Sommermärchen im Eishockey?

von knospepeter

 

Der Winter fiel in diesem Jahr in Deutschland aus, deshalb ist es egal, zu welchem Zeitpunkt die Eishockey-Weltmeisterschaft stattfindet. Nach dem Motto: Warm ist es immer. Seit über 30 Jahren hat es sich so eingespielt, dass die Eishockey-WM erst dann stattfindet, wenn es schön warm ist. Von wegen Wintersportart… Die Eishockey-Funktionäre gehen darüber hinweg, obwohl jedes Jahr aufs Neue diskutiert wird, welcher Unsinn es denn sei, erst im Mai mit einer Eishockey-WM zu beginnen. Noch ein bisschen später und Eishockey würde mit der Fußball-Weltmeisterschaft kollidieren… 

Sport-Bild hat das Thema, wie andere Medien auch, wieder einmal aufgegriffen und fordert: Eishockey-WM an Weihnachten! Das fordert der Sport-Grantler, der natürlich weiß, welche Argumente die Funktionäre haben, schon lange. Die Profi-Liga in Übersee ist wichtig, dort sind die besten Spieler beschäftigt und die sollen dabei sein. Deshalb wird das WM-Turnier möglichst lang hinaus gezögert, nach dem Motto, umso später, umso mehr Stars bei der WM. In diesem Jahr kommt hinzu, dass auch Olympischen Winterspiele stattfanden. Unsinn hoch drei, dass es in Olympia-Jahren eine Weltmeisterschaft gibt. Einige Zeit wurde in diesen Jahren die WM ausgesetzt, doch die Funktionäre wollen auf ihre schönen Reisen nicht verzichten (deshalb werden Verbandstage im Sommer in schönen Gegenden abgehalten, z. B. Hawaii oder Florida oder die Kanaren). Überhaupt ist es Unsinn, jedes Jahr eine WM durchzuführen. Alle zwei Jahre würden reichen und das Turnier zudem aufwerten. Die Funktionäre aber jammern, „uns fehlt sonst uns Geld, die Sponsoren wollen sich präsentieren“. Geld regiert bekanntlich die Welt, natürlich auch den Sport. Alles eine der Abmachung. Ist ein Titel mehr wert, können höhere Preise verlangt werden. 

Also werden wir in diesem Jahr im Eishockey zwei weltbeste Teams haben, es sei denn, Olympiasieger Kanada ist auch in Minsk vorne. Erstmals in Weißrussland trifft sich vom 9. bis 25. Mai die Kufen-Elite der Welt. Titelverteidiger ist Schweden, in Sotschi Kanada im Finale mit 0:3 unterlegen. Vor einem Jahr hatten die Skandinavier im WM-Finale ihrerseits leichtes Spiel beim 5:1 gegen Nobody Schweiz. Davon träumen auch die Deutschen, dass sie einmal ins Finale einziehen oder wenigstens um die Medaillen kämpfen können. Gut, 2010 war Deutschland Vierter, aber das gehört schon in die Kategorie der Wunder! 

Oder gibt es in Minsk auch ein deutsches Sommermärchen im Eishockey? Im Fußball feierte Deutschland mit der WM im eigenen Land das Sommermärchen 2006. Deutschland wurde aber nur Dritter. Bronze reicht also für ein Sommermärchen. Allerdings muss es in Minsk nicht so heiß sein wie damals in Deutschland, sonst schmilzt das Eis. 

Wie stark die deutsche Mannschaft einzuschätzen ist, das lassen die Testspiele vor der WM offen. Immerhin wurden Russland und die Schweiz geschlagen, aber wie ernst haben die Gegner den Test genommen? Auflösung in Minsk. Tatsache ist, dass Bundestrainer Pat Cortina lieber eine eingespielte Mannschaft hat, als einen Haufen Stars. Er hatte allerdings auch mit einer Reihe von Absagen zu kämpfen. So ist kein Spieler aus der NHL dabei, auch keiner vom Überraschungsmeister Ingolstadt, dafür vier Cracks vom Verlierer Köln. Immerhin 13 Spieler sind aus dem letztjährigen WM-Aufgebot übrig geblieben. 

Die Gegner in der Gruppe B sind der Reihe nach Neuling Kasachstan (am Samstag zum Mittagessen ab 11.45 Uhr, guten Appetit), Lettland, Finnland, Schweiz, Gastgeber Weißrussland, Russland und die USA. Das DEB-Team muss also für eine Überraschung sorgen, um in das Viertelfinale einzuziehen. Das darf man schon eher Russland, Finnland, der USA, der Schweiz und dem Gastgeber zutrauen, andererseits ist ein Start mit zwei Siegen möglich und mit der entsprechenden Euphorie können vielleicht Berge versetzt werden…

In Deutschland wird die Öffentlichkeit über die Eishockey-Fans hinaus nur dann von den Puckjägern Notiz nehmen, wenn sie außergewöhnliche Erfolge vorweisen können. Das ist ja auch die Crux einer WM als Sommermärchen, weil die Werbewirkung bis zum Start der neuen Saison im September verpufft. Diesbezüglich wäre eine WM in der Winterpause des Fußballs nach Weihnachten von doppeltem Vorteil. Aber wahrscheinlich haben die Eishockey-Funktionäre Angst, dass sie dann zu sehr frieren. Es könnte ja einen richtigen Winter geben…

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