Der Sport – Grantler

Kommentare rund um Fußball und anderen Sport

Tag: Real Madrid

Traumfinale der Enttäuschten – und der Beginn einer neuen Ära?

Diese Tatsache muss man sich mal vor Augen halten: In die Liste der Sieger des Meistercups im europäischen Fußball, von 1956 bis 1992 der Europacup der Landesmeister, ab 1993 die Champions League, konnte sich noch nie eine Mannschaft aus Frankreich eintragen! Am Sonntag gibt es eine Chance zur Premiere: Paris Saint Germain lechzt nach dem Henkelpott, der teuerste Spieler der Welt, der Brasilianer Neymar, will endlich aus dem Schatten der Seriensieger Messi und Cristiano Ronaldo treten. Paris hat also Motivation genug, doch der Gegner Bayern München hat eine furchteinflößende Bilanz: 2020 noch unbesiegt, neuer Rekord in der Champions League mit zehn Siegen am Stück und nach Meinung vieler Fachleute derzeit die beste Mannschaft der Welt. Die bekannte französische Sportzeitung L’Equipe spricht von einem „königlichen Finale“. Es ist aber auch ein Traumfinale der Enttäuschten.

Enttäuscht wurden bisher vor allem die Besitzer von St. Germain, die Scheichs aus Katar. Als sie den Klub 2011 übernahmen, hatten sie nur ein sportliches Ziel: Die Champions League zu gewinnen. Titel gab es haufenweise, doch es waren nur nationale Pokale, da ist Vereinspräsident Nasser el-Khelaif bisher nicht zufrieden. Prominente Trainer wurden schnell geschasst oder suchten das Weite, egal ob Carlo Ancelotti (zwei Jahre), Laurent Blanc (drei Jahre) oder der Spanier Unai Emery (zwei Jahre), sie konnten den CL-Titel nicht liefern. Jetzt versucht sich der Deutsche Thomas Tuchel im zweiten Jahr und erstmals gibt es Hoffnung für die Scheichs: Das Finale ist zunächst mal erreicht. Sie sollten allerdings die Umfrage des kicker nicht anschauen: 85 Prozent der Leser tippen auf einen Sieg der Bayern!

Die Münchner gehörten in den letzten Jahren und im Herbst dieser Saison ebenfalls zu den Enttäuschten. Seit dem Triple 2013 geht der Traum vom erneuten Triumph nicht aus den Köpfen. Aber selbst unter Star-Coach Pep Guardiola gab es keine Wiederholung, viermal erreichten sie das Halbfinale, viermal schieden sie aus. Und im Herbst drohte nach einem 1:5 in Frankfurt und dem Absturz in der Bundesliga-Tabelle sogar ein nationales Fiasko. Und dann kam Hansi Flick. Er erweckte den Klub wie im Märchen ein Prinz die schlafende Prinzessin. Plötzlich strotzen die Bayern vor Selbstbewusstsein und sie haben mit Sicherheit den gleichen Ehrgeiz wie der titellose Gegner: Sie wollen wieder den Henkelpott. So wie bisher fünfmal, nämlich 1974, 1975, 1076, 2001 und 2013. Aus der Bundesliga siegten außerdem der Hamburger SV 1983 und Borussia Dortmund 1997.

Wer aber von den beiden Kontrahenten darf sich die größeren Hoffnungen machen, wer hat die Trümpfe in der Hand? Kurze Antwort: Keiner! Es ist eine 50:50-Partie. Vorteil Bayern: Sie haben einen „Lauf“, derzeit gelingt ihnen alles. Was aber passiert im Team, wenn der Gegner 1:0 oder sogar 2:0 in Führung geht? Warnung: Barcelona und Lyon hatten jeweils zu Beginn des Spiels dicke Chancen, sie wurden vergeben. Die Bayern sind anfällig auf Konter.

Thomas Tuchel hat beim Gegner fast ein Wunder geschafft, plötzlich wurde aus einem Haufen von Alleinunternehmern eine Mannschaft. Der neue Teamgeist macht Paris gefährlich, die schnellen Angel di Maria, Kylan Mbappe und Neymar im Angriff können jede Abwehr schwindlig spielen. Gut, Gnabry, Lewandowski und Perisic (Coman) müssen sich nicht verstecken. Immerhin sind Lewandowski und Gnabry mit gemeinsam 24 Treffern das neue Rekord-Duo der CL, sie lösten Ronaldo (17)/Bale (6) ab, die 2013/14 für Real auf 23 Tore kamen. Die Schwächen von Paris liegen in der Abwehr, ein schnelles Spiel des Gegners liegt ihnen nicht und sollte Stammtorhüter Navas nicht fit werden, ist ein Schwachpunkt ausgemacht: Torhüter Sergio Rico, kein Weltklasse-Mann und außerdem ohne Spielpraxis. Ein Mann wird außerdem die Augen auf sich lenken: Juan Bernat, einst bei den Bayern unsanft abserviert, zuletzt fiel er sogar als Torschütze auf. Scheinbar besser als gedacht, klein, aber fein.

Das Finale 2020 könnte aber auch der Beginn einer neuen Ära im europäischen Fußball sein. Von 2014 bis 2018 dominierten die spanischen Klubs, viermal Real Madrid und 2015 der FC Barcelona. 2019 trumpften die Engländer auf, mit Jürgen Klopp gewann mit dem FC Liverpool wieder einmal ein deutscher Trainer. Jetzt stehen sich wie 2013 wieder zwei deutsche Trainer (damals Klopp und Jupp Heynckes) gegenüber. Im Gegensatz zu 2013 wirken ihre Teams aber auch gerüstet für die Zukunft, was man von Real und Barca nicht sagen kann. Es könnte eine Ära der deutschen Trainer folgen, aber auch wieder eine Ära, in der es keine dominierte Mannschaft gibt. Für die Fans wäre dies am spannendsten, im Sinne von Paris oder den Bayern wäre dies nicht.

Bei einem Blick auf die Siegerliste taucht vor allem immer wieder der Name Real Madrid auf, die Spanier sind mit 13 Titeln Rekord-Sieger vor dem AC Mailand (7). Die Bayern könnten mit dem FC Liverpool (6) gleichziehen. Es tauchen allerdings auch Namen auf, die man hier nicht unbedingt erwartet hätte: Celtic Glasgow zum Beispiel (1967), Feyenoord Rotterdam (1970), Nottingham Forest (1979 und 1980), Aston Villa (1982), Steaua Bukarest (1986) oder Roter Stern Belgrad (1991). Die Zeiten für Überraschungssieger sind aber rauer geworden, die Zeit für eine neue Ära könnte dagegen gekommen sein.

Werbung

Leihspieler: Eine gute Idee kann zum Problem werden

Die Sommerpause ging in diesem Jahr verspätet los, ist aber nicht nur wegen Corona für die Manager der Profi-Fußballvereine besonders stressig. Natürlich, die Sorgen rund um die Pandemie beanspruchen besonders die Nerven, dabei haben die Macher in den Klubs bereits mit dem Alltag genug zu tun. Zudem taucht ein Problem verstärkt auf, das einmal eigentlich eine gute Idee war: Das Leihgeschäft mit den Spielern.

Die Idee war einfach: Es gab Spieler, die in ihrem Verein nicht zum Zug kamen, allerdings Talent erkennen ließen und Spielpraxis benötigten, möglichst nicht in der eigenen unterklassigen zweiten Mannschaft bei den Amateuren, sondern durchaus höherklassig, damit sie auch gefordert wurden. Sie sollten als besserer Spieler wieder zurückkehren. Das typische, erfolgreiche Beispiel dafür war Philipp Lahm. Die Bayern liehen den Verteidiger zum VfB Stuttgart aus. Dort wurde er sogar Nationalspieler und machte dann, wie wir alle wissen, eine glänzende Karriere. Am Ende war er Weltmeister, am Anfang stand das Leihgeschäft.

Doch so reibungslos und erfolgreich läuft es natürlich nicht immer. Die Leihen wurden immer populärer, aber der Pferdefuß wurde übersehen bzw. verdrängt. Jeder Spieler, der verliehen wird, kommt auch wieder zurück. Eine Auflistung weist sogar auf einen Rekord hin, weil nämlich die Bundesligisten insgesamt 160 Spieler verliehen haben. Spitzenreiter war Werder Bremen, das zwölf Spieler verliehen und fünf geliehen hat. Die verliehenen waren meist Nachwuchsspieler, die eben Spielpraxis sammeln sollten, die geliehenen sollte sofort in der Bundesliga helfen. Aber auch da wurde ein Pferdefuß draus nach der glücklichen Rettung. Für Selke (von Hertha BSC), Bittencourt (Hoffenheim) und Toprak (Dortmund) wurden Kaufoptionen vereinbart, die jetzt so richtig ins Geld gehen. Geld, das zum Teil nicht da ist, zum Teil aber eher für Verstärkungen gebraucht wird. Übrigens, das kleinste Leihgeschäft machte Meister Bayern München. Fein durfte beim Hamburger SV Spielpraxis sammeln, Perisic, Coutinho und Odriozola ergänzten den aktuellen Kader, wobei Letzterer nicht helfen konnte und ebenso wieder gehen muss wie Coutinho, der viel Klasse besitzt, sie aber zu selten richtig zeigen kann. Bei Ivan Perisic ist die Zukunft noch offen, er dürfte bleiben, was aber eine Frage des Preises ist.

