Der Sport – Grantler

Kommentare rund um Fußball und anderen Sport

Tag: Karl-Hein Rummenigge

Infantino-Bilanz: Nichts wurde bei der FIFA besser

Er ist angetreten mit dem Versprechen, den Fußball-Weltverband (FIFA) zu reformieren. Doch die Bilanz nach einem Jahr sieht nicht golden aus. Ganz im Gegenteil, in der Öffentlichkeit wird die FIFA unter Gianni Infantino nicht besser wahrgenommen als die FIFA unter Joseph S. Blatter. Einziger Fortschritt: Die Diskussion um die Korruption ist mehr oder weniger zum Erliegen gekommen, was allerdings auch nur daran liegt, dass die erste Aufarbeitung abgeschlossen ist und die staatlichen Stellen sich mitten in ihrer eigenen Ermittlungsarbeit befinden. Da kann noch einiges folgen.

Der neue Präsident hat seine Kraft nicht zuerst in den Reformwillen investiert, sondern vor allem in öffentlichkeitswirksame Vorschläge. Eine Weltmeisterschaft mit 48 Nationen hätte die Welt nicht gebraucht, aber diese Aufstockung war Infantinos erstes Ziel, um gegenüber den Verbänden in Asien und Afrika sein Wahlversprechen zu halten. Hier ging es also um eine Aufarbeitung der besonderen Art. Die Verbände nehmen in Kauf, dass das Endturnier der Weltmeisterschaft an Qualität verliert. Ein schöner Erfolg.

Gianni Infantino hat auch mit Personalrochaden in der FIFA-Zentrale auf sich aufmerksam gemacht, doch da ging es wohl weniger um Altlasten, als vielmehr darum, seine eigenen Getreuen entsprechend in Position zu bringen. Seltsam mutet sein Vorschlag an, dass die Ethikkommission, die zuletzt durchaus gute Arbeit geleistet hatte, künftig vom FIFA-Rat bestimmt werden kann. Da kommt wieder die alte FIFA-Regel durch: Wir müssen unsere Kontrolleure selbst aussuchen (unterschwelliger Zusatz: Damit nichts gefunden wird). So sieht der Fortschritt unter Infantino aus.

Bayerns Münchens Boss Karl-Heinz Rummenigge hat dies klar erkannt und moniert in der Fachzeitschrift kicker: „Infantino hat … angekündigt, die Transparenz, das Demokratieverständnis und die Governance innerhalb der FIFA deutlich zu verbessern. Bis jetzt ist das … nicht gelungen.“ Bisher ist auch nichts davon zu spüren, dass der Präsident vor allem repräsentative Aufgaben vornehmen soll, während das Generalsekretariat den Verband quasi führen soll. Gianni Infantino gibt das Zepter nicht aus der Hand, zieht an allen Fäden.

So ist es also noch nicht gelungen, dass der Fußball-Weltverband wieder in besserem Licht dasteht. Der Fußball rollt, die Funktionäre sind froh, wenn einigermaßen Ruhe herrscht und keiner an ihren Pfründen rüttelt. Dann ist die Fußball-Welt für sie in Ordnung. Die Korruption ist keinesfalls aus dem Spiel.

Werbung

Start in der Champions League: Geld schlägt den Sport!

 

 

Sie ist das Aushängeschild des europäischen Fußballs – die Champions League. Die großen Vereine sehen den nationalen Meistertitel als Pflichtaufgabe an, der Titel in der Champions League (CL) ist die Kür und das besondere Renommee für den Briefkopf. Manchmal ist er auch Trost, wie zuletzt für Real Madrid, das national nichts ernten konnte. Nicht die Besten in Spanien, aber die Besten in Europa. Na, das ist doch was.

