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Kategorie: Bayern München

Bayern-Krise endet im Triple-Triumph

Wenn die Fußball-Stars von Paris Saint Germain auf dem Spielfeld bedröppelt herumstehen, wenn die größten Bayern-Kritiker plötzlich Lobeshymnen schwingen, dann weiß man, was passiert ist: Bayern München ist am Ziel seiner Träume und holte das Triple! Bisher schaffte dieses Non-Plus-Ultra im Profi-Fußball (Nationale Meisterschaft, Pokalsieg, Titel Champions League) nur der FC Barcelona 2009 und 2015, jetzt wiederholten die Bayern diesen Triumph von 2013 sieben Jahre später in Lissabon erneut. Schade, dass es 2020 nur ein stiller Triumph wurde, weil wegen Corona keine Zuschauer im Stadien zugelassen waren. Still auch die Heimkehr in die Heimatstadt, weil die Hygienevorschriften Menschenansammlungen verbieten. Umso lauter wird der Erfolg ansonsten in den Medien und in der Öffentlichkeit gefeiert, rund 15 Millionen Zuschauer waren beim ZDF (fast 13 Millionen) und Pay-TV-Sender Sky an den Bildschirmen dabei. Ein Rekord im Fernsehjahr 2020. Plötzlich drückten den oft ungeliebten, weil zu erfolgreichen Bayern fast alle die Daumen.

Eigentlich ist es ein Märchen, dass die Münchner am Sonntag in Lissabon den Henkelpott in Empfang nehmen konnten. Im Herbst 2019 war der Respekt vor dem Rekordmeister in der Bundesliga verflogen. Trainer Hansi Flick, der den glücklosen und hilflosen Niko Kovac als Cheftrainer abgelöst hatte, erinnert sich: „Keiner hatte mehr Angst vor den Bayern.“ Die Bosse um Karl-Heinz Rummenigge und Ulli Hoeneß bewiesen aber wieder einmal, dass sie Krisenmanagement besser als andere Klubs beherrschen, wobei in dem Fall nicht einmal das Geld eine Rolle gespielt hat. Der eigentlich scheue, zurückhaltende Hansi Flick wurde im Hollywood-Klub zum Glücksgriff. „Er ist ein Menschenfänger“, loben die Spieler. Selbst zwei Niederlagen am Anfang gegen Leverkusen und Gladbach konnten den Erfolgsweg nicht stoppen, der unaufhaltsam wurde, am Ende standen Rekorde und der Triple-Triumph! So nebenher lösten die Münchner zudem Real Madrid als Nummer 1 in der UEFA-Rangliste ab. Jetzt fragen sich viele nach 29 Siegen in Folge, davon elf in der CL (neuer Rekord bei einer Torquote von 3,9 pro Spiel, Rekord!): Können die Bayern 2020 überhaupt verlieren?

Was den Gegnern Angst machen muss: Der Deutsche Rekordmeister hat den Umbruch innerhalb der Mannschaft bestens gemeistert. 2013 war die Zeit der Schweinsteiger, Ribery und Robben, die Mannschaft 2020 gilt als genau so stark und ist vor allem jünger, gilt genauso als Team der Zukunft. Dabei stellt sich den Verantwortlichen die Frage, ob diese Mannschaft überhaupt noch zu verstärken ist. Die abwanderungslustigen Kandidaten Thiago (liebäugelt mit Liverpool) und Alaba (angeblich Tendenz des Bleibens) müssen sich fragen, ob sie woanders erfolgreicher sein können. Nur Abgänge müssen kompensiert werden, Leroy Sané ist bisher der einzige Neuzugang. Sie sollten aber bei Torjäger Robert Lewandowski nachfragen, für den am Sonntag ebenfalls ein Traum in Erfüllung ging: Er wechselte einst zu den Bayern um die Champions League zu gewinnen! Er hat seinen Teil dazu beigetragen, wurde mit 15 Treffern Torschützenkönig, nur Cristiano Ronaldo war 2013/14 mit 17 Toren besser.

Aber es ist nicht der Erfolg Einzelner, das Triple ist ein Erfolg der Mannschaft, „Menschenfänger“ Hansi Flick und sein Team haben Ehrgeiz und Zusammenhalt inplantiert. 20 Spieler hat Flick in der CL eingesetzt, es überrascht, dass neben Torhüter Manuel Neuer und Joshua Kimmich Barcelona-Leihgabe Philippe Coutinho bei allen elf Spielen im Einsatz war. Und das muss den Gegnern ebenfalls Angst machen: Die Münchner bleiben erfolgshungrig, das Titel-Hamstern soll noch nicht vorbei sein, nächste Gelegenheit ist am 24. September im UEFA-Supercup in Budapest gegen den FC Sevilla, Sieger in der Europa League. Nach dem Start in der Bundesliga am 18. September steht dann der deutsche Supercup am 30. September gegen Borussia Dortmund an.

Der Trainer hat also ganze Arbeit geleistet. Er hat vor allem oft ein glückliches Händchen bewiesen, mit Youngster Zirkzee in der Bundesliga, der entscheidende Tore schoss, im Finale mit dem Wechsel von Coman für Perisic. Ausgerechnet der gebürtige Pariser schoss das goldene Tor, es war Bayerns 500. Treffer in der CL! Flick bewies auch ein gutes Händchen im Umgang mit dem Nachwuchs, wobei er sich auf seinen „Stamm“ verlassen kann. Torhüter Neuer wieder überragend im Finale, Alaba Chef in der Abwehr, Goretzka nimmermüder Kämpfer im Mittelfeld, Thomas Müller unberechenbarer Irrwisch hinter den Spitzen sowie Gnabry und Coman als würdige Nachfolger von Ribery und Robben neben Torjäger Lewandowski. Die Gegenwart verspricht also eine gute Zukunft. Und Geld ist auch, wenn es Verstärkungen braucht: Die Bayern kassieren in der CL als Spitzenreiter der Moneylist 135 Millionen Euro!

Auf eine gute Zukunft hofft auch Paris St. Germain. Trainer Thomas Tuchel nach einem Mittelfußbruch gehandicapt war humpelndes Beispiel für sein Team, das nicht an die Bestform herankam. Egal ob Neymar, Mbappe oder di Maria, sie wurden nicht zu Helden, sondern zu unglücklichen Schützen, sie trafen das Tor nicht oder Neuer stand im Weg. Paris fand auf Dauer gegen das Pressing des Gegners kein Mittel. Jetzt steht die Frage an die Scheichs von Katar im Raum, ob Thomas Tuchel in der neuen Saison eine neue Chance bekommt.

Der Cup des FC Sevilla

Den Wettbewerb in der Europa League könnte man eigentlich einstellen und den Pokal gleich nach Sevilla schicken. Die Spanier bezeichnen die EL als „ihren Cup“, sie sind gar traurig, dass sie in der neuen Saison in der Champions League antreten müssen. Aber sie werden wohl nach der Gruppenphase ausscheiden und in der Europa League weitermachen… Gegner Inter Mailand musste im Finale der EL anerkennen, dass Sevilla in diesen speziellen Spielen über sich hinauswächst. Bei der 2:3-Niederlage der Italiener war Belgiens Torjäger Lukaku der traurige Held. Erst brachte er Mailand mit 1:0 in Führung, dann fälschte er einen Freistoß ins eigene Netz zum entscheidenden Treffer ab. Kein Wunder, dass er danach den Ehrungen fernblieb und sich in der Kabine verkroch. Sevilla aber rettete den guten Ruf der spanischen Liga, nachdem Real Madrid und der FC Barcelona es in der Champions League nicht einmal bis ins Halbfinale brachten.

