DFB-Team: Ohne Weltmeister geht es nicht
von knospepeter
Auf den ersten Blick sieht es so aus: Alles wieder gut, alles im Lot, die deutsche Fußball-Nationalmannschaft hat in der Qualifikation zur Europameisterschaft 2016 Boden gutgemacht. Hat sie, aber sie hat beim 2:0-Sieg in Georgien keineswegs so gespielt, dass alle Zweifel beseitigt sind. Das 1:1 zwischen Irland und Polen spielte den Deutschen zwar in die Karten, aber nach wie vor ist das DFB-Team nur Zweiter (am Ende zählt der direkte Vergleich) punktgleich mit Schottland. Außerdem gab es nach dem 2:2 im Test-Länderspiel gegen Australien eine Erkenntnis: Ohne Weltmeister geht es nicht.
In Georgien waren sie alle wieder an Bord, Neuer, Boateng, Hummels, Schweinsteiger, Kroos und Müller. Sie bilden das Gerüst der Mannschaft und es scheint, als könnte Bundestrainer Joachim Löw die bekannten Schwachstellen vorerst nicht beseitigen. Sebastian Rudy (Hoffenheim) und Jonas Hector (Köln) bleiben als Außenverteidiger nur Notlösungen. Für den Herbst erhofft sich Jogi Löw zwar eine Blutauffrischung aus der U 21, die zunächst mal in stärkster Besetzung zur Europameisterschaft im Sommer fahren soll, doch gerade bei den Außenverteidigern gibt es auch da keine Lichtblicke. Emre Can (Liverpool) könnte in die Aufgabe eventuell hineinwachsen. Aber sonst? Kandidaten gibt es ansonsten eher im Tor (ter Stegen, Leno) oder im Mittelfeld (Meyer, Geis, Kimmich), aber da hat Löw aktuell keine Not. Bleibt für den Bundestrainer nach der Pflichtaufgabe am 13. Juni in Faro (Portugal) gegen „Zwerg“ Gibraltar im Herbst vor allem eine Aufgabe: Die Mannschaft in Form bringen. Wenn Löw davon spricht, „die Karten im Team werden neu gemischt“, dann fragt sich der Sport-Grantler, welche neuen Karten der Bundestrainer auf den Tisch legen will.
Doppelte Angst in der EM-Qualifikation
Die unnötige Aufstockung der EM-Endrunde von 16 auf 24 Mannschaften sorgte dafür, dass die Qualifikation an Spannung verlor. Allerdings müssen einige Favoriten erkennen, dass es für sie kein Spaziergang wird und manche sogenannte „Kleine“ aufgeholt haben. Da steht Deutschland nicht alleine da. Dies gilt vor allem für die Niederlande, die in der Gruppe A hinter Tschechien (13 Punkte) und Island (12) mit mageren sieben Zählern nur auf Rang drei liegt. Auch da zeigte sich beim 1:1 gegen die Türkei, dass es ohne verletzten Torjäger Robben und van Persie eben nicht geht. Leichter dann schon ohne Trainer Guus Hiddink…
In vorderster Front stehen aber Belgien (derzeit nur Dritter), Europameister Spanien und Italien nicht, die zweiten Plätzen würden allerdings zur Qualifikation reichen. Probleme hat vor allem auch Russland, der WM-Gastgeber von 2018, in der Gruppe G mit nur fünf Punkten hinter Österreich (13) und Schweden (9).
Russland ist ein besonderes Beispiel, es geht in der EM-Qualifikation nicht nur die Angst vor dem sportlichen Scheitern um, sondern auch die Angst vor der Gewalt, vor Zuschauer-Ausschreitungen, vor mangelnder Sicherheit. Das Skandalspiel Montenegro – Russland war ein typisches Beispiel, als bereits nach 20 Sekunden eine Leuchtrakete den russischen Torhüter traf, der ins Krankenhaus musste. Später kam es nach weiteren Krawallen zum Spielabbruch. Die Unsitte der Leuchtraketen kann vor allem in Osteuropa offensichtlich nicht ausgerottet werden.
Überhaupt muss sich die UEFA mehr um die Sicherheit sorgen. Dass zum Beispiel beim deutschen Gastspiel in Georgien sogenannte „Flitzer“ im Training und vor allem Spiel fast ungestört auf den Rasen laufen können, ist ein Unding und wird von den Veranstaltern viel zu leicht genommen. Was, wenn das nicht „nette Kerle“, wie sie Thomas Müller bezeichnete, gewesen wären, sondern üble Gestalten, die Schlimmeres vorgehabt hätten? Was, wenn einer mit dem Messer auf die Spieler losgeht? Da gibt es nur eins: Wehret den Anfängen!
Das Risiko im deutschen Frauen-Team
Das war ja eine Überraschung, als Frauen-Bundestrainerin Silvia Neid ihren Rücktritt von der Nationalmannschaft für 2016 verkündete. Seit 2005 ist sie Chefin bei den Frauen und nichts deutete darauf hin, dass sie amtsmüde sei. Ihre schwierigste Zeit hat sie geradezu mannhaft überstanden, als sie Deutschland bei der Weltmeisterschaft 2011 im eigenen Land nicht den begehrten Titel liefern konnte, sondern sogar frühzeitig mit ihrem Team ausschied. Neid hatte damals aller Kritik getrotzt, die Wende geschafft und Deutschland wieder zum Europa-Titel geführt. Jetzt geht Deutschland im Sommer als einer der Favoriten in die Weltmeisterschaft 2015 in Kanada, die allerdings auf Kunstrasen ausgetragen wird und deshalb einige Unwägbarkeiten bietet. Außerdem ist jetzt schon sicher, dass Silvia Neid aus Verletzungsgründen nicht alle Stammspieler zur Verfügung haben wird.
Die große Frage aber ist: Was kommt danach? Die Nachfolgerin steht fest und ist überraschend Steffi Jones. Die 42jährige Frankfurterin hat zwar eine große internationale Erfahrung als Spielerin, aber keine als Trainerin. Neid wuchs als Co-Trainerin in die Aufgabe rein, jetzt galt die erfolgreiche Trainerin der Juniorinnen als logische Nachfolgerin. Doch Maren Meinert, gerade mit dem Trainerpreis des deutschen Fußballs ausgezeichnet, will sich der Aufgabe nicht stellen, sie scheut die Auftritte in der Öffentlichkeit. Steffi Jones ist dagegen in dieser Hinsicht erfahren, sie war die Organisationschefin für die WM 2011, reiste als Botschafterin durch die Welt, ist als Sportdirektorin beim DFB an verantwortlicher Stelle und wollte wieder in den Sport. Eine Mischung aus Jones und Meinert wäre wohl die ideale Lösung für die Zukunft. Aber bis 2016 könnte Steffi Jones auch an der Seite von Silvia Neid noch einiges lernen. Die hat immerhin den Gewinn von fünf Europa- und zwei Weltmeistertitel in ihrer Vita stehen. Das muss Steffi Jones erst mal schaffen.