Der Sport spielt allerdings derzeit in Europas Fußball nur eine untergeordnete Rolle. Diskutiert wird über das Geld. Das Geld schlägt den Sport. In der Sommerpause beherrschten die schon teils wirklichkeitsfremden Ablösesummen für Spitzenspieler und solche, die es erst werden wollen, die Schlagzeilen. Auf Geldvermehrung achten auch die Vereine, die bei der UEFA eine Aufstockung der Ausschüttung durchsetzten. 2018 steigt die Ausschüttung in der CL von 1355,5 Millionen Euro auf 2016,6 und der Europa League (EL) von 410,7 auf 504,2, was prozentual weniger ist, heißt, die EL verliert weiter an Reputation. Dennoch: National gesehen drängen die Vereine auf Europas Bühne, weil sie fürchten, sonst noch mehr abgehängt zu werden. Der Trick: Weil in vielen Ländern dem Titelkampf oft die Spannung fehlt, wird die Tür zu Europa zum Spannungselement. Sie wollen nur eines: Geld.

Dazu kommt, dass wohl neben der Umverteilung der Gelder auch eine Umverteilung der Macht bevorsteht. Die Klubs in Europa gründeten am 15. August 2008 die Europäische Club Association (ECA), als Nachfolger der G14 (Gründungsmitglied Bayern München), ein Zusammenschluss von 14Spitzenvereinen, heute sind 220 Klubs aus 53 der 55 UEFA-Verbände dort Mitglied. Präsident der ECA ist Münchens Boss Karl-Heinz Rummenigge. Ziel: Mehr Macht, mehr Geld. Durchgesetzt haben die Vereine bereits, dass in der Champions League künftig die vier besten Nationen (derzeit Spanien, Deutschland, England, Italien) vier feste Vertreter abstellen können, durchsetzen wollen sie noch mehr Mitsprache im Verband, sprich Sitze in der UEFA-Exekutive. Die ECA wird auch der Schlüssel sein, ob die CL künftig sogar zweitklassig wird, dann nämlich, wenn eine Weltliga gegründet wird. Möglich ist dies, weil Milliardäre aus China, den USA und der arabischen Welt mit Geldscheinen wedeln. Geld schlägt den Sport. Keiner fragt danach, welche Belastungen die Spieler noch aushalten sollen bzw. welcher Wettbewerb gestrichen wird. Die nationale Meisterschaft vielleicht?

Die Spitzenklubs fordern ein Umdenken. Vor einiger Zeit wurde die CL auch für die kleineren Verbände mehr geöffnet, was allerdings dazu führte, dass die Gruppenphase ziemlich an Spannung und Attraktivität eingebüßt hat. Begegnungen wie Bayern München gegen FK Rostow soll es möglichst kaum geben. Rostow? Zweiter in der Meisterschaft Russlands und auch Bayern-Kapitän Philipp Lahm sagt: „Wir wissen nichts über den Gegner“. Nun, Trainer Carlo Ancelotti wird seine Spieler schon noch aufklären, aber das Ziel ist klar: Ein Auftaktsieg ist Pflicht, schließlich gilt es die Heimbilanz mit zwölf CL-Spielen ohne Niederlage fortzusetzen. Zum 20. Mal starten die Bayern in der CL-Gruppenphase und 15mal gingen sie als Sieger vom Platz.

Bayern München zählt natürlich wieder zu den Titelfavoriten und kämpft mit Vorjahresfinalist Atletico Madrid um Platz eins in der Gruppe (außerdem PSV Eindhoven). Die weiteren Favoriten sind die üblichen Verdächtigen wie Titelverteidiger Real Madrid und der FC Barcelona. Gespannt sein darf man allein, ob Englands Top-Klubs mit neuen Spielern und neuen Trainern wieder zu ernsthaften Konkurrenten werden. Pep Guardiola zeigt ja bereits mit Manchester City als Tabellenführer in England, dass ein neuer Wind weht. Da werden die anderen deutschen Klubs über kurz oder lang in die Zuschauerrolle gedrängt. Sei es Borussia Dortmund, Bayer Leverkusen oder Borussia Mönchengladbach, das ausgerechnet bei ManCity mit Pep beginnen muss. Vielleicht tröstet sich ein Ausscheider später in der Europa League, dort darf man den Startern Mainz 05 und Schalke 04 nicht so viel zutrauen. Seit Jahren fehlen deutschen Klubs im Endkampf um den EL-Titel. Wäre doch auch mal wieder was. Oder heißt es: Hauptsache der Euro rollt?

Bundesliga-Milliarden: Was hat der Fan davon?

