Duell Dortmund – Bayern: Es geht um alles!
von knospepeter
In der Fußball-Bundesliga sind erst zehn von 34 Spieltagen absolviert, doch das Gipfeltreffen Borussia Dortmund – Bayern München am Samstag (18.30 Uhr) hat bereits den Charakter eines Endspiels. Es geht um alles – vor allem natürlich für den FC Bayern, der als Titelverteidiger dem Rivalen aus dem Ruhrpott hinterher hechelt und am vergangenen Wochenende mit dem 1:1 gegen Freiburg nicht nur Boden verloren hat, sondern auch den Rückkehr der Krise verkraften muss. In Dortmund sieht es ganz anders aus, quasi das Gegenteil ist der Fall: In 15 Pflichtspielen ist die Borussia unter dem neuen Trainer Lucien Favre noch ungeschlagen, Höhenflug statt Krise also. Gewinnt Dortmund, kann es den Vorsprung auf sieben Punkte ausbauen!
Rückblende: In den letzten sieben Jahren waren die Bayern nach dem 10. Spieltag jeweils Tabellenführer! Schlechter sah es nur in der Saison 2010/11 aus, mit Platz 7 und 10 Punkten Rückstand auf Borussia Dortmund. Trainer war damals Louis van Gaal. Am 11. Spieltag gab es ein 3:3 in Gladbach, mit dem Abrutschen auf Platz 9 und12 Punkte Rückstand auf Dortmund.
Früher hieß es bei dem Star-Ensemble der Münchner, diese Mannschaft könnte auch der Platzwart trainieren. Man sah zuletzt, dies gilt nicht mehr. Niko Kovac hat sein „Meisterstück“ mit dem Pokalsieg mit Eintracht Frankfurt (gegen die Bayern!) gemacht und sich damit empfohlen. Mit der Ansammlung der Stars hat er aber offensichtlich seine Probleme. Verloren gegangen ist der spielerische Glanz, mit dem die Bayern einst unter Pep Guardiola beeindruckten, weggeblasen ist das Selbstbewusstsein, das „mia san mia“, das noch unter Jupp Heynckes zum Titelgewinn führte. Abgelöst wurde es von Unsicherheit und Unzufriedenheit, „Markenzeichen“ heute sind schlampige Pässe, Fehler in der Abwehr und mangelnde Chancenverwertung. Klingt eigentlich nach den Sorgen eines Absteigers.
Bezeichnend: Nationaltorhüter Manuel Neuer bekommt kaum einen Ball zu fassen, von den letzten zehn Schüssen waren acht im Netz. Torjäger Robert Lewandowski ging die Selbstverständlichkeit verloren, bei einer entscheidenden Szene vor dem Freiburger Tor musste er nachdenken, ob er den linken oder rechten Fuß nimmt – Chance vorbei. Wenn ein Torjäger nachdenkt, trifft er nicht. Die Versetzung von Joshua Kimmich als Thiago-Ersatz (im Pokalspiel verletzt) ins Mittelfeld erwies sich als Flop, Kimmich produzierte fast nur Fehlpässe, aber Kovac reagierte nicht. Ein Problem ist auch, dass Sportdirektor Hasan Salihamidzic keine Führungsstärke zeigt, um dem Trainer zur Seite zu stehen, die Spieler an die Kandare zu nehmen. Vier Heimspiele in Folge konnten die Bayern jetzt nicht gewinnen, wenn das keine Krise ist. Das lässt auch nichts Gutes erahnen für das Champions-League-Spiel am Mittwoch gegen AEK Athen, obwohl die Bayern das Hinspiel mit 2:0 gewannen. Auswärts sind sie auch in der Bundesliga noch das stärkste Team. Ein Hoffnungsschimmer für Dortmund?
Eins ist sicher: In Dortmund geht es um alles. Es folgt die Länderspielpause und damit Zeit für die Verantwortlichen, sich nach einem Nachfolger für Niko Kovac umzusehen, der die Mannschaft wieder in die Erfolgsspur bringt (Jupp Heynckes wird es wohl kaum sein!). Nur ein Sieg rettet wohl den Coach. Er muss seinem Team endlich seine Handschrift verpassen, er muss taktisch zeigen, dass er der Aufgabe gewachsen ist. Dortmund hat in dieser Woche auch die Leichtigkeit verloren, aber der Tabellenführer machte das, was bisher die Bayern auszeichnete und zum Erfolg führte: Schlechte Spiele dennoch gewinnen.
Von Siegen träumen auch andere Teams, am Tabellenende drohen die Schlusslichter Stuttgart und Düsseldorf (die kurioserweise beide 0:3 verloren und gleichauf blieben) und Hannover (mit sechs Punkten einen Zähler mehr) den Anschluss nach oben zu verlieren. Die Saison ist zwar noch lang, aber sie wird besonders schwer, wenn der Rückstand zu groß wird. Insofern stehen da auch zwei „Endspiele“ an, nämlich Nürnberg gegen Stuttgart und Hannover gegen Wolfsburg, Für Düsseldorf könnten die Punkte gegen Hertha BSC besonders hoch hängen.
Hirngespinst „Super League“
Geht es auch für die Bundesliga um alles? In den letzten Tagen geisterte wieder einmal das Hirngespinst einer europäischen „Super League“ durch die Medien. Offensichtlich arbeitet vor allem Real Madrids Vereinsboss Perez an der Umsetzung einer alten Idee der Spitzenklubs, die immer wieder aufmucken, weil sie sich mit dem „Fußvolk“ der nicht ganz so großen Vereine nicht abgeben wollen. Doch der Drang nach der große Kasse wurde bisher immer von der Vernunft und der Realität gebremst und so wird es auch diesmal wieder sein. Allein die gesamte Organisation würde in Unordnung geraten, die Pläne-Schmieder konnten nicht beantworten, was zum Beispiel mit den Nationalspielern passiert, wenn sie die Verbände verlassen wollen. Eine eigene Luxus-Liga gerät schnell an ihre Grenzen.
Und so wird es auch für die Bundesliga nicht um alles gehen, auch wenn Beteuerungen aus Dortmund und München, die nationale Liga nicht verlassen zu wollen, keineswegs eine Garantie für die Zukunft sind. Die Super League könnte nur an die Stelle der Champions League treten, wäre aber auf Dauer selbst bei großer Gewinn-Marge am Ende sportlich und gesellschaftlich eher ein Verlustgeschäft.
Dem Fußball würde es mehr helfen, wenn sich auch die geldgierigen Vereinsbosse damit beschäftigen würden, Korruption und unlautere Geschäfte zu ahnden bzw. zu verbannen. Was rund um FIFA-Präsident Infantino erneut an die Öffentlichkeit kam, lässt nur einen Schluss zu: Beim Weltverband wurde unter dem neuen Präsidenten alles nur noch korrupter und schlechter. Eine Tatsache, die nach der Ära Josef Blatter eigentlich als undenkbar schien. Aber das wurde hier schon oft angeprangert.