Dortmund und Leipzig: Die Woche der Kronprinzen
von knospepeter
Da haben Terminpläne und die Ergebnisse im DFB-Pokal im Fußball für ein schönes Kuriosum gesorgt: Innerhalb einer Woche duellieren sich Borussia Dortmund und RB Leipzig zweimal. In der Bundesliga geht es um die Meisterschaft (Minichance für Leipzig) und die Champions League (Dortmund), im Pokalendspiel am 13. Mai in Berlin um den ersehnten Titel, den die Bayern in diesem Jahr liegen gelassen haben. Apropos Bayern: Es ist die Woche der Kronprinzen, denn beide Klubs beanspruchen ja Platz zwei in der Hitliste hinter den Bayern, wenn auch Dortmund in der Bundesliga schwächelte. In Leipzig sind die Augen wiederum auf Trainer Julian Nagelsmann gerichtet, der sich mit dem besten Jahr der Vereinsgeschichte zu den Bayern verabschieden will, das Highlight schlechthin wäre der Pokalsieg.
Bei den Bayern war es ruhig in der Bundesliga-Pause rund um den 1. Mai. Dafür stand der DFB-Pokal im Mittelpunkt, doch er riss die Fans nicht von den Sitzen. Schaut man auf die Einschaltquoten im Fernsehen, so ist auch da eine gewisse Fußball-Müdigkeit zu spüren, an beiden Spieltagen wurde der Fußball von Deutschlands liebstem TV-Kind geschlagen, einem Krimi. Sowohl Bremen – Leipzig als auch Dortmund – Kiel lockten bei der ARD rund 5,5 Millionen Zuschauer an, die Krimis im ZDF je etwa 700 000 mehr. Dabei hatte ja die Partie Bremen – Leipzig auch genug Spannung zu bieten, mit Emil Forsbergs Siegtreffer in der 121. MInute und Dortmund lieferte gegen Kiel eine Halbzeit lang beste Unterhaltung. Ergo (hier ist nicht der Pokalsponsor gemeint): Beide Teams sind gerüstet für die Woche der Kronprinzen. Für Dortmund scheint das Bundesliga-Duell am Samstag noch wichtiger zu sein, denn es geht schließlich um die Champions League und damit darum, weiter an den Geldtöpfen teilzuhaben. Die Aufholjagd gegenüber Wolfsburg und Frankfurt läuft, Leipzig spielt dabei ein bisschen das Zünglein an der Waage, trifft es doch eine Woche später auch auf Wolfsburg. Noch mehr gilt das aber für Mainz, das gegen alle drei Kontrahenten antreten muss. Dortmund hat außerdem Leverkusen vor der Brust, Wolfsburg Union Berlin und Frankfurt Schalke und Freiburg. Wer hat die besten Nerven?
Es ist Endspurt in der Bundesliga, beste Unterhaltung sollte es sein, mehr Spannung als in den Krimis ist garantiert. Dort der Kampf um Europa, weiter unten der Kampf gegen den Abstieg. Vor allem am Tabellenende ist alles offen, das Restprogramm sehr unterschiedlich. Mainz ist wie gesagt gegen drei Spitzenteams gefordert, hat sich aber mit einem 2:1-Sieg über Bayern München Respekt verschafft. Dennoch, die aktuellen 34 Punkte könnten nicht reichen. Dahinter zittert der FC Augsburg (33 Zähler), zumindest ein Sieg mit dem neuen Trainer Markus Weinzierl muss gegen Stuttgart, Bremen und Bayern her. Das entscheidende Duell könnte am vorletzten Spieltag gegen Werder stattfinden. Bremen da noch mit Florian Kohfeldt als Trainer? Der Pokalfight gegen Leipzig hat imponiert, trotz Niederlage hat der Coach das „Endspiel“ für sich persönlich gewonnen. Eine Pleite gegen Leverkusen könnte doch noch für einen Stimmungsumschwung sorgen vor dem Finale gegen Augsburg und Gladbach.