Bayern-Frauen hoffen auf die Zukunft

Bei den Bayern wurde nicht nur gefeiert, Enttäuschung gab es auch, nämlich bei den Frauen, die im Viertelfinale der Champions League Titelverteidiger Olympique Lyon nach tapferer Gegenwehr mit 1:2 recht unglücklich unterlagen. „Ein Spiel, das uns Mut machen sollte“, urteilte deshalb Trainer Jens Scheuer und blickt zuversichtlich in die Zukunft: „Wir haben bewiesen, dass wir eine gute Mannschaft haben und wollen irgendwann einmal diesen Pokal gewinnen, unser Team ist ja noch jung.“ Das erste Ziel ist bereits umrissen: Die Bayern wollen in der Bundesliga die Alleinherrschaft vom VfL Wolfsburg brechen und zumindest ein Konkurrent auf gleicher Höhe sein. Die Unterstützung von Bayern-Präsident Hainer haben sie: „Wir werden alles für die Frauen tun, damit sie erfolgreich sind.“

Noch aber haben die Wölfinnen die Nase vorn und sie dürfen weiter wie Münchens Männer vom Triple träumen. Nach Meisterschaft und Pokalsieg stehen sie nach dem Schützenfest gegen Celtic Glasgow (9:1) im Halbfinale und treffen am Dienstag auf den FC Barcelona. Paris St. Germain und Lyon spielen den anderen Finalteilnehmer für Sonntag in San Sebastian aus. Ein deutsches Triple-Doppel wäre dann ein besonderer Erfolg! Aus England wären dann wohl wieder diese Stimmen zu hören: Am Ende gewinnen immer die Deutschen!

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Hansi Flick ist der Bessermacher

Der Deutscher Double-Sieger befindet sich jetzt im wohlverdienten Urlaub, aber es gibt wahrscheinlich einen beim FC Bayern München der auch in den Ferien arbeitet: Trainer Hansi Flick, er gilt nämlich als fleißiger Arbeiter, was er auch als Spieler war. Der Badener, der eine fast verkorkst scheinende Saison der Bayern noch rettete, war der große Gewinner der Corona-Saison. Aber auch die Spieler können sich zu den Gewinnern zählen, denn der einstige Co-Trainer, der in großer Not zum Chef wurde, entpuppte sich als Bessermacher. Bis dato wurde er in der Branche unterschätzt, dabei arbeitete er vorher bereits im Hintergrund äußerst produktiv. So urteilte einmal die Süddeutsche Zeitung: Hansi Flick hat im Sommer 2014 seinen Chef Joachim Löw zum WM-Titel geführt.“ Ein Blick auf die Leistung des Bayern-Teams vom Pokalfinale zeigt, wie Flick als Bessermacher wirkte:

Manuel Neuer: Gut, der Nationaltorhüter ist die Ausnahme, ihn kann man eigentlich nicht mehr besser machen, aber er spielte stabil und der Kapitän war vom Trainer überzeugt. Auch das ist wichtig!

Benjamin Pavard: Es gab nicht wenige, die ätzten, was die Bayern mit einem Absteiger (mit Stuttgart in die 2. Liga) wollten, der zudem 35 Millionen Euro gekostet hatte. Manager Hasan Salihamidzic hatte jedoch das richtige Näschen, der Franzose wurde als Rechtsverteidiger ein Gewinn, zeigte Leistungen, die eines Weltmeisters würdig waren und steuerte manch wichtiges Tor bei.

Jerome Boateng: Über ihn wurde viel geschrieben, immer wieder über seinen Abschied spekuliert, aber Hansi Flick wusste ihn zu nehmen, stärkte den Innenverteidiger, der plötzlich angesichts einer Verletztenmisere wichtig wurde und zu alter Form zurückfand. Mit das deutliches Zeichen für den Bessermacher.

David Alaba: Der Österreicher gehört zu den Aufsteigern der Saison. Internationale Klasse schon als Linksverteidiger, Weltklasse jetzt als Innenverteidiger. Eine Position, die ihm nicht fremd war, aber unter Flick wurde er zum Abwehr- und Aufbauchef. Eine Rolle, die ihm gefiel und die vielleicht dazu führt, dass seine Abwanderungsgelüste wieder verschwinden.

Alphonso Davies: Der Aufsteiger der Saison, der 19-Jährige Kanadier mit einer Flüchtlingsvergangenheit kam als ungeschliffener Diamant und wurde zur Sensation. Thomas Müller ernannt den schnellsten Mann der Bundesliga zum „Roadrunner“. Davies war vorn und hinten so schnell, dass sich oft die Gegner wunderten, wo er denn herkam. So klärte er manche brenzlige Situation vor dem Bayern-Tor. Aber er kann sich vor allem technisch noch steigern. Ein Juwel!

Joshua Kimmich: Flick machte ihn zum Chef im Mittelfeld, eine Rolle, die er ersehnte. Er füllte diese Chefrolle komplett aus und wurde ein wichtiger Faktor auf dem Weg zum Double. Gilt jetzt als Juniorchef im Team.

Leon Goretzka: Aus der zweiten Reihe spielte er sich in den Vordergrund, profitierte vom Ausfall von Thiago und ist eigentlich aus dem Team nicht mehr wegzudenken. Ein Arbeiter, so etwas mag Flick, der vorne und hinten zu finden ist und Lücken schließt. Auch Joachim Löw sollte auf das Duo Kimmich/Goretzka setzen. Wird noch wichtiger, wenn Thiago geht.

Serge Gnabry: Den großen Sprung hat er unter Flick sicherlich nicht gemacht, hat noch zu viele Schwankungen in seinen Leistungen, aber zusammen mit Coman befindet er sich auf dem richtigen Weg, um Robben und Ribery vergessen zu lassen.

Thomas Müller: Unter Flick-Vorgänger Niko Kovac war er nicht mehr wichtig, dass Flick ihn wieder zu einem wichtigen Spieler mit allen Freiheiten machte, war wohl der beste Schachzug des Trainers. Müller blühte auf und fand zu alter Stärke. Bayern-Siege haben den Stempel „Müller macht’s“! Er entwickelte sich immer mehr zu einer Führungspersönlichkeit.

Kingsley Coman: Der 24-Jährige Franzose hat noch einiges an Steigerungspotenzial, lässt aber immer wieder großes Können aufblitzen. Flick versuchte den verletzungsanfälligen Flügelflitzer vorsichtig aufzubauen, wechselte ihn oft vorsichtshalber aus, hatte aber viel Freude an ihm.

Robert Lewandowski: Er spielte vielleicht die beste Saison seiner Karriere, griff sogar nach dem Torrekord von Gerd Müller. Viel Worte über ihn zu verlieren, wäre Wasser in die Donau tragen. Wird nicht umsonst als Kandidat für die Wahl zum „Weltfußballer des Jahres“ gehandelt. Dafür müsste aber der Henkelpott in der Champions League her.

Als Bessermacher zeigte sich Hansi Flick auch beim Nachwuchs. Eine seiner ersten Amtshandlungen war, dass er Talente aus der Bayern II, die ja auch zu Meisterehren in der 3. Liga kam, zu den Profis holte und ihnen dort auch Spielminuten verschaffte. Joshua Zirkzee wurde sogar zu einem wichtigen Torjäger. Dieser Weg soll fortgesetzt werden, was Bayern für Talente wieder attraktiv macht, zuletzt machten die eher einen Bogen um die Münchner, weil sie keine Chance für einen Einsatz sahen. So „klauten“ die Bayern jetzt erst wieder der TSG Hoffenheim zwei hoffnungsvolle Nachwuchsspieler.

Hansi Flick ist aber keiner, der Erfolge groß für sich reklamiert oder größenwahnsinnig wird. Aber Selbstbewusstsein zeigt er, das „mia san mia“ lebt er und so zeigt er Verein und Spielern den Weg für die nächsten Wochen auf. Zunächst gibt es Urlaub, mit einem Fitnessprogramm für die zweite Woche und dann wollen die Bayern auch in der Champions League erfolgreich sein. Die Bayern werden angesichts ihrer Leistungen und dem Schwächeln einiger Konkurrenten als großer Favorit bezeichnet, allerdings bleiben da Fragezeichen, weil sich Mannschaften wie Manchester City, Real Madrid oder der FC Barcelona immer auf Augenhöhe bewegen. Flick wagt sich schon weit vor, wenn er das Finale als Ziel nennt. Vom Triple darf geträumt werden, das zuletzt Trainer Jupp Heynckes den Bayern 2013 bescherte. Heynckes lobt Flick und Fachleute sehen Flick in den Fußstapfen von Heynckes – da könnten sich Träume doch erfüllen!

Was wird aus Bayern München ohne Uli Hoeneß?

