Endspurt: Alle wollen nach Katar
von knospepeter
Es ist schon seltsam, das Emirat Katar in Vorderasien mit seinen 2,7 Millionen Einwohnern wird weltweit kritisiert für seine Menschenrechtsverletzungen und getadelt für Umweltvergehen. Katar will sich aber schon lange in der Welt als moderner Staat präsentieren und hat für eine bessere Reputation den Sport gewählt. Zahlreiche Weltmeisterschaften wurden bereits in die Hauptstadt Doha vergeben und als Höhepunkt steht die Fußball-Weltmeisterschaft vom 21. November bis 18. Dezember 2022 an. Vor allem in Europa wurde die Vergabe kritisiert, nicht nur, weil wohl Schmiergelder an die FIFA-Funktionäre geflossen sind, sondern vor allem, weil es die klimatischen Bedingungen notwendig machen, die WM im Winter auszutragen. Ab Donnerstag beginnt in Europa der Endspurt der Qualifikation für die Weltmeisterschaft und plötzlich wollen alle nach Katar. Keiner will zu Hause bleiben. Qualifiziert sind die Erstplatzierten der zehn Gruppen, die Zweitplatzierten kämpfen mit zwei Glücklichen aus der Nations League um die restlichen drei Fahrkarten.
Nach Katar fliegen werden auf jeden Deutschland und Dänemark, die sich als erste Nationen bereits qualifiziert haben und die ihre restlichen Qualifikationsspiele als Tests bestreiten können. Aber es gibt auch noch einige interessante Endkämpfe, es können sogar Endspiele werden, wenn sich die Bewerber direkt gegenüber stehen. So Spanien (13 Punkte) und Schweden (15) in der Gruppe B am Sonntag (beide sind noch Donnerstag im Einsatz), Italien und die Schweiz (beide 14) in der Gruppe C am Freitag, die Niederlande (19) und Norwegen (17) am Dienstag, 16.11., in der Gruppe G und Kroatien (17) und Russland (19) am Sonntag in der Gruppe H. So eine WM-Qualifikation kann also doch ganz interessant sein, auch wenn man erst nach Katar muss und dann will. In den restlichen Gruppen duellieren sich Serbien (17) und Portugal (16) in der Gruppe A, Frankreich (12) und die Ukraine (9) in der Gruppe D, Belgien (16) und Tschechien sowie Wales (beide 11) in der Gruppe E und England (20) und Polen (17) in der Gruppe I).
Um die umstrittene Nations League aufzuwerten, gibt es dort Startplätze für die Play-Offs für die Nationen, die Gruppensieger wurden, sich aber nicht direkt qualifiziert haben. Gute Aussichten hat dabei Österreich als Vierter der Gruppe F, aber auch Wales und Tschechien und eventuell sogar die Türkei hoffen aus diese Hintertür, durch die sie noch nach Katar kommen könnten. Dafür müssen 12 Nationen aber Zusatzaufgaben lösen, drei bekommen wie gesagt das Ticket.
Für Deutschland und Bundestrainer Hansi Flick ist der Endspurt eher ein Freizeitvergnügen. Der Coach hat für die letzten Spiele gegen Liechtenstein am Donnerstag in Wolfsburg und am Sonntag in Armenien ein großes Aufgebot nominiert und auch schon angekündigt, dass er auf die Belastung der Spieler in den Vereinen Rücksicht nehmen will. Als einziger Neuling wurde Lukas Nmecha nominiert, der in der U21 schon als Torjäger auffiel und Torschützenkönig der EM-Endrunde wurde. Zuletzt traf er auch regelmäßig beim VfL Wolfsburg und da sollte er doch in der Stadt seines Vereins eine Chance erhalten. Rückkehrer sind u. a. Julian Brandt und Julian Draxler, die Flick einmal im Kreis der Mannschaft sehen will. Von einem Einsatz hat er nichts gesagt. Aber gerade gegen Liechtenstein könnte er mal den Jungen und der zweite Garde eine Chance geben und dennoch weiter siegen, was sein Ziel ist.
