Europaspiele: Keiner kennt sie, keiner braucht sie

von knospepeter

Ein Jahr ohne sportliches Großereignis wie Fußball-Weltmeisterschaft oder Olympische Spiele, geht das? Geht nicht, sagen sich die Organisatoren bzw. die Geldhaie der Welt. Schon lange geisterte in Europa der Gedanke umher, in Jahren, wenn es kein Olympia gibt, Spiele für Europa auszutragen. Der Hintergedanke: Damit muss doch Geld zu verdienen sein. Nach vielen Jahren des Zögerns, des Verhandelns, des Abwägens von Pro und Kontra ist es so weit: In Baku, der Hauptstadt von Aserbaidschan, finden vom 12. bis 28. Juni die ersten Europaspiele statt! Schreit hier jemand „Hurra“?

Die Europaspiele 2015: Keiner kennt sie, keiner braucht sie, aber es gibt sie. Die Europäer guckten schon lange auf die anderen Kontinente, wo Asienspiele, Ozeanienspiele, Ostasienspiele oder die Panamerikanischen Spiele ausgetragen werden. Warum also nicht so etwas auch in Europa? Ein schönes Sportfest, das die Zuschauer, vor allem aber die Sponsoren anlocken soll. Viele Verbände wehrten ab, aus Verantwortungsbewusstsein den Athleten gegenüber, die sowieso schon über eine allzu große Belastung klagen. So sind zum Beispiel Leichtathleten und Schwimmer dagegen. Die Sportarten tauchen zwar in Baku auf, aber die Elite ist nicht am Start. Diese Verbände befürchten auch, dass ihre Meisterschaften durch ein zusätzliches globales Ereignis entwertet werden.

Qualifikationen für Olympia 2016 in Rio

Bezeichnend, dass Baku den Zuschlag erhielt, weil es gar keinen anderen Interessenten für die Europaspiele gab! Aserbaidschan scheiterte mit seinen Bewerbungen für die Olympischen Sommerspiele 2016 und 2020, als Ersatz also die Europaspiele 2015. Veranstalter sind die Europäischen Olympischen Komitees, 50 Nationen werden am Start sein, rund 6000 Sportlerinnen und Sportler werden erwarten, sie starten in 31 Disziplinen in 20 Sportarten, davon vier nichtolympische. In manchen Sportarten machen Qualifikationen für die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro die Teilnahme attraktiv. Deutschland wird mit rund 260 Athleten vertreten sein, an der Spitze Stars wie Fabian Hambüchen (Turnen), Timo Boll (Tischtennis) und Britta Heidemann (Fechten). Basketball, Beachsoccer, Leichtathletik und Sambo werden nicht besetzt.

Aserbaidschan, ein Land, in dem Menschenrechte oft nichts gelten und Meinungsfreiheit ein Fremdwort ist, bemüht sich, die Werbetrommel für die Europaspiele zu rühren. In zahlreichen Ländern Europas wurde in Fernsehspots für das Sportereignis geworben. Der Sport-Grantler hat dagegen noch nie Werbung für Olympische Spiele gesehen! Die sind ein Selbstläufer, die Europaspiele müssen erst mal ins Laufen kommen. Immerhin gibt es Fernsehübertragungen in 33 europäische Ländern, vierzehn Nationen außerhalb Europas sind zudem auf Sendung. In Deutschland will der Spartensender Sport1 alle Wettbewerbe live übertragen, rund 100 Stunden Sendezeit sind veranschlagt. Auf dem Programm stehen dann u. a. Badminton, Karate, BMX, Sambo, Aerobic und anderes (nähere Informationen auf http://www.sport1.de).

Für den Sport-Grantler steht fest: Die Europaspiele sind kein Ereignis, sondern ein Lückenfüller. Spitzensportler werden sich diese zusätzliche Belastung nicht antun. Olympische Spiele sind ein Erlebnis, das jede Karriere krönt. Ein Start bei den Europaspielen ist für den einen oder anderen Athleten eher mit der Hoffnung verknüpft, durch ein gutes Ergebnis die Karriere in Schwung zu bringen. Die Europaspiele sind Bundesjugendspielen wohl näher als Olympischen Spielen. Besser wäre es gewesen, die Pläne in den Schubladen zu lassen. Bleibt die Frage, ob es überhaupt eine Neuauflage geben wird. Angeblich zeigen die Niederlande für 2019 Interesse.

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