Das eigentlich Unvorstellbare ist Tatsache geworden: Uli Hoeneß regiert nicht mehr beim FC Bayern München. Am 1. Mai 1979 hatte der Ulmer seinen Posten als Manager des Bundesligisten angetreten, zwangsläufig, weil schwere Verletzungen seine sportliche Karriere beendeten, als Hoffnungsträger, weil es den Münchnern zu dieser Zeit gar nicht so gut ging. Uli Hoeneß machte aus dem Sorgenkind einen Weltkonzern, einen dominanten Verein, der heute die Fußball-Bundesliga beherrscht, international hoch geachtet ist, der drittstärkste Verein der Welt was den Umsatz angeht, der größte Verein der Welt was die Mitglieder betrifft. Uli Hoeneß gab wie vorgesehen bei der Hauptversammlung seine Ämter als Präsident und Aufsichtsratvorsitzender ab, hat als einfacher Aufsichtsrat aber noch einen Fuß in der Tür. Doch die Frage ist aktuell: Was wird aus Bayern München ohne Uli Hoeneß?

Die sportlichen Zahlen sind beeindruckend, in der Ära Uli Hoeneß als Manager und Präsident gewann der FC Bayern 58 Titel, wurde dabei 24mal Deutscher Meister und 14mal DFB-Pokalsieger und gewann die Champions League 2001 und 2013, wurde UEFA-Pokalsieger 1996, 2013 Klub-Weltmeister und 2001 Weltpokalsieger. Die Allianz-Arena wird ewig ein Symbol der Ära Hoeneß sein.

Wird der FC Bayern sportlich erfolgreich bleiben und das Festgeldkonto nicht geplündert werden? Verantwortlich dafür sind in der Führung diese vier Männer:

Herbert Hainer: Der ehemalige Adidas-Boss wurde von Uli Hoeneß persönlich als Nachfolger ausgesucht und seine Wahl als Präsident fand allgemein Zustimmung, auch von den Mitgliedern. Hainer gesteht, „den Sachverstand von Uli habe ich natürlich nicht“, aber er ist im internationalen Sport bestens vernetzt, Bayern-Fan („Ich habe das Bayern-Gen“) und hat ebenfalls eine soziale Ader. Er geht auf Menschen zu und gilt als ausgleichend. Scheint keine schlechte Wahl zu sein.

Karl-Heinz Rummenigge: Der Vorstandsboss bleibt noch zwei Jahre an Bord und wird in dieser Zeit Oliver Kahn als seinen Nachfolger einarbeiten. Besser kann eigentlich ein Wechsel nicht vorbereitet werden. Rummenigge und Hoeneß hatten oft konträre Ansichten (Rummenigge war von Niko Kovac als Trainer nicht überzeugt), rauften sich aber immer zusammen. Ein Verhältnis nach dem Motto „hart, aber herzlich“, Rummenigge bewies Weitsicht und wird den Dampfer Bayern wohl weiter in sicherem Fahrwasser halten.

Oliver Kahn: Der einst beste Torhüter der Welt verdiente sich den Spitznamen „Titan“ und ist auch nach seiner sportlichen Karriere beruflich erfolgreich und als Experte im Fernsehen beliebt. Er hat wirtschaftlichen Erfolg und besten Einblick bei Bayern. Er fängt also nicht bei „Null“ an und hat auch das Rückgrat, um unpopuläre Entscheidungen zu treffen.

Hasan Salihamidzic: Aus dem Sportdirektor wird am 1. Juli 2020 der Sportvorstand. Die Bedeutung wächst, die Arbeit ändert sich nicht. Bewusst lobte Hoeneß „Brazzo“, um Kritiker zum Verstummen zu bringen. Salihamidzic verkauft sich oft ungeschickt in der Öffentlichkeit, wirkt nervös und nicht sicher genug. Er macht bisher nicht den Eindruck, die beste Lösung zu sein und könnte von Hainer und Kahn anders beurteilt werden.

Aber: Es kommt auf die Mannschaft und vor allem den Trainer an, um weiterhin Erfolge feiern zu können. Wie stark die Macht der Spieler ist, zeigte sich bei der Ablösung von Niko Kovac, der einen Teil des Teams gegen sich aufbrachte. Hansi Flick als Nachfolger, bisher Co-Trainer, brachte neuen Schwung und vor allem bessere Taktik in die Mannschaft, die Spieler loben ihn demonstrativ. Er wird auf jeden Fall bis zur Winterpause bleiben, vielleicht auch bis zum Saisonende, vielleicht auch länger, wenn sich der Erfolg einstellt. Den richtigen Trainer für die Bayern zu finden ist noch schwerer als die Trainersuche bei den anderen Klubs. 21 Trainer arbeiteten in den 40 Jahren unter Uli Hoeneß, im Schnitt sind sie also nicht allzu lange da. Kein Wunder, dass vor allem über die Rückkehr des allseits beliebten Pep Guardiola spekuliert wird. Der Spanier scheint bei Manchester City nicht mehr ganz so glücklich zu sein und sagte bezeichnend: „Ein Angebot des FC Bayern kann man nicht ausschlagen.“ Eine Wohnung hat er noch in München.

Von Uli Hoeneß wird man übrigens noch hören. Der neue Ehrenpräsident der Bayern bleibt im Aufsichtsrat und hat „angedroht“, dass er seine Meinung schon noch kundtun wird.

Löw nimmt die erste Hürde

Zur Nationalmannschaft im Laufe dieser Woche nach Abschluss der EM-Qualifikation noch mehr, aber die erste Hürde ist geschafft, Deutschland hat sich für die Europameisterschaft 2020 qualifiziert. Die Niederlande war mit dem 0:0 der Wegbereiter, auch dafür, dass Deutschland mit einem Sieg über Nordirland zudem Gruppensieger werden kann und damit bei der Auslosung eine bessere Ausgangsposition inne hätte. Alle Gruppensieger sind in Topf 1 gesetzt, so dass u. a. England, Frankreich, Spanien und Italien nicht als Gegner in Betracht kommen. Die Auslosung findet am 30. November in Bukarest statt. Aber auch das 4:0 gegen Weißrussland zeigte auf, dass Bundestrainer Joachim Löw mit seinem Team noch viel Arbeit vor sich hat. Im Sturm haperte es ebenso wie in der Abwehr, bei zwei Treffern waren deutsche Spieler knapp im Abseits (kein Video-Assistent) und nur die überragenden Neuer und Kroos hielten das DFB-Team im Spiel.

Löw setzt auf junge Spieler, aber die Zukunft sieht nicht unbedingt rosig aus. So schlug Bundestrainer Stefan Kuntz bei der U21 Alarm. Er baut vorwiegend auf Spieler aus der 2. Bundesliga, weil die Talente in der Bundesliga zu wenig zum Einsatz kommen. Da klappt vieles nicht, eine 2:3-Niederlage gegen Belgien war die Folge, die Qualifikation zur Europameisterschaft 2021 wird kein Spaziergang.

Uli Hoeneß: Umstritten, erfolgreich, ein Mensch

Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe:Präsident Uli Hoeneß will alle seine Ämter beim Deutschen Fußball-Rekordmeister Bayern München im Herbst niederlegen. Natürlich war es eine Nachricht des Boulevards, Hoeneß selbst will sich am 29. August dem Aufsichtsrat erklären und schweigt dazu, ob die Meldung Tatsache ist oder nicht. Aber alle Informationen sprechen dafür. Damit ginge die erfolgreichste Ära der Bayern-Geschichte zu Ende. In den 40 Jahren in verantwortlicher Position machte Hoeneß aus einem gutsituierten Verein ein erfolgreiches Unternehmen. Die Lücke, die er hinterlässt, könnte nicht größer sein.

Allerdings ist der Hoeneß von heute nicht mehr der Hoeneß aus der Zeit der Aufreger, als er es sich mit allen, die seinen Gedanken nicht folgen wollten, entgegenstellte und manchen Krawall riskierte, wenn er seinen Verein oder seine Spieler angefeindet sah. Doch das Gespür für den richtigen Zeitpunkt der Schlagzeilen und ihre Wirkung ist ihm verloren gegangen. So im letzten Herbst bei der unsäglichen Pressekonferenz oder jetzt, als sein Rücktritt die Werbe-Tour der Bayern in den USA (Rummenigge: „Die beste USA-Tour aller Zeiten“) mit guten sportlichen Leistungen und Erfolgen gegen Real Madrid (3:1) und AC Mailand (1:0) in den Schatten stellte. Uli Hoeneß ist nach seinem Gefängnisaufenthalt nach verurteilter Steuerhinterziehung und nach Anfeindungen eines Fans bei der Hauptversammlung 2018 ein anderer geworden, nachdenklicher vor allem. Und das mag jetzt auch eine Rolle spielen, dass er sich sagt, nach 40 Jahren ist Schluss und seiner Familie, seiner Frau Susi, Tochter, Sohn und vier Enkeln den Vorzug und mehr Zeit gibt. Er will angeblich im Aufsichtsrat bleiben und ist damit für Ratschläge immer greifbar.

