WM-Festival: Aber wie lange gibt es den Wintersport noch?
von knospepeter
Am Mittwoch haben die deutschen Handballer noch einmal zugeschlagen, also rein quotenmäßig im Fernsehen, denn sportlich ging es im WM-Viertelfinale gegen Frankreich beim 28:34 daneben. Aber Deutschlands Sportfans waren dabei, 7,5 Millionen haben Daumen gedrückt und gezittert, ein Rekord für dieses Turnier. Der wird sich nicht mehr verbessern lassen, Platzierungsspiele sind nicht das Gelbe vom Ei, Afrikameister Ägypten ist der nächste Gegner am Freitag in Stockholm. Bei einem Sieg ginge es am Sonntag nur noch um Platz fünf – das neue Ziel. Den Titel machen dafür Frankreich, Schweden, Spanien und Dänemark unter sich aus. Vor dem Turnier wurden sie als die größten Favoriten bezeichnet, den Außenseitern haben sie keine Chance gelassen.
Von den TV-Einschaltquoten wie Handball können die Wintersportdisziplinen zwar nur träumen, aber sie sind mit der Resonanz von November bis März durchaus zufrieden, denn die Wintersportnachmittage bei ARD und ZDF kommen an und haben höhere Einschaltquoten als das übliche Programm am Nachmittag. Und die Sommersportarten schauen da neidisch auf den Winter. Doch die Frage ist, wie lange noch? Wie lange wird es überhaupt noch Wintersport geben, der Klimawandel nimmt ihm den Schnee weg. Wie gegensteuern? In die Halle kann der Wintersport nicht verlegt werden, wenn auch Phantasten von solchen Hallen träumen und Saudi-Arabien den Wintersport in der Wüste ausüben will.
In den nächsten Wochen gibt es allerdings ein Lebenszeichen, im Wintersport steht ein WM-Festival an, eine Weltmeisterschaft reiht sich an die nächste. Die Rodler machen in Oberhof den Anfang, da darf sich Deutschland auch auf die meisten Medaillen freuen, dann geht es Schlag auf Schlag auf weiter: Bob/Skeleton vom 26. Januar bis 5. Februar in St. Moritz, Ski alpin vom 6. – 19. Februar in Courchevel und Meribel, Biathlon vom 8. – 19. Februar in Oberhof, Ski nordisch vom 23. Februar – 5. März in Planica, Eisschnelllauf vom 2. – 5. März in Heerenveen. Eishockey folgt erst im Mai.
In diesem Jahr ist der Schnee noch da und die deutschen Frauen und Männer sind überall auf der Medaillenjagd dabei, logischerweise mit unterschiedlichen Aussichten. Außer dem Rodeln gilt auch Bob als „deutsche Sportart“, kein anderes Land hat so viele Eisbahnen für das Training zur Verfügung. In Deutschland sind es vier (mit Königssee, das erst wieder erneuert werden muss), andere Nationen kommen im Höchstfall auf zwei. Eisbahnen können dem Klimawandel trotzen, der Schnee nicht. Er wird sich immer weiter in höhere Regionen zurückziehen und damit dem Sport vielfältige Probleme bereiten. Es geht ja nicht nur um die Wettkämpfe allein, um die Zuschauer und die Stimmung, sondern vor allem auch um das Training und die Nachwuchsarbeit. Welche Jugendlichen sollen den Weg zum Wintersport finden, wenn es keinen Winter mehr gibt? Da befindet sich sogar das Internationale Olympische Komitee im Dilemma, weil natürlich auch die Olympischen Winterspiele bedroht sind. Im Gespräch sind ständig rotierende Austragungsorte in schneesicheren Gebieten. Die Suche läuft, deshalb wurde die Bewerbung für künftige Spiele ausgesetzt, Mailand und Cortina d’Ampezzo sollen 2026 nicht die letzten Winterspiele sehen.
Aber es ist nicht nur der Klimawandel, manchmal machen sich die Wintersportverbände auch selbst das Leben schwer, wenn sie nicht genug auf die Natur Rücksicht nehmen und prestigeträchtige Veranstaltungen auf Gedeih und Verderb durchziehen wollen. Manchmal ist eine Sportart aber auch von den Funktionären selbst bedroht. Das geht der Nordische Kombination so, die von immer weniger Nationen betrieben werden, wo die Frauen mit ihren Wettkämpfen zu wenig anerkannt werden und das IOC sogar schon die Frage aufgeworfen hat, ob sie nicht überhaupt aus dem Olympia-Programm gestrichen werden soll. Es könnte allerdings auch heißen, macht noch ein bisschen weiter, lange gibt es den Wintersport sowieso nicht mehr…
Die Sorgen haben die Handballer natürlich nicht, auch für den Nachwuchs dürfte gesorgt sein, denn es ist eine alte Tatsache, dass die Jugend sich für erfolgreiche Sportarten interessiert. Deshalb hat die Pleite in Katar den Fußball auch doppelt geschmerzt. Auch wenn die Handballer ohne Medaille heimkommen, mit stolz geschwellter Brust allemal, nach dem Motto: „Wir haben den Fußballern gezeigt wie es geht!“ Und mehr Sympathien gewonnen!