücklichen, aber auch selbst verschuldeten 25:26-Niederlage gegen Frankreich im Duell um Bronze. So gab es nicht einmal eine Medaille, dafür herrschte Trauer. Es zeigte sich, dass die Mannschaft um Kapitän Uwe Gensheimer einfach noch zu unerfahren war für die internationale Spitzenklasse. Deutlich wurde das schon früher, als in der Vorrunde gegen Russland und Frankreich ein Vorsprung in den letzten Minuten verspielt wurde. Im Halbfinale gegen Norwegen und im Spiel um Bronze, als es Spitz auf Knopf stand, da wirkte auch Trainer Christian Prokop hilflos. Auch er muss sich mangelnde Erfahrung ankreiden lassen. Gefeiert wurde dagegen bei Co-Gastgeber Dänemark, das ein Märchen mit Krönung erlebte und erstmals Weltmeister wurde. Gespannt sein darf man, ob es dem Deutschen Handball-Bund gelingt, dass WM-Fieber zu einem Aufschwung und langfristigen Imagegewinn zu nutzen. Nächste Chancen aus Deutschland ein Handball-Land zu machen ergeben sich 2020 mit der Europameisterschaft und den Olympischen Spielen in Tokio, vorausgesetzt das DHB-Team qualifiziert sich jeweils.

Das Zepter wird weitergereicht, jetzt regiert wieder König Fußball. Punktgenau geht national und international der große Fußball wieder los, allerdings wird sich die Begeisterung in Deutschland zum Teil in Grenzen halten, weil die Champions League eben ganz im Bezahlfernsehen verschwunden ist. Angeblich will hier das Bundeskartellamt sogar aktiv werden.

Das Interesse an der Bundesliga hat allerdings bisher nicht gelitten, dafür sorgt die Liga mit entsprechenden Schlagzeilen. Wieder einmal Spannung an der Spitze und ein Kampf von vier Sorgenkindern am Tabellenende, dazwischen das Gerangel um die Karten für Europa, da dürfte die Spannung in diesem Jahr bis zum Ende anhalten. Und auch der Videobeweis kam erneut ins Gerede, aber die Diskussionen darüber, ob er immer richtig eingesetzt wird, werden wohl anhalten. Ein Stück mehr Gerechtigkeit bringt er, Klarheit in allen Fällen aber nicht. Bei richtiger Anwendung könnte der Vorteil sicherlich größer sein. Und ob eine Fußspitzen-Entscheidung beim Abseits die richtige Regelung ist, bleibt fraglich.

Typisches Beispiel dafür, das Aufregung provoziert wird, war eine Szene in Mönchengladbach, typisch auch, dass mit dem FC Augsburg ein Abstiegskandidat der Leidtragende war. Beim Gladbacher Führungstreffer machte zwar auch der vorher großartige Torhüter Gregor Kobel eine schlechte Figur, aber entscheidend war, dass Gladbachs Stürmer Lars Stindl im Abseits stand. Von Schiedsrichter Osmers wurde es als passiv gewertet, mit einer Fußbewegung irritierte Stindl aber sowohl Kobel als auch Verteidiger Danso auf der Torlinie, dessen Klärungsversuch deshalb fehlschlug. Der Linienrichter signalisierte Abseits, aber Herr Osmers bemühte nicht einmal den Videobeweis. Dort hätte er klar sehen können, dass das Tor nicht regelkonform gefallen ist. Die Augsburger wiesen süffisant auch darauf hin, dass Herr Osmers ja aus Hannover kommt, der Stadt eines Mitkonkurrenten. Da zeigte auch der DFB wieder einmal wenig Fingerspitzengefühl.

Für die Serie mit jetzt zehn Niederlagen sind die Augsburger allerdings in erster Linie selbst verantwortlich und es grenzt fast schon an ein Wunder, dass sie mit Rang 15 noch nicht einmal einen gefährdeten Platz belegen. Die Zeichen im Verein stehen allerdings auf Sturm, keine guten Voraussetzungen für die Zukunft. Mit der sprichwörtlichen Ruhe, die den FCA in den letzen Jahren ausgezeichnet hatte, ist es vorbei. Der Brasilianer Caiuby ließ aus seiner Heimat verlauten, dass er nicht nach Deutschland zurückkehre, der Vertrag bis 2020 ist ihm offensichtlich egal. Verteidiger Martin Hinteregger wiederum hinterfragte öffentlich den Trainer und wollte keine siegbringende Taktik erkannt haben. Coach Manuel Baum hatte sich für „Beton“ entschieden, eine gegensätzliche Ausrichtung zum normalen FCA-Spiel. Der Kalauer gilt also, „es brennt der Baum“. Die entscheidenden Tage stehen für die Augsburger bevor, zunächst am Sonntag gegen Mainz, danach im Pokal in Kiel und in der Bundesliga am 10. Februar in Bremen. Kann die Niederlagenserie nicht gestoppt werden, ist eine Entlassung des Trainers unumgänglich. Drei Siege und alles ist gut. Hoffnungsträger sind die Südkoreaner Koo und Ji, die von der Asienmeisterschaft zurückkommen, allerdings mit einem frühen Ausscheiden auch kein aufbauendes Erlebnis im Gepäck haben.