Uli Hoeneß polarisierte mit seiner polternden Art, er war umstritten, aber erfolgreich wie kein anderer Manager im deutschen Sport, aber er blieb auch immer ein Mensch. Er war für jeden aus dem Verein immer da, vor allem wenn es einem schlecht ging, er war dafür verantwortlich, dass von der sprichwörtlichen „Bayern-Familie“ die Rede war. Er war der Vater und mit Ausnahmen natürlich immer stolz auf „seine“ Familie, ohne die eigene private Familie dabei vergessen zu wollen. Hoeneß zeigte eine raue Schale mit weichem Kern.

Sein erfolgreiches Wirken machen die Rekordzahlen deutlich, da muss man sich fast schon die Augen reiben. Als Hoeneß am 1. Mai 1979 als Manager begann, nachdem ihn eine Verletzung zum Karriere-Ende als erfolgreicher Spieler zwang (er gewann alle Titel, u. a. Weltmeister 1974 und dreimal in Folge Sieger mit Bayern im Europacup der Landesmeister, dem Vorläufer der Champions League), da hatten die Bayern gerade mal 20 Angestellte und machten 20 Millionen Mark Umsatz. Heute sind es rund 1000 Mitarbeiter und 700 Millionen Euro Umsatz. Passend dazu gerade die aktuelle Liste des US-Magazin Forbes über die wertvollsten Vereine der Welt. Da belegen die Bayern in der Gesamtliste Rang 17 (vorherrschend die US-Klubs im Football, Baseball und Basketball) und im Fußball-Ranking weltweit Platz vier hinter Real Madrid (mit einem Wert von 4,2 Milliarden Euro geschätzt), FC Barcelona (4,0) und Manchester United (3,8). Bayern selbst soll 3,0 Milliarden Euro wert sein. Dazu die sportlichen Erfolge allein in diesen 40 Jahren Uli Hoeneß: 24 mal Deutscher Meister, 14 x Pokalsieger, 2 x Champions League (2001, 2013), UEFA-Pokalsieger (1996), Klub-Weltmeister (2013), Weltpokalsieger (2001), UEFA-Superpokalsieger (2013), 8 x Deutscher Supercupsieger und 6 x Ligapokalsieger.

Es könnte sein, dass Uli Hoeneß es geschafft hat, trotz seines schwarzen Flecks in seiner Karriere gerade rechtzeitig den Staffelstab zu übergeben. Die Zukunft wird es weisen, ob er es auch schafft, die richtigen Nachfolger auf den Weg zu bringen. Die Zeichen stehen zumindest für die Bayern auf Hoffnung, denn mit dem früheren Adidas-Chef Herbert Hainer (im Juli gerade 65 geworden) steht ein Mann vom Fach parat, den auch ein internationales Netzwerk auszeichnet und der als Aufsichtsrat eng mit Hoeneß zusammenarbeitete. Und er ist – welch ein Zufall – auch der Sohn eines Metzgers. Da muss es für die Bayern doch auch weiterhin um die Wurst gehen. Hainer soll Hoeneß als Präsident (Wahl im November) und als Vorsitzender des Aufsichtsrat beerben.

Die zweite Personalie wurde zusammen mit Karl-Heinz Rummenigge bereits auf den Weg gebracht, denn der frühere Nationaltorhüter Oliver Kahn soll ab Januar als Rummenigge-Nachfolger aufgebaut werden. Damit hätten beide Bosse erreicht, dass auch in Zukunft Bayern von kompetenten Personen geführt wird, die mit dem Bayern-Gen versehen sind. Es wäre die größte Leistung der scheidenden Manager, wenn die erfolgreiche Bayern-Ära weiterhin Bestand hätte.

Mit der aktuellen Lage tun sie sich im Moment vielleicht sogar ein bisschen schwer. Es bleiben Zweifel, ob Hasan Salihamidzic der richtige Sportdirektor ist, den die Bayern brauchen, wenn man die gewisse Hilflosigkeit bei den aktuellen Transfers sieht. Es gibt viele Gerüchte, aber keine Vollzugsmeldungen. Scheitert der Transfer von Leroy Sane könnten die Bayern am Ende gar ohne die auch von Spielern geforderten Verstärkungen dastehen. Oder wollte Hoeneß vielleicht sogar von diesen Sorgen ablenken?

Duell Dortmund – Bayern: Es geht um alles!

In der Fußball-Bundesliga sind erst zehn von 34 Spieltagen absolviert, doch das Gipfeltreffen Borussia Dortmund – Bayern München am Samstag (18.30 Uhr) hat bereits den Charakter eines Endspiels. Es geht um alles – vor allem natürlich für den FC Bayern, der als Titelverteidiger dem Rivalen aus dem Ruhrpott hinterher hechelt und am vergangenen Wochenende mit dem 1:1 gegen Freiburg nicht nur Boden verloren hat, sondern auch den Rückkehr der Krise verkraften muss. In Dortmund sieht es ganz anders aus, quasi das Gegenteil ist der Fall: In 15 Pflichtspielen ist die Borussia unter dem neuen Trainer Lucien Favre noch ungeschlagen, Höhenflug statt Krise also. Gewinnt Dortmund, kann es den Vorsprung auf sieben Punkte ausbauen!

Rückblende: In den letzten sieben Jahren waren die Bayern nach dem 10. Spieltag jeweils Tabellenführer! Schlechter sah es nur in der Saison 2010/11 aus, mit Platz 7 und 10 Punkten Rückstand auf Borussia Dortmund. Trainer war damals Louis van Gaal. Am 11. Spieltag gab es ein 3:3 in Gladbach, mit dem Abrutschen auf Platz 9 und12 Punkte Rückstand auf Dortmund.

Früher hieß es bei dem Star-Ensemble der Münchner, diese Mannschaft könnte auch der Platzwart trainieren. Man sah zuletzt, dies gilt nicht mehr. Niko Kovac hat sein „Meisterstück“ mit dem Pokalsieg mit Eintracht Frankfurt (gegen die Bayern!) gemacht und sich damit empfohlen. Mit der Ansammlung der Stars hat er aber offensichtlich seine Probleme. Verloren gegangen ist der spielerische Glanz, mit dem die Bayern einst unter Pep Guardiola beeindruckten, weggeblasen ist das Selbstbewusstsein, das „mia san mia“, das noch unter Jupp Heynckes zum Titelgewinn führte. Abgelöst wurde es von Unsicherheit und Unzufriedenheit, „Markenzeichen“ heute sind schlampige Pässe, Fehler in der Abwehr und mangelnde Chancenverwertung. Klingt eigentlich nach den Sorgen eines Absteigers.

Bezeichnend: Nationaltorhüter Manuel Neuer bekommt kaum einen Ball zu fassen, von den letzten zehn Schüssen waren acht im Netz. Torjäger Robert Lewandowski ging die Selbstverständlichkeit verloren, bei einer entscheidenden Szene vor dem Freiburger Tor musste er nachdenken, ob er den linken oder rechten Fuß nimmt – Chance vorbei. Wenn ein Torjäger nachdenkt, trifft er nicht. Die Versetzung von Joshua Kimmich als Thiago-Ersatz (im Pokalspiel verletzt) ins Mittelfeld erwies sich als Flop, Kimmich produzierte fast nur Fehlpässe, aber Kovac reagierte nicht. Ein Problem ist auch, dass Sportdirektor Hasan Salihamidzic keine Führungsstärke zeigt, um dem Trainer zur Seite zu stehen, die Spieler an die Kandare zu nehmen. Vier Heimspiele in Folge konnten die Bayern jetzt nicht gewinnen, wenn das keine Krise ist. Das lässt auch nichts Gutes erahnen für das Champions-League-Spiel am Mittwoch gegen AEK Athen, obwohl die Bayern das Hinspiel mit 2:0 gewannen. Auswärts sind sie auch in der Bundesliga noch das stärkste Team. Ein Hoffnungsschimmer für Dortmund?

