Das Fernsehen ist für den Sport Fluch und Segen

von knospepeter

Ein Blick auf den Sport im Fernsehen in dieser Woche macht wieder einmal das Dilemma für die Sportfans deutlich: Die TV-Anstalten richten sich heute ausschließlich nach Quoten und Rechten. Das Fernsehen ist für den Sport heute Fluch und Segen zugleich. Fluch, weil eben die Vielfalt nicht mehr gilt, Minderheiten nicht mehr berücksichtigt werden. Segen für einige Sportarten, weil sie ihren Sport weitgehend durch das Fernsehen finanzieren können. Das gilt zum Beispiel auch für das Millionengeschäft Fußball-Bundesliga. In erster Linie der Bezahlsender Sky, aber auch ARD und ZDF legen Millionen Euro für die Übertragungsrechte hin. Dennoch jammern die deutschen Klubs, dass sie mit den TV-Einnahmen gegenüber dem Ausland (vor allem England und Spanien) im Hintertreffen sind. Das ist jammern auf hohem Niveau, denn die meisten anderen Sportarten können sich darüber beklagen, dass ihnen das Fernsehen die kalte Schulter zeigt.

Der deutsche Sport griff jetzt zur Selbsthilfe. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) startet im Internet das Sportdeutschland.TV. Hier sollen alle Sportarten ein Forum bekommen, die im Fernsehen stiefmütterlich behandelt werden. So werden jetzt von der Volleyball-Weltmeisterschaft alle Spiele live übertragen. Auch einzelne Sportarten haben schon den Ausweg über das Internet beschritten, so zum Beispiel die Tischtennis-Bundesliga. Ein Ausgleich für fehlende Fernsehzeiten ist das nicht, weil das Fernsehen auch Sponsoren lockt. Die Macht der TV-Anstalten wird deutlich: Übertragen sie, bekommt der Veranstalter Sponsoren und hat die Chance, finanziell gut über die Runden zu kommen. Überträgt das Fernsehen nicht, dann muss alles eine Stufe kleiner organisiert werden und schlimmstenfalls droht das Aus für die Veranstaltung. Ohne Moos ist eben nichts los.

Es ist nichts Neues, dass der Fußball den Sport dominiert, vor allem aber den Sport im Fernsehen. Im neuesten DFB-Journal listet der Fußball-Bund nach den Top-Einschaltquoten bei der Weltmeisterschaft in Brasilien stolz auf, dass die Top 10 der deutschen TV-Quoten aller Zeiten ausnahmslos Spiele der Fußball-Nationalmannschaft betreffen! Nummer 1 ist das WM-Finale 2014 Deutschland – Argentinien mit 34,65 Millionen Zuschauern (Marktanteil 86,3 Prozent), Nummer 2 das WM-Halbfinale 2014 Deutschland – Brasilien mit 32,57 Millionen (87,8 %) und Nummer 10 das EM-Finale 2008 Deutschland – Spanien mit 28,05 Millionen (82 %). Auf Platz 11 gehört dem Fußball, danach folgt die siebte Folge der „Schwarzwaldklinik“ von 1985. Deutschland einig Fußball-Land!

Ohne Fußball nichts los. Das Beispiel findet sich beim Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF) in dieser Woche. Ohne Fußball-Bundesliga keine „Sportstudio“ am Samstag. Nun spielt zwar die Nationalmannschaft am Mittwoch gegen Argentinien (ARD) und am Sonntag gegen Schottland, aber das ZDF hat kein Interesse, über den Start der Qualifikation zur Europameisterschaft zu berichten. Der Grund ist einleuchtend: RTL hat die Rechte erworben und ARD und ZDF ausgebootet. Den TV-Anstalten geht es also nicht um die Information des Zuschauers, sondern allein um ihre Rechte und ihre Quoten. Haben sie die Rechte, wird jede Veranstaltung zu einem Super-Ereignis hochgepuscht, haben sie die Rechte nicht, wird geschwiegen. Ohne Zugpferd Fußball fürchtet das ZDF wohl fehlende Quoten für das „Sportstudio“ (die sowieso niedrig sind bei der Sendezeit um 23.00 Uhr) und verzichtet. Sollen die Mitarbeiter doch Überstunden abbauen.

Der Zuschauer hat leider kein Mitspracherecht und so müssen wir in den nächsten Jahren bei den Qualifikationsspielen zur EM und WM eine Flut von Werbung über uns ergehen lassen, wenn RTL am Drücker ist. Bei den Privaten erleben wir es ja immer wieder, dass auch hier nicht die Information im Vordergrund steht, sondern der Verdienst. Werbung muss sein, so finanzieren sich schließlich die Sender. Der Sport-Grantler schaltet bei Werbung um, ihm tun dies Millionen gleich. Die Sender wissen das und greifen zu dem Gegenmittel, dass die Werbeblocks unterschiedlich lang sind. Motto: Wer nichts verpassen will, muss dran bleiben.

Auch der Pay-TV-Sender Sky zeigt, dass das Fernsehen den Sport beherrscht. So werden die Spiele der Fußball-Bundesliga nach dem Wunsch des Fernsehsenders terminiert. Nur deshalb haben wir zum Beispiel zwei Sonntagsspiele zu unterschiedlichen Zeiten. Besonders ärgerlich war dies am Sonntag mit zwei mauen 0:0. Früher gab es zwei Spiele zur gleichen Zeit, die Konferenz machte dann aus zwei schwachen Spielen zumindest ein mittelmäßiges. Sky will den Sonntag besser ausfüllen, schließlich zahlt der Sender viel Geld und wäre wohl ohne Fußball auch nicht überlebensfähig. Da wäscht eine Hand die andere.

Der Sportfan vor dem Bildschirm muss nehmen, was er bekommt. Das gilt auch für die Sportverbände, manche fluchen auf das Fernsehen, für manche ist es ein Segen.

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