Die Bayern lassen der Konkurrenz eine Chance
von knospepeter
Zu Beginn einer Saison sagen die Trainer immer, erst nach zehn Tagen werde eine Tendenz deutlich, wie denn das Spieljahr laufen werde. Jetzt sind zehn Runden gespielt, also wollen wir untersuchen, welche Tendenz sich in der Fußball-Bundesliga abzeichnet. Eines fällt auf den ersten Blick auf die Tabelle auf: Die Bayern haben sich noch nicht abgesetzt, sie lassen der Konkurrenz eine Chance. Der Kreis der Titelanwärter hat sich ebenso herauskristallisiert wie der Kreis der Abstiegskandidaten, wobei gerade in dieser Region die nächsten Spiele für einige Vereine von entscheidender Bedeutung sein können. Eines ist aber auch klar, die Corona-Pandemie nimmt entscheidenden Einfluss auf das Geschehen. Aber das Thema wurde oft genug behandelt.
Kleiner Rückblick. Vor einem Jahr war Borussia Mönchengladbach Tabellenführer mit 22 Punkten vor Dortmund (19), Leipzig (18) und Bayern (18). Die Bayern verloren am 10. Spieltag 1:5 in Frankfurt, das war das Aus für Trainer Niko Kovac, Hansi Flick übernahm und startete eine aufsehenerregende Erfolgsserie. Er begann mit einem 4:0-Sieg gegen Dortmund. Als Flick übernahm, hatten die Bayern ebenso 16 Gegentore kassiert wie jetzt auch (24 geschossen, jetzt 34), nur die Einflüsse von außen sind auch anders. Trainer und Spieler sind damit zufrieden, dass sie Tabellenführer sind (23 Punkte) vor Leverkusen (22), Leipzig (21) und Dortmund (19). Es geht also eng zu. Julian Nagelsmann verspielte den Sprung auf Platz eins mit Leipzig fast bewusst, er sagte vorher schon, die Champions League mit dem „Endspiel“ gegen Manchester United am Dienstag wäre im Moment wichtiger („Die Bundesliga läuft länger“) und er wechselte dementsprechend nach rund 60 Minuten zur Schonung aus und kassierte den 3:3-Ausgleich.
Bayer Leverkusen ist einer der Gewinner der ersten zehn Spieltage und wie Wolfsburg immer noch ungeschlagen. Für die Wölfe ein neuer Vereinsrekord, die Bayern halten überhaupt den Rekord mit 26 Spieltagen (unter Pep Guardiola). Zu den Gewinnern bisher dürfen sich auch Union Berlin (jetzt allerdings mehrere Wochen ohne Max Kruse), Wolfsburg und vor allem Aufsteiger VfB Stuttgart zählen. „Wir können mit der jungen Mannschaft mithalten“, hatte der Neuling getönt, aber eigentlich hat es ihm keiner geglaubt. Die Klubs im Mittelfeld könnten eigentlich zufrieden sein, aber das tun sie in Frankfurt, Gladbach, Hoffenheim und vor allem Hertha BSC weniger als in Augsburg oder Bremen, wo man zwischen Zufriedenheit und Zweifeln schwankt.
Bei Freiburg beginnt die Abstiegszone, wobei die Badener nicht ernsthaft in Gefahr raten sollten. Dahinter wird es problematisch und wegweisende Spiele stehen jetzt nach dem 10. Spieltag an, involviert sind vor allem auch Augsburg und Freiburg, die sich dann den Abstiegskampf vom Hals halten könnten – oder reinrutschen. Verzweiflung herrscht vor allem auf Schalke, dem Schlusslicht mit nur drei Zählern. Vor einem Jahr trug der SC Paderborn die „Rote Laterne“ mit vier Punkten – und stieg am Ende ab (gemeinsam mit Düsseldorf, zu der Zeit 13. mit zehn Zählern). Auf einem Abstiegsplatz auch Mainz 05 (im Vereinsnamen stecken die fünf Punkte), wo die Hoffnung wieder einen Dämpfer erlitt, dagegen sehen sich Bielefeld und Köln (je 7) im Aufwind. Ob das stimmt, wird sich zeigen. Bielefeld hat die Wochen der Wahrheit in Freiburg, gegen Augsburg und auf Schalke. Wann endet die Schalker Sieglosserie? Nächster Versuch Sonntag (15.30 Uhr) in Augsburg, danach kommen Freiburg und Bielefeld. Wenn es bis dahin nicht geklappt hat, dann gute Nacht!