Ein Wechsel des Trainers ist der Rettungsring der Abstiegskandidaten. Erstaunlich deshalb die Nervenstärke von Sportchef Frank Baumann in Bremen, der auch im Vorjahr an Kohfeldt festhielt und über die Relegation mit dem Klassenerhalt belohnt wurde. Gibt es eine Wiederholung? Dahinter haben Bielefeld (30), Köln (29) und Hertha BSC (26) alle den Rettungsring geworfen. Neben Schalke muss einer noch absteigen, einer „darf“ in die Relegation. Hertha will nach einer Quarantäne-Pause die Aufholjagd starten, aber es ist die Frage, ob bei sechs Spielen in 20 Tagen die Kräfte reichen und in welcher Form Pal Dardai seine Schützlinge nach der Zwangspause ohne richtiges Training auf den Platz bringt. Mit Mainz (Start am Montag, 3. Mai), Bielefeld und Köln sind drei Kontrahenten noch direkte Gegner, dazu gibt es Prüfungen gegen Freiburg, Schalke und Hoffenheim. Ziel: Mit drei Heimsiegen zum Klassenerhalt. Bielefeld will außerdem gegen Hoffenheim und Stuttgart rettende Punkte sammeln, Köln gegen Freiburg und Schalke. Der aufmerksame Leser wird feststellen, dass Absteiger Schalke noch eine entscheidende Rolle spielen kann, wen er mit in den Abgrund 2. Bundesliga reißt. Also: Die Fußball-Bundesliga präsentiert sich als beste Krimi-Unterhaltung.
Auch in den Ligen darunter gibt es Spannung im Endspurt. In der 2. Bundesliga interessiert vor allem der Aufstiegskampf, Bochum (60 Punkte) und Fürth (57) haben bereits ein kleines Punktepolster vor der Konkurrenz HSV (52) und Kiel (50). Aber Holstein Kiel geht es wie Hertha BSC, nach gleich zwei Corona-Pausen gilt es, sechs Spiele in 20 Tagen zu bestehen. Da kann die Konkurrenz noch überholt werden. Katzenjammer und letztes Aufbäumen in Hamburg. Wie in den letzten Jahren droht der Favorit den Aufstieg zum Saisonende hin zu verspielen. Der letzte Rettungsanker wurde geworfen, Vereinsidol und Nachwuchsdirektor Horst Hrubesch soll noch ein Wunder schaffen, was gegen Nürnberg, Osnabrück und Braunschweig nur gelingen kann, wenn die Konkurrenz mitspielt. Die Ablösung von Trainer Daniel Thioune erfolgte eigentlich zu spät. Das 1:1 gegen Karlsruhe beendete fast alle Träume. Auf Hrubesch hätte man früher kommen können. Als Wunschkandidat für den nächsten Aufstiegsversuch gilt Paderborns Coach Steffen Baumgart.
In München herrschte wie gesagt bei den Bundesliga-Fußballern Ruhe, im Mittelpunkt standen diesmal die Frauen, die gegen Chelsea London um den Einzug ins Finale der Champions League kämpften. Doch es klappte nicht mit dem wohl größten Erfolg in der Vereinsgeschichte, denn dem 2:1-Sieg zu Hause am Campus folgte eine 1:4-Niederlage in London. Doch das Ergebnis täuscht, beim 1:3 hatten die Münchnerinnen tolle Chance, dreimal retteten die Londonerinnen auf der Linie, ein 2:3 hätte die Bayern-Mädchen ins Finale gebracht. Bei Sturm und Drang (einschließlich Torhüterin Benkarth) fiel zudem das 1:4. Chelsea hat mit Wolfsburg und Bayern damit beide deutschen Teams ausgeschaltet und trifft im Finale am 16. Mai überraschend auf den FC Barcelona, der Paris St. Germain mit 1:1 und 2:1 besiegen konnte. Damit gibt es erstmals seit langer Zeit ein Finale ohne deutsche und französische Klubs. Die Bayern-Mädchen spielen aber noch um einen Titel, um die deutsche Meisterschaft. Nach 26 Siegen in Folge sind sie allerdings ins Straucheln geraten, ausgerechnet im Pokal in Wolfsburg. Jetzt steht am Sonntag in Wolfsburg quasi ein Finale an, Bayern hat in der Bundesliga noch zwei Punkte Vorsprung, ein Remis könnte den Weg zum Titel freimachen, eine Niederlage wird ihn wohl verbauen. Die große Frage, ist ob die Mädchen nach den Rückschlägen wieder in die Erfolgsspur finden, Wolfsburg dagegen kann unerwartet doch noch die fünfte Meisterschaft in Folge gewinnen.
Alles andere als meisterlich ist der Streit beim Deutschen Fußball-Bund, der einen neuen Höhepunkt erlebt hat. Nach einer Sitzung der Landesverbände forderten die den Rücktritt der größten Streithähne, das sind Präsident Fritz Keller und Generalsekretär Friedrich Curtius. Ob ihr Wunsch erfüllt wird, muss sich zeigen, den weiteren Unruhestiftern, Vizepräsident Rainer Koch und Schatzmeister Stephan Osnabrügge, wurde dagegen das Vertrauen ausgesprochen. Doch trauen sollte man ihnen eigentlich nicht. Lesen Sie mehr in der nächsten Kolumne „Der DFB benötigt eine komplette Rundumerneuerung“. Diese Forderung gilt nach wie vor.