Die Sehnsucht nach einem Titel

von knospepeter

 

Das Länderspieljahr 2013 der Fußball-Nationalmannschaft gehört bereits jetzt der Vergangenheit an, obwohl ein Höhepunkt noch bevorsteht: Die Auslosung der Gruppen für die Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien am 6. Dezember. Bundestrainer Joachim Löw hat danach noch eine Menge Arbeit mit der organisatorischen WM-Vorbereitung. So wird erst nach der Auslosung das WM-Quartier festgelegt. Sportlich allerdings ist „der Kas gegessen“, die Bilanz zweifellos positiv: In zwölf Spielen gab es bei neun Siegen und zwei Unentschieden nur eine Niederlage (3:4 in den USA mit einem C-Team). Wichtigster Fakt: Die reibungslose Qualifikation für die WM in Brasilien.

Beim Thema Nationalmannschaft dreht sich allerdings alles um einen Titelgewinn. Deutschland hat eine seit 1996 ungestillte Sehnsucht nach einem Titel. Vor allem die Medien machen dem Bundestrainer Druck: Wann gewinnt Jogi Löw endlich einen Titel. Nichts war es zuletzt sowohl bei der Europameisterschaft im Vorjahr als auch bei der Weltmeisterschaft 2010 trotz bester Voraussetzungen. Da hatte auch der Trainer taktische Fehler begangen!

Jetzt steht also Jogi Löw unter Zugzwang. Aber kann der Traum vom Titel überhaupt Realität werden? Die Spekulationen zu dieser Zeit sind eigentlich unsinnig. Die Verletzung von Stammspieler Sami Khedira hat deutlich gezeigt, wie schnell sich alles ändern kann. Zuletzt fielen alle Führungsspieler des Mittelfeldes aus – das kann auch vor dem WM-Turnier passieren! Deutschland könnte plötzlich von einem Favoriten zu einem Außenseiter werden!

Warten wir also die Auslosung ab, um dann erst die Chancen zu bewerten, wie das Turnier laufen könnte. Erst kurz vor der WM wird sich zeigen, welche Spieler fit sind und wer wirklich in Form ist. Tatsache ist allerdings, dass Löw einen Kader zur Verfügung hat, mit der Qualität Weltmeister zu werden. Dazu gehört neben dem Können auch eine Portion Glück und eben ein Trainer der taktisch alles richtig macht. Was die Qualität der Spieler angeht, lebt Löw von der Ausbildung in der Bundesliga und da hat er einen tüchtigen Kader. Was die Umsetzung in einem Turnier angeht, da muss Löw eben endlich seine Meisterprüfung ablegen.

Die Frage darf schon gestellt werden: Hat Löw die Mannschaft in den letzten Monaten wirklich weitergebracht? Seltsam sind manchmal seine Personalentscheidungen. So zeigt er Torjäger Stefan Kießling die kalte Schulter, weil der nicht ins Konzept passt, hält aber andererseits an Heiko Westermann fest, der letzte Vertreter des einstigen Rumpel-Fußballs. Auch hält er immer wieder an seinem „Hobby“ fest – die „falsche Neun“. Dies ist falsch, höchstens mal ein taktisches Stilmittel, um den Gegner zu verwirren. Außerdem hat sich Löw im Vorfeld des Duells der Bundesliga-Giganten Dortmund und Bayern taktisch falsch verhalten und für Unruhe gesorgt. Sein Pech auch, dass sich gerade Dortmunder Spieler in London verletzt hatten.

Es gibt aber positive Zeichen. Wie stark muss Deutschland sein, wenn Deutschland B sogar England A besiegt! Die Spitzenklubs Bayern München und Borussia Dortmund gehören zu den besten Klubs der Welt, was auch auf die Nationalmannschaft abfärbt. Die Stars sind erfolgreich, haben also das Siegen gelernt, tragen das Titel-Gen in sich! Löw sollte die Chance nutzen, die Spiele der U21-Nationalmannschaft zeigen auf, dass diesem „goldenen Jahrgang“ kein zweiter folgt. Das merken wohl auch die Fans und deshalb ist die Sehnsucht nach einem Titel so groß. Wenn möglich 2014, letzte Chance für diese Generation bei der EM 2016!

Die letzten Spiele der WM-Qualifikation standen übrigens auch im Zeichen der Wahl zum Weltfußballer des Jahres (im Januar). Die ersten Protagonisten sind natürlich Lionel Messi, Christiano Ronaldo und Europas Fußballer des Jahres Franck Ribery. Eigentlich müsste man auch Zlatan Ibrahimovic dazu zählen oder sollte ein Mann wie Philipp Lahm im engsten Kreis sein, obwohl er nicht als Torjäger glänzen kann. Die Kandidaten machten Werbung für sich: Ronaldo schoss Schweden ab, erzielte alle vier Tore in den Play-Offs, allerdings auch unter Mithilfe der schwedischen Abwehr und nach glänzender Vorarbeit seiner Nebenleute. Ibrahimovic konnte mit seinen Treffern das Blatt nicht wenden. Franck Ribery erzielte keinen Treffer, führte aber Frankreich zur WM und zeigte Nervenstärke: Nach dem 0:2 in der Ukraine wurde er in seinem Heimatland heftig kritisiert, zeigte sich aber unbeeindruckt und als echte Führungsfigur. Da hat er sich in Richtung Klasse-Fußballer entwickelt. Messi, zuletzt viermal in Folge vorn, dürfte keine Chance haben, er hatte ein „Seuchenjahr“ und blieb ohne Titel. Also bleibt eigentlich nur der Zweikampf Ronaldo gegen Ribery – und auch hier die Sehnsucht nach einem Titel!

Werbung