Nicht nur Siege und Niederlagen standen im Blickpunkt, sondern auch zwei Jungtalente. Dabei fällt auf, dass sich in den letzten Wochen alles um Dortmunds 16-Jährigen Youssoufa Moukoko drehte, der als Stern am Bundesliga-Himmel erschien, bisher aber erst einmal lernen musste. Nach dem Ausfall von Torjäger Erling Haaland ist er der Hoffnungsträger bei der Borussia als Mittelstürmer. Schon eher etabliert hat sich heimlich, still und leise Bayerns Talent Jamal Musiala. Heimlich und still bei den Bayern ist ebenso erstaunlich wie die Leistung des 17-Jährigen Deutsch-Engländers, der im Spitzenspiel gegen Leipzig für den verletzten Javi Martinez (fällt für den Rest des Jahres aus) ins Spiel kam, für Schwung sorgte und gleich noch das zwischenzeitliche 1:1 erzielte. „Er ist im Team absolut etabliert“, heißt es über den jungen Mann, ebenfalls ein Hoffnungsträger im von Verletzungen gebeutelten Bayern-Kader.
Finale in Europa
Viele Vorentscheidungen sind in der Champions League und Europa League schon gefallen, doch es gibt an den letzten Spieltagen von Dienstag bis Donnerstag noch richtige Endspiele. So wie gesagt für RB Leipzig gegen ManU, Dritter im Bunde ist Paris St. Germain (alle 9 Punkte), das mit einem Sieg gegen Basaksehir Istanbul zuschauen kann, was die anderen beiden machen. Ein Endspiel hat auch Borussia Mönchengladbach, das mit viel Schwung, aber leider auch Pech mit Gegentoren in den letzten Minuten, noch bangen muss. Bei Real Madrid muss nicht nur die Tabellenführung, sondern auch das Weiterkommen erkämpft werden, aber auch Donezk und Inter Mailand mischen noch mit. Trostpflaster für beide deutschen Klubs: Zumindest die Europa League ist sicher und damit das Überwintern auf Europas Bühnen.
Leichter haben es München und Dortmund. Die Bayern sind wie bekannt sogar schon Gruppensieger und Hansi Flick wird gegen Lokomotive Moskau auf die Spieler verzichten, die Schonung brauchen. Dortmund (neun Ausfälle!) muss bei Zenit St. Petersburg noch den attraktiven Gruppensieg sichern, den Lazio Rom gegen Brügge streitig machen könnte. Schonung ist da weniger angesagt. Vielleicht wurde deshalb Marco Reus beim 1:1 in Frankfurt geschont, was viele nicht verstanden haben. in der Euroopa League haben die deutschen Kandidaten Bayer Leverkusen und Hoffenheim schon die nächste Runde erreicht. Hier werden doch nicht Bundesliga-Vereine plötzlich erfolgreich sein? Die Auslosungen für die nächste Runden finden am 14. Dezember statt.
Erfolgreich sein wünscht sich auch Bundestrainer Joachim Löw mit seiner Nationalmannschaft. Er bestimmt zuletzt die Schlagzeile und die wenigsten verstanden, dass sich der DFB so demonstrativ hinter den Coach gestellt hat. Er genießt ein „Vertrauen“ (so der Wortlaut), das er eigentlich in der Öffentlichkeit nicht hat. Auch zu Aussagen in der Öffentlichkeit muss er fast schon gezwungen werden.
Der 7. Dezember ist oder war überhaupt ein wichtiger Tag im Fußball, die Auslosung der Qualifikationsgruppen für die Weltmeisterschaft 2022 in Katar ist ein Blick in die Zukunft. In der Bundesliga wird um Geld gestritten, in der Sitzung der DFL geht es um die Verteilung der TV-Gelder. Streit war vorprogrammiert. Dabei sollten sich die Vereinsvertreter an ein Sprichwort erinnern: Über Geld spricht man nicht, Geld hat man. Vielleicht gibt es den Streit deshalb, weil das Geld weniger bei den Klubs landet, sondern mehr bei den Spielern und Betreuern. Und über Geld, das man nicht hat, streitet man eben. Peinlich nur, dass sich wieder Politiker in eine Debatte einmischen, die sie wirklich gar nichts angeht. Aber wie auch immer, die Bundesliga kann in diesem Verteilungskampf nur verlieren.