Die Bundesliga blickt auf Dortmund
von knospepeter
In vielen Ländern Europas schauen Trainer und Spieler oft neidisch auf die deutsche Bundesliga. Während sie im Winter, in England vor allem auch über Weihnachten, dem Ball nachjagen müssen, ruhen sich die Spieler in Deutschland aus. Die Winterpause hat in Deutschland Tradition, ursprünglich vor allem wegen der klimatischen Bedingungen. Durch die modernen Stadien mit Rasenheizung hat sich die Winterpause verkürzt, vor allem in den Jahren, wenn große Turniere anstehen. Doch rütteln will an der Winterpause generell niemand, zumindest die Weihnachtsruhe muss für Vereine und Fans sein. Es gibt Stimmen, die sagen, im Frühjahr haben die deutschen Mannschaften auf internationalem Parkett einen Vorteil, weil sie ausgeruhter in die entscheidenden Aufgaben gehen können. Doch internationale Meisterschaften garantiert das nicht.
Jetzt also beginnt am Freitag, 30. Januar, auch in der Bundesliga die Rückrunde. Und das gleich mit dem Schlager Zweiter gegen Erster, VfL Wolfsburg gegen Bayern München. Doch es ist ein ungleiches Duell. Da die verunsicherten Wolfsburger, die nach dem tödlichen Unfall ihres belgischen Nationalspielers Junior Malanda seelisch erst wieder in die Spur finden müssen, dort die selbstbewussten Münchner, deren Lazarett sich lichtet und die auch in der Vorbereitung kraftstrotzend deutlich machten, wir geben den Titel nicht mehr her. Bei elf Punkten Vorsprung hat das mit Arroganz nichts zu tun, das ist realistische Einschätzung. Wolfsburg muss aber den letzten Hoffnungsfunken entzünden, dass die Bayern doch nicht unverwundbar sind.
Kein Wunder, dass der Kampf an der Spitze nicht im Mittelpunkt steht. Die Bundesliga blickt eher auf Borussia Dortmund. Der Meister von 2011 und 2012, der Champions-League-Finalist von 2013 ist abgestürzt. Die Klopp-Schützlinge sind punktgleich mit Schlusslicht SC Freiburg mit 15 Zählern Vorletzter, stehen auf einem Abstiegsplatz. Die Beobachter haben sich ob dieser Entwicklung in der Vorrunde die Augen gerieben, jetzt stellen alle die Frage: Bekommt die Borussia die Kurve? Ist Jürgen Klopp noch der richtige Trainer? Steigt der einzige an der Börse notierte und umsatzmäßig zweitstärkste Bundesligist sogar ab?
Daran will keiner glauben, aber die Vorrunde zeigte, dass selbst gestandenen Nationalspielern die Beine schwer werden, wenn die Zweifel nagen. Und gezweifelt haben die Dortmunder und die Fachwelt an ihnen. Weg der Schwung der letzten Jahre, weg die Frische, die Gegner beeindruckte, weg die Selbstsicherheit, die in engen Spielen den Vorteil ausmachte. Die Borussia von der Vorrunde war verzweifelt, kraftlos, ratlos. Der Trainer machte Mut, „mit einer richtigen Vorbereitung werden wir das Feld von hinten aufrollen“, aber die Vorbereitung zeigte andere Anzeichen. Dortmund ist noch nicht in Schwung. Am Samstag (18.30 Uhr) wird sich zeigen, was Sache ist, da tritt die Borussia beim Tabellendritten Bayer Leverkusen an. In der Vorrunde wurden am ersten Spieltag schon die Weichen für den Weg nach unten gestellt: Leverkusen siegte 2:0 und steht heute da, wo man Dortmund erwartet hatte oder sogar eher noch auf Platz zwei. Der ist es heute auch, aber peinlicherweise nur von unten…
In der Rückrunde kann es auch eine Weichenstellung für die künftige Karriere von Jürgen Klopp geben. Der 47jährige Trainer, seit dem 1. Juli 2008 in Dortmund, gilt als „Mister Borussia“, er hat Mannschaft und Verein nach vorne gebracht, hat Erfolge gefeiert und galt als unantastbar. Jetzt werden natürlich erste Zweifel laut. So ist das Geschäft, im Erfolg gefeiert, im Misserfolg gefeuert. Noch hält Dortmund-Boss Watzke an Klopp fest, doch wenn die Wende nicht gelingt…
Auch international geht es um die Reputation von Jürgen Klopp. Er galt als einer der begehrtesten und erfolgreichsten Trainer Europas. Er gehörte zu den „Verfolgern“ vom erfolgreichen Pep Guardiola. In dieser Kategorie ist Klopp nicht mehr zu finden. Sollte es in Dortmund schiefgehen, könnte auch der Traum platzen, einmal einen Spitzenverein in der englischen Premier League zu trainieren.
Die Rückrunde der Bundesliga wird spannend werden, da schadet die Langeweile an der Spitze nicht. Da der Kampf um die Plätze in der Champions League, dort der Abstiegskampf, der die halbe Liga beschäftigt. Mitten drin Borussia Dortmund und die Frage, was kommt am Ende raus? Spätestens am 23. Mai wissen wir es.