Manager, die dem Leihen und Verleihen vertrauen, verschieben wie gesagt manchmal ihre Probleme. So steht der FC Augsburg zum Beispiel derzeit mit einem übergroßen Kader da, nämlich 39 Spieler. Manager Stefan Reuter hat eingekauft, viel verliehen, wenig verkauft und jetzt muss das Lager geräumt werden. Flops, wie Torhüter Koubek, werden zum doppelten Problem, weil sie – wie in dem Fall – teuer waren und nach schwachen Leistungen unverkäuflich wurden. Reuter hat sich schlicht verkalkuliert, allein fünf Torhüter auf der Gehaltsliste und ausgerechnet der Sicherheitsgarant im Kampf um den Klassenerhalt, Andreas Luthe, soll dagegen gehen. Ein Wunder, dass der FCA von sich behauptet, finanziell gut dazustehen, andererseits schon mehrfach Geld buchstäblich zum Fenster hinaus geworfen hat. So ist das Profi-Geschäft im Fußball.

Real Madrid ist wieder da

Für die Bundesliga-Klubs, die in den europäischen Wettbewerben vertreten sind, ging die Sommerpause bereits zu Ende. Die Bayern beginnen in der ersten Woche mit Cypertraining wie nach der Coronapause, drei Spieler nehmen aber bereits wieder Rückenwind mit in die entscheidenden Spiele: In einer Umfrage des kicker unter den Bundesliga-Profis wurde Torjäger Robert Lewandowski mit 42,6 Prozent der Stimmen zum besten Feldspieler der Saison gewählt (vor Sancho, Dortmund, 141, und Kimmich, Bayern, 12,2), Manuel Neuer mit 35,2 % zum besten Torhüter (vor Sommer, Gladbach, 23,7) und „Roadrunner“ Alphonso Davies war für seine Kollegen der Aufsteiger der Saison (44,8 %, vor Haaland, Dortmund, 18,1). Dazu war für die Profis Hansi Flick der Trainer der Saison (61,1 % vor Rose, Gladbach, 14,4). Auch hier dominieren also die Bayern.

Der Blick geht aber über die Grenzen hinaus, auch in den anderen Top-Ligen liegen die Punktrunden in den letzten Zügen. Eine Wiederauferstehung feierte national Real Madrid, das zuletzt dreimal dem FC Barcelona den Vortritt lassen musste. Jetzt aber schaffte Zinedine Zidane in einem schwierigen Jahr die Wende. Barcelona ging mit zwei Punkten Vorsprung in den Endspurt, wo Real plötzlich einen Lauf bekam, angeführt von Kapitän Sergio Ramos. Gleichzeitig kann Zidane nun behaupten, dass kein Trainer in Europa mehr Titel als er gesammelt hat, nämlich sieben große Meisterschaften. In der Champions League gilt es allerdings einen 1:2-Rückstand gegen Manchester City aufzuholen. Zidane drohte Pep Guardiola bereits: „Wir sind mit unserer Saison noch nicht am Ende.“ Pep und City verspielten dagegen den nächsten Titel, unterlagen im FA-Cup in England mit 0:2 Arsenal London, das im Finale am 1. August auf Chelsea London trifft, das sich ebenso verbessert zeigt. Achtung Bayern! Nachdem Paris in Frankreich zum Meister erklärt wurde, fehlt nur noch Italien, aber da steuert Juventus Turin erneut auf die Meisterschaft zu, nachdem Konkurrent Lazio Rom zuletzt schwächelte.

Hansi Flick ist der Bessermacher

Der Deutscher Double-Sieger befindet sich jetzt im wohlverdienten Urlaub, aber es gibt wahrscheinlich einen beim FC Bayern München der auch in den Ferien arbeitet: Trainer Hansi Flick, er gilt nämlich als fleißiger Arbeiter, was er auch als Spieler war. Der Badener, der eine fast verkorkst scheinende Saison der Bayern noch rettete, war der große Gewinner der Corona-Saison. Aber auch die Spieler können sich zu den Gewinnern zählen, denn der einstige Co-Trainer, der in großer Not zum Chef wurde, entpuppte sich als Bessermacher. Bis dato wurde er in der Branche unterschätzt, dabei arbeitete er vorher bereits im Hintergrund äußerst produktiv. So urteilte einmal die Süddeutsche Zeitung: Hansi Flick hat im Sommer 2014 seinen Chef Joachim Löw zum WM-Titel geführt.“ Ein Blick auf die Leistung des Bayern-Teams vom Pokalfinale zeigt, wie Flick als Bessermacher wirkte:

Manuel Neuer: Gut, der Nationaltorhüter ist die Ausnahme, ihn kann man eigentlich nicht mehr besser machen, aber er spielte stabil und der Kapitän war vom Trainer überzeugt. Auch das ist wichtig!

Benjamin Pavard: Es gab nicht wenige, die ätzten, was die Bayern mit einem Absteiger (mit Stuttgart in die 2. Liga) wollten, der zudem 35 Millionen Euro gekostet hatte. Manager Hasan Salihamidzic hatte jedoch das richtige Näschen, der Franzose wurde als Rechtsverteidiger ein Gewinn, zeigte Leistungen, die eines Weltmeisters würdig waren und steuerte manch wichtiges Tor bei.

Jerome Boateng: Über ihn wurde viel geschrieben, immer wieder über seinen Abschied spekuliert, aber Hansi Flick wusste ihn zu nehmen, stärkte den Innenverteidiger, der plötzlich angesichts einer Verletztenmisere wichtig wurde und zu alter Form zurückfand. Mit das deutliches Zeichen für den Bessermacher.

David Alaba: Der Österreicher gehört zu den Aufsteigern der Saison. Internationale Klasse schon als Linksverteidiger, Weltklasse jetzt als Innenverteidiger. Eine Position, die ihm nicht fremd war, aber unter Flick wurde er zum Abwehr- und Aufbauchef. Eine Rolle, die ihm gefiel und die vielleicht dazu führt, dass seine Abwanderungsgelüste wieder verschwinden.

Alphonso Davies: Der Aufsteiger der Saison, der 19-Jährige Kanadier mit einer Flüchtlingsvergangenheit kam als ungeschliffener Diamant und wurde zur Sensation. Thomas Müller ernannt den schnellsten Mann der Bundesliga zum „Roadrunner“. Davies war vorn und hinten so schnell, dass sich oft die Gegner wunderten, wo er denn herkam. So klärte er manche brenzlige Situation vor dem Bayern-Tor. Aber er kann sich vor allem technisch noch steigern. Ein Juwel!

Joshua Kimmich: Flick machte ihn zum Chef im Mittelfeld, eine Rolle, die er ersehnte. Er füllte diese Chefrolle komplett aus und wurde ein wichtiger Faktor auf dem Weg zum Double. Gilt jetzt als Juniorchef im Team.

Leon Goretzka: Aus der zweiten Reihe spielte er sich in den Vordergrund, profitierte vom Ausfall von Thiago und ist eigentlich aus dem Team nicht mehr wegzudenken. Ein Arbeiter, so etwas mag Flick, der vorne und hinten zu finden ist und Lücken schließt. Auch Joachim Löw sollte auf das Duo Kimmich/Goretzka setzen. Wird noch wichtiger, wenn Thiago geht.

Serge Gnabry: Den großen Sprung hat er unter Flick sicherlich nicht gemacht, hat noch zu viele Schwankungen in seinen Leistungen, aber zusammen mit Coman befindet er sich auf dem richtigen Weg, um Robben und Ribery vergessen zu lassen.

Thomas Müller: Unter Flick-Vorgänger Niko Kovac war er nicht mehr wichtig, dass Flick ihn wieder zu einem wichtigen Spieler mit allen Freiheiten machte, war wohl der beste Schachzug des Trainers. Müller blühte auf und fand zu alter Stärke. Bayern-Siege haben den Stempel „Müller macht’s“! Er entwickelte sich immer mehr zu einer Führungspersönlichkeit.

Kingsley Coman: Der 24-Jährige Franzose hat noch einiges an Steigerungspotenzial, lässt aber immer wieder großes Können aufblitzen. Flick versuchte den verletzungsanfälligen Flügelflitzer vorsichtig aufzubauen, wechselte ihn oft vorsichtshalber aus, hatte aber viel Freude an ihm.