Im Abstiegskampf hat Hannover 96 jetzt zu dem Mittel gegriffen, vor dem sich Augsburg scheut: Trainer Andre Breitenreiter wurde entlassen und durch den zuletzt arbeitslosen Thomas Doll ersetzt. Der Weltenbummler macht also an der Leine Station. Er gilt als Spezialist im Abstiegskampf, gegenüber Augsburg sind vier Punkte aufzuholen. Erste Chance am Freitag gegen Leipzig, das allerdings beim 4:0 in Düsseldorf glänzte. Zweite Chance am 9. Februar wieder zu Hause gegen Mitkonkurrent Nürnberg (im Pokal ist Hannover nicht mehr dabei). Bis dahin muss das „System Doll“ sitzen. Nürnberg und Stuttgart wollen am Wochenende gegen Bremen und Freiburg die Konkurrenz unter Druck setzen. Ob es gelingt?

An der Spitze gaben sich Dortmund und die Bayern keine Blöße, aber auch die Verfolger Gladbach und Leipzig siegten. Was auffiel: Beide Spitzenteams nahmen die Abstiegskandidaten Hannover bzw. Stuttgart zunächst wohl auf die leichte Schulter und sorgten erst spät für klare Verhältnisse. Dortmund tat dies allerdings eher mit spielerischen Mitteln, bei den Bayern sah dies eher wie ein Arbeitssieg aus. Die Borussen knackten sogar einen Vereinsrekord, 48 Punkte nach 19 Spielen hatten sie noch nie, Lucien Favre ist besser als es Jürgen Klopp war. Wenn das keinen Auftrieb gibt! Vorteil Dortmund!

König Fußball aber haut die nächste Zeit auf die Pauke, mit DFB-Pokal, Champions League und Europa League beginnen im Februar die englischen Wochen. Wer redet dann noch vom Handball!

Die Wahrheit nach dem Handball-Märchen oder – es war einmal…

Kinder lieben Märchen, bis sie später mal erfahren, dass das alles nicht so stimmt und hinter den Märchen eine oft bittere Wahrheit steckt. Sportler lieben auch Märchen und sie wollen, dass diese Märchen nie enden mögen. Aber auch bei ihnen gibt es eine bittere Wahrheit, die wohl auch der Deutsche Handball-Bund nach dem Märchen bei der Weltmeisterschaft wieder erleben wird, egal ob das WM-Märchen mit dem Titelgewinn endet oder nicht.

Die bittere Wahrheit ist, dass die anderen Mannschaftssportarten gegen „König Fußball“ einfach nicht ankommen, dass sie zwar bei erfolgreichen Meisterschafts-Turnieren durchaus die Deutschen Sportfans wachrütteln können („Huch, es gibt ja noch etwas anderes als Fußball“), aber danach kehrt der Alltag zurück. Dann heißt es wieder „Handball, wo kann man das eigentlich schauen? Die WM war toll, aber jetzt interessiert es mich eigentlich nicht mehr.“ Es ist das alte Lied und es wird wieder neu gesungen werden, ob Handball, Basketball oder Eishockey, sie schaffen es einfach nicht, dauerhaft ins Bewusstsein der Sportfans zu gelangen. Oder nehmen wir Hockey, ein erfolgreicher Verband mit vielen Titelgewinnen. Doch wer nimmt dies wirklich wahr?

Die Wahrheit nach dem Handball-Märchen wird wieder sein, dass die Funktionäre nach Mitteln und Wegen suchen, ihre Sportart bekannter zu machen, dass sie aber nach einigen Fehlschlägen wieder resignieren und in die altbekannten Muster zurückfallen werden. Was bleibt, ist eine schöne Erinnerung an das Märchen, mehr aber auch nicht. Allerdings haben sich dies die Funktionäre zum Teil auch selbst eingebrockt, nicht nur national, im Handball vor allem auch international. Da gab es Ärger mit den Übertragungsrechten für das Fernsehen, die an einen arabischen Sender gingen, der danach zu hohe Lizenzgebühren verlangte. Da sagten ARD und ZDF in den letzten Jahren dankend ab, Handball verschwand im Pay-TV oder wurde gar nicht übertragen. Aufmerksamkeit ist so nicht zu erzielen. Die Dollar-Zeichen in den Augen verhinderten den Weitblick.

Auch das Eishockey hat dies schon mitgemacht bzw. mitgelitten. Eigentlich ist der schnellste Mannschaftssport der Welt eine attraktive Sportart, wenn auch nicht unbedingt für TV-Übertragungen geeignet. Der kleine Puck ist das Übel und alle Bemühungen, ihn auf dem Bildschirm deutlicher zu machen (mit einem Lichtpuck zum Beispiel) scheiterten. Dennoch war Eishockey im Fernsehen gut präsent, verkaufte sich nach der Gründung der Deutschen Eishockey-Liga, als der Sport mehr professionalisiert werden sollte, aber ans Pay-TV. Auch hier ging also Geld vor Vernunft. Langfristiges Denken? Fehlanzeige. Heute das Märchen, morgen das Wehklagen.

