Weltmeister! Und was kommt danach?
von knospepeter
Hurra, Hurra, der vierte Stern (1954, 1974, 1990, 2014) ist da! Eine Nation feierte die Weltmeister, die Fußballer wurden wieder einmal zu den Lieblingen der Nation. Keine andere Sportart kann die Massen so in ihren Bann ziehen, bei der WM in Brasilien purzelten fast alle Rekorde. Vor allem die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF werden sich die Hände reiben ob der Rekorde bei den Einschaltquoten. Die Spieler selbst feierten und wurden gefeiert, Berlin stand kopf. Jetzt aber dürfen sie in den wohlverdienten Urlaub. Drei Wochen lang, ehe wieder der Ernst des Lebens beginnt. Da stellt sich dann schon die Frage: Weltmeister! Und was kommt danach?
Keine Zweifel, die deutsche Mannschaft hat sich den Titel verdient, sie war das beste Team des Turniers und hatte am Ende halt das Glück des Tüchtigen. Endlich am Ziel nach zweiten und dritten Plätzen, davon hatten die Spieler genug. Viele Beobachter trauen der DFB-Elf jetzt eine Ära zu wie den Spaniern, die Europameister 2008 und 2012 wurden und dazwischen auch den WM-Titel 2010 holten. Die nächsten Ziele für Deutschland heißen also Europameisterschaft 2016 in Frankreich und Weltmeisterschaft 2018 in Russland. Zweimal Weltmeister und dazwischen Europameister – das wäre eine Bilanz!
Von der Altersstruktur her könnte die deutsche Mannschaft für diese Ziele fast zusammenbleiben. Allein Miroslav Klose ist am Ende seiner Länderspielkarriere angelangt, der 36jährige sagte aber auch, „mal sehen, wie lange ich meinen Kadaver noch rumschleppen kann“. Allerdings: Gerade auf seiner Position tut sich in Sachen Nachwuchs nicht viel. Auf anderen Positionen sind Verstärkungen in Sicht oder können Ausfälle gut kompensiert werden, wenn wir nur daran denken, dass Marco Reus und die Bender-Zwillinge in Brasilien fehlten. Einige Nachwuchsstars wie Julian Draxler durften schon mal WM-Luft schnuppern. Was Deutschland braucht, sind Verteidiger (Lahm sollte es bleiben), ansonsten hat Bundestrainer Joachim Löw zumindest bis 2016 (so lange läuft sein Vertrag) wenig Sorgen.
Was aber macht die Konkurrenz? Spanien wurde vehement aus dem Turnier gekegelt, die Ära der Xavi und Iniesta ist vorbei, den behutsamen Neuaufbau hat Trainer del Bosque verschlafen. Talente sind vorhanden, doch wie schnell können sie die Lücken schließen? In Europa haben vor allem Frankreich und Belgien junge Mannschaften, die für die Zukunft einiges Versprechen. Aber ein Gerüst, wie es die deutsche Mannschaft vorweisen kann, ist bei beiden Nationen nicht vorhanden. Dazu befinden sich die großen Teams von Italien und England eher auf dem absteigenden Ast. Bleibt fast das Fazit: Deutschland hat auf absehbare Zeit kaum ernsthafte Konkurrenz. Aber bitte, man kann sich täuschen.
Für die Weltmeisterschaft schaut es auch nicht anders aus. Gerade die großen Nationen der Vergangenheit, Brasilien und Argentinien, haben den Zug der Zeit verpasst. Beide Länder haben in etwa das gleiche Problem: Schwache nationale Ligen, Korruption im Verband statt zukunftsträchtige Arbeit und ein Mangel an Nachwuchsförderung. Asien und Afrika werden auch in den kommenden Jahren nicht zu ernsthaften Konkurrenten heranwachsen, zu viele Schwächen hat die Infrastruktur. Vor allem die Afrikaner würden viel Talent mitbringen, aber sie scheitern einmal an der Korruption im Verband, zum anderen auch an ihrer Mentalität. Die Ernsthaftigkeit, die es für große Erfolge braucht, bringen sie nicht über ein Turnier hinweg auf den Platz. Bleibt also auch hier das Fazit: Deutschland hat auf absehbare Zeit kaum ernsthafte Konkurrenz. Aber bitte, man kann sich täuschen.
Für Deutschland gibt es nämlich für die Europameisterschaft auch ein großes Fragezeichen: Ist so eine Willensleistung wie im Endspiel von Rio wiederholbar? Sind die Spieler satt oder können sie sich noch einmal so auf einen Titelgewinn fokussieren? In Brasilien war jederzeit spürbar: Wir wollen den Titel holen! Schön, dass es geklappt hat. Neuer, Lahm, Schweinsteiger, Müller und Co. haben ihn sich verdient. Sie haben jetzt eine Ära geprägt, sind eine „goldene Generation“ und könnten noch einige Jahre strahlen. Ihre Vorgänger von 1974 haben zuvor 1972 den Titel Europas geholt (die 72er Mannschaft galt damals als die beste aller Zeiten), Lahm und Co. könnte es ja umgekehrt machen und 2016 nachlegen.