Robert Lewandowski: Er spielte vielleicht die beste Saison seiner Karriere, griff sogar nach dem Torrekord von Gerd Müller. Viel Worte über ihn zu verlieren, wäre Wasser in die Donau tragen. Wird nicht umsonst als Kandidat für die Wahl zum „Weltfußballer des Jahres“ gehandelt. Dafür müsste aber der Henkelpott in der Champions League her.

Als Bessermacher zeigte sich Hansi Flick auch beim Nachwuchs. Eine seiner ersten Amtshandlungen war, dass er Talente aus der Bayern II, die ja auch zu Meisterehren in der 3. Liga kam, zu den Profis holte und ihnen dort auch Spielminuten verschaffte. Joshua Zirkzee wurde sogar zu einem wichtigen Torjäger. Dieser Weg soll fortgesetzt werden, was Bayern für Talente wieder attraktiv macht, zuletzt machten die eher einen Bogen um die Münchner, weil sie keine Chance für einen Einsatz sahen. So „klauten“ die Bayern jetzt erst wieder der TSG Hoffenheim zwei hoffnungsvolle Nachwuchsspieler.

Hansi Flick ist aber keiner, der Erfolge groß für sich reklamiert oder größenwahnsinnig wird. Aber Selbstbewusstsein zeigt er, das „mia san mia“ lebt er und so zeigt er Verein und Spielern den Weg für die nächsten Wochen auf. Zunächst gibt es Urlaub, mit einem Fitnessprogramm für die zweite Woche und dann wollen die Bayern auch in der Champions League erfolgreich sein. Die Bayern werden angesichts ihrer Leistungen und dem Schwächeln einiger Konkurrenten als großer Favorit bezeichnet, allerdings bleiben da Fragezeichen, weil sich Mannschaften wie Manchester City, Real Madrid oder der FC Barcelona immer auf Augenhöhe bewegen. Flick wagt sich schon weit vor, wenn er das Finale als Ziel nennt. Vom Triple darf geträumt werden, das zuletzt Trainer Jupp Heynckes den Bayern 2013 bescherte. Heynckes lobt Flick und Fachleute sehen Flick in den Fußstapfen von Heynckes – da könnten sich Träume doch erfüllen!

Ein Streifzug durch die Fußball-Ligen Europas

Die Spiele der Qualifikation zur Fußball-Europameisterschaft stehen in diesen Tagen im Mittelpunkt, die nationalen Profi-Ligen machen zwangsläufig eine Pause. Da ist es der richtige Zeitpunkt, wieder einmal einen kleinen Streifzug durch die großen Ligen Europas zu wagen. Dabei zeigt sich Erstaunliches.

Auf den ersten Blick sieht alles normal aus. Die Tabellenführer heißen FC Liverpool (England), Real Madrid (Spanien), Juventus Turin (Italien) und Paris St. Germain (Frankreich). Nur die Bundesliga stellt mit Borussia Mönchengladbach die große Ausnahme. Doch bei den anderen ist nicht alles Gold was glänzt. Vielfach haben sich Sorgen breit gemacht, vor allem in Spanien. Real Madrid ist zwar mit drei Punkten Vorsprung an der Spitze, weil es das Schlagerspiel gegen Aufsteiger FC Granada (!!!) mit 4:2 gewonnen hat. Dennoch sprachen Beobachter von einer „phasenweise Enttäuschung“, dennoch geriet sogar der „heilige“ Trainer Zinedine Zidan in den letzten Wochen in die Kritik. Die Stars machen Probleme, Torhüter Thibaut Courtois befindet sich in einem (psychologischen?) Tief, Vertreter Areola (von Paris im Tausch mit Navas gekommen) patzte, Toni Kroos verletzt, der einstige Weltfußballer Luka Modric oft nur Ersatz. Den Abgang von Cristiano Ronaldo haben die Königlichen immer noch nicht ganz verkraftet. In der Champions League ist Real in der Gruppe A nur Letzter nach einem 0:3 in Paris und 2:2 gegen Brügge. Das drückt die Stimmung.

Eigentlich müsste die Konkurrenz diese Schwächen nutzen, doch Titelverteidiger FC Barcelona hat selbst Sorgen und ist nur Vierter. Leo Messi verletzt, Torjäger Grießmann noch nicht richtig angekommen, den Kampf um Neymar verloren. Der Glanz der vergangenen Jahre ist auch bei Barca verblasst. Atletico Madrid hat andere Sorgen, nämlich den Umbruch in der Mannschaft, viele Stars sind gegangen. Platz zwei (vor Granada) ist da schon ein gutes Trostpflaster, aber kein Ruhekissen.

Paris und Juventus sind in ihren Ligen zwar Tabellenführer, aber keineswegs so dominierend wie in den letzten Jahren, wobei Trainer Thomas Tuchel bei seiner Mannschaft vor allem Verletzungssorgen hat und zwangsläufig auf junge Talente setzen muss. Retter in den letzten Spielen war mit entscheidenden Toren ausgerechnet Neymar, der eigentlich neben Messi in Barcelona dem Ball nachjagen wollte. Der umstrittene Star und Schwalbenkönig sammelte immerhin Sympathiepunkte, er lässt sich nicht hängen.

Die alte Dame Juve ist erstaunt, dass plötzlich Konkurrenz auftaucht, erst im direkten Duell mit Inter Mailand und mit einem 2:1-Sieg konnte der angestammte Platz an der Sonne zurückgeholt werden. Inter ist auf dem Weg zu altem Glanz, ganz im Gegenteil zum Lokalrivalen AC Mailand, der auch vorn mitmischen wollte, aber als 13. erst einmal den Trainer gewechselt hat. Ein großer Star in Italien ist übrigens Franck Ribery. Der Ex-Bayer will kein Fußball-Rentner sein und genießt die Verehrung in Florenz, wurde in Italien sogar zum „Spieler des Monats“ gekürt.

Keine Sorgen muss sich derzeit Jürgen Klopp in England machen. Mit dem FC Liverpool hat er nach acht Spieltagen sage und schreibe acht Punkte Vorsprung vor Titelverteidiger Manchester City. Hochgerechnet bedeutet dies am Ende 38 Punkte Vorsprung! Nein, so wird es nicht kommen, aber logisch, dass die Fans wieder einmal von der „Erlösung“ träumen, der ersten Meisterschaft seit 1990. 2020 wäre dafür das perfekte Jahr 30 Jahre danach und Jürgen Klopp endgültig unsterblich bei den „Reds“. Die Rollen werden vielleicht anders verteilt. Pep Guardiola bescherte den Fans von Manchester City zuletzt den nationalen Titel, sie aber wollen (wie der Trainer) vor allem die Champions League gewinnen, was ja eben Klopp mit Liverpool gelang. Da bahnt sich also ein englischer Tausch an!

Fußball-Frauen kämpfen um Aufmerksamkeit und Anerkennung

Es ist manchmal ein ewiger Kampf, der vielleicht nie zum gewünschten Ziel führt, aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Und bevor die Hoffnung stirbt, muss man selbst erst einmal alles versuchen, um das Ziel zu erreichen. Und so kämpfen auch die Frauen im Fußball unverdrossen weiter. Sie wollen nicht das fünfte Rad am Wagen sein, nicht im Schatten der Männer stehen, sondern gleichberechtigt sein. So fordern sie selbstbewusst von den Verbänden die gleichen Prämien wie die Männer. Doch dafür haben allein die Amerikanerinnen ein gewichtiges Argument, dass sie nämlich mehr Leute begeistern als die Männer, aber in Europa gilt dies nicht. Dennoch: Stück für Stück sollen Aufmerksamkeit und Anerkennung besser werden. Und am Ende vielleicht auch die Bezahlung.

Das gilt auch für die Frauen-Bundesliga, die am Wochenende mit zwölf Teams in die neue Saison startet, mit einem kleinen bisschen Hoffnung im Gepäck. Die Weltmeisterschaft in Frankreich war ein Erfolg, trotz des Aus des DFB-Teams bereits im Viertelfinale. In der Vergangenheit waren aber selbst WM-Titel zu wenig, um dem Frauen-Fußball entscheidende Impulse zu verleihen. Ganz im Gegenteil, 2008 spielten noch 33 Prozent aller Mädchen zwischen 14 und 19 Jahren in Deutschland Fußball, derzeit sind es gerade 18 Prozent. Etwa 198.000 Mädchen und Frauen spielen bei uns Fußball, vor vier Jahren waren es noch 211.000, in den USA sind es 9,5 Millionen! Und: Die Männer-Bundesliga verzeichnet seit Jahren einen Schnitt von über 40.000 Zuschauern pro Spiel, bei den Frauen sind es nicht einmal 900!