Eins ist sicher: In Dortmund geht es um alles. Es folgt die Länderspielpause und damit Zeit für die Verantwortlichen, sich nach einem Nachfolger für Niko Kovac umzusehen, der die Mannschaft wieder in die Erfolgsspur bringt (Jupp Heynckes wird es wohl kaum sein!). Nur ein Sieg rettet wohl den Coach. Er muss seinem Team endlich seine Handschrift verpassen, er muss taktisch zeigen, dass er der Aufgabe gewachsen ist. Dortmund hat in dieser Woche auch die Leichtigkeit verloren, aber der Tabellenführer machte das, was bisher die Bayern auszeichnete und zum Erfolg führte: Schlechte Spiele dennoch gewinnen.

Von Siegen träumen auch andere Teams, am Tabellenende drohen die Schlusslichter Stuttgart und Düsseldorf (die kurioserweise beide 0:3 verloren und gleichauf blieben) und Hannover (mit sechs Punkten einen Zähler mehr) den Anschluss nach oben zu verlieren. Die Saison ist zwar noch lang, aber sie wird besonders schwer, wenn der Rückstand zu groß wird. Insofern stehen da auch zwei „Endspiele“ an, nämlich Nürnberg gegen Stuttgart und Hannover gegen Wolfsburg, Für Düsseldorf könnten die Punkte gegen Hertha BSC besonders hoch hängen.

Hirngespinst „Super League

Geht es auch für die Bundesliga um alles? In den letzten Tagen geisterte wieder einmal das Hirngespinst einer europäischen „Super League“ durch die Medien. Offensichtlich arbeitet vor allem Real Madrids Vereinsboss Perez an der Umsetzung einer alten Idee der Spitzenklubs, die immer wieder aufmucken, weil sie sich mit dem „Fußvolk“ der nicht ganz so großen Vereine nicht abgeben wollen. Doch der Drang nach der große Kasse wurde bisher immer von der Vernunft und der Realität gebremst und so wird es auch diesmal wieder sein. Allein die gesamte Organisation würde in Unordnung geraten, die Pläne-Schmieder konnten nicht beantworten, was zum Beispiel mit den Nationalspielern passiert, wenn sie die Verbände verlassen wollen. Eine eigene Luxus-Liga gerät schnell an ihre Grenzen.

Und so wird es auch für die Bundesliga nicht um alles gehen, auch wenn Beteuerungen aus Dortmund und München, die nationale Liga nicht verlassen zu wollen, keineswegs eine Garantie für die Zukunft sind. Die Super League könnte nur an die Stelle der Champions League treten, wäre aber auf Dauer selbst bei großer Gewinn-Marge am Ende sportlich und gesellschaftlich eher ein Verlustgeschäft.

Dem Fußball würde es mehr helfen, wenn sich auch die geldgierigen Vereinsbosse damit beschäftigen würden, Korruption und unlautere Geschäfte zu ahnden bzw. zu verbannen. Was rund um FIFA-Präsident Infantino erneut an die Öffentlichkeit kam, lässt nur einen Schluss zu: Beim Weltverband wurde unter dem neuen Präsidenten alles nur noch korrupter und schlechter. Eine Tatsache, die nach der Ära Josef Blatter eigentlich als undenkbar schien. Aber das wurde hier schon oft angeprangert.

Warum haben die Bayern-Bosse die Nerven verloren?

Die bizarre Pressekonferenz des FC Bayern München am Freitag mit den Bossen Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge sowie Sportdirektor Hasan Salihamidzic hat weltweit in der Sportwelt für Aufsehen gesorgt. Noch nie haben wohl Führungskräfte in einer konzertierten Aktion derart vor allem gegen die Medien vom Leder gezogen. Sie finden die Berichterstattung über die Bayern und seine Spieler „respektlos“, „polemisch“ und „herabwürdigend“. Das Ergebnis war, dass sie sich dabei selbst der Lächerlichkeit preisgegeben haben, zumal ja Präsident Uli Hoeneß als „Abteilung Attacke“ bekannt ist und in seinen Äußerungen vielfach schon über das Ziel hinausgeschossen ist. Da gilt das Grundgesetz, das Rummenigge jetzt zitierte („Die Würde des Menschen ist unantastbar“) auch nicht. Warum aber haben die Bayern-Bosse die Nerven verloren?

Es sollte wohl eine Art Befreiungsschlag nach einem sportlichen Tief (noch keine Krise) sein, nach vier Spielen ohne Sieg und nur Platz sechs in der Bundesliga. Trainer Niko Kovac haben sie dabei seltsamerweise aber nicht gestützt. Ein Ablenkungsmanöver für die internen Probleme? Da ist nämlich die Unzufriedenheit der Stars, wenn Nationalspieler nicht zum Einsatz kommen und auf der Bank sitzen. Das war aber schon zu Saisonbeginn klar, wenn nicht eine große Verletzungswelle den Kader dezimiert. Oder ist es die Unfähigkeit, den „Maulwurf“ zu enttarnen, der Internas aus der Mannschaftskabine an die Presse (bevorzugt Bild) ausplaudert. Gerade die Springer-Presse haben die Bayern-Bosse explizit an den Pranger gestellt. Gute Nachrichten über die Bayern werden dort künftig Seltenheitswert haben, Geheimnisse wird es bei den Bayern aber auch nicht mehr geben, es sei denn, das Informations-Leck kann geschlossen werden. Andererseits sind die Bayern für die Springer-Presse im Sport das besondere Verkaufsargument, bei Sport-Bild sind Bayern-Themen gefühlt bei 70 Prozent der Hefte der Aufmacher.

Seltsam, dass gestandene Funktionäre, die sich bei Erfolgen ja auch gerne im Licht der Öffentlichkeit zeigen, bei Kritik, die, das sei den Bayern zugestanden, durchaus über das normale Ziel hinausschießt, so schnell die Nerven verlieren. Das hätten sie eher intern regeln sollen, so wie mit Unterlassungserklärungen, die wohl unterwegs sind. Es ist das Problem mit den modernen Medien, vor allem mit dem Boulevard, dass erstens nichts mehr geheim bleibt und dass zweitens alles aufgebauscht und übertrieben dargestellt wird. Da können vor allem die Königshäuser in Europa ein Lied davon singen, denn die bunten Blätter auf der ganzen Welt leben ja von Spekulationen und teils erfundenen Geschichten über die Royals. Auch die wehren sich inzwischen zum Teil vor Gericht, allerdings moderater. Die große Bühne hätten die Bayern-Bosse auch nicht suchen sollen.

Es passte allerdings wie die Faust aufs Auge, dass sich die Bild am Sonntag an diesem 8. Spieltag auch blamierte und ein Beispiel lieferte, wie tendenziös im Boulevard berichtet wird. Der FC Augsburg feierte mit einem „Retrospieltag“ sein 111-jähriges Bestehen, der FCA sieht seine Wurzeln beim FC Alemannia Augsburg, der am 20. Oktober 1907 gegründet wurde. Glückliche Fügung, das genau zum Jubiläum am 20. Oktober ein Bundesliga-Spieltag anstand, die Mannschaft spielte in Trikots, die dem Aussehen der Anfänge ähnelten und fuhr sogar mit einem alten Setra-Bus-Oldtimer ins Stadion. So weit zur Feier im ausverkauften Stadion.

Gegner war allerdings ausgerechnet der RB Leipzig, die Mannschaft des Brause-Herstellers, von der FCA-Präsident Klaus Hofmann sagt, der Verein hätte die Zulassung für die Bundesliga gar nicht erhalten dürfen. So wurde es auch ein knallhartes Duell mit dem Rekord von 44 Fouls. Das Spiel hatte am Ende beim 0:0 keinen Sieger. Doch einen Verlierer gab es, eben BamS, denn die Springer-Zeitung hatte nichts Besseres zu berichten, dass Augsburg „ausgerechnet gegen Leipzig“ das „Retrospiel“ angesetzt hatte und fragte „eine Provokation?“.

