Dortmund: Risse in der heilen Welt
von knospepeter
Borussia Dortmund möchte in Fußball-Deutschland gern als großer Verein wie Bayern München anerkannt werden, traut sich aber nicht, dies zu sagen bzw. diese Stellung selbstbewusst einzufordern. Dagegen lieben die Verantwortlichen in Dortmund das Understatement, haben das quasi zum Programm erhoben, doch das wirkt mit der Zeit nur noch lächerlich. Jetzt haben auch noch die Fans Mannschaft und Verein im Stich gelassen und damit die Risse in der heilen Dortmunder Welt deutlich gemacht.
Die Vereinsverantwortlichen sind so stolz auf ihren erfundenen Werbeslogan „Echte Liebe“, aber genau diese „Liebe“ haben die Fans kürzlich bei der Niederlage gegen St. Petersburg vermissen lassen. Sie wollten lieber guten Fußball sehen, den die Borussia nicht gezeigt hatte. Die Folge waren auf der einen Seite Pfiffe, auf der anderen Seite Unverständnis: „Das geht gar nicht“, meinte der Ur-Dortmunder Kevin Großkreutz und verlangt wohl zu viel von den Fans, die Eintritt zahlen und Leistung sehen wollen. Ernüchterung machte sich breit, dass die Borussen-Fans wohl auch nicht besser sind, als sagen wir mal die auf Schalke.
Das ist der Fluch der guten Tat: Dortmund war zwei Jahre lang überaus erfolgreich, klaute den Bayern zweimal den Titel, holte einmal das Double und stand schließlich sogar im Finale der Champions League. Aber anstatt selbstbewusst weitere Erfolge ins Visier zu nehmen, verwiesen die Bosse nur darauf, dass man solche Erfolge nicht immer erwarten könne. Das „Mia san mia“ der Bayern verstehen die Dortmunder immer noch nicht, machen sich lieber kleiner als sie sind, aber die Fans wollen keine „kleine Borussia“. Es widerspricht sich eigentlich auch, dass sich die Borussia als Aktiengesellschaft gegenüber den Bayern als „Verein des einfachen Mannes“ sieht, auch wenn das im Ruhrpott sicher besser ankommt.
Immer wieder wird allerdings deutlich, dass die Verantwortlichen auch gern mehr Erfolg hätten und mit der Rolle des „Kleinen“ hinter den Bayern eigentlich gar nicht zufrieden sind. Deutlich macht das immer wieder Trainer Jürgen Klopp, der dünnhäutig reagiert, wenn Entscheidungen vermeintlich zu unrecht gegen seine Dortmunder gefällt werden. Dann wird der Trainer zum Werwolf und möchte am liebsten die Schiedsrichter beißen. Auch hier macht er Risse in der heilen Dortmunder Welt deutlich. Sie wollen schon Erfolg haben, nur wollen sie es nicht laut sagen. Wenn Klopp nach erfolgreichen Spielen davon schwärmt, dies sei „einfach nur geil“, heischt er wohl eher nach Lobeshymnen nach dem Motto, „seht her, was der Klopp zuwege gebracht hat“ oder „wenn wir nicht gelobt werden, loben wir uns selbst“. Die Fans nehmen ihm das so aber nicht mehr ab.
Im Viertelfinale der Champions League gegen Real Madrid spielen die Dortmunder allerdings zu Recht die Rolle des „Kleinen“, auch wenn sie im Vorjahr die Spanier abserviert haben. Die Zeiten haben sich allerdings geändert, Real ist stärker geworden, die Borussia muss viele Verletzungsrückschläge verkraften und dann fehlt im ersten Spiel auch noch Torjäger Robert Lewandowski, der vor einem Jahr Real fast im Alleingang besiegte. An guten Tagen ist der Borussia allerdings alles zuzutrauen, fragt sich nur, ob es Jürgen Klopp schafft, dass die Dortmunder ihre guten Tage auch in den entscheidenden Spielen haben. Ansonsten wird der Trainer wohl wieder zum Werwolf werden und von „Echter Liebe“ und den großen Erfolgen träumen…