Jogi Löw blickt ohne Weitsicht in die Zukunft
von knospepeter
„Das Thema“ im deutschen Fußball ist nach wie vor die Ausbootung von drei Weltmeistern für die Nationalmannschaft von Joachim Löw. Der Bundestrainer überraschte mit der Absage an die Bayern-Stars Thomas Müller, Mats Hummels und Jerome Boateng die gesamte Fußball-Welt, sorgte für Erstaunen, aber auch für Kopfschütteln. Einmal für diese kurz vor der nächsten Kader-Nominierung in dieser Woche offensichtlich überstürzte Entscheidung, zum anderen aber auch für die Endgültigkeit, die er nach außen von sich gibt. Was ist da hinter den Kulissen wirklich passiert? Löw will auf junge, schnelle Spieler setzen und hat die „Alten“, die eigentlich mit 30 gerade im besten Fußball-Alter sind, vor die Tür gesetzt. Alt ist eher Jogi Löw selbst mit 59 Jahren. Das Problem: Jogi Löw blickt ohne Weitsicht in die Zukunft.
Der Bundestrainer war offensichtlich schlecht beraten, er hätte sich eine Hintertür offen lassen sollen, dann würde er in den kommenden Aufgaben nicht so unter Druck stehen. Jetzt muss Jogi Löw bzw. sein Team in den kommenden Spielen, vor allem in der EM-Qualifikation beweisen, dass er die richtige Entscheidung getroffen hat. Mit Argusaugen werden auch die Leistungen der drei Bayern-Spieler beobachtet und typisch war schon die Schlagzeile einer Sonntagszeitung: „Guck mal, Jogi! Müller trifft!“ Müller, Hummels und Boateng zeigten beim 6:0 gegen Wolfsburg das, was sich Bayern-Trainer Niko Kovac versprochen hat: „Sie werden eine Trotzreaktion zeigen, beweisen wollen, was sie können, Bayern wird davon eher profitieren.“ Macht Löw die Bayern zum Meister?
Der bessere und diplomatischere Weg für den Bundestrainer wäre gewesen, wenn er vorsichtiger mit der Zukunftsplanung umgegangen wäre. Er hätte allen dreien die Tür offen halten müssen, denn er kann auf sie, wenn sie in Bestform sind, eigentlich nicht verzichten. Sind denn Süle, Ginter, Tah oder Rüdiger in der Abwehr wirklich besser? Warum hat er zum Beispiel nicht Boateng (zuletzt verletzt) nur diesmal nicht nominiert (ohne Absage für die Zukunft), Hummels vielleicht im Kader gelassen (er hat z. B. in Liverpool gezeigt, was er kann) und Müller als Alternative zu den jungen, schnellen Stürmern Gnabry, Sane und Werner in der Hinterhand gehalten. Wenn die nämlich gegen eine starke Abwehr nicht ankommen, dann könnte immer noch Müller mit seinem Torriecher und der unkonventionellen Spielweise helfen. Joachim Löw hat sich ohne Not in eine schlechte Position gebracht. Aber er hat die Nationalmannschaft natürlich ins Gespräch gebracht, erhöhte Aufmerksamkeit für die Kader-Benennung, gesteigertes Interesse am Freundschaftsspiel gegen Serbien am 20. März und das erste EM-Qualifikationsspiel gegen die Niederlande am 24. März.
Bayern und Dortmund – beide auf ihrem Platz
In der Bundesliga herrschen wieder geordnete Verhältnisse, die Bayern und Dortmund befinden sich wieder auf ihrem angestammten Platz. Das hätte vor kurzem noch keiner gedacht, dass die Aufholjagd der Bayern nach neun Punkten Rückstand gegenüber der Borussia so schnell erfolgreich sein könnte. Aber entschieden ist die Meister-Jagd natürlich noch nicht, doch die Äußerungen sind deutliche Zeichen für die Zukunft. Die Bayern glaubten nach Beendigung der Herbstkrise immer an ihre Chance und demonstrieren jetzt mit ihrer Leistung, die alten Bayern sind wieder da. Trainer Niko Kovac kann sich dabei als einer der Gewinner fühlen. Andererseits scheint es, als wären die Dortmunder froh, dass sie nicht mehr die Gejagten sind. Sie bekamen das große Zittern und hören sich jetzt plötzlich selbstbewusster an in der bekannten Rolle des Jägers: „Das hat noch nichts zu sagen“, machte sich Borussia-Kapitän Marco Reus auf Platz zwei selbst Mut. Fehlen ja auch nur zwei Tore. Alles schaut auf das große Duell am 6. April in München.