Damals war es so, dass sich ARD und ZDF in den Schmollwinkel zurückzogen und von Eishockey gar nichts mehr wissen wollten. Ein schwerer Rückschlag für die Sportart. Und als über die 2. Bundesliga die Fronten wieder aufzuweichen schienen, da waren die Vereinsfunktionäre erneut zu kurzsichtig. Es gab in den Dritten Programmen der ARD an einem Samstag am Nachmittag vier verschiedene Begegnungen der 2. Bundesliga live, die Sender waren für eine Wiederholung offen, doch die Vereine machten nicht mit. Zu strapaziös am Freitag und wieder am Samstag zu spielen, Verlegungen waren nicht möglich. Engstirnig wurde eine Chance für die Zukunft verspielt. Der Fußball lachte sich ins Fäustchen.

Und so sieht die bittere Wahrheit heute aus: Sport 1 hat zum Beispiel bei Spielen der viertklassigen Regionalliga im Fußball mehr Zuschauer als es früher bei der Handball-Bundesliga war. Und der Pay-TV-Sender Sky, der heute die Rechte an der Handball-Bundesliga hat, ist mit den Einschaltquoten nicht glücklich, sie dümpeln bei 200.000 bis 400.000 dahin. Kein Vergleich zur Weltmeisterschaft also, wo Handball die Hitlisten stürmt und den Fußball schlägt, über zehn Millionen bangten in Deutschland mit den Handball-Helden, die für ein paar Tage oder Wochen Helden bleiben werden, ob Weltmeister oder nicht. Danach gehört das Feld wieder dem Fußball. Die bittere Wahrheit nach dem Märchen. Auch im Handball wird man sich wieder erzählen: „Es war einmal…“.

Nur Siege sorgen für ein Wintermärchen

2019 ist noch jung, da steht das erste Highlight des neuen Sportjahres bereits bevor: Die Handball-Weltmeisterschaft vom 10. bis 27. Januar in Deutschland und Dänemark. Besonders für die DHB-Auswahl ist dieses Turnier von besonderer Bedeutung, enttäuschte die Mannschaft doch zuletzt bei den großen Meisterschaften. Im Handball träumte man zuletzt eher von vergangenen Erfolgen, in erster Linie vom Wintermärchen 2007, als die Handballer im eigenen Land überraschend Weltmeister wurden und Deutschland plötzlich zu einem Handball-Land wurde. 16,17 Millionen Zuschauer sahen an den Bildschirmen den Coup der Männer um Bundestrainer Heiner Brand mit seinem markanten Schnauzbart beim 29:24 im Finale von Köln gegen Polen. Die heutige Generation träumt von einer Wiederholung, weiß aber: Nur Siege sorgen für ein Wintermärchen!

Es ist ein bisschen ungewiss, ob Deutschland wirklich gute Voraussetzungen für einen Titelgewinn hat. Es bleibt vieles im Ungewissen, weil zuletzt auch vieles schief gegangen ist. Das Abschneiden bei den letzten WM-Turnieren lässt ebenso kaum Optimismus zu (2017 in Frankreich Neunter, 2015 in Katar Siebter, 2013 in Spanien und 2009 in Kroatien immerhin Fünfter, 2011 aber in Schweden Elfter) wie das peinliche Abschneiden vor einem Jahr bei der Europameisterschaft in Kroatien, als Spieler und Trainer gegensätzliche Vorstellungen hatten und somit keine Einheit bildeten.

Jetzt soll alles anders sein, deshalb träumt man wieder von einem Wintermärchen, will aus Deutschland wieder eine Handball-Nation machen, zumal ja der Fußball zuletzt auch in der Kritik stand. Der Trainer heißt immer noch Christian Prokop. Da gibt es Parallelen zum Fußball, als der DFB nach der Pleite bei der WM in Russland an Joachim Löw als Bundestrainer festhielt. Doch da war der WM-Titel 2014 das handfeste Argument. Solche Erfolge kann Prokop nicht vorweisen, aber er gilt als Trainer der Zukunft. „Ich habe gelernt“, sagt er heute. Zweifellos ist er auf die Spieler zugegangen, hat sie mit ins Boot genommen und seine Taktik eher der Mannschaft angeglichen. Vielleicht bekommt der 40-Jährige, der ausgerechnet am 24. Dezember Geburtstag hat, vom Christkind ein nachträgliches Geburtstag- und Weihnachtsgeschenk. Die Basis ist gelegt, „die Stimmung war noch nie so gut wie jetzt“, heißt es aus der Mannschaft.

Wegbereiter können auch die Fans sein, Deutschland hat in der Vorrunde in Berlin Heimrecht, wo 15.000 die Mannschaft zum Sieg treiben sollen, in der Hauptrunde wären es sogar 19.000 in Köln. Aber nach dem Auftaktspiel am Donnerstag gegen Korea (eine gemeinsame Mannschaft von Süd- und Nordkorea!) warten die dicken Brocken Brasilien, Russland, Titelverteidiger Frankreich und Serbien. Drei Teams kommen weiter, in der Hauptrunde könnten Spanien, Kroatien und Island die Gegner sein. Ein Spaziergang ist nicht in Sicht.