Hoffnung machen solche Zahlen eigentlich nicht, doch die Hoffnung stirbt eben zuletzt. Und zum Start der neuen Saison gibt es Hoffnung, zum Beispiel auf mehr Aufmerksamkeit. Der Sportsender Eurosport ist auf der Suche nach neuen Übertragungsrechten bei der Frauen-Bundesliga fündig geworden und überträgt für drei Jahre ab sofort an jedem Freitag um 19.30 Uhr das, so der Sender, „Top-Spiel der Woche“. Premiere ist zum Start an diesem Freitag bereits um 18.30 Uhr mit der Partie der „Altmeister“ 1. FFC Frankfurt gegen Turbine Potsdam. Ein Stück Aufmerksamkeit ist also gewiss, zumal die ARD angekündigt hat, dass sie künftig am Samstag in der Sportschau regelmäßig von der Frauen-Bundesliga berichten will. Als Service für die Fans hat die Bundesliga auch feste Anstoßzeiten geschaffen, neben dem Freitagspiel ist dies am Samstag um 13.00 Uhr und Sonntag um 14.00 Uhr. Im Internet berichtet Magenta Sport an jedem Wochenende von zwei Spielen.

Beim Kampf um mehr Anerkennung hoffen die Frauen auch auf die Männer. Auf die starken Männer nämlich von der Bundesliga, denn sie würden sich wünschen, dass sich die Bundesligisten der Männer auch den Frauen annehmen. Beim VfL Wolfsburg, dem führenden Verein der letzten Jahre, ist dies bereits so, der FC Bayern München wurde zuletzt zur zweiten Kraft und auch der SC Freiburg mischt einigermaßen mit. In der Frauen-Bundesliga sind auch Bayer Leverkusen, der 1. FC Köln und die TSG Hoffenheim vertreten, doch in diesen Klubs spielen die Frauen keine große Rolle. Das soll sich künftig bei Eintracht Frankfurt ändern, denn die Hessen wollen nächstes Jahr den 1. FFC Frankfurt übernehmen. Die Frauen wünschen sich als Zugpferd aber noch ein Engagement von Borussia Dortmund und Schalke 04, prominenten Vereinen also, die Aufmerksamkeit bringen würden.

In Europa haben einige Großklubs die Frauen entdeckt. Olympique Lyon ist führend, Paris St. Germain will auch bei den Frauen vorne dabei sein. In England „wildert“ zunehmend Arsenal London bei deutschen Klubs, aber auch Chelsea London will nach oben. In Spanien sind der FC Barcelona und Atletico Madrid vorn dabei, jetzt will auch Real Madrid bei den Frauen angreifen. Das kann dem Frauen-Fußball nur gut tun.

Allerdings kämpft deshalb die deutsche Bundesliga um ihre eigene Attraktivität. So müssen die Abgänge von prominenten Spielerinnen verkraftet werden. Die Bayern verloren zum Beispiel ihre Stammspielerinnen Sara Däbritz (nach Paris), Leonie Maier, Manuela Zinsberger und Jill Roord (alle Arsenal London). Attraktiv ist die Bundesliga aber auch nur dann, wenn sie spannend ist. Doch da gibt es ebenfalls ein Problem, ähnlich wie bei den Männern: Dort der Zweikampf Bayern gegen Dortmund, bei den Frauen Wolfsburg gegen Bayern, die Konkurrenz kann höchstens für einzelne Überraschungen sorgen. Die einstigen Größen Frankfurt und Potsdam sind in die zweite Reihe gerutscht. Wolfsburg setzt trotz der Abgänge von Kapitänin Nilla Fischer (zurück nach Schweden) und Caroline Hansen (Barcelona) auf einen starken Angriff mit den Torjägerinnen Ewa Pajor (Polen) und Pernille Harder (Dänemark) sowie den deutschen Nationalspielerinnen Alexandra Popp und Svenja Huth, die aus Potsdam kam. Die Bayern verloren gleich neun Spielerinnen (u. a. beendete Melanie Berhringer ihre Karriere), präsentieren aber sechs Zugänge, u. a. Torhütertalent Caina Schlüter (Sand), das große Talent Giulia Gwinn (Freiburg), die Nationalspielerinnen Linda Dallmann (Essen) und Carolin Simon (Lyon) sowie in der Abwehr Ali Relay (Neuseeland/Chelsea) und Amanda Ilestedt (Schweden/Potsdam).

Der Vergleich lässt sich auf Bayerns starke Abwehr gegen Wolfsburgs Supersturm verkürzen. Die Wolfsburgerinnen starten am Sonntag gegen Sand, die Bayern-Mädchen müssen am Samstag in Freiburg ran, ein besonderer Vergleich, den vom Schwarzwald kamen viele Spielerinnen nach München (u. a. die neue Kapitänin Melanie Leupolz) und in diesem Jahr auch Trainer Jens Scheuer (40 Jahre). Er beendete die Wörle-Dynastie bei den Bayern, denn auf den Vater folgte Sohn Thomas als Trainer (2010). Er holte 2015 und 2016 den Titel mit den Münchnerinnen, zuletzt schaffte der VfL Wolfsburg den Hattrick. Den direkten Vergleich gibt es erst am 10. Spieltag am 24. November. So wandeln die Frauen auf den Spuren der Männer, es soll das Ende der Dauer-Meister geben. Aber das allein reicht nicht für mehr Aufmerksamkeit und Anerkennung.

Unten ist oben! Zweite Liga erstklassig

Vor einer Woche war an dieser Stelle von der 3. Liga im deutschen Fußball die Rede und davon, dass sie im europäischen Vergleich an der Spitze liegt, was das Interesse angeht. Dies lässt sich auch von der 2. Bundesliga sagen, die am Freitag mit der neuen Saison beginnt. Die zweite Liga ist in Sachen Interesse, heißt Zuschauerschnitt, in Europa erstklassig. Rund 19.000 kamen in der letzten Saison im Schnitt, der Rekord liegt bei 21.580 in der Saison 2016/17. Manchmal kann unten und eben doch oben sein!

In der Tat hat die 2. Bundesliga an Image gewonnen, das liegt daran, dass Traditionsvereine das Unterhaus zwangsläufig „besuchen“ und scheinbar führt das auch dazu, dass das spielerische Niveau steigt. Die Trainer konstatieren, dass die Liga bei Weitem keine „Kampfliga“ mehr sei. Und dennoch sind sich die Favoriten, meist die Bundesliga-Absteiger, einig: „Wir müssen die zweite Liga annehmen“. Das gilt aber vor allem auch psychologisch, nicht dass einer meint, „wir sind eigentlich ein Bundesligist, die zweite Liga gewinnen wir im Vorbeigehen“. Das kann zur Ernüchterung führen, der Bundesliga-Dino Hamburger SV musste es in der letzten Saison erleben. Er blieb auf der Strecke, neben dem Rückkehrer 1. FC Köln machten der SC Paderborn und Union Berlin das Rennen. Sie sind jetzt oben.

Die Bundesliga-Absteiger VfB Stuttgart, Hannover 96 und 1. FC Nürnberg gehören neben dem Hamburger SV also zum Favoritenkreis und möchten schnellstmöglich wieder zurück. Gleichzeitig steigern sie natürlich die Attraktivität der 2. Bundesliga, die ja mit Dynamo Dresden, dem FC St. Pauli und Aufsteiger Karlsruher SC weitere klangvolle Namen zu bieten hat. Nur sechs Vereine des 18er-Feldes haben noch keine Bundesliga-Luft geschnuppert. Also auch da ist die zweite Liga fast erstklassig.

Auffallend ist, dass sich im Unterhaus wie im Oberhaus das Trainerkarussell kräftig drehte. Sieben neue Trainer gibt es oben, sechs sind es auch in der 2. Bundesliga. Bezeichnend, alle großen Favoriten probieren es mit neuen Coaches. Die Neuen sind Tim Walter (Stuttgart), Mirko Slomka (Hannover), Damir Canadi (Nürnberg) und Dieter Hecking (Hamburg), außerdem Mersad Selimbegovic (Regensburg) und Andre Schubert (Kiel). Einer der Erstgenannten vier wird also in die Röhre schauen, wobei einige schon vorsichtig sagen, wir wollen nach oben, muss aber nicht gleich in diesem Jahr sein. Ein „Muss“ ist es wohl beim Hamburger SV, schließlich ist es der zweite Anlauf, die größten Erwartungen gibt es darüber hinaus wohl in Stuttgart. Der Start hat es gleich in sich mit dem Duell Stuttgart – Hannover. Wer ist besser gerüstet?

