Der Aufstand der Underdogs und Bayerns neue Aufgabe

von knospepeter

Die Pokalpleite der Bayern in Mönchengladbach hat Fußball-Deutschland ganz schön durcheinander gebracht. 0:5 – da mussten sich einige erst mal zwicken, andere hielten es schlichtweg für unmöglich. Sportfans wissen aber, im Sport ist nichts unmöglich. Diese Sensation hatte aber auch Nebeneffekte, so warteten die Bundesliga-Fans wohl selten mit so einer Spannung auf das folgende Wochenende wie diesmal. Die Frage aller Fragen: Wie würden die Bayern diese Schmach verdauen. Zum anderen fiel auf, dass Lokalrivale 1860 München im Pokal mit einem überraschenden 1:0 gegen Schalke als einziger Drittligist das Achtelfinale im DFB-Pokal erreicht hat.

Und da richtet sich der Blick auf ein seltsames Phänomen im Fußball. Es gibt einen Aufstand der Underdogs, in Deutschlands Großstädten haben die Klubs aus der zweiten Reihe die Führung übernommen. Die Star-Klubs müssen kleinere Brötchen backen. Na ja, in München nicht ganz, denn vom Rekordmeister Bayern trennt die 60er als Drittligist doch eine ganze Menge, aber im Pokal sind sie schon mal vorn, obwohl ihnen vielleicht sogar ein Derby in der nächsten Runde noch lieber gewesen wäre. Das gibt es jetzt in Berlin, wo die Hertha Heimrecht gegen Union genießt, der Ostklub aber neuerdings die Nummer 1 in der Stadt ist. Diesen Wechsel hat es auch in Hamburg gegeben, wo der HSV Gefahr läuft, dass er in der zweiten Liga sitzen bleibt, Lokalrivale St. Pauli aber vielleicht in die Bundesliga aufsteigt. In Nürnberg ist dies schon passiert, der ehrwürdige Club ist Zweitligist, die SpVgg Fürth dagegen im Oberhaus. Das könnte sich aber bald ändern, die Nürnberger mischen in der zweiten Liga oben mit, für Fürth ist die erste Liga scheinbar doch eine Nummer zu groß. Die Fürther müssen aufpassen, dass sie die Saison nicht als schlechtester Verein aller Zeiten beenden und damit Tasmania Berlin ablösen.

Zurück zur Bundesliga, dort herrschte also Spannung, wie die Bayern die Pokalpleite verdauen würden, zumal das Gastspiel bei Union Berlin anstand, der Verein, den die Bayern im Vorjahr nicht schlagen konnten (zweimal 1:1), die Mannschaft, die zu Hause zuletzt in 21 Spielen ungeschlagen blieb. Jetzt aber war alles anders, für die Bayern gab es wieder fünf Tore, diesmal haben sie diese aber selbst erzielt, angeführt von einem überragenden Thomas Müller, der an vier Treffern beteiligt war und ein Tor selbst erzielte und damit gegen jeden aktuellen Bundesligisten getroffen hat. Gleichzeitig gab es wieder einen neuen Rekord mit 38 Toren in 10 Spielen. Die Abwehrschwächen lassen aber Zweifel aufkommen, ob die Bayern schon wieder gefestigt sind. Sie stehen jetzt vor einer neuen Aufgabe, sie müssen der Konkurrenz beweisen, dass sie doch unschlagbar sind, müssen sich den Respekt zurückholen, denn viele feixen schon insgeheim, „toll, die Bayern sind doch schlagbar“. Da kommt der nächsten Bundesliga-Aufgabe wieder eine große Bedeutung zu, wieder steigt die Spannung: Gegner ist der SC Freiburg, in dieser Saison noch ungeschlagen und sensationell Tabellendritter!