Aber Stärken kann die DHB-Auswahl vorweisen: International erstklassige Torhüter mit Andreas Wolff und Silvio Heinevetter, eine starke Abwehr um Finn Lemke sowie mit Uwe Gensheimer einen Außenstürmer der Kategorie Superklasse. In einer ausgeglichenen Mannschaft ragen noch viele Linkshänder hervor, was zu einem besonderen Trumpf werden kann, denn gegnerischen Abwehrreihen können sich oft nur schlecht auf Linkshänder einstellen. Deutschland scheint also nicht chancenlos zu sein.

Die Favoritenrolle gebührt aber wohl anderen Nationen. Titelverteidiger Frankreich zum Beispiel, aber auch Co-Gastgeber Dänemark, der in Herning (eine Gruppe und Hauptrunde in Kopenhagen) ebenso Heimvorteil genießt und am 27. Januar dort auch im Finale stehen will. Norwegen könnte sogar für ein skandinavisches Endspiel sorgen, aber auch Spanien und Kroatien sind zu beachten. Es ist nicht leicht, ein Märchen zu erleben.

Die deutschen Handball-Fans werden unerwartet beschenkt, denn erstmals seit 2013 sind die Spiele der DHB-Auswahl wieder im Free-TV bei den öffentlich-rechtlichen Sendern ARD und ZDF zu sehen (Eurosport überträgt außerdem weitere 15 Spiele, alle 96 WM-Spiele im Livestream unter http://www.sportdeutschland.tv). Auch deshalb hofft der Verband auf einen Boom und Vizepräsident Bob Hanning gibt das Ziel aus: „Wir sind die klare Nummer 1 hinter Fußball vor Basketball und Eishockey und wir wollen die Distanz zum Fußball verringern.“ Auch das gehört dann zu einer märchenhaften WM.

Telekom-Cup als Auftakt

Ohne Fußball geht es natürlich nicht, die Bundesliga beginnt ihre Rückrunde am Freitag, 18. Januar, mit dem Spitzenspiel TSG Hoffenheim – Bayern München (live im ZDF). Derzeit befinden sich die Teams noch in ihren Trainingslagern, vorherrschend in Spanien. Am exotischsten wieder Meister München in Katar. Einen Vorgeschmack auf die Punktrunde gibt der Telekom-Cup am Samstag, 13. Januar, in Düsseldorf. Da duellieren sich im 1. Halbfinale Fortuna Düsseldorf und die Bayern (ab 13.00 Uhr), im 2. Halbfinale Mönchengladbach und Hertha BSC Berlin. Gespielt wird über jeweils 45 Minuten, danach gibt es das Spiel um Platz drei und das Finale (ca. 16.30 Uhr). Vielleicht gibt es schon einen Fingerzeig, brisant das erneute Aufeinandertreffen der Fortuna mit den Bayern, denn in der Bundesliga holten die Düsseldorfer ein 3:3, ein endgültiger Weckruf, der dann die Bayern-Krise beendete. Der Telekom-Cup also als Start in eine starke Bayern-Rückrunde?

Eine starke Vorrunde spielte vor allem Borussia Dortmund, was sich jetzt in allen Ranglisten und Wahlen niederschlägt. Bei einer Umfrage der Fachzeitschrift kicker unter den Bundesliga-Profis (214 machten mit) dominierte der Tabellenführer. So wurde Marco Reus zum Feldspieler der Vorrunde gewählt, Lucien Favre war der Gewinner unter den Trainern (Verlierer Tedesco, Schalke), Aufsteiger der Vorrunde Jadon Sancho (Absteiger Mats Hummels). Und wer wird Meister? 73,4 Prozent sagen eben Borussia Dortmund voraus, nur 22,9 Prozent trauen dies noch Bayern München zu. Wenn das keine Motivation für den Titelverteidiger ist!

Einige Spieler sorgten auch für Schlagzeilen in der Winterpause. Mit dabei auch Dortmund, das Flügelflitzer Pulisic zu Chelsea London transferierte (ab Sommer), wobei die Ablöse von 64 Millionen Euro manchen wieder staunen lässt. Staunen auch über den Abgang von Abwehrrecken Naldo von Schalke nach Monaco. In der letzten Saison war der Brasilianer noch eine Mannschaftsstütze und Tor-Garant, in dieser Saison landete er auf dem Abstellgleis. Da lief wohl einiges schief. Einiges schief lief auch bei Franck Ribery. Mit einem Gold-Steak hat er sich in Dubai für die Rückrunde gestärkt, was einen Shitstorm im Internet auslöste. Die 1200 Euro hat er nicht selbst bezahlt, er war eingeladen. Das Steak wurde doch teurer, denn auf Kritik der Leser schlug er mit Beleidigungen und Kraftausdrücken unterhalb der Gürtellinie zurück und wurde von den Bayern zu einer hohen Geldstrafe verdonnert. Sein Verhalten war eines Meisters nicht würdig. Ribery hat damit wohl auch sein Karriere-Ende in München beschleunigt.