Das sind die 18 Teams: VfB Stuttgart, Hannover 96, 1. FC Nürnberg, Hamburger SV, FC Heidenheim, Holstein Kiel, Arminia Bielefeld, Jahn Regensburg, FC St. Pauli, Darmstadt 98, VfL Bochum, Dynamo Dresden, Greuther Fürth, Erzgebirge Aue, SV Sandhausen, VfL Osnabrück, Karlsruher SC, Sv Wehen Wiesbaden.

Bundesliga-PR von Bayern und Dortmund

Im Oberhaus tummeln sich die Favoriten im internationalen Geschehen. Bayern München und Borussia Dortmund weilten beide in den USA auf Werbetour, wobei diesmal allerdings nur die Münchner am Champions Cup teilnahmen. Aber beide sorgten für beste PR für die Bundesliga. Die Dortmunder besiegten Ex-Trainer Jürgen Klopp mit Champions-League-Sieger FC Liverpool mit 3:2 und die Bayern verwiesen nach einem 1:2 gegen Arsenal London den alten Rivalen Real Madrid mit 3:1 in die Schranken. Eine Wohltat für beide Teams und Lob gab es obendrein. So urteilte Jürgen Klopp über Dortmunds Leistung „eindrucksvoll“ und Reals Trainer Zinedine Zidane nahm die Münchner wieder in den Kreis der Favoriten für die Champions League auf: „Sie haben ein Team, das den Titel gewinnen kann“. Dortmund hat sich bekanntlich spektakulär verstärkt, die Bayern halten mit einem etablierten Team dagegen: „Uns muss man erst mal schlagen.“ Und wenn es keine Neuzugänge gibt, dann bleiben halt die eigentlich erwarteten Abgänge: Renato Sanches will sich endgültig bei den Bayern durchsetzen, Jerome Boateng warb mit starken Leistungen für sich, nach dem Motto „geht doch“. Bei ihm ist das letzte Wort allerdings noch nicht gesprochen. Das erste Duell zwischen Dortmund und Bayern wird schon sehnsüchtig erwartet, es ist der Supercup am 3. August. In der Bundesliga muss man noch bis zum Wochenende 9./10. November warten.

Übrigens zeigt sich bei beiden Vereinen wieder einmal der Unterschied: Da der Glamour-Klub Bayern, der bei Hollywood-Star Arnold Schwarzenegger in Los Angeles zum Grillen eingeladen war (unter den Gästen auch Sylvester Stallone und Dolph Lundgren, Star-Koch Alfons Schuhbeck sorgte mit Kaiserschmarrn für die Nachspeise) und die NASA besuchte, passend zum erhofften weiteren Höhenflug. Der bodenständige Verein aus dem Ruhrpott gönnte sich als Abwechslung einen Besuch in einem Burger-Restaurant.

Während sich 17 Bundesligisten noch auf die neue Saison vorbereiten, wartet auf einen Verein schon der Ernstfall, Eintracht Frankfurt muss bereits in der 2. Qualifikationsrunde der Europa League ran (25. Juli/1. August). Gegner ist Flora Tallinn, Tabellenführer in Estland, das sich mit 2:0, 2:2 gegen den eigentlich favorisierten serbischen Vizemeister Radnicki Nis durchsetzen konnte. Kann Tallinn zum Stolperstein werden? Beobachter glauben nicht, das spielerische Niveau sei überschaubar gewesen. Die Hessen wollen die Europa-Euphorie des letzten Jahres wiederholen und haben sich im Rahmen der Saison-Vorbereitung bestmöglich in Form gebracht, doch rund um die Mannschaft gibt es noch Fragezeichen. Die Torjäger Jovic und Haller haben sich bekanntlich verabschiedet, um Torhüter Kevin Trapp gibt es mit Paris noch eine Hängepartie. So ist der Däne Frederik Rönnow die Nummer 1. Er kann also Werbung für sich betreiben. Sollte sich Frankfurt für die Europa League qualifizieren und auch im DFB-Pokal erfolgreich sein, warten auf die Mannschaft bis Weihnachten 31 Spiele! „Müde Weihnachten“ wären dann wohl auch „frohe Weihnachten“.

Das ist ja irre: FIFA verkauft den Fußball

„Sind die alle irre geworden“, das sagte ein Freund mit einem Blick auf das Geschehen im Fußball in der vergangenen Woche. In der Tat könnte man meinen, die Fußball-Welt ist ein durcheinander geraten und wird auch noch von einem Präsidenten, der den Irrsinn als tolle Zukunft propagiert, regiert. Denn das ist ja wirklich irre: Die FIFA verkauft den Fußball.

Als Gianni Infantino das Amt des FIFA-Präsidenten von Joseph Blatter übernommen hat, um den Fußball-Weltverband nach Misswirtschaft und Korruption wieder in eine bessere, vor allem auch anständige Zukunft zu führen, da hatte der Sport-Grantler schon damals seine Zweifel. Es ist nichts besser geworden, eher schlechter. Der Fußball spielt beim Schweizer nicht die Hauptrolle, sondern das Geld. Man stelle sich vor: Der Fußball, der vom Verband geschützt werden soll, wird gewinnbringend verkauft! Im Mittelpunkt ein Angebot von 25 Milliarden, von dem Infantino nicht sagt, wer dahinter steckt. Aber die FIFA soll im Sinne dieser dubiosen Geldgeber entscheiden und Rechte abgeben. Und die nationalen Verbände machen mit, vor allem die kleinen Verbände, die teilweise nicht mal einen geregelten Spielbetrieb haben, aber kassieren und Infantino ihre Stimme geben. Infantino der Verkäufer.

Nach dem FIFA-Council in Miami ist Gianni Infantino seinen Zielen einen Schritt weitergekommen. Die umstrittene Klub-Weltmeisterschaft wird vom 21. Juni bis 4. Juli 2021 mit 24 Mannschaften stattfinden. Die ECA, die Vertretung der europäischen Klubs, hatte vorher dagegen protestiert („Kein europäischer Spitzenklub wird daran teilnehmen“), aber die Front bröckelt, Real Madrid und Bayern München zum Beispiel hatten unterschrieben, zeigen aber Interesse. Zugegeben, das alte Format war nicht attraktiv, aber das neue ist es auch nicht, doch es bringt Geld. „Her mit der WM“, jubiliert Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge fordert: „Die Ausschüttung soll an die Verbände gehen, das geht nicht, das muss an die Vereine gehen.“ Kasse ist wichtig, dabei raubt der Termin den Spielern den Sommer-Urlaub – oder wird der Ligen-Beginn wegen ein paar Spitzenklubs verschoben? Wir wissen: Geld vernebelt den Verstand. Außerdem: Eine Klub-WM wird nie die Begeisterung wie die richtige WM wecken, die Mehrheit eines Landes steht nur hinter der Nationalmannschaft.

Um Geld und Stimmen geht es auch bei Infantinos Ziel, bereits die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar mit 48 statt 32 Nationen stattfinden zu lassen. Generell hat er freie Fahrt bekommen, wenn sich Co-Gastgeber finden lassen. Eine Studie hat die Machbarkeit bestätigt, allerdings heißt es, dass diese Studie von der FIFA „gefärbt“ sei. Auch hier spielt allein das Geld eine Rolle, nicht der Sport, denn die Qualität sinkt und die Qualifikation verliert an Bedeutung und Spannung. Verbände und Vereine werden reich, aber die Fans sind arm dran. Der Fußball schaufelt sich mit Dollars sein eigenes Grab.

Beben in der Champions League

Dabei wäre der Fußball sportlich doch so interessant. Zum Beispiel auf Europas Bühnen. In der Champions League gab es buchstäblich ein Beben. Real Madrid raus, Paris St. Germain raus, Bayern München raus – das ist ja irre. Real wurde von den forschen Youngstern von Ajax Amsterdam mit 4:1 buchstäblich überrollt und befand sich kurz im Schockzustand, bis Präsident Perez Erfolgstrainer Zinedine Zidane erneut als Trainer präsentierte. Der Franzose soll Real auf den Erfolgsweg zurückbringen, was in der Meisterschaft schon klappte. Doch Titel kann er erst im nächsten Jahr gewinnen. Er war so klug, nach den größten Triumphen zurück zu treten, ob es jetzt klug ist, das Amt wieder zu übernehmen?