Ja, die Schwarzwälder erleben ein außergewöhnliches Jahr. Es ist, als hätte ihnen das neue Stadion einen besonderen Schub verliehen. Trainer Christian Streich wehrt zwar in gewohnter Weise ab, „wir haben halt 22 Punkte, prima im Kampf gegen den Abstieg“. Aber 22 Punkte bedeuten halt auch Rang drei hinter den Favoriten Bayern und Dortmund und ein Polster von fünf bzw. sechs Punkten zu den Verfolgern Leverkusen, Mainz, Union und Wolfsburg. Deshalb feierten die Fans im ausverkauften neuen Stadion bei toller Atmosphäre schon „Auf, auf, auf in die Champions League“ und fordern im Hinblick auf den Samstag „zieht den Bayern die Lederhosen aus“. Bei solcher Euphorie verblasst der zweite Schlager zwischen RB Leipzig und Borussia Dortmund, einfach deshalb, weil RB weiter hinterher hinkt. Gegen die Borussia, die nach wie vor ohne Haaland auskommen muss, können jetzt die Ambitionen auf einen Spitzenplatz neuen Auftrieb bekommen. Gladbach hat übrigens der Bayern-Fluch nicht erwischt, es gab keine Niederlage, sondern ein 2:1 gegen Bochum. Allerdings wurde aber die Aufgabe, eine Leistung wie gegen die Münchner öfters abzurufen, nicht erfüllt.

An der Tabellenspitze gibt es nach drei Klubs eine kleine Lücke, am Tabellenende drohen Bielefeld (5 Punkte) und Fürth (1) den Anschluss zu verlieren. Einen Befreiungsschlag landete der FC Augsburg mit einem 4:1 gegen den von Verletzungen gebeutelten VfB Stuttgart, bleibt aber auf dem Relegationsrang, jetzt aber punktgleich mit Eintracht Frankfurt und der Anschluss zu Bochum und Stuttgart ist hergestellt. Allerdings haben es die nächsten Aufgaben in sich (in Wolfsburg und gegen die Bayern). Nach zehn Spieltagen ist die Zeit für eine kleine Bestandsaufnahme gekommen, die Tabelle gibt bereits deutliche Hinweise.

Im Pokal gibt es im Achtelfinale am 18./19. Januar 2022 übrigens interessante Duelle, so dass uns wieder tolle Pokalabende bevorstehen können. Die Paarungen: Hoffenheim – Freiburg, St. Pauli – Dortmund, 1860 München – Karlsruhe, Hannover – Gladbach, Hertha – Union, Leipzig – Rostock, Bochum – Mainz. Es könnte also wieder beste Werbung für den Pokal geben.

Revanche in der Champions League

Zunächst ruft erst mal wieder Europa in dieser Woche. Mit Ausnahme der Bayern ist in der Champions League für die Bundesligisten die Zeit der Revanche gekommen. Leipzig und Wolfsburg zieren in ihren Gruppen sogar das Tabellenende. Vor allem für RB ist es bekanntlich ein schweres Jahr, nun kommt der Star-Klub Paris St. Germain, allerdings sollte das Hinspiel trotz 2:3-Niederlage Mut machen. Wolfsburg muss gegen Salzburg nach der 1:3-Hinspielniederlage die letzte Chance für das Weiterkommen wahrnehmen. Da war es gut, dass der Einstand vom neuen Trainer Florian Kohfeldt in Leverkusen gelang. Dortmund muss fast eine Schmach wie die Bayern tilgen, wenn auch das 0:4 bei Ajax Amsterdam nicht ganz so spektakulär war. Eine Revanche sollte aber sein.

Von Revanche kann diesmal bei den Bayern keine Rede sein, schließlich gewannen sie bereits in Lissabon mit 4:0, da war die Welt noch in Ordnung. Ist es auch noch in der Champions League, schließlich bedeuten 12:0 Tore und drei Siege Rekord in der CL, außerdem sind die Bayern seit 25 Gruppenspielen ungeschlagen und mussten bisher gegen Benfica nie eine Niederlage einstecken. Benfica hat zudem seit drei Jahren auswärts in der CL nicht gewonnen! Aber ist die Mannschaft wirklich gefestigt? Erfreulich, dass sich die angeschlagenen Hernandez und Gorotzka einsatzbereit melden. Mit einem Sieg wäre sogar schon der Einzug ins Achtelfinale perfekt!

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