Der DFB benötigt eine komplette Rundumerneuerung
von knospepeter
Die Skandale hören nicht auf, der Deutsche Fußball-Bund kommt nicht zur Ruhe. Die über sieben Millionen Mitglieder können sich vom Vorstand nicht mehr gut vertreten fühlen, doch die Wurzel des Übels ist offensichtlich in der Verwaltung zu finden. Das Krebsgeschwür wuchert und macht alle Anstrengungen, die Skandale der Vergangenheit aufzuarbeiten, zunichte. Als Aufklärer wurde der neue Präsident Fritz Keller aus Freiburg gesehen und er hat sich bemüht. Ihm wurden allerdings immer wieder Knüppel zwischen die Beine geworfen, so dass er schier verzweifelt ist und der ansonsten ruhige Winzer und Gastronom seine Beherrschung verloren hat. Seinen Vize Rainer Koch, einst Richter am Oberlandesgericht in München, verglich er mit dem berüchtigten Nazi-Richter Freisler. Ein grobes Foul, doch die Rote Karte hat nicht nur Keller verdient, sondern alle Streithähne im DFB. Fritz Keller rennt gegen eine Wand, die vor allem Rainer Koch, Generalsekretär Friedrich Curtius und Schatzmeister Stephan Osnabrügge bilden. Sie wollen mit aller Macht eine vollständige Aufklärung verhindern. Da bleibt nur eins: Der DFB benötigt eine komplette Rundumerneuerung.
Positive Meldungen hat man vom DFB schon lange nicht mehr gehört, Kellers Vorgänger Wolfgang Niersbach und Reinhard Grindel mussten wegen verschiedener Verfehlungen vorzeitig gehen, doch einer blieb: Vize Rainer Koch, der offensichtlich im Hintergrund die Fäden in der Hand hält und im Generalsekretär einen fleißigen Mitstreiter hat. Auffallend ist, dass nicht Koch den Präsidenten wegen seiner Äußerung bei der Ethikkommission des DFB angezeigt hat, sondern Curtius dies nach einigen Tagen tat. Derselbe Curtius steht allerdings im Mittelpunkt dubioser und überhöhter Zahlen an einen außenstehenden DFB-Berater, dessen Tätigkeiten Keller unter anderem untersuchen wollte. Seltsam, dass in dieser Zeit Kellers Büroleiter entlassen wurde, ohne dass der Präsident vorher unterrichtet worden wäre. Man kann es nur so deuten: Eine komplette Aufarbeitung soll verhindert werden, der Verband offensichtlich weiterhin als Selbstbedienungsladen dienen.
Bezeichnend dazu ein Aufklärungsbericht in der Süddeutschen Zeitung, da heißt es zu der dubiosen Tätigkeit eines Beraters: Ein Kommunikationsberater schießt erst den einen DFB-Chef mit ab, kassiert dann ordentlich DFB-Geld – und schießt nun gegen den nächsten DFB-Präsident. Unter den Augen von Rainer Koch? Mit dessen Billigung? In dessen Auftrag?“ Da stellt sich schon die Frage: Was haben Koch und Curtius wirklich vor?
Am Samstag soll es ein Treffen der Landesverbände geben, die eigentlich hinter Fritz Keller stehen, der sich aber durch seine umstrittenen Äußerungen als Repräsentant fast disqualifiziert hat. Aber Keller ist nicht das Krebsgeschwür, deshalb muss es zu einer Rundumerneuerung kommen und das sehen auch manche Landesfürsten so, die für einen schnellstmöglichen außerordentlichen Verbandstag plädieren. Hierbei muss vor allem auch die Arbeit von Generalsekretär Curtius unter die Lupe genommen werden. Schlechte Schlagzeilen um Steuerhinterziehung, Steuer-Razzia und verschwundenen Geldern hatte der Verband genug.
Was die Rundumerneuerung angeht, sollte man beim DFB bei Vorstand und Verwaltung nicht Halt machen, es knirscht auch in anderen Abteilungen. So gerät Schiedsrichter-Chef Lutz Michael Fröhlich ins Visier der Kritiker, weil er sich einer Modernisierung der Altersregel widersetzt. Bundesliga-Schiedsrichter müssen mit 47 Jahren die Pfeife weglegen, aber warum gibt es keine Ausnahmen, wenn einer noch gut und fit ist. Aktuell betrifft es die Referees Manuel Gräfe, Guido Winkmann und Markus Schmidt, die am Ende der Saison ausscheiden müssen, aber alle gerne weitermachen würden. Vor allem für Manuel Gräfe, den die Profis in vielen Jahren als besten Schiedsrichter gewählt haben, machen sich sogar die Spieler stark. Sie fordern eine Ausnahmeregelung, wie es sie selbst bei der UEFA und auch in England mit Erfolg gibt. Fröhlich verschanzt sich hinter Paragrafen und betont, dass so Nachwuchs-Schiedsrichter in ihrer Karriere blockiert würden. Die allerdings müssen sowieso erst langsam herangeführt werden. An guten Schiedsrichter herrscht sowieso Mangel.
Bei einer Rundumerneuerung kommt auch der Name Oliver Bierhoff ins Gespräch. Der Sportdirektor hat sich oft genug den Zorn der Fans zugezogen, die ihn als einen der Verantwortlichen für den Niedergang der Nationalmannschaft sehen. Bundestrainer Joachim Löw ist ins zweite Glied gerückt, nachdem er seinen Rücktritt kundgetan hat. Sein möglicher Nachfolger Hansi Flick sollte sich überlegen, ob er sich den DFB überhaupt antun will. Er hat seinen Job bei Bayern München gekündigt, weil er Zoff mit Sportvorstand Salihamidzic hatte und er auf ein angenehmes Arbeitsklima wert legt. Aber ob er das angesichts dieser Streitigkeiten beim DFB wirklich findet? Der Bundestrainer kann sich davon nicht immer lösen, wenn Verwaltung und Vorstand streiten.
Überschattet von den Streitigkeiten wird auch die Vorbereitung auf die Europameisterschaft 2024 in Deutschland. Wie soll da eine gute EM-Stimmung aufkommen? Beim DFB muss sich viel ändern, doch wer übernimmt und wer kann erfolgreich sein? Der größte Verband hat offensichtlich auch die größten Probleme. Kein Wunder, dass sich zum Beispiel die DFL vom DFB bereits deutlich distanziert.