Keine Konkurrenz für den Fußball

Die Entscheidung des Tennis-Weltverbandes, den traditionsreichen Davis Cup praktisch abzuschaffen, ist typisch, wie die Funktionäre vieler Weltverbände denken und warum es keine Sportart schafft, zu einem echten Konkurrenten für den Giganten Fußball zu werden. Verbände und Funktionäre sehen nur das Geld, verkaufen die Tradition und die Seele ihres Sports. Der Fan wendet sich mit Grausen.

Gut, abgeschafft ist der Davis Cup nicht, er wird in einer neuen Form ausgetragen, aber geblieben ist eigentlich nur der Name. Der Wettbewerb zieht sich nicht mehr über die Saison hindurch, mit wechselndem Heim- und Auswärtsrecht, womit er immer wieder im Gespräch ist, sondern soll in kompakter Form innerhalb einer Woche durchgeführt werden. Der Davis Cup verkommt praktisch zu einem Turnier unter vielen. Möglich machte dies ein finanziell unverschämtes Angebot der Firma Kosmos, hinter der Milliardäre aus Japan und den USA stecken und deren Kopf der spanische Fußball-Profi Gerard Piqué vom FC Barcelona ist. Der umstrittene ITF-Boss David Haggerty leitete den Deal in die Wege, der dem Verband jährlich drei Milliarden Dollar für 25 Jahre bringt.

Die einzige richtige Antwort hatte der Davis-Cup-Sieger von 1993, Michael Stich, parat: „Den Davis Cup wird es in der Form, wie wir sie kennen, nun nie wieder geben, und 118 Jahre werden der Geldgier von Personen geopfert, die keinen Respekt vor Historie und Tradition haben.“

Nun steht Tennis mit der Geldgier nicht alleine da. Auch andere populäre Verbände, die das Zeug dazu hätten, dem Fußball Paroli zu bieten, haben ihre Seele verkauft und sich im Kampf um die Moneten zerstritten. Nehmen wir das Beispiel Basketball in Europa. Da sagten sich schon 2000 einige Spitzenklubs vom Weltverband bzw. Europas Verband los und gründeten ihre eigene Europa Liga. Es ging, natürlich, um Macht und Geld. Die Euroleague (offiziell Turkish Airlines EuroLeague) ist nun die bedeutendste Liga in Europa, gleichzeitig aber so etwas wie eine geschlossene Gesellschaft. Der traditionsreiche Europapokal der Landesmeister war gestorben. Die Klubs der ULEB gingen sogar noch weiter und installierten darunter noch den Eurocup. Der Weltverband FIBA reagierte mit verschiedenen Gegenmaßen und bietet jetzt die Champions League als Gegenstück an. Leider ist die Champions League, dem Namen nach der Spitzen-Wettbewerb, nur zweitklassig, dazu gibt es den FIBA-Europe Cup. Wer soll sich da noch auskennen?

Ähnlich sieht es beim Handball aus. Da streiten sich die Verbände vor allem um Termine, werden die Spieler in unnötige Wettbewerbe gehetzt und Fernsehrechte für viel Geld vergeben, die keine flächendeckende Übertragung garantieren. Wie soll da eine Sportart populär werden oder bleiben? Ein schlimmes Beispiel gab es in der vergangenen Saison, als Europas Verband und der Deutsche Handball-Bund auf Termine keine Rücksicht nahmen und der Fall eintrat, dass ein Klub gleichzeitig auf Europas Bühne und in der Bundesliga antreten musste. Eine Schande. So wurde die internationale Aufgabe mit einer zweiten Mannschaft wahrgenommen. Im Januar richten Deutschland und Dänemark die Handball-Weltmeisterschaft aus, doch die Übertragung im Free-TV ist fraglich, nachdem es schon 2015 und 2017 im öffentlich-rechtlichen Fernsehen schwarze Bildschirme gegeben hatte. Die Agentur, die der Weltverband beauftragt hat, steckt offenbar in finanziellen Schwierigkeiten, die TV-Sender finden keinen Ansprechpartner. Bei den Verhandlungen dominierte beim Weltverband wohl Geldgier vor Seriosität. So muss der Fußball keine Konkurrenz fürchten.

Dabei macht es der Fußball seinen Konkurrenten eigentlich leicht, denn seine Funktionäre tun im Weltverband bekanntlich auch alles, um den Sport in Misskredit zu bringen. Aber der Fußball ist weltweit inzwischen so populär, dass er einfach nicht totzukriegen ist. So kann sich die FIFA sogar lachhafte Entscheidungen leisten. Im neuen Regelwerk kommt das Wort Korruption nicht mehr vor, der Tatbestand also, der dem Fußball-Weltverband Sorgen bereitete und zahlreiche Funktionäre vor Gericht brachte. Die Lösung war einfach und genial: Streichen wir das Wort Korruption, gibt es keine Korruption mehr. Die Gelder werden allerdings weiterhin fließen.