Die Trainer in Paris und München stehen nicht zur Debatte, Thomas Tuchel soll sogar seinen Vertrag verlängern, während in München an Niko Kovac ein bisschen gezweifelt wird. Ist er der richtige Mann für den Neuaufbau bei den Bayern? Die wirkten beim 1:3 gegen den FC Liverpool erstaunlich zahm und vor allem mutlos, kein Zeichen von „mia san mia“, dem sonstigen Wahlspruch. Das 6:0 gegen Mainz am Wochenende machte deutlich: Champions League und Bundesliga sind auch für die Bayern zwei Paar Stiefel, von den besten Klubs in Europa ist Deutschlands Spitze immer weiter entfernt und wird mangels Geld (schon wieder das Geld!) so schnell nicht aufschließen können. Die Bundesliga blamierte sich, bezeichnend das 0:7 von Schalke bei Manchester City und kein Tor von Dortmund gegen Tottenham. Erstmals seit 2006 ist die Bundesliga im Viertelfinale nicht vertreten. Dort spielen am 9./10. und 16./17. April Tottenham – Manchester City, Liverpool – Porto, Manchester United – FC Barcelona und Amsterdam – Juventus Turin.

Die Ehre der Bundesliga rettete Eintracht Frankfurt mit einem überzeugenden 1:0-Sieg bei Inter Mailand und dem Einzug ins Achtelfinale der Europa League. Dort ist Benfica Lissabon der nächste Gegner, was machbar erscheint, allerdings gab es in 48 Duellen von deutschen Klubs mit den Portugiesen nur 14 Siege. Immerhin, in der UEFA-Ranglist ist der wichtige vierte Rang für die Bundesliga nicht in Gefahr.

Die falsche Null von Huub Stevens

Es war ein Akt der Verzweiflung von Schalke O4, als der neue Sportvorstand Jochen Schneider den alten Recken Huub Stevens („Ich mache das aus Liebe zum Verein“) zusammen mit Mike Büskens als Co-Trainer als Nachfolger des entlassenen Domenico Tedesco präsentierte. Ist das irre? Das alte Motto von Stevens’ (Die Null muss stehen) kam gleich wieder zum Tragen, doch es war die falsche Null, Schalke unterlag Leipzig mit 0:1. Positiv: Der Kampfgeist wurde wiederbelebt. Die Bayern freuten sich, dass es wieder Bundesliga gab (siehe oben) und bauten den Vorsprung nach Toren gegenüber Dortmund aus. Aber die Borussia tat auch etwas für das Selbstbewusstsein mit dem 3:2 bei Hertha in der Nachspielzeit trotz Verletzungssorgen. So kann es also doch noch etwas mit der Meisterschaft werden. Alles wartet auf das direkte Duell am 6. April.

Eine Vorentscheidung im Abstiegskampf durch den 3:1-Sieg des FC Augsburg gegen Hannover. Nur ein Wunder kann Nürnberg, 20 Spiele ohne Sieg, und Hannover noch retten. Der FCA ging sogar an Schalke vorbei, Stuttgart wertet das 1:1 gegen Hoffenheim als positiv und hat mit dem Schweizer Steven Zuber einen neuen Star. Der feierte sogar seinen Tor-Erfolg gegen den eigenen Verein und die Fans, da er ja noch Hoffenheim gehört. Er verstieß damit gegen den unausgesprochenen Ethikcode, doch fühlt er sich halt ganz als Stuttgarter. Die Brisanz im Abstiegskampf bleibt erhalten, nach der Länderspielpause trifft Hannover auf Schalke und Augsburg kann in Nürnberg den Klassenerhalt fast perfekt machen.

Jetzt muss Jogi Löw liefern

Auf dem Irrweg befindet sich womöglich auch Bundestrainer Joachim Löw. Mit der Ausmusterung der Bayern-Stars Boateng, Hummels und Müller hat er sich selbst unter Druck gesetzt, jetzt muss er liefern. Vor den Länderspielen gegen Serbien am Mittwoch in Wolfsburg und den Niederlande am Sonntag in Amsterdam hat er sich selbst unter Druck gesetzt. Wenn die EM-Qualifikation mit einer Niederlage beginnt, werden die Kritiker laut werden. Vor allem, wenn es Abwehrfehler gibt. Löw will mehr Tempo und betont, „es war unerlässlich, etwas zu ändern“. Ob zum Beispiel Toni Kroos zum schnellen Spiel passt? Bezeichnend, dass vor dem Besuch in München oberste Geheimhaltung herrschte und nicht einmal der DFB-Präsident eingeweiht wurde. Löw weiß wohl, dass Reinhard Grindel gern plaudert…

Mit drei Neulingen (Klostermann, Stark, M. Eggestein) beginnt Löw die neue Zukunft, hoffentlich gibt es keinen Rückfall in alte Fehler, Das wäre ja dann wirklich irre.

Jogi Löw blickt ohne Weitsicht in die Zukunft

„Das Thema“ im deutschen Fußball ist nach wie vor die Ausbootung von drei Weltmeistern für die Nationalmannschaft von Joachim Löw. Der Bundestrainer überraschte mit der Absage an die Bayern-Stars Thomas Müller, Mats Hummels und Jerome Boateng die gesamte Fußball-Welt, sorgte für Erstaunen, aber auch für Kopfschütteln. Einmal für diese kurz vor der nächsten Kader-Nominierung in dieser Woche offensichtlich überstürzte Entscheidung, zum anderen aber auch für die Endgültigkeit, die er nach außen von sich gibt. Was ist da hinter den Kulissen wirklich passiert? Löw will auf junge, schnelle Spieler setzen und hat die „Alten“, die eigentlich mit 30 gerade im besten Fußball-Alter sind, vor die Tür gesetzt. Alt ist eher Jogi Löw selbst mit 59 Jahren. Das Problem: Jogi Löw blickt ohne Weitsicht in die Zukunft.

Der Bundestrainer war offensichtlich schlecht beraten, er hätte sich eine Hintertür offen lassen sollen, dann würde er in den kommenden Aufgaben nicht so unter Druck stehen. Jetzt muss Jogi Löw bzw. sein Team in den kommenden Spielen, vor allem in der EM-Qualifikation beweisen, dass er die richtige Entscheidung getroffen hat. Mit Argusaugen werden auch die Leistungen der drei Bayern-Spieler beobachtet und typisch war schon die Schlagzeile einer Sonntagszeitung: „Guck mal, Jogi! Müller trifft!“ Müller, Hummels und Boateng zeigten beim 6:0 gegen Wolfsburg das, was sich Bayern-Trainer Niko Kovac versprochen hat: „Sie werden eine Trotzreaktion zeigen, beweisen wollen, was sie können, Bayern wird davon eher profitieren.“ Macht Löw die Bayern zum Meister?

Der bessere und diplomatischere Weg für den Bundestrainer wäre gewesen, wenn er vorsichtiger mit der Zukunftsplanung umgegangen wäre. Er hätte allen dreien die Tür offen halten müssen, denn er kann auf sie, wenn sie in Bestform sind, eigentlich nicht verzichten. Sind denn Süle, Ginter, Tah oder Rüdiger in der Abwehr wirklich besser? Warum hat er zum Beispiel nicht Boateng (zuletzt verletzt) nur diesmal nicht nominiert (ohne Absage für die Zukunft), Hummels vielleicht im Kader gelassen (er hat z. B. in Liverpool gezeigt, was er kann) und Müller als Alternative zu den jungen, schnellen Stürmern Gnabry, Sane und Werner in der Hinterhand gehalten. Wenn die nämlich gegen eine starke Abwehr nicht ankommen, dann könnte immer noch Müller mit seinem Torriecher und der unkonventionellen Spielweise helfen. Joachim Löw hat sich ohne Not in eine schlechte Position gebracht. Aber er hat die Nationalmannschaft natürlich ins Gespräch gebracht, erhöhte Aufmerksamkeit für die Kader-Benennung, gesteigertes Interesse am Freundschaftsspiel gegen Serbien am 20. März und das erste EM-Qualifikationsspiel gegen die Niederlande am 24. März.

Bayern und Dortmund – beide auf ihrem Platz

In der Bundesliga herrschen wieder geordnete Verhältnisse, die Bayern und Dortmund befinden sich wieder auf ihrem angestammten Platz. Das hätte vor kurzem noch keiner gedacht, dass die Aufholjagd der Bayern nach neun Punkten Rückstand gegenüber der Borussia so schnell erfolgreich sein könnte. Aber entschieden ist die Meister-Jagd natürlich noch nicht, doch die Äußerungen sind deutliche Zeichen für die Zukunft. Die Bayern glaubten nach Beendigung der Herbstkrise immer an ihre Chance und demonstrieren jetzt mit ihrer Leistung, die alten Bayern sind wieder da. Trainer Niko Kovac kann sich dabei als einer der Gewinner fühlen. Andererseits scheint es, als wären die Dortmunder froh, dass sie nicht mehr die Gejagten sind. Sie bekamen das große Zittern und hören sich jetzt plötzlich selbstbewusster an in der bekannten Rolle des Jägers: „Das hat noch nichts zu sagen“, machte sich Borussia-Kapitän Marco Reus auf Platz zwei selbst Mut. Fehlen ja auch nur zwei Tore. Alles schaut auf das große Duell am 6. April in München.

