Das Wechseltheater ist spannender als die Punktrunde

von knospepeter

Jetzt steht es fest: Die Fußball-Bundesliga beginnt am Freitag, 5. August, mit dem Knüller Eintracht Frankfurt (Champion in der Europa League) gegen Bayern München (zehn Jahre lang immer Meister). Warten die Fans jetzt voller Vorfreude auf die neue Saison? Nein, denn ihre Aufmerksamkeit liegt zur Zeit darauf, wie ihr Verein denn für die nahe Zukunft gerüstet ist. Die offizielle Wechselfrist beginnt zwar erst am 1. Juli, doch bereits jetzt beherrscht vor allem ein Thema die Medien und Fans: Wer kommt, wer geht? Das Wechseltheater ist spannender als die Punktrunde, denn da weiß (fast) jeder, Bayern wird Meister!

In der Bundesliga spielte bisher Borussia Dortmund die Hauptrolle im Wechseltheater. Neuer Trainer und neue Spieler mit nur einem Ziel: Endlich die Bayern stoppen. Der Coup bestand darin, den Münchnern Niklas Süle abgeluchst zu haben und dazu mit Nico Schlotterbeck das mögliche Abwehrduo der Nationalmannschaft in den eigenen Reihen zu platzieren. Dazu kommen bisher Karim Ademeyi aus Salzburg und Salih Özcan aus Köln, eine Investition von etwa 55 Millionen Euro, allein für Erling Haaland hat der BVB aber 75 Millionen kassiert.

Die Bayern backten bisher kleinere Brötchen, die Neuen von Ajax Amsterdam, Ryan Grevenberch (18,5 Millionen) und Noussair Mazroui (ablösefrei) rissen niemand von den Sitzen. Doch jetzt folgte der Befreiungsschlag: Mit Sadio Mané vom FC Liverpool holten die Münchner einen echten Weltstar in die Bundesliga. „Er bringt die Liga zum Leuchten“ urteilt das Fachblatt kicker. Der 30-jährige Senegalese hat den Bayern schon mal weh getan, nun soll er den Meister zu Erfolgen vor allem in der Champions League führen. Es ist der Coup, den die Bayern oft in der Vergangenheit gesetzt haben, wenn sie mit der Saison nicht ganz zufrieden waren. Ein Dreijahresvertrag soll in dieser Woche unterschrieben werden, die Ablösesumme beträgt als Basis 32 Millionen Euro, es könnten aber bei entsprechenden Erfolgen noch 41 Millionen werden. Fast ein Schnäppchen, denn als Mané 2016 von Southampton nach Liverpool wechselte, kostete er bereits 40 Millionen Euro.

Jetzt ist die große Frage, ob Mané Torjäger Robert Lewandowski ersetzen wird oder neben dem Polen wirbeln (Mané fühlt sich eher auf den Flügeln wohl). Könnte sein, dass Lewandowski seine Wechselgedanken zum FC Barcelona neu ordnet. Ist der von Schulden geplagte Verein wirklich eine gute und erfolgversprechende Lösung? Kann er vielleicht doch mit Mané seine sportlichen Ziele erreichen? Andererseits ist da Trainer Julian Nagelsmann, der auf ein bewegliches Angriffsspiel setzt, da fühlte sich der Pole zuletzt nicht so wohl bzw. zurückgesetzt. Mané wird aber vor allem Coman, Gnabry (so er bleibt) und Sané Beine machen.

Die Bayern haben zumindest vorgesorgt. Dortmund will sich allerdings nicht in den Hintergrund drängen lassen, sondern forciert seine Bemühungen um Verstärkungen, jetzt ist Ajax-Torjäger Sebastien Haller (in der Bundesliga schon erfolgreich) als Haaland-Ersatz im Gespräch. Ein Weltstar ist er aber nicht. Der FC Liverpool hat übrigens ebenfalls vorgesorgt, damit der Mané-Abgang nicht schmerzt. Während der Saison kam ja schon Flügelflitzer Luis Diaz, jetzt gibt der Klub von Jürgen Klopp noch viel Geld für Torjäger Darwin Nunez von Benfica Lissabon aus, der Uruguayer kostet rund 100 Millionen Euro. Im Wechseltheater ist also einiges los.