Lernprozess in der Schule des Sports

Innerhalb weniger Stunden musste der deutsche Sport zwei schwere Niederlagen hinnehmen. Die Handballer verspielten das erhoffte Halbfinale bei der Europameisterschaft in Kroatien mit einem fast schon peinlichen 27:31 gegen Spanien, die Tennisspielerin Angelique Kerber verpasste das Finale der Australian Open nach einem 3:6, 6:4, 7:9 gegen die Nummer 1 der Welt, Simona Halep aus Rumänien. Kerber sank auf die Knie, aber sie durfte den Court erhobenen Hauptes verlassen. Zwei Niederlagen der unterschiedlichen Art, zwei Niederlagen die einen Lernprozess in der Schule des Sports deutlich machen.

Bleiben wir zuerst auf der positiven Seite. Angelique Kerber stand ganz oben in der Tennis-Welt, erlebte ein Traumjahr 2016 mit zwei Siegen bei Grand-Slam-Turnieren, wurde die Nummer 1 und lernte ein Jahr die Schattenseiten des Sports kennen. Keine Siege mehr, qualvolle Turniere, nervtötende Niederlagen – ein Absturz. Nicht mal mehr in Deutschland war sie die Nummer 1, in der Welt nur noch die Nummer 22. „Ich habe viel gelernt“, sagt die 30-jährige heute, nachdem für sie wieder die Sonne scheint. Sie hat ihr Leben wieder umgekrempelt, einen neuen Trainer, neuen Schwung und wieder Selbstbewusstsein. „Ich weiß, dass ich heute wieder gewinnen kann.“ Niederlagen muss man annehmen, aus Niederlagen kann man lernen, das ist der Lernprozess in der Schule des Sports.

Die deutsche Handball-Nationalmannschaft war auch ganz oben, Europameister 2016. Da blühen dann die Träume, die von einer Medaille bei der Weltmeisterschaft 2019 im eigenen Land (zusammen mit Dänemark), die vom Gold bei den Olympischen Sommerspielen 2020 in Tokio. Die Träume sind natürlich nicht geplatzt, aber beim Handball-Bund ist man sich bewusst, dass Träume auch Schäume sein können, das sagt die Schule des Lebens.

Bei der Handball-Nationalmannschaft spielt der Bundestrainer immer eine besondere Rolle. Besondere Erfolge wechseln sich mit peinlichen Niederlagen ab. Erfolgstrainer wie die Handball-Legende Heiner Brand oder zuletzt der Isländer Dagur Sigurdsson bleiben nicht ewig. Der neue Bundestrainer Christian Prokop galt als Hoffnungsträger, wurde für 500.000 Euro aus dem laufenden Vertrag vom Bundesligisten Leipzig freigekauft und er erhielt einen Fünfjahresvertrag. Zweifel gab es also nicht, nach dem frustrierenden Aus gegen Spanien bei der Europameisterschaft in Kroatien schon. Das Ziel Halbfinale wurde verfehlt, schlimmer noch, die Leistungen der deutschen Mannschaft waren zeitweise katastrophal, „Verkörperte Verunsicherung“ hieß eine Schlagzeile, von Schwung war nichts zu sehen. „Reifeprüfung gleich beim ersten Mal“ hieß es vor dem Turnier, „nicht bestanden“ muss es nach dem Turnier heißen. Christian Prokop befindet sich mitten im Lernprozess in der Schule des Sports.

Der 39-jährige Bundestrainer muss lernen und er hat schon beim Turnier gezeigt, dass er lernwillig ist. Seine Kader-Zusammenstellung für Kroatien sorgte für Kopfschütteln, den größten Fehler, nämlich Abwehrchef Finn Lemke nicht zu nominieren, korrigierte er schnell. Doch er schaffte mit diesen Entscheidungen die Basis für die Verunsicherung, er schuf kein Team, das mit Begeisterung den Grundstein für Siege legen kann. Ganz im Gegenteil, auch im Mannschaftsgefüge taten sich offensichtlich Risse auf, Prokop soll wutentbrannt sogar ein Training abgebrochen haben. Keine guten Voraussetzungen für Erfolge. Ein Lernprozess.

Der Handball-Bund will sowohl am Trainer als auch am DHB-Vize Sport Bob Hanning, der sich oft weit aus dem Fenster lehnt, festhalten. Siehe Angelique Kerber, „aus Fehlern müssen wir lernen“, heißt es im Handball. Die Talente für große Erfolge sind da, sie müssen aber auch in die richtigen Bahnen gelenkt werden, sie brauchen Vertrauen und keine Verunsicherung. Auch das ist ein Lernprozess in der Schule des Sports. Wird er erfolgreich abgeschlossen, darf man wieder von Medaillen bei der Weltmeisterschaft und den Olympischen Spielen träumen. So wie Angelique Kerber bei den weiteren Turnieren in diesem Jahr.