Im Abstiegskampf versuchen es die fünf Kandidaten vor allem mit Kampfgeist und Defensivtaktik. Notfalls mit einer Quittung für die Spieler, nur wer kämpft, darf spielen. Am erfolgreichsten ist dabei der FC Augsburg, der nach seinem Sieg gegen Dortmund nun auch CL-Anwärter Leipzig einen Punkt abtrotzte. Stuttgart versuchte ähnliches in Dortmund, wo Trainer Lucien Favre klagte, „die haben einen Bus vor dem Tor geparkt“. Am Ende durfte er sich doch freuen, weil seine Mannen den Riegel knackten. Ähnliches bei Schalke, Hannover und Nürnberg, mit Pech schrammten sie gegen Bremen, Leverkusen und Hoffenheim an Punktgewinnen vorbei. Nichts Neues also, auch in Sachen Konsequenzen, so arbeiten die Trainer Tedesco, Weinzierl und wohl auch Baum von Woche zu Woche unter Bewährung. Von besonderer Brisanz dabei das Duell Augsburg – Hannover am Samstag, der FCA könnte mit einem Sieg Hannover in den Abgrund stürzen. Dort hat ja sogar Vereinsboss Martin Kind erkannt, „die Mannschaft ist kaputt“. Der Boss selbst und Manager Horst Heldt sind dabei die Hauptschuldigen.

Wachablösung in der Champions League

In der Champions League (CL) steht die zweite Woche des Achtelfinals an, doch die Wachablösung hat bereits stattgefunden. Mit Paukenschlägen wurde das Achtelfinale eröffnet, vor allem Ajax Amsterdam verzauberte und erstaunte die Fußball-Welt. Wenn Joachim Löw von den jungen Wilden träumt, dann hat sie Ajax bereits und die spielten Titelverteidiger Real Madrid buchstäblich an die Wand. Ajax träumt von alten Zeiten, bei Real sind die guten Zeiten vorbei, in der Saison verspielten die „Königlichen“ alles, Champions League, Meisterschaft und nationalen Pokal. Trainer Zinedine Zidane wusste offensichtlich, warum er gegangen ist. Das zweite Desaster erlebte Paris St. Germain, das nach einem 2:0 im Hinspiel nun gegen Manchester United in Paris eine 1:3-Pleite erlebte. Dabei trat Manchester so ungefähr mit einer Notelf an. Peinlich für Thomas Tuchel und Co. Keine Ehre für die Bundesliga legte auch Borussia Dortmund ein, das gegen Tottenham beim 0:3 und 0:1 nicht einmal einen Treffer zustande brachte. Englands Team sind auf dem Vormarsch.

Manchester City wird wohl gegen das gebeutelte Schalke nach dem 3:2 im Hinspiel der nächste Klub der Premier League sein, der im Viertelfinale vertreten ist. Ja, und dann fehlt nur noch der FC Liverpool. Wird er wirklich fehlen? Bayern München stellt die letzte Hürde da und der Vergleich hat quasi an Bedeutung noch einmal zugelegt. Beide Klubs gewannen ihre Generalprobe, die Bayern überzeugten beim 0:0 im Hinspiel mit großem Kampfgeist, doch jetzt ist auch Spielkunst gefragt. Kimmich und Müller sind gesperrt, dagegen kann Trainer Jürgen Klopp auf Abwehrchef Virgil van Dijk, der mit seiner Kopfballstärke auch eine Gefahr für das Bayern-Tor ist, zurückgreifen. Ein 0:0 wird es kaum noch einmal geben, was bedeutet, dass die Bayern wohl sogar mehr als einen Treffer erzielen müssen. Die Bayern hoffen wieder auf Alaba und Coman und den Schwung als Tabellenführer. Die Frage wird sein: Wer hat die bessere Tagesform? Schade für die Fußball-Fans, dass die CL im Pay-TV verschwunden ist. Hoffentlich gibt es bei den nächsten Verhandlungen über die Fernsehverträge ein Umdenken der Verantwortlichen.

Bundesliga: Jahres-Endspurt, aber der Meister steht schon fest

Es ist am Sonntag erst Halbzeit, aber die wichtigste Entscheidung in der Fußball-Bundesliga ist bereits gefallen: Die Fans von Borussia Dortmund haben es hinausgeschrien – „Meister wird nur der BVB“. Die Statistiker bestätigen ihre Einschätzung: In 38 von 55 Fällen gewann der Herbst- bzw. Weihnachtsmeister am Ende auch den Titel und speziell die Borussen taten etwas für diese Statistik, weil sie nämlich in den Jahren ihrer Herbstmeisterschaft 1994/95, 95/96 und 2010/11 am Ende auch den Titel feierten. Also alles klar!

Die Bayern werden natürlich gegen das von der Statistik vorhergesagte Schicksal ankämpfen. Bisher haben sie um diese Zeit abgewehrt, wenn sie die Bundesliga ähnlich klar beherrschten wie derzeit Dortmund und schon als Meister ausgerufen wurden, wobei Präsident Uli Hoeneß eines der am meisten wiedergegebenen Zitate prägte: „Der Weihnachtsmann war noch nie der Osterhase.“ Außer vielleicht in der Schokoladen-Industrie. Was Hoeneß sagen wollte: Ein Vorsprung, und sei er noch so groß, kann noch verspielt werden. Das glaubt der Meister der letzten sechs Jahre diesmal besonders fest, weil er sich mit neun Punkten Rückstand in der Verfolgerrolle sieht. Die Münchner sind auch wieder ins Rollen gekommen, doch der Tabellenführer zeigt keine Schwächen. Und ohne Leistungseinbruch der Borussia bringen alle Siege den Bayern den Titel nicht mehr.

Auch für den Jahres-Endspurt sieht es nicht nach einer Schwächephase aus, Dortmund muss bei Aufsteiger Düsseldorf antreten und hat im letzten Hinrundenspiel am Freitag die lädierte Borussia aus Mönchengladbach zu Gast. Eigentlich ein Spitzenspiel, mit dem das ZDF in einer von drei Live-Übertragungen der Bundesliga Zuschauer gewinnen will, doch den Gladbachern gehen die Spieler aus. Jetzt erwischte es auch noch die Mannschaftsstützen Raffael und Stindl, Trainer Dieter Hecking ist der Verzweiflung nahe, aber Gladbach noch Zweiter. Den Platz wollen zur Jahreswechsel die Bayern belegen, doch sie haben hohe Hürden zu meistern: Leipzig und Frankfurt sind die Gegner, zwei Teams, die auch auf die Plätze für die Champions League schielen und die mit schnellem Umschaltspiel den Münchnern Probleme bereiten können. Insofern ein guter Test, ob der Titelverteidiger wirklich als ernsthafter Konkurrent von Dortmund in die Rückrunde (ab 18. Januar) gehen kann. Unabhängig davon, dass der Meister ja schon feststeht…

Etwas unverständlich ist, dass die DFL keine andere Terminplanung erarbeiten konnte, um einen Spieltag unmittelbar vor Weihnachten zu verhindern. Das am Tag vor dem Heiligen Abend noch um 18.00 Uhr gespielt wird (Hoffenheim – Mainz) ist weder für die Fans noch für die Spieler glücklich. Wieder ein Beispiel dafür, dass der Fußball auf die Fans zu wenig Rücksicht nimmt. Der Spieltag hätte im Laufe der Vorrunde früher einmal unter die Woche eingeschoben werden können, was allerdings den Fans auch nicht so gefällt, doch der Tag vor Weihnachten ist schon extrem schlecht. Ausländische Spieler, die auch Weihnachten feiern wollen, klagen und kommen zum Teil nicht rechtzeitig bei ihren Familien an.

So fragen wir uns, wer dann wirklich fröhliche Weihnachten feiern darf. Für Spannung ist ja gesorgt, vielleicht weniger an der Spitze (wie in den letzten Jahren schon durch die Bayern), umso mehr aber am Tabellenende. Da muckten Düsseldorf und Stuttgart auf, schickten Nürnberg und Hannover auf die Abstiegsplätze und zogen Augsburg und Schalke, die sich beim 1:1 die Punkten teilten, was keinem half, mit in den Strudel hinein. Nur wer in dieser Woche noch Punkte sammelt, wird zum Jahreswechsel zufrieden sein. Bei den anderen sehen fröhliche Weihnachten wohl anders aus. Beim Wunschzettel für das Christkind werden bei einigen Klubs Punkte wohl an erster Stelle stehen.