Im Abstiegskampf versuchen es die fünf Kandidaten vor allem mit Kampfgeist und Defensivtaktik. Notfalls mit einer Quittung für die Spieler, nur wer kämpft, darf spielen. Am erfolgreichsten ist dabei der FC Augsburg, der nach seinem Sieg gegen Dortmund nun auch CL-Anwärter Leipzig einen Punkt abtrotzte. Stuttgart versuchte ähnliches in Dortmund, wo Trainer Lucien Favre klagte, „die haben einen Bus vor dem Tor geparkt“. Am Ende durfte er sich doch freuen, weil seine Mannen den Riegel knackten. Ähnliches bei Schalke, Hannover und Nürnberg, mit Pech schrammten sie gegen Bremen, Leverkusen und Hoffenheim an Punktgewinnen vorbei. Nichts Neues also, auch in Sachen Konsequenzen, so arbeiten die Trainer Tedesco, Weinzierl und wohl auch Baum von Woche zu Woche unter Bewährung. Von besonderer Brisanz dabei das Duell Augsburg – Hannover am Samstag, der FCA könnte mit einem Sieg Hannover in den Abgrund stürzen. Dort hat ja sogar Vereinsboss Martin Kind erkannt, „die Mannschaft ist kaputt“. Der Boss selbst und Manager Horst Heldt sind dabei die Hauptschuldigen.
Wachablösung in der Champions League
In der Champions League (CL) steht die zweite Woche des Achtelfinals an, doch die Wachablösung hat bereits stattgefunden. Mit Paukenschlägen wurde das Achtelfinale eröffnet, vor allem Ajax Amsterdam verzauberte und erstaunte die Fußball-Welt. Wenn Joachim Löw von den jungen Wilden träumt, dann hat sie Ajax bereits und die spielten Titelverteidiger Real Madrid buchstäblich an die Wand. Ajax träumt von alten Zeiten, bei Real sind die guten Zeiten vorbei, in der Saison verspielten die „Königlichen“ alles, Champions League, Meisterschaft und nationalen Pokal. Trainer Zinedine Zidane wusste offensichtlich, warum er gegangen ist. Das zweite Desaster erlebte Paris St. Germain, das nach einem 2:0 im Hinspiel nun gegen Manchester United in Paris eine 1:3-Pleite erlebte. Dabei trat Manchester so ungefähr mit einer Notelf an. Peinlich für Thomas Tuchel und Co. Keine Ehre für die Bundesliga legte auch Borussia Dortmund ein, das gegen Tottenham beim 0:3 und 0:1 nicht einmal einen Treffer zustande brachte. Englands Team sind auf dem Vormarsch.
Manchester City wird wohl gegen das gebeutelte Schalke nach dem 3:2 im Hinspiel der nächste Klub der Premier League sein, der im Viertelfinale vertreten ist. Ja, und dann fehlt nur noch der FC Liverpool. Wird er wirklich fehlen? Bayern München stellt die letzte Hürde da und der Vergleich hat quasi an Bedeutung noch einmal zugelegt. Beide Klubs gewannen ihre Generalprobe, die Bayern überzeugten beim 0:0 im Hinspiel mit großem Kampfgeist, doch jetzt ist auch Spielkunst gefragt. Kimmich und Müller sind gesperrt, dagegen kann Trainer Jürgen Klopp auf Abwehrchef Virgil van Dijk, der mit seiner Kopfballstärke auch eine Gefahr für das Bayern-Tor ist, zurückgreifen. Ein 0:0 wird es kaum noch einmal geben, was bedeutet, dass die Bayern wohl sogar mehr als einen Treffer erzielen müssen. Die Bayern hoffen wieder auf Alaba und Coman und den Schwung als Tabellenführer. Die Frage wird sein: Wer hat die bessere Tagesform? Schade für die Fußball-Fans, dass die CL im Pay-TV verschwunden ist. Hoffentlich gibt es bei den nächsten Verhandlungen über die Fernsehverträge ein Umdenken der Verantwortlichen.