Das Duell der Weltfußballer von morgen
von knospepeter
Weltmeisterschaft und Champions League sind internationale Ereignisse, doch die Fußball-Fans interessiert in erster Linie die Bundesliga, sie ist schließlich das tägliche Brot für Vereine, Spieler und Anhänger. Da wird tagelang gelitten, wenn die Ergebnisse nicht stimmen. Gejammert wird in diesen Tagen vor allem in Dortmund, denn die Borussia hat es immer noch nicht gelernt konstante Leistungen zu bringen, um dauerhaft erfolgreich zu sein. Vor dem großen Duell am Samstag (18.30 Uhr) hätte Dortmund den Dauer-Meister aus München (derzeit Dritter) als Tabellenführer erwarten können. Aber wieder gab es einen Ausrutscher, nach der 2:3-Niederlage in Köln rangieren die Bayern bei Punktgleichheit (beide 15, Tordifferenz +17 zu +1!) vor der Borussia. Davor liegen (ebenfalls punktgleich mit 17) die Außenseiter Union Berlin und SC Freiburg.
Dennoch bleibt das Duell Dortmund – Bayern momentan der attraktivste Vergleich. Diesmal sogar unter besonderen Vorzeichen, denn mit Jude Bellingham und Jamal Musiala treffen zwei junge Spieler aufeinander, die zuletzt die Schlagzeilen bestimmt haben und Fans und Experten träumen lassen. Sogar von den Weltfußballern von morgen ist die Rede, Nachfolger für die Stars Lionel Messi und Cristiano Ronaldo werden gesucht. So weit sind die beiden 19-Jährigen natürlich noch nicht, aber sie bestimmten in den letzten Wochen in Deutschland dank ihrer überdurchschnittlichen Leistungen die Schlagzeilen. Und das Schönste dabei: Sie sind Freunde.
Ihre Karriere verlief bisher konträr, doch sie trafen sich in den Nachwuchs-Nationalmannschaften von England und waren gemeinsam erfolgreich. Jude Bellingham begann seine Karriere in der Akademie von Birmingham City, schoss in der U10 einmal 15 Tore in einer Halbzeit, wurde schnell in die nächsten Altersklassen befördert und debütierte mit 16 Jahren bereits in der Championship, der zweiten Liga in England. Die Topklubs standen Schlange, doch nicht Manchester United oder der FC Liverpool erhielten den Zuschlag, Bellingham entschied sich im Sommer 2020 für Borussia Dortmund und wechselte für 25 Millionen Euro in die Bundesliga. Akademieleiter Speakman gestand: „Wir haben mehr von Jude gelernt, als er von uns.“ Der junge Mann selbst, die Eltern und Berater sahen in Dortmund die beste Chance zur Entwicklung ohne großen Wirbel in der englischen Presse. Bellingham begeisterte auch gleich Borussia-Trainer Lucien Favre und wurde schnell ein entscheidender Faktor im Dortmunder Spiel. Am Samstag war er sogar der jüngste Kapitän der Mannschaft in der Geschichte des Vereins. Mit 19 wohlgemerkt!
Der Traum von Jude Bellingham bleibt allerdings die Premier League in England. Bei Jamal Musiala ist das nicht unbedingt so, es scheint, er hat sein Glück in Deutschland gefunden und da bei den Bayern. Geboren ist er in Stuttgart und kam als Siebenjähriger nach England, weil die Familie wegen des Studiums der Mutter dorthin zog. Er begann seine Karriere beim FC Southampton und wechselte als Achtjähriger schon zu Chelsea London. Sein Ziel: Fußball-Profi werden. Der Brexit spielte eine entscheidende Rolle in seinem Leben, die Mutter wollte wieder nach Deutschland, die Bayern hatten Jamal im Visier und konnten ihn begeistern. Sie mussten lediglich eine Ausbildungsentschädigung im niedrigen sechsstelligen Bereich bezahlen. Über die U17 und U19 kam Musiala schnell in den Blickpunkt von Profi-Trainer Hansi Flick und Bundestrainer Joachim Löw begeisterte ihn für die deutsche Nationalmannschaft. Am 20. Juni 2020 debütierte er in der Bundesliga beim 3:1 gegen Freiburg, am 25. März 2021 im DFB-Team beim 3:0 in der WM-Qualifikation gegen Irland. Inzwischen ist er in beiden Mannschaften ein fester Bestandteil, auch beim 4:0 gegen Leverkusen war er wieder bester Bayern-Spieler und es hieß einmal mehr: „Es ist ein Genuss, ihn spielen zu sehen.“
Doch wohin führen die Wege der beiden am Ende wirklich? Einmal in einem Team? Am Samstag stehen sie sich zunächst im Bundesliga-Alltag gegenüber und es geht um das tägliche Brot. Die Bayern wollen endlich wieder an die Spitze und die Konkurrenz tat schon ein bisschen was dafür. Nur Freiburg siegte, Tabellenführer Union Berlin verlor erstmals (0:2 in Frankfurt), Dortmund verlor, Hoffenheim kam nur zu einem 1:1 bei Hertha BSC. Die Bayern mischten Leverkusen auf, aber Bayer zeigte nicht die Gegenwehr wie zuletzt andere Teams, so der FC Augsburg, die kratzten und bissen und hatten hervorragende Torhüter. Da fanden die Münchner kein Gegenmittel. Doch kann das auch Dortmund? Trainer Edin Terzic bemängelt schließlich mangelnde Zweikampfhärte bei seinen Schützlingen. Ohne die wird es nicht gehen. In den letzten vier Jahren hatten die Bayern immer das bessere Ende für sich, siegten im Vorjahr 3:2 und 3:1. Union und Freiburg wollen ihre Plätze ganz oben aber verteidigen, haben dabei Teams aus dem Keller als Gegner: Union muss nach Stuttgart, Freiburg gastiert bei der Hertha in Berlin.