Die Reporter sollten wissen, dass es Zufall war, der Spielplan wird von der DFL über ein Computerseystem erstellt. Aber wenn man eben von Zoff berichten will, dann wird nicht die ganze Wahrheit erzählt. Aus diesem Grund werden eben manche Medien unglaubwürdig. Vielleicht sorgen auch solche Machenschaften dafür, dass die Auflagen der Zeitungen zurückgehen. Bild verlor im letzten Quartal wieder 11 Prozent seiner Leser, liegt nur noch bei 1,4 Millionen Auflage, hatte einst mehr als doppelt so viel und BamS rutschte auch um 10,5 Prozent auf rund 790.000 ab.

Es passte übrigens ebenfalls wie die Faust aufs Auge, dass ausgerechnet im „Retrospiel“ die moderne Technik über Aufregung sorgte. Einen Elfmeterpfiff für Leipzig nach Schiedsrichter Welz nach langen, vier Minuten langen Diskussionen und Nachforschungen zurück, weil eine Abseitsstellung erkannt wurde. Die Gerechtigkeit siegte, aber die Geduld war bei allen am Ende. Fast wie bei den Bayern-Bossen…

Die Bayern bestimmten das Thema und die Mannschaft sorgte mit dem 3:1-Sieg in Wolfsburg selbst wieder für mehr Ruhe und Nationalspieler Thomas Müller wollte über seine Bankrolle nicht motzen, „wir müssen als Mannschaft auftreten“. Der Sport war insgesamt überhaupt ähnlich beeindruckend wie die Bayern-Pressekonferenz. Frankfurts Serbe Luka Jovic spielte sich mit fünf Toren beim 7:1 gegen Düsseldorf in den Vordergrund, Dortmund und Mönchengladbach begeisterten mit Tempo-Fußball, einen Fußball, den die Bayern derzeit nicht auf den Rasen bringen. Vielleicht lässt auch das die Bayern-Bosse unruhig werden. So hechelt der Titelverteidiger der Konkurrenz weiter hinterher, Dortmund, Gladbach und überraschend Bremen bleiben vor den Münchnern, die dieses Tempo nicht zeigen, aber mit Abgeklärtheit und Kampfgeist gepaart mit ein bisschen Spielwitz (Thiago, James, Lewandowski) wieder in die Spur fanden. So könnten Siege in den nächsten Aufgaben Athen, Mainz und DFB-Pokal endgültig wieder für mehr Ruhe sorgen.

Den richtigen Kontrast zu den Attacken zeigte übrigens der frühere Bayern-Spieler Juan Bernat, der ausgerechnet bei dieser unseligen Pressekonferenz von Uli Hoeneß attackiert wurde („Er hat bei uns einen Scheißdreck gespielt, deshalb musste er gehen.“). Bernat erwiderte, er habe vier schöne Jahre bei den Bayern gehabt. Der kleine Spieler zeigte also Größe, eine Größe, die Hoeneß und Rummenigge nicht gezeigt haben.

Der FC Bayern geht wieder auf Titeljagd

Die Fußball-Bundesliga scheint in einer Zeitschleife festzustecken. Ist jetzt 2013 oder doch schon 2018? Auf die Frage vor der Saison nach dem Meisterschaftsfavoriten gibt es seit Jahren nur eine Antwort: FC Bayern München. Seit 2013 gibt es auch nur einen Meister – den FC Bayern München. Und der geht jetzt wieder auf Titeljagd. Mit dem kleinsten Ziel geht es am Sonntag in Frankfurt los, wenn im Supercup der Meister beim Pokalsieger Eintracht antritt. Lange Zeit wurde der Supercup belächelt, doch er hat an Bedeutung gewonnen, auch in den anderen großen Ligen. In diesem Jahr blickt das Fußballvolk besonders interessiert auf dieses Spiel, ist es doch die Rückkehr des Frankfurter Erfolgstrainers Niko Kovac mit den Bayern zu seinem alten Verein. Der Supercup gewinnt an Bedeutung.

Das sehen auch zwei ehemalige Bundestrainer so, Thomas Tuchel bei Paris St. Germain und Pep Guardiola mit Manchester City feierten bereits ihren ersten Titel und Tuchel sogar sehr ausgelassen. Ein kleines bisschen vom Erfolgsdruck ist weg, das große Ziel allerdings noch weit weg: Der Gewinn der Champions League. Danach sehnen sich viele Vereine in Europa, die Zahl der Interessenten wird immer größer und die Hoffnung träg einen Namen: Cristiano Ronaldo. Ohne den Torjäger will man Real Madrid endlich vom Thron stoßen. Das will zum Beispiel Juventus Turin eben mit Ronaldo schaffen…

Aber zurück zu den Bayern und ihre Titeljagd. Zurückhaltung kennt man in München nicht und so formuliert Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge sehr deutlich, dass man wieder einen neuen Angriff auf den Henkel-Pott der Champions League starten wolle. Früher hieß es, die nationale Meisterschaft sei der ehrlichste Titel (es wäre der siebte in Folge), alles andere Zugabe. Das klingt jetzt anders. Bescheidenheit war zudem nie eine Zier in München, deshalb galt die letzte Saison auch nicht als eine erfolgreiche. „Nur“ die Meisterschaft ist nicht unbedingt das, was den Abonnementsmeister in große Jubelstimmung versetzt. Das Double wurde bekanntlich gegen Frankfurt mit einer schwachen Leistung verspielt, das bitte schön, sollte es doch dann wenigstens sein. Der Gewinn des Supercups und die Meisterschaft, das gilt dann nicht einmal als „kleines Double“. So groß ist die Bedeutung des Supercups also doch nicht.

Der neue Bayern-Trainer Niko Kovac hat ja gezeigt, wie der Pokal zu gewinnen ist. Das müsste eigentlich ein Dämpfer für alle diese Hoffnungsvollen sein, die darauf setzen, dass der Kroate in München vielleicht doch nicht so gut ankommt. Schließlich ist auch ein zumindest kleiner Umbruch im Bayern-Team zu verkraften, mit Arturo Vidal hat sich der „Krieger“ verabschiedet, Abwehr-Stratege Jerome Boateng könnte es noch tun (Tuchel in Paris und Manchester United buhlen angeblich um ihn). Leon Goretzka ist der einzige echte Neuzugang, Serge Gnabry begann zudem quasi seine Arbeit in München nach der Ausleihe nach Hoffenheim. Dazu staunten die Beobachter, dass im Vorfeld der Saison fast täglich ein anderer Nachwuchsspieler einen Profivertrag bei den Bayern unterzeichnete. Von sechs Hoffnungsträgern sollte dann halt wenigstens ein Lahm, Müller oder Alaba dabei sein. Bei der Titeljagd in diesem Jahr werden sie nicht helfen können.

Helfen sollen da schon eher noch die Oldies Franck Ribery und Arjen Robben, doch sie sind auch ein Sinnbild dafür, dass den Bayern die Zeit ein bisschen davon läuft. Die Konkurrenz in Europa rüstet immer mehr auf, die Bayern scheuen (bisher noch) das Risiko hoher Investitionen und vor allem Bayern-Präsident Uli Hoeneß will einen Traum offensichtlich umsetzen: Die Bayern als deutsche Mannschaft. Bleibt Boateng, könnten neun deutsche Nationalspieler in einer Anfangsformation beginnen! Allerdings: Ohne einen Lewandowski, Martinez, Thiago und James oder ähnliche Kaliber wird ein internationaler Erfolg auch nicht möglich sein. Also den Pott holen, bevor die Stars von heute zu alt werden. Auf geht’s zur Titeljagd!

