Die Bundesliga hat Angst vor England

von knospepeter

Am kommenden Freitag, 14. August, geht die Fußball-Bundesliga in ihre 53. Saison. Eigentlich könnte die Liga vor Selbstbewusstsein strotzen, ist sie doch die Liga des Weltmeisters. Allerdings geht eher die Angst um. Da ist einmal die Angst davor, dass der FC Bayern München das Geschehen wieder dominieren könnte und der Kampf um den Titel erneut langweilig wird, andererseits zittert die Bundesliga vor dem Geldsegen in England. Langfristig fürchten die Klubs, dass sie international ins Hintertreffen geraten.

Zunächst wird am Freitag erst mal voller Hoffnung gefeiert werden. Der Titelverteidiger empfängt mit dem Hamburger SV einen alten Kontrahenten, ein Traditionsduell also. Allerdings liegen Welten zwischen beiden Klubs, die Bayern marschierten drei Jahre lang immer deutlich vorne weg, der HSV dagegen ließ sein Idol Uwe Seeler zittern und rettete sich zweimal erst in der Relegation vor dem Abstieg. Viele Bundesliga-Fans gönnten aber den Hamburgern den Klassenerhalt, schließlich ist der HSV der letzte Bundesliga-Dino, der zum Start 1963 an Bord war und nie absteigen musste (zuletzt grenzte das fast schon an ein Wunder). Zweiter in der Rangliste ist Werder Bremen mit 51 Jahren, die Bayern kamen erst 1965 hinzu und haben ebenso wie der VfB Stuttgart 50 Jahre auf dem Buckel, führen die „Ewige Tabelle“ aber mit großem Vorsprung an (nach Drei-Punkte-Regel 3355 Punkte vor Bremen mit 2646). Nur noch zehn Erfolge trennen die Münchner vor einer historischen Leistung: Der 1000. Sieg!

Skeptiker fürchten, dass es die Münchner mit dem 1000. Sieg nicht bewenden lassen, sondern die Bundesliga wieder dominieren. Früher war von spanischen Verhältnissen die Rede, weil Dortmund und München ähnlich überlegen waren wie Barcelona und Real Madrid, jetzt gibt es eher den Vergleich mit Schottland, dort Celtic Glasgow und nichts, da die Bayern und kein echter Verfolger. Oder begehrt die Konkurrenz doch auf? Als einzig ernsthafter Konkurrent gilt Vizemeister VfL Wolfsburg mit den VW-Millionen im Rücken, aber auch ein Comeback von Borussia Dortmund mit dem neuen Trainer Thomas Tuchel ist möglich. Wie sagt Franz Beckenbauer: „Schaun mer mal.“

Milch und Honig in England

Die Verbindung Wolfsburg und VW wird immer kritisch betrachtet, aber mehr noch fürchtet sich die Bundesliga vor England. Dort fließen ab nächstem Jahr buchstäblich Milch und Honig, ein Schlaraffenland für die Klubs, die sich mit 3,2 Milliarden Euro als Jahresgage vom Fernsehen fast alle Wünsche erfüllen können. Dazu sorgen verschiedene Scheichs in England und Frankreich (Paris) sowie ehrgeizige Präsidenten in Barcelona, Madrid und Turin dafür, dass die Preise für die Spieler schwindelerregende Höhen erreichen. Liverpool machte es vor: 41 Millionen Euro für einen Bundesliga-Mitläufer wie den Brasilianer Firmino von Hoffenheim. Und wenn der Belgier Kevin de Bruyne 80 Millionen wert ist und für Thomas Müller 100 Millionen geboten werden, dann weiß man, was die Stunde geschlagen hat. Internationale Stars könnten künftig einen Bogen um die Weltmeister-Liga machen.

So schaut die Bundesliga auch eher in die Zukunft als auf die Gegenwart. Die Hoffnung ruht auf einem neuen Fernsehvertrag, der ab April 2016 neu verhandelt wird und wenigstens eine Steigerung der Einnahmen von jetzt rund 700 Millionen auf eine Milliarde Euro bringen soll. Dafür ist die Liga auch zu Gegenleistungen bereit, man kann sagen, sie prostituiert sich dafür, indem der Spielkalender noch mehr entzerrt wird, Stichwort „exklusive Spiele“ für den Anbieter. Als sicher gilt bereits, dass es auch Spiele am Montag geben wird. Allerdings ist der Fernsehmarkt von Deutschland nicht mit dem in England zu vergleichen, die Bundesliga gilt als „Kulturgut“ und muss im freien Fernsehen zu sehen sein. Allein schon damit sind die TV-Einnahmen begrenzt. Dennoch, Angst haben auch die Fans, die Bundesliga wird wohl teurer und noch unübersichtlicher, Auswärtsfahrten müssen noch zeitnaher geplant werden. Geld vor Fans – ob das gut geht? Derzeit ist die Bundesliga in Europa die Liga mit den meisten Zuschauern, rund 42.000 kommen durchschnittlich zu den Spielen. Das könnte bald Vergangenheit sein.

Also noch einmal ein Jahr zum Genießen, Bangen, Zittern und Hoffen. Selbst bei Langeweile um die Meisterschaft bleibt der Kampf um die Plätze für Europa, zuletzt war es so, dass es fast kein Mittelfeld gab, die Klubs kämpften entweder um Europa oder gegen den Abstieg. Das deutet sich auch in diesem Jahr wieder an, für den einen oder anderen mit einer negativen Überraschung. Neugierig werden vor allem die Neulinge FC Ingolstadt 04 und SV Darmstadt 98 (immerhin schon 78/79 und 81/81 in der Bundesliga) sein. Für sie gilt in erster Linie: Das Oberhaus genießen. Darmstadt gilt als Abstiegskandidat Nummer 1, mit dem Schicksal der Auf- und dann Absteiger Braunschweig und Paderborn in den letzten Jahren. Schaun mer mal…

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