Herr Flick, wie wäre es mit dieser Mannschaft gegen Liechtenstein: ter Stegen – Hofmann, Ginter, Schlotterbeck (der endlich zu seinem Debüt kommen sollte), Günter – Gündogan, Neuhaus – Gnabry, Wirtz, Musiala – Nmecha (Adeyemi). Mehr Rotation geht nicht.
Ein Spieltag für die Bayern
Bevor die Bundesliga in die Länderspielpause geht, hat es an der Spitze noch eine Weichenstellung für die Zukunft gegeben. Wieder einmal war es ein Spieltag für die Bayern. Gut, es sind erst 11 Runden ausgetragen, etwa ein Drittel der Saison, und die Bayern werden an Weihnachten auch noch nicht als Meister gefeiert werden. Aber der Vorsprung hat sich von einem auf vier Punkte vergrößert. Dazu haben die Bayern ihren Beitrag mit einem 2:1 über den SC Freiburg geleistet und Dortmund hat mit einer 1:2-Niederlage in Leipzig für Schützenhilfe gesorgt. Der Unterschied ist derzeit frappierend: Dort die Bayern, die den Schock des Pokal-Aus in Siege in den anderen Wettbewerben umgewandelt haben, dort die Dortmunder, die die Münchner endlich herausfordern wollen, aber vom Verletzungspech gebremst werden. Ohne Torjäger Erling Haaland halt auch kein Titel – so scheint es. So hoffen alle, dass der Norweger wenigstens bis zum großen direkten Duell am 4. Dezember wieder fit ist.
Die Freiburger haben sich in München tapfer gewehrt, aber sie mussten am Ende eingestehen, dass die Bayern einfach abgeklärter und cleverer waren. Da werden die Schwarzwälder auch ihre erste Saisonniederlage verkraften, sie bleiben weiter Dritter. Lustig, dass vorher von den Freiburgern als „unschlagbar“ gesprochen wurde, ein Etikett, für das eigentlich die Bayern ein Alleinstellungsmerkmal haben wollen. „Unschlagbar“, das hat angeblich Trainer Julian Nagelsmann seinen Mannen am Anfang der Saison mit auf den Weg gegeben. Vor Niederlagen sind die Bayern aber nicht gefeit und passiert das, geht das „unschlagbar“ wieder von vorne los. Auf jeden Fall hat der Meister jetzt eine fröhliche Länderspielpause, vor der letzten gab es eine Niederlage in Frankfurt!. Übrigens kommen die Münchner einem Rekord immer näher: 100 Tore haben sie jetzt 2021 erzielt, der Rekord in einem Jahr steht bei 101, gehalten vom 1. FC Köln. Der nächste Gegner ist der FC Augsburg am 19. November. Ob er den neuen Rekord verhindern kann?
Für RB Leipzig war der Sieg gegen Dortmund Balsam auf die Wunden (u. a. Ausscheiden in der Champions League), gleichzeitig sorgte er dafür, dass in der Bundesliga der Anschluss nach oben geschafft wurde. Dortmund wiederum erfährt einen Rückschlag nach dem anderen (Marco Reus: „Dumm von uns“). Besonders bitter nach dem Eklat in der Champions League. Da hat bekanntlich der englische Schiedsrichter Michael Oliver Abwehrchef Mats Hummels vollkommen widersinnig vom Platz gestellt. Beim 1:3 gegen Ajax Amsterdam grätschte Hummels vor Gegenspieler Antony ins Leere, doch der trat auf Hummels Bein und wälzte sich dann oscarreif auf dem Boden und mimte den toten Schwan. Referee Oliver zückte Rot und hielt es nicht einmal für notwendig, sich die Szene am Bildschirm anzuschauen, um festzustellen, was Millionen an den TV-Geräten in Zeitlupe sahen. Kein Rot! Der VAR schwieg und damit wurde wieder einmal die Frage aufgeworfen, ob der Videoschiedsrichter wirklich die große Errungenschaft ist. Er könnte es sein, wenn er richtig angewendet wird. Aber so wird er zur Lachnummer. Gut, in Dortmund haben sie natürlich nicht gelacht. Die Borussia hat aber in der Champions League noch alle Chancen und vier Punkte Rückstand zu Bayern München sind noch nicht das Ende aller Träume. Wir haben doch erst November.