 

Die Öffentlichkeit staunt, die Funktionäre jubeln: Der Verkauf der Fernsehrechte beschert der Fußball-Bundesliga einen Geldregen. Eine Steigerung gleich um 85 Prozent konnte die DeutscheFußball-Liga beim Verkauf der Bundesliga-TV-Rechte erzielen. Ein Rekorderlös und für Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge und seine Kollegen wurde ein Traum wahr. „Eine Milliarde plus x“, hatte sich Rummenigge gewünscht, 1,1 Milliarden sind es geworden ab 2017 für vier Jahre, 628 Millionen waren es zuletzt im Schnitt. Die Vereine jubeln, weil sie (angeblich) im internationalen Geschäft so besser mithalten können, doch der Sport-Grantler fragt sich: Was haben die Fans davon?

Die erste, schnelle Antwort wird sein: Nichts! Das Geld sacken auch nicht die Vereine ein, sie sind nur die Umverteilungsstation, das Geld geht an den Fiskus, vor allem aber an die Spieler und ihre Berater. In England wird mehr als das Doppelte kassiert und zuletzt lockten auch die Vereine in China mit viel Geld. Wer also beim Werben um die Top-Spieler der Welt mithalten will, der muss eine gut gefüllte Kasse haben. Mit Nachwuchsförderung allein wird die Bundesliga auf Dauer nicht mithalten können. Was hat also der Fan davon? Er darf weiterhin darauf vertrauen, dass er sich an jedem Wochenende an dem einen oder anderen großen Star erfreuen kann (wenn der denn auch wirklich Freude macht!).

Die großen Geldgeber sind Fernsehanstalten, im deutschen Fall vor allem der Pay-TV-Sender Sky. Und da wird es schon wieder zweifelhaft, ob der Fan wirklich etwas davon hat, weil er ja auch für das Bezahlfernsehen Geld hinlegen muss und höchstwahrscheinlich in der Zukunft sogar mehr Geld, weil die teuren TV-Rechte ja auch refinanziert werden wollen. Nach einer Verfügung des Kartellamtes hat Sky allerdings kein Alleinstellungsmerkmal mehr bei den Live-Spielen, so kam Eurosport ins Spiel und wird künftig Begegnungen am Freitag, Sonntag und Montag übertragen. Heißt also für den Fan: Bei Sky sieht er nicht mehr wie bisher (2016/207 bleibt noch alles gleich) alle Spiele, dafür muss er noch ein anderes Abonnement bestellen und bezahlen. Auch wenn der Sender dagegen gerichtlich vorgeht, Stand jetzt: Die Bundesliga wird für den gleichen Service spürbar teurer. Den Milliarden-Deal bezahlen vor allem Werbewirtschaft (im Umfeld der Übertragungen) und die Zuschauer!

Eines hat der Fan aber vielleicht doch noch davon: Die Bundesliga-Vereine müssten aufgrund des Geldsegens die Eintrittspreise, die gegenüber England zum Beispiel sowieso sehr moderat sind, weiterhin im Vergleich niedrig halten können. Wenigstens eine Hoffnung.

Ob sich der Geldsegen sportlich auswirken wird, das darf bezweifelt werden. Die Bundesligisten werden auf Europas Bühnen kaum erfolgreicher sein. Er wird auch nicht dazu führen, dass sich die Kräfteverhältnisse in der Bundesliga ändern. Alles läuft auf einem höheren Geld-Niveau ab. Wobei die Millionen und Milliarden auch Begehrlichkeiten wecken, denn jeder will mehr Anteil am Kuchen. Der Bundesliga steht diesbezüglich noch ein Verteilungskampf bevor. Es haben sich ja schon Interessenten gemeldet, die eine andere Verteilung wünschen. Nicht nur das sportliche Abschneiden soll zählen, sondern auch Attraktivität (TV-Einschaltquoten) und Tradition der Vereine. Noch immer war es ja so: Wo viel Geld ist, da ist auch viel Streit!