Helden für ein paar Tage

Handball gilt eigentlich als „deutsche Sportart“. Dies geht vor allem auf Feldhandball zurück, bei dem in grauer Handball-Vorzeit Deutschland dominierte. Der wesentlich attraktive Hallenhandball löste später den langweiligen Feldhandball ab, damit war auch die deutsche Dominanz zu Ende, aber eine erfolgreiche Zeit erlebt Deutschland auch im Hallenhandball. Die Konkurrenz hat allerdings aufgeholt, Deutschland teilweise überholt und heute ist vor allem Spannung Trumpf. Dennoch rückte Handball im Mannschaftssport hierzulande in den Hintergrund, als „deutsche Sportart“ kann man heute eher den Fußball bezeichnen. Handball aber wird unter Wert verkauft. Mit der Europameisterschaft vom 12. bis 28. Januar in Kroatien rückt die attraktive Sportart wieder ein bisschen in den Blickpunkt.

Dabei haben die Handballer mit den Fußballern vom Joachim Löw eines gemeinsam: Sie hoffen auf eine erfolgreiche Titelverteidigung. Das DFB-Team wurde 2014 Weltmeister, das DHB-Team 2016 Europameister. Das war zumindest genauso überraschend wie der Titelgewinn der Fußballer in Brasilien, doch Medienstars wurden die Handballer, die selbsternannten „Bad Boys“ nicht. Sie waren höchstens Helden für ein paar Tage. 13 Millionen Zuschauer zitterten immerhin mit den Handballern beim Finale gegen Spanien, das Deutschland mit 24:17 gewann. Der größte WM-Held war wohl der schier unbezwingbare Torhüter Andreas Wolff, der heute bei seinem Verein THW Kiel nicht einmal die erste Geige spielt. Der „Bad Boy“ als „Good Boy“, Held für ein paar Tage.

Oder kennen Sie den Bundestrainer der DHB-Auswahl? Wenn es um Handball geht, dann werden ähnlich wie im Eishockey meist Stars aus vergangenen Zeiten genannt. Die aktuelle Spielergeneration hat trotz des gesteigerten Medienaufkommens und der Sozialmedien nicht den Bekanntheitsgrad. Das ändert sich für ein paar Tage, wenn die Spiele, wie jetzt von der Europameisterschaft, von den öffentlich-rechtlichen Sendern ARD und ZDF übertragen werden. Zuletzt verschwand sogar die Nationalmannschaft auf irgendwelchen kleinen Kanälen. Da wird es doppelt schwer zum Helden zu werden.

Der Bundestrainer heißt übrigens Christian Prokop, ist 39 Jahre alt und feiert seine Turnierpremiere. Es war sein Vorgänger, der Isländer Dagur Sigurdsson, der dem DHB-Team nach einigen eher erfolglosen Jahren wieder Leben einhauchte. Der überraschende Titelgewinn 2016 trotz großer Verletzungssorgen war die Krönung. Danach zog es den Isländer wieder in die Heimat zurück und heute trainiert er Japan, was mehr Aufenthalte in Island und weniger Stress bedeutet. Prokop setzte sich im Bundestrainer-Casting durch, der Trainer des DHjK Leipzig musste ausgelöst werden. Er ist der Julian Nagelsmann (Jungcoach des Fußball-Bundesligisten Hoffenheim) des Handballs, gilt als großes Trainertalent. Ob er den Vorschusslorbeeren gerecht werden kann, muss sich in Kroatien zeigen. Bei der endgültigen Spielerauswahl trat er schon einmal ins Fettnäpfchen, denn Kritiker bezweifeln, ob es gerechtfertigt ist, gleich drei seiner ehemaligen Leipziger Schützlinge zu nominieren. Dafür musste Abwehrchef Finn Lemke zu Hause bleiben. Da könnte der Schuss sprichwörtlich nach hinten losgehen.

Nicht nur ein Titelgewinn darf als Erfolg gewertet werden, bei gutem Auftreten kann auch ein Halbfinale für Zufriedenheit sorgen. „In entscheidenden Spielen entscheiden Kleinigkeiten“, betont Christian Prokop, ein wenig Glück gehört also dazu. Die Gruppenspiele sind eine Art „Warm Up“, Platz drei genügt zum Weiterkommen, Montenegro, Slowenien und Mazedonien sind die Gegner, also Kroatiens Nachbarn auf dem Balkan. Ab der Zwischenrunde wird es wirklich Ernst mit schweren Gegnern. Zu den Favoriten zählen neben Gastgeber Kroatien vor allem Spanien und Frankreich, aber auch Dänemark könnte eine gute Rolle spielen. Ähnlich wie beim Fußball gibt es ja auch immer Überraschungsteams.

Deutschland muss gewinnen, damit Helden für ein paar Tage geboren werden. Deutschland muss gewinnen, damit sich Handball als attraktive Sportart über das Fernsehen gut verkaufen kann. Selbst Fußball-Kaiser Franz Beckenbauer hatte als Zuschauer Lob für Handball parat: „Eine unheimlich attraktive Sportart, da scheppert’s vorne, da scheppert’s hinten. Das ist nicht so langweilig wie ein Mittelfeld-Geschiebe im Fußball.“ Genau deshalb hatte ja auch Hallenhandball Vorgänger Feldhandball abgelöst.