Die Bayern können nur Bundesliga

Es hätte der Tag der Bayern werden können, doch der Pfingstsamstag brachte den Münchnern einen enttäuschenden Abschluss der Saison. Nichts mit dem Triple, nichts mit dem Double, auch nichts mit einem Bayern-Double am Pokal-Tag des DFB. Die Bayern-Frauen unterlagen am Nachmittag in Köln dem VfL Wolfsburg mit 2:3 im Elfmeterschießen, die Bayern-Männer mussten am Abend in Berlin erstaunt eine 1:3-Niederlage gegen Eintracht Frankfurt hinnehmen. Gefeiert wurde am Sonntag auf dem Rathausbalkon am Marienplatz trotzdem, wenn auch mit „gebremstem Schaum“. Nur Jupp Heynckes wurde natürlich umjubelt, der 73-Jährige Rentner darf endgültig in den wohlverdienten Ruhestand gehen, er hat den Bayern zumindest die Meisterschaft gerettet, die im Herbst des letzten Jahres bei fünf Punkten Rückstand zu Borussia Dortmund fraglich geworden war. Wohl deshalb sagte Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge beim Pokalempfang in Berlin versöhnlich: „Das war eine sehr, sehr gute Saison.“

Gedacht hat Rummenigge sicherlich anderes. Das Double sollte eigentlich nur Formsache sein und ein gelungener Abschied für Trainer Jupp Heynckes. Aber was sich schon zum Bundesliga-Finale beim 1:4 gegen den VfB Stuttgart andeutete, wurde auch im Olympiastadion in Berlin deutlich: Das Aus in der Champions League gegen Real Madrid hat die Bayern in eine Art Schock-Zustand versetzt, ihre vorher guten Leistungen in der Bundesliga konnten sie nicht mehr abrufen. Das Aus gegen Real, die Niederlage gegen Eintracht Frankfurt im Pokal lässt derzeit nur einen Schluss zu: Die Bayern können nur Bundesliga! Der Trost: Die Meisterschaft wird immer als wichtigster und ehrlichster Titel genannt. Na also, da dürfen sie doch feiern.

Eine Frage stellt sich am Ende der Saison natürlich verstärkt: Wie sieht die Zukunft der Bayern aus? Bleibt es bei der dominanten Stellung in der Bundesliga, droht aber andererseits international die Zweitklassigkeit, weil sie den Anschluss an die euroschweren Spitzenklubs verlieren? Wie reagiert aber die nationale Konkurrenz, nachdem sie nun gesehen hat, dass die Bayern doch verwundbar sind? Fans und Medien wünschen sich nichts sehnlicher als wieder einmal einen spannenden Kampf um den Titel. Da wird sogar schon mal öffentlich gefragt: Muss man die Bayern zerschlagen? Ja, wie denn, was denn, darf man da schon fragen. Die große Unbekannte wird nicht die Mannschaft sein, auch wenn es Wechsel geben wird (so hat jetzt Jerome Boateng wieder mit einem Wechsel geliebäugelt), der große Unbekannte ist der neue Trainer Niko Kovac. Ihm konnte nichts Besseres passieren als der Pokalsieg. Er hat sich in Frankfurt würdig verabschiedet. Seine Handschrift hat er im Pokalfinale gezeigt, Kampfgeist, Defensivstärke, Konter – aber so kann er in München nicht spielen lassen. Die große Bewährungsprobe steht bevor.

Die große Unbekannte bei den Bayern-Spielen sind immer die Schiedsrichter. Siehe die Duelle mit Real Madrid, die Bayern mussten sich gleich in zwei Jahren hintereinander benachteiligt fühlen. Aber auch national ist eine gefährliche Tendenz erkennbar, siehe Pokalfinale. In der letzten Minute verweigerte Schiedsrichter Felix Zwayer den Bayern einen berechtigten Elfmeter, trotz Videobeweis. Was in seinem Kopf vorging? Vielleicht dies: „Es heißt immer, die Bayern werden bevorzugt, ich kann doch jetzt dem Außenseiter nicht die Chance auf den Pokalsieg nehmen. Im Zweifel für den Nobody.“ Den Bayern blieb das mögliche 2:2 versagt, wobei schon beim 1:0 ein Handspiel vorausging, das zwar durchaus als nicht strafbar gewertet werden kann, das aber einen Vorteil brachte.

Waren die Bayern deshalb ein schlechter Verlierer, weil sie kein Ehrenspalier für den Pokalsieger bildeten? Wohl nicht, es war eher so, dass die Bayern die Rolle des Verlierers einfach nicht kennen und aus Enttäuschung mit der verhassten Silbermedaille schnell in der Kabine verschwanden. Da versagten aber auch die Verantwortlichen rund um die Mannschaft, in erster Linie Sportdirektor Hazan Salihamidzic, der zwar selbst dem Sieger Beifall klatschte, aber nicht die Spieler zurückholte.

Was die Zukunft der Bayern angeht, so bleibt es also spannend. Die nächste Saison könnte die Richtung vorgeben, zum Beispiel in Richtung Spieler (halten Robben, Ribery und Co. noch mit, was wird mit Renato Sanches?), zum Beispiel der Trainer (kommt Niko Kovac menschlich mit den Bayern klar, findet er einen Draht zur Mannschaft, schafft er der Belastungssteuerung im Training mit den ungewohnten drei Wettbewerben?). Das Saisonziel für 2018/2019 wird sein wie immer: Meisterschaft ist Pflicht, das Double wäre schön, das Triple bleibt der Traum. Die Bayern müssen dann zeigen, dass sie nicht nur Bundesliga können.

Bayerns unerfüllter Traum vom Henkel-Pott

Wachen dunkle Mächte über dem Henkel-Pott der Champions League? Es scheint fast so zu sein, dass höhere Wesen die Hand darüber halten, dass am Ende die besten Vereine Europas um den Siegerpokal der Champions League kämpfen, am Ende aber immer Real Madrid gewinnt. Schon auffallend, dass Jahr für Jahr strittige Schiedsrichter-Entscheidungen Real den Weg zum Sieg ebnen. Real steht vor dem Hattrick, dem vierten Erfolg in fünf Jahren.

Leidtragender war wieder einmal Bayern München. Der Deutsche Meister konnte erhobenen Hauptes die Bühne Madrid verlassen, aber dass sie die bessere Mannschaft waren und den Finaleinzug verdient gehabt hätten, dafür können sich die Bayern nichts kaufen. Es bleibt der unerfüllte Traum vom Henkel-Pott und wenn sich Fehler und falsche Pfiffe wiederholen, dann bleibt der Traum noch lange unerfüllt. Nun, Wartezeiten sind die Münchner gewohnt. Nach dem Hattrick der legendären Beckenbauer-Elf 1974, 1975 und 1976 im Europapokal der Landesmeister dauerte es 25 Jahre bis zum ersten Erfolg in der Champions League 2001 und dann wieder 12 Jahre bis zur Wiederholung 2013 mit dem berühmten Triple. Seitdem stehen vor allem spanische Vereine und schwache Schiedsrichter-Leistungen im Wege. Seit dem Titelgewinn war viermal im Halbfinale und 2017 im Viertelfinale Schluss. Schon heute schwören sich die Spieler auf das nächste Jahr ein, nach dem Motto: Einmal muss es doch klappen.

Die große Frage, auf die wohl keiner eine Antwort weiß: Wie kann man diese dummen Fehler in den entscheidenden Spielen vermeiden? Die Bayern haben sich beim 1:2 und 2:2 gegen Real Madrid auch selbst geschlagen. Rafinha mit einem groben Schnitzer im Hinspiel, Torhüter Ulreich mit einem Blackout im Rückspiel waren die Wegbereiter zum Aus. Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge sah zwar am Dienstag „das beste Bayern-Spiel seit fünf Jahren“, aber es gab keinen Ertrag. 22:9 Schüsse und nur 2:2 Tore sind eine fast erschreckende Bilanz. Die Torjäger Lewandowski und Thomas Müller hatten in den entscheidenden Spielen Ladehemmung.

Eigentlich wähnten viele die Bayern in dieser Saison am Scheideweg. Die Flügelflitzer Robben und Ribery gehen auf die Rente zu, die Trainer Jupp Heynckes ab dem Sommer endgültig wieder genießen will. Spieler wie Lewandowski und Abwehr-Ass Jerome Boateng bringen immer wieder Wechselgedanken ins Spiel, da wird die Aufgabe nicht leichter. Allerdings zeigte diese Saison auch, dass den Bayern der Umbruch gelingen kann. Nachwuchstalent Kimmich war der Torjäger gegen Real, Niklas Süle der Überraschungsmann in der Abwehr, Coman stach vor seiner Verletzung Robben und Ribery aus, Gnabry empfahl sich in Hoffenheim.