Pep Guardiola und die verbotene Frage

Ob jetzt wirklich Ruhe einkehrt? Karl-Heinz Rummenigge, Boss des FC Bayern München, wollte die Diskussionen rund um den Trainer beenden und beschied der Öffentlichkeit: „Wenn die Hinrunde vorbei ist, wird es ein Gespräch mit dem Trainer geben. Dann gibt es eine Weihnachtsüberraschung – so oder so.“ Ob die Pille wirkt? Und ob die Beteiligten nicht schon viel mehr wissen? Rummenigge will, die Spieler wollen, dass Pep Guardiola bleibt. Doch was will der Spanier selbst? Er hüllt sich in Schweigen und wehrt alle Fragen zu seiner Zukunft ab. Stereotyp antwortet er darauf nur so: „Die nächste Frage bitte“. Die Frage nach der Zukunft ist bei Pep eine verbotene Frage.

Es wird sich zeigen, ob Rummenigge mit seinem Statement vor allem die Medien wirklich beruhigen kann. Sie werden nämlich weiterhin versuchen, Pep Guardiola aus der Reserve zu locken, was seine Zukunft angeht. Zur Debatte stehen im Prinzip nur drei Richtungen: Vertragsverlängerung in München (der Vertrag läuft am 30. Juni 2016 aus), ein Sabbatjahr wie nach seinem Engagement beim FC Barcelona oder eben ein neuer Verein, wobei hier bisher vor allem Manchester City im Gespräch ist, weil dort ein Freund von Pep als Sportdirektor das Sagen hat. Neuerdings kommt auch Chelsea London in Frage, weil dort der Stuhl von Peps Lieblingsfeind Jose Mourinho wackelt. Ob ihm eine Nachfolge von Mourinho Freude bereiten würde?

Beobachter sagen, eine bessere Mannschaft als derzeit in München wird Pep bei anderen Klubs kaum bekommen. Geld hin oder her. Er hat sie in den letzten zweieinhalb Jahren nach seinem Gusto entwickeln können, der Verein hat die Wünsche des Spaniers beim neuen Personal weitgehend erfüllt. In der Tat muss Guardiola mit einem Blick auf die Leistung der Bayern seinen Wunsch nach Ballbesitz und perfektem Fußball kurz vor der Erfüllung sehen. Will der Baske „sein“ Werk nicht zur Vollendung bringen, selbst wenn es auch in diesem Jahr mit dem Gewinn der Champions League nicht klappt? Will Guardiola eine Entscheidung vielleicht sogar bis ins nächste Jahr hinauszögern, nach dem Motto, „bei einem CL-Sieg bin ich am Ziel und höre auf. Gelingt der große Wurf nicht, dann gebt mir noch eine Chance“? Ob der Verein bei einer solchen Konstellation mitspielt, ist die andere Frage.

Pep Guardiola ist sicherlich in der besseren Position, denn er kann wählen, nicht der Verein. Ganz im Gegenteil, die Bayern würden wohl vor große Probleme gestellt, müssten sie einen Nachfolger für den Spanier suchen. Der Italiener Carlo Ancelotti, mit dem AC Mailand 2003 und 2007 sowie mit Real Madrid 2014 ebenfalls Champions-League-Sieger, steht angeblich Gewehr bei Fuß. Er musste bekanntlich trotz erfolgreichen Wirkens in Madrid gehen. Andere Beobachter glauben aber, dass es Ancelotti keineswegs in die Bundesliga zieht, er würde Italien oder eine Rückkehr nach England bevorzugen. Auch Ancelotti ist bei Chelsea im Gespräch. Die Aura eines Pep Guardiola hat Ancelotti allerdings nicht. Der Spanier wäre für die Bayern weiterhin ein Ass im Pokerspiel, wenn es um Neuzugänge geht. Pep kann für Spieler reizvollere Angebote aus England aufwiegen!

Wie auch immer, eine Frage des Geldes wird die Entscheidung nicht sein. Pep Guardiola kann in München sicherlich gut leben, sein Jahresgehalt wird einmal bei rund zehn Millionen, dann wieder bei zwölf Millionen Euro geschätzt. Möglicherweise wäre nicht einmal eine Gehaltserhöhung notwendig, um ihn zum Bleiben zu Überreden. Der Schlüssel liegt wohl bei der Mannschaft bzw. der Liga. Reizt England mehr? Gibt es eine Rückkehr nach Spanien? Wird ihm die Bundesliga zu langweilig? Es gäbe genügend Fragen, doch in dieser Richtung sind sie verbotene Fragen. Warten wir also auf die Weihnachtsüberraschung.