Handball-WM: Die Sportwelt atmet auf

von knospepeter

Selten gehörten wohl Frankreich so die Sympathien wie im Finale der Handball-Weltmeisterschaft in Katar. Nichts gegen die Gastgeber, aber dessen Einzug ins Endspiel kam einigen Beobachtern schon dubios vor und Frankreichs 25:22-Erfolg war dann ein Sieg des Sports über das Geld. Die Sportwelt atmet auf, Katar kann sich doch nicht alles und alle kaufen.

Wie gesagt, nichts gegen Katar, die Scheichs von der arabischen Halbinsel nutzten das Reglement und setzen ihr Geld ein, um ein bisschen Vergnügen zu haben und ihr Land attraktiv für die Welt zu machen (siehe auch vom Sport-Grantler „Katar entdeckte den Sport als PR-Lokomotive vom 12. Januar 2015). Doch für alles gibt es Grenzen und im Sinne des Sports ist der Einsatz der Dollar nicht. Das wurde im Handball deutlich. Mit dem Spanier Valero Rivera wurde einer der besten Trainer der Welt verpflichtet und er suchte sich Spieler aus allen Herren Ländern aus, die drei Jahre lang nicht für ihr Heimatland spielen durften, um dann für Katar aufzulaufen. Diese Pause wurde wohl mit einem dicken Gehalt versüßt. Noch 2007 war Katar Vorletzter bei der WM. Jetzt sah es aus, als würde erstmals der Titel nicht nach Europa gehen, sondern nach Arabien.

Allerdings, hätte Katar gewonnen, wäre es dennoch ein europäischer Titelgewinn gewesen. Nehmen wir das 26:24 gegen Deutschland im Viertelfinale: Unter den Torschützen befand sich kein gebürtiger Katarer, die eingebürgerten Spieler kamen aus Kuba, Montenegro, Bosnien, Tunesien, Ägypten, Spanien und Frankreich. Alles regelkonform, aber der Handball-Weltverband IHF sollte sich Gedanken machen, ob bei dieser Konstellation wirklich noch von „Nationalmannschaften“ die Rede sein kann. Nicht verschwiegen werden soll, dass auch andere Nationen, auch Deutschland, diese Regel schon nutzten. Aber Katar hat sie in fast schon unverschämter Weise für sich ausgenutzt.

Die deutsche Mannschaft hat im eigenen Land fast für eine Handball-Euphorie gesorgt, weil sie in den Gruppenspielen durchmarschierte und Erfolge erzielte, die ihr keiner zugetraut hatte. Schließlich war die DHB-Auswahl eigentlich in der Qualifikation gescheitert. Erst die Weltauswahl von Katar konnte dann im Viertelfinale Deutschland stoppen, am Ende gab es mit Rang sieben einen versöhnlichen Abschluss mit dem direkten Weg in eine Olympia-Qualifikation für die Spiele 2016 in Rio de Janeiro. Bei drei Turnieren vom 7. bis 10. April 2016 spielen jeweils vier Nationen um zwei Plätze, Gegner Deutschlands wird laut Reglement u. a. Vize-Weltmeister Katar sein!

Der Erfolg von Katar im Handball macht der Sportwelt aber auch Angst. Auch in anderen Sportarten werden die Bemühungen, nicht über eigene Talente, sondern auf Umwegen an die Weltspitze zu gelangen, kritisch beobachtet. So fragen sich viele, ob Katar auch bei der Weltmeisterschaft 2022 im eigenen Land die Fußballwelt aus den Angeln heben kann. Allerdings geht die Einbürgerung im Fußball nicht so leicht wie im Handball. Wer 21 Jahre alt ist, muss sich entscheiden, für welches Land er künftig spielen will, wenn er den entsprechenden Pass hat. Wir kennen das zum Beispiel von den sogenannten Deutsch-Türken, von denen sich die einen für Deutschland, die anderen für die Türkei entscheiden. Wer ein offizielles Spiel bestritten hat, für den gibt es kein zurück mehr, er hat sich festgespielt. Wie zu lesen war, hat sich Katar aber inzwischen schon 19jährige Talente aus Europa und Südamerika ins Land geholt. Auffallend: Die U 19 Katars wurde Asienmeister!

Aufbau für 2022? Laut der Fachzeitschrift „Sportbild“ ist das Pendant zum Spanier Rivera auch gefunden: Bayern-Trainer Pep Guardiola, einst als Spieler in Katar und aktuell Botschafter des Landes, soll im Visier der Scheichs sein, um die Nationalmannschaft an die Spitze der Welt zu führen. Noch sind es Spekulationen, aber möglich ist alles.

Was der Sportwelt auch Angst macht: Wie weit reicht der Arm der Scheichs? Auffallend viele umstrittene Schiedsrichter-Entscheidungen zugunsten Katars waren bei der Handball-WM zu beobachten. Spielt hier auch Geld eine Rolle? Gab es Bestechungen? Vermutungen machten die Runde, aber Beweise gab es keine. Am Ende hatten die Referees halt einen schlechten Tag…

Katar ist ein kleines Land mit nur 2,2 Millionen Einwohnern auf der arabischen Halbinsel. Die Wüstenlandschaft rund um die Hauptstadt Doha soll noch unwirtlicher als die der arabischen Nachbarn sein. Nur jeder Siebte der Einwohner der Erbmonarchie ist Inländer. Mal sehen, zu was das kleine Land noch fähig ist! Die Sportwelt hat zunächst aufgeatmet, die Sportwelt ist aber auch in Sorge.

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