Angesichts dieser Aktivitäten verblassen die Rollen der Nebendarsteller, aber abgerechnet wird am Schluss, es ist noch viel Zeit. Einigen Wirbel gibt es in Frankfurt, da steht Dampfmacher Filip Kostic vor dem Absprung, Alario von Bayer Leverkusen wird als Neuzugang gehandelt und für einen Hammer sorgte die Eintracht auch: Sie habe Interesse an Mario Götze, heißt es, man stehe kurz vor dem Abschluss. Der WM-Held von 2014 ist nach einem Tief zuletzt in Eindhoven wieder aufgetaucht. Angeblich möchte er zurück in die Bundesliga und zudem in die Nationalmannschaft. Das passt zu einem tollen Theater. Theater gibt es aber auch um David Raum, dem neuen Star auf Links im Nationalteam, den Hoffenheim über kurz oder lang nicht halten kann. Auch da hat der BVB seine Finger im Spiel, aber das Geld könnte nicht reichen, wenn Klubs aus England zuschnappen. Die Neureichen aus Newcastle und West Ham sollen Interesse haben, 40 Millionen stehen bei David im Raum, wohl zu viel für Dortmund.

Ein Wechsel ist noch mehr als nur eine Randnotiz: Miroslav Klose, Weltmeister 2014, 137-facher Nationalspieler und mit 71 Treffern bester Torschütze der DFB-Auswahl, startet jetzt seine Karriere als Profi-Trainer. Den ersten Versuch darf der 44-Jährige beim österreichischen Erstligisten SCR Altach machen. Der kleine Verein in Vorarlberg hat gerade noch die Klasse erhalten, jetzt soll es mit Klose nach oben gehen. Klose hat zum Anfang seiner Trainer-Karriere ein Praktikum beim DFB gemacht unter Bundestrainer Joachim Löw, war zwei Jahre lang Coach der U17 bei Bayern München und danach Assistent von Cheftrainer Hansi Flick mit dem Gewinn des Triple 2020. Jetzt löst er in Altach den Schweizer Ludovic Magnin ab, der früher in Bremen und Stuttgart gespielt hat. Klose nimmt als Assistent Slaven Skeledzic mit, mit dem er bei der U17 gearbeitet hat. Mit Ballbesitz, spielerischen Momenten und offensivem Ansatz will der einstige Torjäger Altach nach oben führen. Gewöhnen muss er sich an ein kleines Stadion, Altach hat 7000 Einwohner, 4130 sind durchschnittlich bei den Spielen dabei. Viel Glück, Miro!

Frauen im EM-Fieber

Ein Wechseltheater gibt bei der deutschen Fußball-Nationalmannschaft der Frauen nicht, aber ein bisschen Theater schon rund um den Kader für die bevorstehende Europameisterschaft. Zuerst wollte Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg den Kader von 28 auf 23 frühzeitig reduzieren, dann nicht, nun tat sie es doch und sorgte damit für ein bisschen Verwunderung. Nicht dabei sind die Torhüterin Tufekovic (Hoffenheim) sowie Nüsken (Frankfurt), Rall (Bayern) und überraschend Jana Feldkamp (Hoffenheim). Mit der Nominierung des Abwehrtalents durfte gerechnet werden, jetzt erhielt jedoch Sara Doorsoun (Frankfurt) den Vorzug, aber gerade sie zeigte in der Vergangenheit große Schwächen. Mit Kapitänin Alexandra Popp, die positiv auf Corona getestet wurde, rechnet die Trainerin, belässt aber zur Sicherheit Chantal Hagel (Hoffenheim) als 24. Spielerin im Team. Verzichten muss sie ja sowieso auf Melanie Leupolz, die Mutterfreuden entgegen sieht, und die verletzte Maroszan.

Nach zwei Trainingslagern fiebert die Mannschaft jetzt der Europameisterschaft in England entgegen. Start für das deutsche Team ist am 8. Juli gegen Dänemark, dann folgen Spanien (12.) und Finnland (16.) als Gruppengegner. Der einzige Test findet am Freitag (17.00 Uhr) gegen die Schweiz statt.

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