Um aber den Henkel-Pott zu holen, muss alles passen, das hat der Sport-Grantler schon zu Saisonbeginn geschrieben. Kaum hatte zum Beispiel Jupp Heynckes davon gesprochen, dass seine Mannen fit seien, da fielen nacheinander Vidal, Boateng und Robben aus, Torhüter Neuer und Coman fehlten sowieso schon. Ausfälle die nicht zu verkraften sind. Und mit Geld wollen die Bayern weiterhin nicht um sich werfen, sie setzen auf kluge Verstärkung und sollten schnell dafür sorgen, dass James an Bord bleibt, der ja noch Real Madrid gehört. Schade für ihn, ein Sieg in Madrid wäre sein persönlicher Triumph gewesen.

Die Jagd nach dem Henkel-Pott wird nicht leichter werden, denn wir wissen, vor allem russische Oligarchen und arabische Scheichs lechzen nach dem Erfolg und schmeißen mit Geld um sich. Auch sie stoßen an Grenzen (siehe Kommentar vom 8. März „Die Scheichs können den Henkel-Pott nicht einfach kaufen“), aber vor allem Manchester City und Paris St. Germain träumen wie die Bayern vom Finale. Da platzen mehr Träume als in Erfüllung gehen können.

Geld spielt also nicht die entscheidende Rolle, aber die Schiedsrichter tun es. Wieder einmal erschreckend die unterschiedliche Auslegung des Handspiels bei den Referees Cakir (Türkei) in Madrid Skomina (Slowenien) in Rom. Die Bayern hätten einen Elfmeter bekommen müssen (es hätte das 2:1 sein können) und die Roma zwei Elfmeter, bevor sie in der Schlussminute doch noch einen fragwürdigen bekamen. Falsches Spiel oder nur falsche Pfiffe? Rom Sportdirektor Monchi hat nicht Unrecht, wenn er behauptet, „das Finale hätte Bayern gegen Rom heißen müssen“. Es heißt tatsächlich Real Madrid gegen FC Liverpool und nicht nur die deutschen und englischen Fans werden Jürgen Klopp und seinen Mannen die Daumen drücken. Beeindruckend ist die Siegesserie der „Reds“ schon, die mit den Play-Offs gegen Hoffenheim begann.

Die Bayern haben auch noch ein Endspiel, am 19. Mai in Berlin das DFB-Pokalfinale gegen Eintracht Frankfurt. Ein Sieg wäre nur ein bisschen Trost und Balsam auf die Wunden, selbst das Double könnte die Enttäuschung über das verpasste Champions-League-Finale nicht gänzlich verdrängen. Die spannende Frage: Schafft es der beste Torhüter der Welt, Manuel Neuer, bis dahin wieder im Tor zu stehen oder vertraut Jupp Heynckes am Schluss seiner Karriere dem Unglücksraben Sven Ulreich? Und wenn, halten dann Ulreichs Nerven? Nur eins steht fest: Am 20. Mai wird auf dem Marienplatz in München gefeiert. Das lassen sich die Bayern nicht nehmen, ohne DFB-Pokal wäre die Stimmung allerdings schon getrübt. Die Meisterschale allein macht die Bayern nicht mehr glücklich.

Bayerns Angst vor der Zukunft

Das Jahr 2018 ging ja schon gut los – 3:1-Sieg in Leverkusen, dass in dieser Saison zu Hause noch ungeschlagen war, ebenso in den letzten zwölf Bundesliga-Spielen. Der FC Bayern München setzte also in der Fußball-Bundesliga gleich ein Zeichen für die Konkurrenz, Motto: Wir lassen nicht locker, der Titel gehört uns. Die Gegenwart schaut also unter Trainer Jupp Heynckes rosig aus, nachdem es im Herbst noch Turbulenzen gegeben hatte, die in der Ablösung von Trainer Carlo Ancelotti und seinem Team ihren Höhepunkt hatten. Die Zukunft sehen die Verantwortlichen des FC Bayern allerdings nicht so rosig, insgeheim geht im Verein sogar die Angst vor der Zukunft um.

Das berühmte „mia san mia“ wird zwar natürlich weiter zur Schau getragen, damit keiner glaubt, er könnte an der Spitzenstellung der Münchner kratzen, aber wie die Vormachtstellung im deutschen Fußball auch in der Zukunft erhalten werden kann, dafür gibt es noch keine gültige Antwort. Tatsache ist, dass die Protagonisten der letzten Jahre an ihre Altersgrenze stoßen, die einen auf dem Feld, die anderen im Vorstand. In Leverkusen stand die älteste Mannschaft der Bundesliga auf dem Feld – Zukunft sieht anders aus. Sinnbild dafür die in die Jahre gekommenen Flügelflitzer Arjen Robben (33 Jahre alt) und Franck Ribery (34). Deren Verträge laufen 2018 aus, verlängern oder nicht ist für beide Seiten, Spieler und Verein, jetzt die Frage. „Rib & Rob“ stehen für die erfolgreiche Bayern-Zeit, ihre Ablösung tut moralisch weh, ist sportlich auf Sicht aber notwendig, doch werden die Nachfolger auch ihre Klasse haben? Die besten Spieler landen bekanntlich inzwischen an den Geldquellen in England, Spanien oder Paris. Da dürfen die Bayern schon froh sein über einen Hoffnungsträger wie Kingsley Coman, aber ob Serge Gnabry, der im Sommer nach der Ausleihe in Hoffenheim in München landen soll, die Lücke dann schließen kann, ist schon fraglich. Robben und Ribery werden wohl notgedrungen noch bleiben, müssen vielleicht Abstriche in Einsatzzeiten hinnehmen (wenn sie denn überhaupt fit sind), doch Zukunft sieht anders aus.

Die meisten Verträge des Bayern-Kaders haben noch lange Laufzeiten, meist mindestens bis 2021, so dass aktuell keine Sorgen bestehen. Außer den üblichen im Geschäft, dass nämlich Spieler wie Torjäger Robert Lewandowski trotz Vertrags dem Ruf des Geldes erliegen könnten und die Bayern bei unmoralischen Angeboten eben doch schwach werden. Es bleiben Fragezeichen.

Unsicherheit herrscht vor allem in der Trainerfrage und dabei gibt es die größte Unsicherheit, sogar Angst vor der Zukunft. Die Bosse Rummenigge und Hoeneß wünschten sich am meisten, dass der 72-jährige Altmeister Jupp Heynckes, nachdem er schon seinen Ruhestand unterbrochen hat und offensichtlich Spaß an der erfolgreichen Arbeit hat, seine Tätigkeit noch ein Jahr fortsetzt. Dass würde dem Verein Luft verschaffen und ein Jahr später womöglich eine bessere Kandidatenliste der Nachfolger möglich machen. Gesucht wird ja ganz einfach ein Klon von Jupp Heynckes. Dies ist der derzeit einzige Kandidat Thomas Tuchel (vorher Dortmund) zweifellos nicht. Ein deutschsprachiger Trainer soll es wohl sein, da böten sich 2019 u. a. Julian Nagelsmann (Hoffenheim), Ralph Hasenhüttl (Leipzig), Jürgen Klopp (Liverpool) oder sogar Niko Kovac (Frankfurt) an. Deren Verträge laufen da aus oder beinhalten Ablösemöglichkeiten. Im Sommer 2018 sieht es anders aus.

Gedanken müssen sich die Bosse Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß aber auch über ihre eigenen Nachfolger machen. Rummenigge, seit 1991 im Vorstand, seit 2002 Vorsitzender des Aufsichtsrats, ist 62 Jahre alt, Vereinsvorsitzender Uli Hoeneß, seit 1979 der Motor der erfolgreichen Bayern-Jahre, befindet sich im Rentenalter. Mit 66 Jahren geht das Leben zwar erst los, sang einst Udo Jürgens, was die Bayern angeht, da befindet sich Uli Hoeneß wohl eher in der Endphase seines Schaffens. Die Bayern sind sein Lebenswerk, das hat er immer betont. Jetzt muss er bald die Weichen stellen, damit sein Lebenswerk auch erfolgreich fortbesteht. Da herrscht große Unsicherheit, das ist zu spüren. Da gibt es auch ein bisschen Angst vor der Zukunft, deshalb wollen alle auch die Erfolge der Gegenwart besonders genießen und hoffen noch einmal auf einen großen Triumph wie 2013 das Triple aus Meisterschaft, Pokalsieg und Titel in der Champions League. Es könnte der letzte Triumph für Rummenigge und Hoeneß sein.