Mit dem Abstieg wurde Bayer Leverkusen vor der Saison nicht in Verbindung gebracht, doch jetzt wird die Verunsicherung immer größer. Gegen Schalke muss ein Befreiungsschlag her, sonst ist Trainer Gerardo Seoane nicht zu halten. Schalke hat auch seine Probleme, das Team belohnt sich nicht und verlor jetzt gegen Augsburg mit 2:3 selbst in Überzahl. Der FCA wiederum siegte dreimal hintereinander (Vereinsrekord) und bannte den Bayern-Fluch, siegte nämlich nach dem 1:0 gegen die Münchner gleich wieder – ansonsten werden Siege gegen die Bayern mit einer Punkte-Dürre in den nächsten Partien bestraft.
Was bringt Europa?
Letzte Woche Nations League, jetzt wieder die Klub-Wettbewerbe in Europa. Erkenntnisse? Das DFB-Team hat sich nicht mit Lorbeeren geschmückt, Bundestrainer Hansi Flick ist nach dem 0:1 gegen Ungarn und 3:3 gegen England genauso klug wie zuvor. Seine Kandidaten müssen sich für die WM in den Vereinen empfehlen. Da würden sich die internationalen Spiele anbieten, doch das Abschneiden der Bundesligisten war bisher eher mäßig. Leuchtendes Vorbild wieder einmal die Bayern, die nach 2:0-Siegen bei Inter Mailand und den FC Barcelona Tabellenführer der Gruppe C sind. Jetzt folgen zwei Duelle mit dem bisher punktlosen Außenseiter Viktoria Pilsen. Alle vier Vergleiche bisher haben die Bayern gewonnen, außerdem ihre letzten zwölf (!) Heimspiele in der CL ebenfalls erfolgreich bestritten. Allerdings fehlen am Dienstag die Mannschaftsstützen Joshua Kimmich und Thomas Müller wegen eines positiven Corona-Tests. Ein besonderer Test auch für Trainer Julian Nagelsmann und das Team, denn Ausfälle wird es in den Stresszeiten immer geben.
Alle anderen Bundesligisten sind in den Doppelspielen der CL dringend auf Siege angewiesen, wollen sie die Gruppenphase erfolgreich überstehen. Das punktlose Leipzig muss Celtic Glasgow eigentlich zweimal schlagen, für Dortmund, Frankfurt und Leverkusen geht es gegen Sevilla, Tottenham bzw. Porto um Weichenstellungen. Erfolgreich in der Europa League ist auch der SC Freiburg mit zwei Siegen, jetzt geht es gegen den FC Nantes, Union Berlin sollte dagegen Malmö schlagen. Der Bundesliga-Tabellenführer noch ohne Punkt ist ein schlechtes Bild. Da steht der 1. FC Köln in der Conference League besser da, ist mit vier Punkten in der Gruppe D Spitzenreiter und will dies gegen Partizan Belgrad bleiben.
Frauen im Aufwind
Auch die Frauen schauen auf ihre Champions League, Bayern München hat mit zwei Siegen gegen Real Sociedad den Sprung in die Gruppenphase geschafft, für die Meister Wolfsburg bereits direkt qualifiziert war. Am 19. Oktober geht es richtig los, die Gruppen wurden am Montag ausgelost. Wolfsburg hat es als gesetztes Team leichter und trifft auf Slavia Prag, St. Pölten und AS Rom. Die Bayern haben den FC Barcelona als dicken Brocken, der im Vorjahr Hoffenheim und Wolfsburg ausgeschaltet hat. Nicht leicht auch Rosengard (Schweden) und wie im Vorjahr Benfica Lissabon (0:0 und 4:0). Die Gruppenphase läuft bis zum 21. Dezember, gespielt wird also auch während der WM in Katar. Die K.o.-Spiele folgen im Januar.
Der Frauen-Fußball befindet sich in Deutschland in einem leichten Aufwind, die Zuschauerzahlen sind gestiegen, jetzt will die Nationalmannschaft an die EM-Euphorie vom Sommer anschließen. Am Freitag (20.30 Uhr) geht es in Dresden in einem Freundschaftsspiel gegen Frankreich und es kann mit über 20.000 Zuschauern gerechnet werden. Die ARD überträgt das Spiel live zu bester Sendezeit, da haben die Mädchen wohl mehr TV-Zuschauer als parallel das Bundesligaspiel Hoffenheim – Bremen. Die Bestbesetzung kann Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg nicht aufbieten, Lina Magull (Corona), Sara Däbritz und Laura Freigang (beide verletzt) fallen aus. Dennoch sollte wieder Werbung für den Frauen-Fußball gelingen.