Bundesliga gegen Premier League

Andere Wünsche als die gezogenen Lose hatten wohl die Bundesligisten bei der Auslosung des Achtelfinales der Champions League (CL). Die „arme“ Bundesliga duelliert sich mit der „reichen“ Premier League. Im Mittelpunkt dabei vor allem das Duell des FC Bayern München mit Jürgen Klopps FC Liverpool, derzeit Tabellenführer in England. Da hatten sich die Bayern als Gruppensieger eigentlich einen leichteren Gegner gewünscht. Liverpool wollte keiner der Gruppensieger. Ist halt noch nicht Weihnachten. Klopp hätte ja eher zu Dortmund gepasst, doch die Borussia trifft auf Tottenham, zwar ein schweres Los, aber das leichteste der drei Bundesligisten. Schalke 04 darf sich auf die Rückkehr von Leroy Sane freuen und auf ein Wiedersehen mit Pep Guardiola, sich aber gegen Manchester City nichts ausrechnen. Bisher lag die Bundesliga im europäischen Abschneiden über dem Soll, den Aufwind zu bestätigen wird schwer. Vielleicht hilft ein Brief ans Christkind…

Das Achtelfinale der CL zieht sich wieder wie Kaugummi über einen Monat hin, gespielt wird vom 12. Februar bis 13. März. Das Achtelfinale ist aber auch ein Beispiel dafür, wie eine europäische Liga aussehen könnte, die ja immer wieder ins Gespräch wird. Aber diese Vergleichen zeigen doch auch, mit der Champions League ist der Fußball gut bedient. Auch Spiele wie Atletico Madrid gegen Juventus Turin (Rückkehr von Cristiano Ronaldo nach Madrid, wenn auch Atletico) und Manchester United gegen Paris St. Germain mit dem Trainer-Duell Mourinho gegen Tuchel elektrisieren in ganz Europa. Glücklich mit ihren Gegner werden die anderen spanischen Klubs sein, Titelverteidiger Real Madrid bekommt es mit Ajax Amsterdam zu tun und der FC Barcelona trifft auf Olympique Lyon. Mit AS Rom und dem FC Porto (Achtung: Das punktbeste Team der Gruppenphase!) treffen zwei Außenseiter aufeinander. Als der AS Rom seinen Gegner suchte, griff der Spanier Luis Garcia zur falschen Kugel, nämlich nur Porto und die Bayern standen zur Debatte. So eng liegen Glück und Pech beieinander, es gab also keine Dusel-Bayern. Vielleicht kommt es im Spiel zurück. Mut darf den Bayern machen, dass Liverpool Probleme in der Gruppenphase hatte und alle drei Auswärtsspiele verlor. Aber umsonst ist man auch nicht Tabellenführer in England.

In der Europa League haben die letzten zwei deutschen Vertreter keine ganz schweren Lose erwischt. Bayer Leverkusen sollte sich gegen den russischen Vertreter FK Krasnodar durchsetzen können, Eintracht Frankfurt hat es gegen Schachtar Donezk sicherlich schwerer, kann sich aber Tipps in Hoffenheim holen. Die Nagelsmann-Jungs sahen sich eigentlich als bessere Mannschaft, schieden aber aus, wurden in ihrer CL-Gruppe nach einem 2:2 und 2:3 gegen die Ukrainer Letzter. Die Eintracht setzt auf Zwietracht und will weiterkommen. Zunächst aber frohe Weihnachten für alle.

Real, Barcelona, Bayern: Die Krise der Großen

Fußball-Deutschland rätselt über die Schwäche des FC Bayern, die urplötzlich die Bundesliga auch an der Spitze wieder interessant machte. Was ist los mit dem Rekordmeister, der zuletzt sechsmal hintereinander den Titel gewann und ein Ende der Erfolgsserie eigentlich nicht in Sicht war? Und jetzt plötzlich der Absturz, quasi von Hundert auf Null. Aber die Münchner stehen nicht alleine da, vor allem in Spanien reiben sich die Fans ebenfalls die Augen. Tabellenführer dort ist der FC Sevilla, nicht der FC Barcelona und schon gar nicht Real Madrid. Der Fußball rätselt über die Krise der Großen.

Die Diskussionen sind passend, denn in dieser Woche stehen auch die europäischen Wettbewerbe an. Für den einen oder anderen Verein eine willkommene Gelegenheit, aus der Tristesse der nationalen Wettbewerbe wieder ein bisschen in die Sonne zu treten. Zum Beispiel für die Bayern, die mit einem Sieg über Benfica Lissabon den Einzug in die nächste Runde perfekt machen könnten. Allerdings wäre damit der Trainerstuhl von Niko Kovac noch nicht gesichert, aber die nächste Bewährungschance am Samstag in Bremen dürfte er wohl absolvieren. Bei einem erneuten Reinfall wäre wohl die kürzeste Trainer-Ära aller Zeiten bei den Bayern vorbei.

Allerdings stellt sich schon die Frage, welcher Trainer aus den Versagern wieder Meister machen könnte. Jupp Heynckes wird nicht noch einmal aus dem Ruhestand zurückkehren. Ein Name geistert jedoch durch die Gerüchteküche: Arsene Wenger, 69-Jähriger Franzose, früher oft auf der Wunschliste der Münchner, aber von 1996 bis 2018 Arsenal London treu geblieben. Der Elsässer war bei Arsenal lange erfolgreich, am Ende war er jedoch ohne Fortune. Wenger will sich noch nicht aufs Altenteil zurückziehen und außerdem erfüllt er ein wichtiges Bayern-Kriterium: Er spricht neben französisch zudem deutsch, aber auch englisch und ein wenig italienisch, spanisch und sogar japanisch. Multi-Kulti, so wie es in den Mannschaften heutzutage auch zugeht. Kann die Bundesliga ihn reizen? Die Bayern als Verein sollten schon reizvoll sein.

Die Konkurrenz an der Bundesliga-Spitze ist vorsichtig und fürchtet nach wie vor ein Comeback der Bayern, die wie ein Dampfwalze die Konkurrenz noch einmal platt machen könnte, schließlich sind neun Punkte Rückstand nicht so viel, wenn man die 20 und mehr Punkte Vorsprung in den letzten Jahren ansieht. Aber aktuell spielt die Konkurrenz den besseren Fußball und ist glücklicher. So biegt Dortmund Rückstände um, ist Meister der 2. Halbzeit (Bayern Sechster), während Bayern eher in der 1. Halbzeit vorlegt und im ganzen Gegensatz zu früher am Ende noch die Siege aus den Händen gibt. Erster Dortmund-Verfolger bleibt Gladbach, spielt leichtfüßigen und schnellen Fußball, die Bayern im Gegensatz dazu schwerfällig. Eintracht Frankfurt lebt vom neuen „magischen Dreieck“ mit Jovic, Rebic und Haller, bewegliche Stürmer, die sich durchsetzen können, das Gegenteil zu Lewandowski, Ribery oder Robben. Zudem wurde bei Bayern aus dem selbstbewussten „mia san mia“ ein „wer san mia?“ Sie rätseln selbst und finden keinen Weg zu besseren Leistungen. Niko Kovac zaudert, Änderungen stehen bei ihm nicht oben an.

Die Krise der Bayern, die ihre letzten vier Heimspiele nicht gewinnen konnten, ist Teil der Krise der Großen. Real Madrid hat schon zum Trainerwechsel gegriffen und erneut einem Trainer aus der zweiten Reihe eine Chance gegeben. Mit dem Coach der zweiten Mannschaft sollte es wieder aufwärts gehen, Santiago Solari sich auf den Spuren von Zinedine Zidane, der einst auch von der 2. Mannschaft kam, bewegen. Nach ersten Erfolgen erhielt er einen Vertrag – und verlor prompt jetzt beim Provinzklub Eibar mit 0:3. Aber Real steht in Spanien nicht allein, auch der FC Barcelona spielt, egal ob mit oder ohne Messi, holprigen Fußball. Das Resultat: Der Tabellenführer heißt FC Sevilla, hält den Platz an der Sonne mit 26 Punkten vor Barcelona (25) und Atletico Madrid (24). Real ist nur Sechster (20) und käme aktuell gerade mal in die Qualifikation zur Europa League.

Könnte die Krise der Spitzenklubs auch auf die anderen Ligen in Europa überschwappen? National muss sich zum Beispiel Thomas Tuchel mit Paris St. Germain keine Sorgen machen, aber international hängt die Zukunft am seidenen Faden. Das Problem: Die Stars Neymar und Cavani sind sich nicht grün, immer wieder flammt der Streit auf. Keine Erfolgsbasis. In England steht der Kampf um die Meisterschaft im Vordergrund und könnte die Kraft rauben, die in der Champions League dann fehlt. Manchester City kämpft um die Titelverteidigung, der FC Liverpool will endlich wieder Meister werden, bei der Titelvergabe wollen aber auch die Londoner Klubs Tottenham, Chelsea und Arsenal mitsprechen. Von Krise (vorerst?) keine Spur, ebenso wie in Italien bei Juventus Turin. Es muss ja auch Große ohne Sorgen geben.