Weltverband verhindert Handball-Euphorie

 

Der Sport-Grantler hat diesen Zustand schon oft angeprangert und er fühlt sich in diesen Tagen wieder bestätigt: Gerade die Verbandsfunktionäre haben nicht die Weiterentwicklung ihres Sportes im Auge, sondern sind kurzfristig nur auf ihren eigenen und den finanziellen Vorteil ihres Verbandes bedacht. Diese Engstirnigkeit ist für die Zukunft ihres Sportes schädlich. Aktuelles Beispiel: Der Weltverband verhindert eine Handball-Euphorie!

Am Mittwoch, 11. Januar, beginnt die Handball-Weltmeisterschaft in Frankreich. Mit dabei ist Deutschland, was keine Selbstverständlichkeit ist. Vor zwei Jahren in Katar hatte die DHB-Auswahl die Qualifikation verpasst, bekam vom Weltverband aber eine „Wildcard“, weil der deutsche Markt doch so wichtig sei. In diesem Jahr ist Deutschland nicht so wichtig, dabei hat sich die deutsche Mannschaft unter ihrem Trainer Dagur Sigurdsson so positiv entwickelt.

Platz sieben in Katar war der Start für einen unvergleichlichen Aufschwung. Deutschland wurde vom Fußball- zum Handball-Land, als die „Bad Boys“, so nennt Sigurdsson seine Spieler, vor einem Jahr im Finale der Europameisterschaft gegen Spanien sensationell den Titel holten. 15 Millionen Zuschauer saßen begeistert vor den Fernschirmen, eine unvorstellbare Zahl, die jeden Tatort schlug und sonst nur vom Fußball erreicht wird. Die Bronzemedaille bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro war noch eine freudige Zugabe. Handball im Aufwind.

Jetzt muss der Deutsche Handball-Bund wieder einen Abwind befürchten. Es ist Weltmeisterschaft und eine breite Öffentlichkeit wird dies gar nicht oder nur wenig merken. Fernsehbilder gibt es in Deutschland keine, weil der Weltverband die TV-Rechte an die katarische Firma beIN Sports vergeben hat. Und die bestand bei den Verhandlungen über Fernsehbilder darauf, dass eine Ausstrahlung über die Grenzen Deutschlands hinaus verhindert werden muss. Das konnte kein Sender leisten und auch der Bezahlsender Sky, vor zwei Jahren kurzfristig eingesprungen, zeigte kein Interesse. Die Deutsche Kredit-Bank (DKB) als Sponsor des Verbandes landete zwar noch einen Coup damit, dass sie sich die Rechte für eine Internet-Übertragung sicherte, aber die Masse wird www.handball.dkb.de kaum zuschauen. Eine Handball-Euphorie kann so kaum entstehen.

Das sollten sich alle Verbandsfunktionäre einmal merken: Bei der Vergabe der TV-Rechte muss vor allem eine weite Verbreitung gewährleistet sein, sonst kann der Sport keine Breitenwirkung erzielen, kann vor allem die Jugend nicht erreichen, um die Zukunft zu sichern. Reichweite muss vor großer Kasse stehen.

Es ist Schicksal, dass die deutsche Mannschaft bei dieser WM statt wie zuletzt nicht zu den Außenseitern gehört, sondern zum kleinen Kreis der Favoriten, zu dem Gastgeber Frankreich, Spanien, Olympiasieger Dänemark und vielleicht noch Kroatien zu zählen sind. 24 Nationen sind am Start, gespielt wird in vier Gruppen, die jeweils vier besten Teams qualifizieren sich für das Achtelfinale (ab 21. Januar). Deutschland trifft auf Ungarn, Chile, Saudi-Arabien, Weißrussland und Kroatien und hat wohl nur Kroatien zu fürchten. Der Gegner kommt dann aus der Gruppe D (Erster gegen Vierter usw.), wo vor allem Dänemark als Favorit gilt, aber auch Schweden, Katar, Ägypten und Argentinien müssen beachtet werden. Das Halbfinale gilt als Ziel zum Abschied von Dagur Sigurdsson, das Finale am 29. Januar wäre ein Traum – nur für die Handball-Fans hierzulande nicht, weil sie es im Fernsehen nicht verfolgen können.

Die Weltmeisterschaft ist das Abschiedsturnier für den Bundestrainer aus Island, der sich für eine Zukunft in Japan entschieden hat. In 28 Monaten hat er dem deutschen Handball neues Leben eingehaucht, hat Erfolge erzielt, obwohl die Mannschaft jeweils vom Verletzungspech gebeutelt wurde. Nie, auch jetzt nicht in Frankreich, konnte er seine beste Mannschaft an den Start bringen, aber er hat alle Hürden glänzend gemeistert. Nur an einer Hürde scheiterte er: Am Weltverband, dem nicht an einer Handball-Euphorie gelegen ist, sondern vor allem an einer vollen Kasse. Schade für den Deutschen Handball.